Bewertung

Review: #18.20 Auf und davon

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Das Staffelfinale von Staffel 18 ist auch gleichzeitig die Jubiläumsfolge zur 400. Episode von "Grey's Anatomy". Daher war von vornherein klar, dass dieses Finale die Serie nicht leise in die Sommerpause schicken wird. Trotzdem hätte ich nie erwartet, dass man gleich dermaßen an den Grundpfeilern der Serie rüttelt und damit ein absolut offenes Ende schafft. Dabei gab es bei den Charakteren viele Gewinner und ein paar Verlierer.

Die Gewinner:

  • Der Patientenfall von Simon und Kristen, auch wenn er in Simons Tod endete. Es war klar, dass diese Geschichte kein richtiges Happy End erhalten wird, doch man ist diesem so nah gekommen, wie es eben ging. Simon darf zum Schluss sogar noch zum aktiven Lebensretter von seiner Familie werden, indem er ihnen sein Blut und damit im wahrsten Sinne des Wortes alles für sie gibt. Das hat einfach in die ganze Liebesgeschichte der beiden gepasst. Dann durfte man noch mitfiebern, ob Simon noch lange genug durchhält, um seinen Sohn kennenzulernen. Es war ein perfekter Abschluss für diese Geschichte und für Kristen und Simon, die man in den Folgen ins Herz geschlossen hat.
  • Catherine, die mal wieder dem Tod getrotzt hat – und gleichzeitig bei mir für den ersten Minischock gleich zu Beginn der Folge gesorgt hat, indem sie Jackson ihre Totenrede hat halten lassen. Typisch dramatisch von ihr. Immerhin kann sie jetzt erstmal mit Richard die Welt bereisen.
  • Apropos Jackson – sein und Aprils Gastauftritt wurde ja schon lange angeteasert. Letztlich ist das Ganze etwas blass ausgefallen. Abgesehen von der Szene mit Catherine bekommen sie nur ein paar Momente mit einigen Charakteren und das war’s dann auch schon wieder. Immerhin sind die Japril-Fans auf ihre Kosten gekommen und haben die Bestätigung bekommen, dass die beiden wirklich Endgame sind. Und eine "Grey's"-typische Kussszene im Aufzug gabs auch noch.
  • Owen und Teddy, die wohl die verrückteste Verabschiedung in die Staffelpause hatten. Es macht zwar absolut Sinn, dass sie lieber aus dem Land fliehen, als die Konsequenzen für Owens Taten zu tragen, aber es ist schon knallhart, dass sie das tatsächlich auch durchgezogen haben. Noch dazu mit zwei kleinen Kindern. Pluspunkte gehen hier an Bailey heraus, die ihnen soweit sie konnte die Chance für ihre Flucht gegeben hat, ohne selbst ins Visier der Polizei zu geraten. Nur was jetzt? Ich bezweifle, dass die Verjährungsfrist allzu bald ablaufen wird. Heißt das nun also von nun an kurze Zusammenschnitte von Familie Hunt mit Sonnenhut und Sonnenbrille versteckt hinter einer Zeitung auf der Flucht in irgendwelchen Ländern ohne Auslieferungsabkommen mit den USA? Oder überspringen wir das Ganze per Zeitsprung?
  • Maggie und Winston, die ihren blöden Streit über Wendell zum Glück (zum Glück!!) schnell wieder aus dem Weg räumen konnten. Dabei hat es bestimmt nicht geschadet, dass Winston von Simon und Kristen aufgezeigt bekommen hat, wie das Leben so spielen kann. Seine Ansprache über die Ernsthaftigkeit seiner Liebe zu Maggie war auch herzallerliebst und so ist an dieser Front wieder alles geklärt.
  • Amelia, die ihr gebrochenes Herz geheilt bekommen hat. Naja, zumindest ein bisschen. Zunächst durch die komplette Versöhnung mit Link (eine wirklich schöne Szene) und dann natürlich auf dem Parkplatz, als auf einmal Kai vor ihr steht und gesteht, ebenfalls nicht mit ihrer Trennung leben zu können. Klar, das ändert nichts an ihrer Situation. Amelia hat immer noch ein Kind. Aber es ist ein Silberstreif!
  • Jo und Link, die ihre Freundschaft wiederbeleben. Die tiefen Blicke, die sie sich davor zugeworfen haben, habe ich zwar nicht übersehen, trotzdem bin ich dankbar, dass es erst einmal bei einem Filmabend bleibt.
  • Bailey, die das ganze Chaos hinter sich lässt und mit Pru Kekse backen geht. Wieder ein spontaner Einfall, oder sehen wir sie bald bei "Seattle Firefighters"?
  • Die Songs! Die guten, alten "Grey’s Anatomy"-Klassiker, die garantiert jedes Mal bei mir Gänsehaut entstehen lassen. "Chasing Cars", "How To Save A Life!, "The Story" und "Where Does the Good Go?" gehören dazu wie Nebencharaktere. Zu viele Erinnerungen hängen inzwischen an den Melodien, zu viele Bilder schießen einem gleich in den Kopf. Da braucht es gar keine Szenenzusammenschnitte.
  • Die Rückblicke! Größtenteils waren sie auf Meredith zugeschnitten, haben aber doch die letzten 17 Staffeln beinhaltet. Die Schlussszene, als Meredith ihr Staffel 1-Ich durchs Fenster betrachtet, lässt einen auch fast wieder das schlecht animierte Roboterbaby vergessen... fast.

