Bewertung

Review: #1.10 Die Schwarze Königin

Foto: Matt Smith & Emma D'Arcy, House of the Dragon - Copyright: Ollie Upton / HBO
Matt Smith & Emma D'Arcy, House of the Dragon
© Ollie Upton / HBO

Hier ist nun, das Finale dieser ereignisreichen und irgendwie viel zu kurzen ersten Staffel von "House of the Dragon" und es wäre nicht eine Serie über die Targaryens, wenn das Finale nicht geprägt wäre von Feuer und Blut. Es bieten sich uns hier viele erschütternde Szenen, die genau dort ihr Ziel treffen, wo #1.09 The Green Council es verfehlt hat.

Queen Rhaenyra Targaryen, First of her name, Queen of the Andals, the Rhoynar and the First Men, Lady of the Seven Kingdoms, protector of the realm.

Die Episode ist ein Mix aus Szenen, die man nach der Krönung Aegons erwartet hat und den daraus resultierenden Entwicklungen, auf die man gespannt war. So bekommen wir Rhaenyra und Daemon Targaryen zu sehen, die sichtlich schockiert über das Ableben von Viserys sind. Wir sehen die Krönung Rhaenyras und das Pläneschmieden mit den Schwarzen – deren Anzahl recht überschaubar ist – die sich sogleich auf ihre Seite stellen. Es folgt das Aufeinandertreffen mit den Grünen in Gestalt von Otto Hohenturm und schließlich das Aussenden der Boten in Form von Jacaerys und Lucerys, den ältesten Söhnen der Königin. Alle diese Momente könnten oberflächlich betrachtet relativ logisch und emotionslos wirken, doch sie sind gepaart mit höchst intensiven Szenen, bei denen einem ein ums andere Mal die Tränen in die Augen steigen und sich die Kehle zuschnürt. Es beginnt alles mit der Botschaft vom Tod des Königs, die von Rhaenys überbracht wird und dazu führt, dass bei Rhaenyra vorzeitige Wehen einsetzen. Blickt man zurück auf die Geburten dieser Staffel, dann sieht es für die Gebärenden eindeutig schlecht aus, denn weder Aemma im Serienauftakt noch Laena zu Beginn der zweiten Staffelhälft haben diesen einschneidenden Moment überlebt. Daher verkrampfen sich beim Anblick des schmerzverzerrten Gesichts Rhaenyras sofort die Eingeweide und man überlegt, was wohl wäre, wenn sie die Geburt nicht überlebt. Dieses Gedankenszenario wird jedoch von einer noch traurigeren Variante überschattet, denn Rhaenyra bringt ein totes Baby auf die Welt, dessen leblosen, blutverschmierten Körper sie in den Armen hält. Gerade erst hat sie erfahren, dass ihr Vater gestorben ist, nun verliert sie auch noch ein Kind, man kann sich den seelischen und physischen Schmerz, den diese Figur in dieser Episode durchlebt, nicht ausmalen. Doch Emma D'Arcy versteht es genau, Rhaenyras Gedankenwelt auf den Zuschauer zu übertragen, wofür man einerseits dankbar ist, da sie diese grausamen Erlebnisse so authentisch umsetzt, andererseits möchte man nicht mitfühlen müssen, wie es Rhaenyra wohl ergehen muss. Auch Matt Smith agiert in seiner Rolle ganz wunderbar und zeigt uns die Wut, die in Daemon aufkocht. Diese Figur war von Beginn an sehr undurchsichtig und bleibt es auch jetzt, beziehungsweise kehrt sie nach einer Zeit des in sich Ruhens an Rhaenyras Seite wieder zu alten Verhaltensmustern zurück, da Daemon seine Gefühle nun einmal nur auf diese eine Art und Weise zu kanalisieren weiß.

Es gibt viele prägende Momente zwischen Rhaenyra und Daemon, sei es sein Blick auf Rhaenyra, die das tote Baby in den Armen wiegt, ihr gemeinsamer Blick auf den brennenden Leichnam, die Krönung Rhaenyras durch die Hände ihres Mannes oder die Hände an ihrer Kehle, schlussendlich die beiden Hand in Hand, als Daemon Rhaenyra berichtet, was geschehen ist. Zwischen den beiden liegen so viele Gefühle in der Luft, die sie nicht einmal ansatzweise verarbeiten können, es ist einfach nur unendlich traurig, was diese Figuren in so kurzer Zeit verkraften müssen.

Man nutzt viele der Szenen des Staffelfinales gekonnt, um an frühere Momente aus Staffel 1 zu erinnern. Da wären die bereits erwähnten Geburten, dann Daemon und Otto, die sich auf ähnliche Weise in Drachenstein gegenüberstanden wie in #1.02 The Rogue Prince, die ruhige und stille Krönung Rhaenyras als kontrastreiches Spiegelbild zu der pompösen Aegons, Erinnerung an die frühere Freundschaft zwischen Rhaenyra und Alicent in Form der herausgerissenen Buchseite aus der ersten Episode. Es gibt viele kleine und große Szenen, die bereits Gesehenes aus dieser Staffel widerspiegeln und in denen sich die Realität in eine ganz andere Richtung entwickelt hat, als man damals vermutete. All diese Momentaufnahmen sorgen für ein Gefühl der Vertrautheit und doch fühlt man sich sehr unsicher auf dem Terrain, das "House of the Dragon" nun betritt.

