DVD-Rezension: Chicago P.D., Staffel 10

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Die zehnte Staffel von "Chicago P.D.", die in der TV-Season 2022/2023 bei NBC zu sehen war, hat mit 22 Episoden eine übliche Staffellänge. Es gibt den Ausstieg einer Figur der ersten Stunde zu verkraften. Dazu gibt es leider weiterhin keine große OneChicago-Crossover, dennoch hat die Jubiläumsstaffel (neben zehn Staffel inzwischen auch 200 Episoden) einiges zu bieten.

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Inhalt

Nachdem Hank Voight (Jason Beghe) mit Anna Avalos (Carmela Zumbado) seine Informantin verloren hat, ist er wie fremdgesteuert, die Stadt Chicago mehr denn je für sie sicher zu halten. Das verändert die Dynamik der Intelligence Unit deutlich und so muss Jay Halstead (Jesse Lee Soffer) eine wichtige Lebensentscheidung treffen. Kim Burgess (Marina Squerciati) wiederum hat mit einem alten Trauma zu kämpfen, dem sie sich endlich stellen muss und Kevin Atwater (LaRoyce Hawkins) trifft auf eine Person aus seiner Vergangenheit, die alte Wunden aufreißt. Bei all dem persönlichen Drama schläft das Verbrechen jedoch nie und die Unit muss wie immer ihr Bestes geben.

Rezension

Foto: Benjamin Levy, Chicago P.D. - Copyright: 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC
Benjamin Levy, Chicago P.D.
© 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC

"Chicago P.D." ist für mich eigentlich nicht die Serie, die konsequent auch über Staffeln hinweg Handlungsbögen fortführt. Stattdessen ist es oft eher so, neue Staffel, neues Glück. Neue Widersacher, neue Nebenfiguren, die unsere Hauptfiguren herausfordern und beschäftigen und eben auch neue Impulse für das Miteinander untereinander. In Staffel 10 habe ich das erstmals ganz anders empfunden, weil sich das Geschehen in vielen Punkten sehr organisch passend zu Staffel 9 entwickelte. Kim und Adam Ruzek (Patrick Flueger) haben so ihre Kleinfamiliensituation mit Makayla (Ramona Edith Williams) weiter zu klären, sie hat sich einem Trauma zu stellen, was sie in Staffel 8 (!) erfahren hat, Hank leidet unter Annas Tod und muss sich wieder der Frage stellen, wer er als Person ist und auch das Trio aus ihm, Jay und Hailey Upton (Tracy Spiridakos) wird wieder oft zusammen in Verbindung gebracht. Einzig Kevin und das nun feste Teammitglied Dante Torres (Benjamin Levy Aguilar) habe ganz frische Stories bekommen. Aber es ist nicht nur auf der persönlichen Ebene eine Konstanz zu erkennen, sondern es gibt auch zwei oder sagen wir sogar drei Fälle, die etwas größer aufgezogen werden. Da haben wir die O'Neals. Patrick O'Neal (Michael Gaston) ist der neue Chef des Reviers, während sein Sohn Sean O'Neal (Jefferson White) irgendwann unter Verdacht gerät. Wir haben auch Staatsanwältin Nina Chapman (Sara Bues) wieder, die aus persönlichen Gründen konsequent gegen Arturo Morales (Robby Ramos) vorgeht und hier haben wir immerhin auch zwei Episoden, wo Hank ihr unter die Arme greift. Am Ende haben wir dann auch Familie Beck, mit der Rassismus in den Blick genommen wird und wo Adam gleich mehrere Episoden undercover arbeiten muss. Mir gefällt diese Art in Staffel 10 eigentlich wirklich gut. Schon oft habe ich das Fazit gezogen, dass es Fälle gab, die unglaublich viel Potenzial hatten, die dann aber eben auf diese 40 Minuten runtergebrochen wurden. Daher: die Richtung ist gut und wichtig, weil die Charakterarbeit so eben nicht nur für unsere 'Helden' besser ist, sondern auch für die Bösewichte.

Foto: Jesse Lee Soffer & Tracy Spiridakos, Chicago P.D. - Copyright: 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC
Jesse Lee Soffer & Tracy Spiridakos, Chicago P.D.
© 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC

Dennoch hat Staffel 10 mir auch einen wirklich herben Dämpfer verpasst, denn der Ausstieg von Soffer als Jay erfolgt früh in der Staffel, ist charakterlich aber völlig an den Haaren herbeigezogen. Es fühlte sich nach all den Jahren auch überhaupt nicht verdient hat. Soffer hat zehn Jahre seines Lebens in die Serie investiert und war auch in den weiteren Serien "Chicago Fire" und "Chicago Med" ein oft gesehener Gast, dementsprechend hätte da schon die Konfettikanone gezündet werden müssen. Stattdessen war es nüchtern ohne Ende und überhaupt nicht Jay entsprechend. Auch im Verlauf der zehnten Staffel ist es für die Darstellung der Figur nicht besser geworden, denn immer wieder gibt es neue hanebüchene Ausflüchte, warum er zu seiner Ehefrau nicht zurückkehren kann. Für Staffel 11 gibt es daher eine wirklich wichtige Aufgabe: macht da bitte einen sauberen Strich drunter! Ansonsten ist es aber in meinen Augen nicht so, dass "Chicago P.D." unter dem Ausstieg einer der Hauptfiguren zu leiden hat. Besonders für Hailey mündet das auch in starken Episoden, wobei sie eben besonders mit der angesprochenen O'Neal-Geschichte verbunden war. Hier hat sie mit Sean wirklich eine Figur entgegengestellt bekommen, die sie in vielen Aspekten spiegelt und die doch auch so ganz anders ist und es war faszinierend, das über mehrere Episoden hinweg ausgespielt zu sehen. Aber es war natürlich auch eine geeignete Sache, um eben Hailey in räumlicher Trennung lebend durch ein wirkliches Tal zu schicken, wo sie sich dann selbst rausarbeiten muss.