Die Verlierer:

  • Die Assistenzärzte, die nun doch rausgeworfen werden. Und das, obwohl sie tapfer weitergearbeitet haben und sogar noch eine Blutspendeaktion ins Leben gerufen haben. Es hat wehgetan, wie sie im Gang herumgestanden waren, als Blake Bailey die Nachricht übermittelte und noch mehr, als sie ihre Sachen aus der Umkleide räumen mussten. Immerhin sollen sie in andere Krankenhäuser überwiesen werden und landen damit nicht auf der Straße. Aber war es das jetzt erst einmal mit Levi, Taryn und Co.? Auch hier scheint nur ein Zeitsprung die Lösung zu sein.
  • Meredith. Meredith, Meredith, Meredith! Tatsächlich habe ich mir die Episode am nächsten Tag nochmal angeschaut, bevor ich diese Review geschrieben habe, einfach nur deswegen, weil mich der Umgang mit Meredith so aufgeregt hat. Ihre Entscheidung, ob sie nun nach Minnesota geht oder nicht, war gewissermaßen der rote Faden, der die Staffel durchzogen hat. Ich selbst war hin und hergerissen zwischen dem, was für mich als Zuschauer angenehmer ist, und dem, was dieser Charakter nach all der Zeit verdient hat. Letztlich habe ich mich dafür entschieden, dass mir der Ausgang egal ist, solange es Merediths Entscheidung ist. Nicht Nicks. Nicht die ihrer Familie. Nicht die des Krankenhauses. Ihre. Und genau diesen freien Willen hat man ihr nun mehr oder weniger genommen.

    Stattdessen bekommt sie erneut die Rolle des Sündenbocks zugeschoben. Dieses Mal soll ihr nicht nur die Zukunft des Krankenhauses egal sein, nein, sie soll die letzte Chance des Ausbildungsprogrammes an die Wand gefahren haben. In meiner letzten Review meinte ich noch, dass mich Merediths riskante OP an Cora an Ikarus erinnert – tatsächlich ist es nun auch genau so eingetreten, dass sie sich (wenn auch durch die Blutkonservenarmut nicht ganz eigenverschuldet) verschätzt hat. In Anbetracht dieser Blutkonservenarmut und des Verbots durch Richard war die Operation ohne Frage nicht in Ordnung. Trotzdem ist es lächerlich von Nick, ihr im Nachhinein vorzuhalten, dass es keine gute Idee war, nur weil er sich nicht getraut hat, Meredith vorher Paroli zu bieten. Und dann setzt Richard noch eins drauf und meint, dass Ellis nun endlich stolz auf sie wäre. Stolz worauf? Dass sie nur noch den Erfolg im Blick hat und dafür auch wortwörtlich über Leichen gehen würde? Dass es nur um sie geht, egal was aus dem Rest wird? Vermutlich ging es Richard nur darum, ihr weh zu tun. Trotzdem könnte er nicht falscher liegen.