Valar Morghuls

Ich habe vorab überlegt, auf welchem Ton man die Staffel wohl beenden wird und als Buchkenner bin ich zunächst davon ausgegangen, dass man nach dem Tod von Viserys einen Schlussstrich ziehen wird. Man wählte nun jedoch einen anderen Tod, der einen mehr trifft, als der von Viserys es getan hat. Die Rede ist natürlich von Lucerys Velaryon, der sich auf eine schreckliche Art aus dem Leben verabschieden muss. Dass diese Figur für die finale Episode sehr wichtig sein wird, hätte man sich bereits in der ersten Szene der Folge ausmalen können, da nicht umsonst so viele Momente zwischen Rhaenyra und Lucerys eingefangen wurden. Wir haben das liebevolle Gespräch der beiden, das Auftauchen ihrer Kinder während der Geburt, ihre Teilnahme an den Beratungen, Rhaenyras mehrfache Versicherung, dass man Lucerys in Sturmkap herzlich willkommen heißen wird und schließlich der Abschied, bei dem Rhaenyra und Lucerys sich – ein letztes Mal – an den Händen halten. Ich möchte die Episode keinesfalls als eintönig bezeichnen, dennoch baute sich noch einmal um einiges mehr Spannung auf, als plötzlich Aemond Targaryen die Bildfläche betritt. Wie wir seit #1.07 Driftmark wissen, bringt dieser Junge/ Mann nur Aufruhr mit sich und es war bereits in #1.08 The Lord of the Tides überdeutlich, dass er die Rechnung, die er mit Lucerys offen hat, begleichen möchte. Das Casting spielt hier noch einmal eine wichtige Rolle, da Lucerys neben Aemond umso kindlicher wirkt – das gleiche spiegelt sich in den Drachen der beiden wider. Mir haben sich die Nackenhaare aufgestellt und mit jeder Sekunde wurde die Gewissheit, dass sich nun eines der schrecklichsten Kapitel von "Feuer und Blut" bewahrheiten wird, realer. Der um Sturmkap tobende Sturm setzt die perfekte düstere Stimmung für das Zusammentreffen und das funkelnde Saphirauge Aemonds lässt keinen Zweifel daran, dass er seinen Neffen dieses Mal nicht entkommen lassen wird. Man bangt mit Lucerys, der seinen Drachen durch das Gewitter antreibt, doch man hat wenig Hoffnung, als der gigantische Drache Vhagar am Himmel auftaucht. Gepaart mit Aemonds diabolischem Lachen fragt man sich, weshalb er unbedingt Rache an diesem Kind üben muss und die Angst, die Lucerys packt, greift sogleich auf einen über. Gerade in dem Moment, als Lucerys ein letztes Mal das Sonnenlicht erblickt, wird er aus dem Leben gerissen, indem Vhagar sich auf Arrax stürzt und den Drachen samt Reiter in der Luft mühelos zerfetzt. Es ist einfach grausam, was man hier mit ansehen muss und es lässt einem das Blut in den Adern gefrieren. Gleichzeitig ist es die perfekte düstere Note, um diese Staffel zu beenden und eine weitere Runde des Drachentanzes in Staffel 2 kann man nun kaum erwarten.

Kritische Blicke

  • Nach der Episode rund um den Titel "Lord der Gezeiten" habe ich geglaubt, dass Corlys Velaryon im Sterben liegt und ich war sehr überrascht, dass wir ihn nun doch noch einmal wiedergesehen haben. Außerdem scheint er sich wieder erholt zu haben, was ich etwas unglaubwürdig finde.
  • Aemonds Absicht in Sturmkap mag es gewesen sein, sich ein Auge von Lucerys zu holen, doch sobald er den Drachen bestieg, hatte ich den Eindruck, dass er Lucerys nach dem Leben trachtet. Wie hat Aemond sich den Drachenritt vorgestellt? Wollte er in der Luft nah genug an Lucerys heranfliegen, um ihm ein Auge auszustechen? Nach seinem gehässigen Lachen und der Freude, die es ihm bereitet hat, das Kind durch die Luft zu jagen, glaube ich nicht recht daran, dass Aemond vom Ausgang dieser Jagd tatsächlich schockiert war. Soll seine Reaktion ein Mittel sein, um ihn menschlicher zu machen? Ich erinnere mich aus dem Buch gut an diese Figur und sie hatte keine Faser in sich, die man als sympathisch empfunden hätte.
  • Rhaenys ist mir weiterhin ein Rätsel. Zwar kann ich ihre Worte, in diesem Krieg nicht den ersten Zug tun zu wollen, nachvollziehen, doch warum beugt sie das Knie nicht vor Rhaenyra? Und im Gespräch mit Corlys scheint jener erst vollkommen gegen Rhaenyra eingestellt zu sein, doch als die beiden sich zu ihr gesellen, stehen sie plötzlich loyal hinter ihr. Gern hätte ich noch mehr von ihrer Unterhaltung gehört.
  • Otto reißt also unter dem Banner der grünen, dreiköpfigen Drachen an. Donnerwetter, der hat seine Machtübernahme ja bis ins kleinste Detail geplant, wenn er selbst die Schiffssegel bereits hat vorbereiten lassen.

Fazit

Feuer und Blut, genau das bringt uns dieses Staffelfinale. Es ist eine hochemotionale Episode, die diese erste Staffel von "House of the Dragon" zu einem würdigen Ende bringt. Eigentlich möchte man an dieser Stelle gar nicht aufhören, da man die Geschichte durch den grausamen Tod von Lucerys in eine ungewollte Pause schickt. Die Frage, über die man bis zum Beginn der zweiten Staffel nun grübeln wird, ist wohl, ob Rhaenyra es Alicent gleichtut. Jene forderte einst ein Auge für ein Auge. Wird Rhaenyra nun einen Sohn für einen Sohn fordern?

Marie Müller - myFanbase

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