Bewertung

Review: #16.05 Ich bin schwanger

Foto: Ellen Pompeo, Grey's Anatomy - Copyright: 2020 ABC Studios; ABC/Gilles Mingasson
Ellen Pompeo, Grey's Anatomy
© 2020 ABC Studios; ABC/Gilles Mingasson

Irgendwie finde ich den Episodentitel mehr als passend: Zwar habe ich während der letzten Episoden nicht vor Spannung den Atem angehalten, dennoch fand ich viele der Entwicklungen so anstrengend, dass ich mich danach ganz atemlos gefühlt habe (tut mir leid, falls ihr jetzt einen Ohrwurm bekommen habt). Diese Folge hingegen lässt mich ruhig ausatmen und entspannt zurücklehnen. Denn siehe da: Lässt man einige Storylines, die in letzter Zeit eher für Stirnrunzeln gesorgt haben, aussetzen und fokussiert sich auf die emotionalen und zwischenmenschlichen Aspekte in den anderen, so überzeugt eine Folge wieder mehr. Es ist wahrlich nicht alles perfekt, doch der Gesamteindruck ist deutlich besser und einfach wohltuender.

Beginnen wir mit meinem absoluten Highlight: Jo. Wer hätte gedacht, dass diese Figur, die jahrelang förmlich auf dem Abstellgleis stand, in den letzten Jahren für die besten und berührenden Storylines sorgen könnte? Diese Folge entpuppt sich völlig unerwartet als ein weiterer Showcase für Camilla Luddington, die all die Wut und die Trauer, die sich in Jo angestaut haben, in den Flashbacks so großartig entlädt, dass man einfach nur gebannt zuschaut. Jos Kampf mit ihrem Trauma sowohl während der Therapie als auch während des Eingriffs an Carly ist so wahnsinnig einfühlsam gespielt, dass man nicht umhin kommt, Jo für ihre Stärke zu bewundern. Dazu lässt sich deutlich sehen, wie weit sie bereits gekommen ist und wie sehr die Therapie mit Carly half, ihr einen gesunden Weg zu präsentieren, mit ihren negativen Emotionen umzugehen. Kein Detail an dieser Storyline sitzt nicht perfekt: Carly, die unglaublich unkonventionell, aber auch super sympathisch und witzig ist, sodass man mehr als erleichtert ist, dass sie sich tatsächlich nicht umbringen wollte (ich hoffe inständig, dass wir sie nochmal wiedersehen dürfen). Jo, die ihr Können präsentieren kann, im richtigen Moment aber wieder professionell agiert. Ihr positiver Einfluss auf Bailey sowie das gemeinsame Zusammenspielen, das Bailey wieder als Mentorin zeigt und eine tolle Verbindung zwischen den beiden Ärztinnen schafft. Und natürlich der wunderbare Moment, in dem sie Alex an ihren Problemen teilhaben lässt und sie gemeinsam einfach Dinge durch die Gegend werfen und ihrer Frustration freien Lauf lassen - genau, wie Carly es ihr beigebracht hat. Insgesamt einfach eine sehr überzeugende und berührende Storyline, die das Beste aus Jo rausgeholt hat.

Bei Merediths Storyline bin ich da durchaus gespaltener: Meiner Meinung nach verhält sie sich Andrew gegenüber tatsächlich so, wie sie selber nicht wirken will: Wie der "Ass", der undankbar für seine Unterstützung ist und dem er nichts recht machen kann. Die Aussage, dass sie und Cristina sich über Andrew lustig gemacht hätten, fand ich schon sehr gehässig. Schlussendlich glaube ich aber zu erkennen, warum Meredith sich so arschig verhält: Trotz ihrer Liebe für Andrew kann sie noch nicht erkennen, ob diese Beziehung für sie eine langfristige Zukunft hat oder nicht. Andrew nimmt die Beziehung in vielerlei Hinsicht ernster als sie: Das zeigt sich durch sein Opfer im letztjährigen Staffelfinale, seine stete Unterstützung und Hilfe und auch sein Verantwortungsgefühl gegenüber Meredith und ihren Kindern. Meredith hingegen will scheinbar ihre Unabhängigkeit nicht aufgeben und kann sich somit immer noch nicht komplett auf Andrew einlassen, weswegen sie sämtliche Hilfe ausschlägt und alles im Alleingang entscheiden will. Das Resultat dieser Dickköpfigkeit ist damit offensichtlich der Gefängnisaufenthalt, womit wohl die Version von "Grey is the New Black" kommen wird, die angeteasert wurde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Meredith lange im Gefängnis bleiben wird, doch vielleicht hilft es ihr etwas, ihr Verhalten Andrew gegenüber zu überdenken.