    Das ändert aber nichts daran, dass Meredith letztlich gescheitert ist. Und genau das wird jetzt noch als aktueller Vorwand genutzt, um ihr die Schuld am Ende des Ausbildungsprogrammes zu geben. Denn es kam ja überhaupt nur zu der OP, weil sie sich über Richards Entscheidung hinweggesetzt hat. Unrecht hat Blake da nicht. Viele Probleme des Krankenhauses hätten vermieden werden können, wenn es eine klare Führungsstruktur geben würde, an die sich auch gehalten wird. Aber ist das denn nun nur Merediths Schuld? Immerhin ist es doch die Aufgabe der Führung, so aufzutreten und so zu führen, dass es überhaupt gar nicht erst zu solchen Regelverstößen kommt.

    Dem Ganzen wird dann noch die Krone aufgesetzt, indem Jackson, Bailey und Richard sie praktisch alleine zurücklassen, womit also genau die Personen, die ihr vorgehalten haben, das Krankenhaus zu verlassen, selbst gegangen sind. Die Ironie sehen sie wohl nicht.

    Zurück bleibt Meredith, gezeichnet von den Ereignissen, wie ich es schon lange nicht mehr bei ihr gesehen habe. Da wird der Streit mit Nick eigentlich zur Nebensache. Es bleibt vielmehr das Bild von Meredith im Kopf, die am Bürotisch sitzt und einfach nur verloren und gebrochen dreinschaut.

    Das Einzige, was mir noch ein wenig Hoffnung an diesem so trostlosen Bild gegeben hat, waren die letzten Momente. Meredith, die sich selbst am Anfang ihrer Karriere sieht und sich schließlich wohl doch dazu entscheidet, die Aufgabe nicht alleine durchzustehen, sondern Nick hinterherläuft. Dieses offene Ende lässt mich darauf hoffen, dass Meredith so zumindest indirekt selbst entscheidet, wie sie ihre Zukunft angehen wird.

    Trotzdem hätte man diese Entscheidung ganz einfach positiv gestalten können. Gerade auch die vielen Flashbacks, die hauptsächlich verschiedenste Szenen aus ihrem Leben im Krankenhaus gezeigt haben, haben doch die perfekte Vorlage gegeben: Meredith erinnert sich an ihre Ausbildung zurück, sieht auch, was die Assistenzärzt*innen nun verpassen würden und beschließt, in den Aufbau eines ordentlichen Ausbildungsprogrammes einzusteigen. Eben im Gegensatz zu ihrer Mutter nicht zu einem "außergewöhnlichen Arzt" zu werden (der sie ja sowieso schon ist), sondern an der Ausbildung vieler weiterer mitzuwirken. Sich von der Altlast ihrer überkritischen Mutter loszusagen und endlich frei zu sein. Eine kleine Änderung der Narrative, der Rest hätte gleichbleiben können und schon wäre man mit einem viel optimistischeren Gefühl in die nächste Staffel gestartet.

Fazit

Letzten Endes bekommt #18.20 You Are the Blood doch eine gute Bewertung von mir. Nicht zuletzt, weil sie deutlich aus den häufig gerade mal durchschnittlichen Episoden der Staffel herausgestochen ist. Aber man hat es auch geschafft, viele der Handlungsstränge zufriedenstellend und interessant weiterzuführen und Neugier auf die nächste Staffel zu wecken. Bei dem Schwund an Charakteren, den wir in dieser Folge erlebt haben, muss man doch gleich mal Liste führen: Bailey, Richard (und Catherine), Owen und Teddy (samt Familie) und alle Assistenzärzt*innen. Meine Güte. Eigentlich kann darauf ja nur ein Zeitsprung folgen, oder? Selten war ein Staffelfinale so offen geschrieben, selten blieb man mit so vielen Fragen zurück. Eine meiner drängendsten Fragen ist, wieso man derart hart mit Meredith umgegangen ist. Gleichzeitig kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die nächste Staffel 19 die letzte sein wird.

The end of an era is easier said than done.

Denise D. - myFanbase

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