Meredith. Meredith, Meredith, Meredith! Tatsächlich habe ich mir die Episode am nächsten Tag nochmal angeschaut, bevor ich diese Review geschrieben habe, einfach nur deswegen, weil mich der Umgang mit Meredith so aufgeregt hat. Ihre Entscheidung, ob sie nun nach Minnesota geht oder nicht, war gewissermaßen der rote Faden, der die Staffel durchzogen hat. Ich selbst war hin und hergerissen zwischen dem, was für mich als Zuschauer angenehmer ist, und dem, was dieser Charakter nach all der Zeit verdient hat. Letztlich habe ich mich dafür entschieden, dass mir der Ausgang egal ist, solange es Merediths Entscheidung ist. Nicht Nicks. Nicht die ihrer Familie. Nicht die des Krankenhauses. Ihre. Und genau diesen freien Willen hat man ihr nun mehr oder weniger genommen. Stattdessen bekommt sie erneut die Rolle des Sündenbocks zugeschoben. Dieses Mal soll ihr nicht nur die Zukunft des Krankenhauses egal sein, nein, sie soll die letzte Chance des Ausbildungsprogrammes an die Wand gefahren haben. In meiner letzten Review meinte ich noch, dass mich Merediths riskante OP an Cora an Ikarus erinnert – tatsächlich ist es nun auch genau so eingetreten, dass sie sich (wenn auch durch die Blutkonservenarmut nicht ganz eigenverschuldet) verschätzt hat. In Anbetracht dieser Blutkonservenarmut und des Verbots durch Richard war die Operation ohne Frage nicht in Ordnung. Trotzdem ist es lächerlich von Nick, ihr im Nachhinein vorzuhalten, dass es keine gute Idee war, nur weil er sich nicht getraut hat, Meredith vorher Paroli zu bieten. Und dann setzt Richard noch eins drauf und meint, dass Ellis nun endlich stolz auf sie wäre. Stolz worauf? Dass sie nur noch den Erfolg im Blick hat und dafür auch wortwörtlich über Leichen gehen würde? Dass es nur um sie geht, egal was aus dem Rest wird? Vermutlich ging es Richard nur darum, ihr weh zu tun. Trotzdem könnte er nicht falscher liegen.
Das ändert aber nichts daran, dass Meredith letztlich gescheitert ist. Und genau das wird jetzt noch als aktueller Vorwand genutzt, um ihr die Schuld am Ende des Ausbildungsprogrammes zu geben. Denn es kam ja überhaupt nur zu der OP, weil sie sich über Richards Entscheidung hinweggesetzt hat. Unrecht hat Blake da nicht. Viele Probleme des Krankenhauses hätten vermieden werden können, wenn es eine klare Führungsstruktur geben würde, an die sich auch gehalten wird. Aber ist das denn nun nur Merediths Schuld? Immerhin ist es doch die Aufgabe der Führung, so aufzutreten und so zu führen, dass es überhaupt gar nicht erst zu solchen Regelverstößen kommt.
Dem Ganzen wird dann noch die Krone aufgesetzt, indem Jackson, Bailey und Richard sie praktisch alleine zurücklassen, womit also genau die Personen, die ihr vorgehalten haben, das Krankenhaus zu verlassen, selbst gegangen sind. Die Ironie sehen sie wohl nicht.
Zurück bleibt Meredith, gezeichnet von den Ereignissen, wie ich es schon lange nicht mehr bei ihr gesehen habe. Da wird der Streit mit Nick eigentlich zur Nebensache. Es bleibt vielmehr das Bild von Meredith im Kopf, die am Bürotisch sitzt und einfach nur verloren und gebrochen dreinschaut.
Das Einzige, was mir noch ein wenig Hoffnung an diesem so trostlosen Bild gegeben hat, waren die letzten Momente. Meredith, die sich selbst am Anfang ihrer Karriere sieht und sich schließlich wohl doch dazu entscheidet, die Aufgabe nicht alleine durchzustehen, sondern Nick hinterherläuft. Dieses offene Ende lässt mich darauf hoffen, dass Meredith so zumindest indirekt selbst entscheidet, wie sie ihre Zukunft angehen wird.
Trotzdem hätte man diese Entscheidung ganz einfach positiv gestalten können. Gerade auch die vielen Flashbacks, die hauptsächlich verschiedenste Szenen aus ihrem Leben im Krankenhaus gezeigt haben, haben doch die perfekte Vorlage gegeben: Meredith erinnert sich an ihre Ausbildung zurück, sieht auch, was die Assistenzärzt*innen nun verpassen würden und beschließt, in den Aufbau eines ordentlichen Ausbildungsprogrammes einzusteigen. Eben im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht zu einem "außergewöhnlichen Arzt" zu werden (der sie ja sowieso schon ist), sondern an der Ausbildung vieler weiterer mitzuwirken. Sich von der Altlast ihrer überkritischen Mutter loszusagen und endlich frei zu sein. Eine kleine Änderung der Narrative, der Rest hätte gleichbleiben können und schon wäre man mit einem viel optimistischeren Gefühl in die nächste Staffel gestartet.