Bewertung

Review: #1.24 Die Sache Chang

Foto: Donald Glover, Community - Copyright: Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved
Donald Glover, Community
© Sony Pictures Television Inc. All Rights Reserved

Hut ab, wertes Autorenteam von "Community"! Denn seien wir mal ehrlich: Wer hat nach dem Geniestreich, den die vorhergehende Paintball-Folge ohne jeden Zweifel darstellt, nicht zwangsläufig mit einer ernüchternden Fortsetzung gerechnet? Wie soll man schließlich auch an eine Episode anknüpfen, die so ziemlich alles in den Schatten stellt, was das Sitcom-Genre in den letzten Jahren hervorgebracht hat? Die Antwort, die Dan Harmon und Konsorten auf diese kniffelige Frage gefunden haben, ist eine überraschend einfache: Anstatt erneut in die Trickkiste zu greifen, besinnt man sich in #1.24 Die Sache Chang einerseits voll und ganz auf eine Mischung aus sorgfältiger Charakterarbeit und andererseits auf das konsequente Vorantreiben der Staffelhandlung. Im Falle einer vom College-Alltag handelnden Serie kann das so kurz vor dem Ende des Studienjahres nur eines bedeuten: Die Abschlussprüfungen stehen vor der Tür. Oder, in Spanisch-Genie Jeffs gewohnt treffenden Worten: "¡El crappo!"

Dass sich beim Großteil der Lerngruppe unmittelbar vor den Tests akute Versagensängste breitmachen, ist für den aufmerksamen Zuschauer nicht weiter verwunderlich. Eine Sache ist nämlich während der mitunter abenteuerlichen gemeinsamen Wochen und Monate der sieben Greendale-Freunde eindeutig auf der Strecke geblieben: Das Lernen! Schuld daran ist aber nicht nur das mangelnde Engagement auf Studentenseite, sondern auch die offenkundige Inkompetenz von Vortragenden wie Señor Chang. Dessen längst überfälliges Auffliegen als Schwindler sorgt in dieser Folge für gute Sprüche am laufenden Band, von Dekan Peltons später Einsicht ("Word of advice: If an Asian man says he's a Spanish teacher, it's not racist to ask for proof.") bis hin zu Changs erhellenden Geständnissen ("At one point, I was teaching you Klingon."). Der gewagte Schritt, "el tigre chino" vom Lehrer zum Studenten zu degradieren, macht sich aber nicht nur humortechnisch bezahlt, sondern auch in Hinblick auf den weiteren Verlauf der Handlung durchaus Sinn. Denn so ist nach dem erfolgreichen Abschluss des Spanischkurses gewährleistet, dass sich die Wege der Lerngruppe auch künftig mit jenen ihres unliebsamen Ex-Professors kreuzen werden - in welcher Form auch immer. Und das ist auch gut so, wie diese Chang-lastige Episode eindrucksvoll bewiesen hat: So sehr der schräge Exzentriker die Nerven seines Umfelds (und ja, oftmals auch die der Zuschauer) strapazieren mag, ganz ohne ihn würde dem Greendale-Universium doch etwas fehlen.

Während die Geschichte rund um Chang diesmal für den Großteil der Lacher sorgt, hält die gelungene Interaktion zwischen Annie und Jeff einmal mehr die stärksten zwischenmenschlichen Momente parat. Ihre Auseinandersetzung hinsichtlich der Zukunft der Lerngruppe zeigt wunderbar, wie ausgereift diese Figuren mittlerweile sind und welch großes Potential diese Paarung weiterhin bietet - spätestens seit der denkwürdigen Debattierfolge ein offenes Geheimnis. Alison Bries großartige Mimik beim Vorführen von Annies "Disney face" und Joel McHales Inbrunst beim Ausholen zur einer weiteren legendären Winger-Ansprache tragen hier gleichermaßen dazu bei, dass der Funke sofort wieder auf die Zuschauer überspringt. Obwohl der Ausgang ihres Streits (trotz Jeffs anfänglicher Skepsis wird die Lerngruppe auch im nächsten Studienjahr einen gemeinsamen Kurs besuchen: Anthropologie!) nun wahrlich nicht als unvorhersehbar bezeichnet werden kann, weiß der Weg dahin dennoch zu überzeugen, nicht zuletzt dank der pointiert-provokanten Seitenhiebe in alle erdenklichen Richtungen (Annie: "Of course you think that, Britta. It's obvious from your name your parents smoked pot."). Da könnte man glatt vergessen, dass der heimliche Held dieser Episode eigentlich Pierce(!) ist. Seinem Flirt mit der strengen Chang-Nachfolgerin Dr. Escodera ist es schließlich zu verdanken, dass die Lerngruppe im nächsten Jahr nicht den Spanisch-Grundkurs wiederholen muss.

Auch wenn die vorletzte Episode der ersten Staffel sich insgesamt auffallend bodenständig präsentiert, so dürfen zumindest am Rande die "Community"-typischen Popkulturreferenzen nicht fehlen. Das beste Beispiel dafür liefert Troy ab, der in einer an "Good Will Hunting" angelehnten Nebenhandlung ein bis dato ungeahntes Handwerkstalent an den Tag legt und dadurch die Aufmerksamkeit von Hausmeister Jerry (stark: "Saturday Night Live"-Alumnus Jerry Minor) auf sich zieht. Den daraus resultierenden Denkanstößen in Bezug auf Troys potentielle Berufung hätte gerne noch etwas mehr Platz eingeräumt werden dürfen, unterstreichen sie doch einmal mehr, dass der einst oberflächliche Football-Spieler von allen Mitgliedern der Lerngruppe die bislang größte persönliche Entwicklung durchgemacht hat. Zumindest was mich betrifft, ist das genau die Art von detailverliebt-schlüssiger Figurenzeichnung, die - clever eingebettet in ein amüsantes Rahmengeschehen - das Fanherz auch ganz ohne actionreiches Paintball-Spektakel höher schlagen lässt.

Willi S. - myFanbase

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