Insgesamt gefiel mir diese Storyline aber deutlich besser als in der letzten Episode. Mit Zolas zugegebenermaßen harmlosem Eingriff kann man einerseits endlich auf Zolas chronische Krankheit referieren und andererseits auch Merediths Abwesenheit am Gericht besser erklären. Natürlich hätte Meredith auch diesen Gerichtstermin wahrnehmen können, aber aufgrund Zolas Krankengeschichte und der Tatsache, dass Meredith Zolas einziger verbliebener Elternteil ist, kann ich ihre Angst sehr gut nachvollziehen. Dazu sorgte die Storyline für einige großartige Schwestern-Szenen, die in letzter Zeit deutlich zu kurz kamen und die für mich mit zu den Highlights dieser Folge zählen. Gerade Amelia und ihre unhilfreichen, aber gut gemeinten Kommentare konnten mich zum Lachen bringen.

Dafür kann ich Webbers Storyline absolut nicht ausstehen. Gemma macht einen grundsätzlich unsympathischen Eindruck und ich verstehe nicht, wie Richard sich tatsächlich doch zu ihr hingezogen zu fühlen scheint. Durch die gemeinsame Gruppentherapie all die Jahre weiß sie alles über ihn und verwendet dieses Wissen gegen ihn, um ihn verführen zu wollen. Webbers Alkoholsucht gegen die Ablenkung mit einer anderen Frau auszuspielen ist nicht nur wahnsinnig verallgemeinernd und verletzend, sondern könnte doch für Richard genau das sein, was ihn zurück in die Sucht locken könnte. Ganz frei nach dem Motto: Um nicht wieder zu trinken, fange ich was mit Gemma an. Gemma überschreitet sämtliche von Richards Grenzen, sogar, wenn er sie darauf vehement hinweist und präsentiert sich so in meinen Augen als schlechte Freundin. Die halbgare Entschuldigung übers Handy kommt aber natürlich genau in dem Moment, in dem sich Catherine Richard gegenüber abweisend zeigt. Wie bereits öfters erwähnt, bin ich kein Fan von Catherine, aber Richard hat seine Ehekrise aufgrund seines eingeschnappten Verhaltens durchaus mitverschuldet. Richard als Opfer seiner Ehe und seiner Triebe darzustellen halte ich weder für fair noch für sonderlich sinnvoll.

Kurze Eindrücke

  • Okay, die Schwangerschaft ist tatsächlich die Storyline, die für mich Baileys Charakter retten kann. Ihre Ängste sowie ihr neuentdecktes Selbstvertrauen durch Jo wurden so anrührend von Chandra Wilson gespielt, dass ich es Ben am liebsten nachgemacht und Bailey vor Freude umhergewirbelt hätte. Hier werden einfach tolle Akzente gesetzt, die hoffentlich genauso fortgeführt werden
  • Maggies Selbstfindung wird in meinen Augen immer spannender. Die Erkenntnis, dass nur die Medizin in ihr eine leidenschaftliche Liebe auslösen kann, könnte darauf hindeuten, dass sie einen ähnlichen Weg wie ihre biologische Mutter Ellis bestreiten könnte
  • Und endlich war mir Tom mal wieder sympathisch! Es wurde wunderbar gezeigt, dass er das Herz schlussendlich am richtigen Fleck hat und dass er ein guter Freund für Meredith sein kann, trotz des Wirbels, den ihr Artikel verursacht hat. Das ist genau das Miteinander statt das Gegeneinander, von dem ich gesprochen habe!
  • Und zum Schluss: Was will man aus Helms Dauercrush eigentlich jemals machen? Klar, ist ein netter Comic Relief, der sich mittlerweile aber doch deutlich zieht. Die Emoji-Herzen waren einfach zu viel des Guten

Fazit

Nein, perfekt ist nicht alles, dafür ist Merediths Verhalten (obwohl verständlich ist, warum) zu arschig und Webbers Storyline zu fragwürdig. Jos Storyline kann hingegen auf voller Linie überzeugen und in vielen Momenten setzt die Episode die besseren Akzente und präsentiert die Charaktere viel positiver. Darauf können die nächste Folgen hoffentlich weiter aufbauen.

Lux H. - myFanbase

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