Aber auch abseits davon ist es der zehnten Staffel gut gelungen, die Geschichten relativ gleichmäßig auf die Hauptfiguren zu verteilen. Torres hat auf jeden Fall noch Luft nach oben. Möglicherweise auch aus vertraglichen Gründen war er nicht in jeder Episode zu sehen. Das ist natürlich manchmal auch schade, weil er auch mehr Verbindung zu den anderen Figuren aufbauen soll. Dennoch ist er nach Jays Wegfall mit Adam, Kevin und Hailey näher in Kontakt gekommen, was ich sehr löblich finde, weil es nicht einseitig aufgebaut wird. Ansonsten sind die Ansätze bei der Figur auch vielversprechend. Auch bei ihm hat man mit seiner Herkunft und seiner kriminellen Vergangenheit eine sehr konstante Geschichte gesponnen, die Torres als Mensch schon sehr gut erklärt. Aguilar ist auch schauspielerisch ein echter Gewinn, denn er hat etwas sehr Empathisches an sich, das sich gut auf die Rolle überträgt. Demnach wäre es sehr schade, wenn man ihn ähnlich schnell wie die eine Vanessa Rojas (Lisseth Chavez) verlieren würde. Einzig Hank bleibt für mich weiterhin ein Störfaktor. Ich mag es eigentlich wirklich nicht, wenn davon gesprochen wird, eine Figur sei 'auserzählt', aber müsste ich darüber einen Vortrag halten, mit Hank hätte ich ein Paradebeispiel, um es dann doch erklären zu können. Auch wenn man ihm nach Anna auch mit Chapman wieder eine neue Frau an die Seite stellt, die ihn auf eine Weise herausfordert, so bewegt sich nicht mehr viel und ich fände es tatsächlich viel reizvoller, wie es mit der Unit weitergehen würde, wenn der vorderste Posten mal neu besetzt werden müsste.

Foto: LaRoyce Hawkins, Chicago P.D. - Copyright: 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC
LaRoyce Hawkins, Chicago P.D.
© 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC

Bei Kevin lernen wir nach zehn Jahren seinen Vater Lew (Erik LaRay Harvey) kennen. Auch wenn es verrückt ist, dass es so lange gedauert hat, finde ich es in der Geschichte wirklich gut und auch hier bemerkt man einen sukzessiven Ausbau. Vater und Sohn werden gleich zweimal in Situationen getrieben, wo sie zwangsweise miteinander agieren müssen und dadurch reift die Beziehung unweigerlich. Ich würde mir auf jeden Fall wünschen, dass das auch in der 11. Staffel weiter verfolgt werden und da dann auch die Atwater-Geschwister involviert werden. Ansonsten macht einen Großteil der Staffel noch die Kleinfamilie sowie Kims Diagnose mit PTBS aus. Bei Letzterem muss man auch sagen: da war wirklich langer Atem gefragt, aber eigentlich finde ich es für die Authentizität genau richtig, dass es sich langsam aufbaut und dann irgendwann brutal zuschlägt. Ich habe schließlich in der neunten Staffel auch mal auf Kim geschimpft, wie sie mit Adam umgegangen ist und das wird alles schön aufgearbeitet und beleuchtet. Da wird dann sogar das Burzek-Shipperherz irgendwann richtig belohnt und ich war sehr glücklich. Makayla war dieses Mal insgesamt nicht so dominant in der Staffel, was ich aber nicht kritikwürdig finde. Sie gehört dazu, auch wenn sie nicht ständig zu sehen ist und es ist ohnehin deutlich zu merken, wie sehr sich Kim und Adam in ihrer Art wegen ihr verändert haben.

Foto: Marina Squerciati & Patrick John Flueger, Chicago P.D. - Copyright: 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC
Marina Squerciati & Patrick John Flueger, Chicago P.D.
© 2022 NBCUniversal Media, LLC.; Lori Allen/NBC

Die volle Punktzahl habe ich in dieser zehnten Staffel nicht einmal bei meinen Episodenreviews gezückt, aber dennoch gab es definitiv Episoden, die auf unterschiedliche Art und Weise herausgestochen haben. #10.06 Reflexbewegung hat mich überzeugen können, weil es eine wirklich sehr runde Episode zum Thema Empathie war. Da hätte man auch kaum jemand anderen als Kevin nehmen können, der immer schon eine Intuition für Geschehnisse gehabt hat, die beachtlich sind. #10.07 Viel gefährlicher ist die beste Episode im Showdown zwischen Hailey und Sean, denn dort hat man richtig gemerkt, wie er ihr unter die Haut kriecht, aber wie sie sich davon nicht abhalten lässt und ihm am Ende mit reinen Blicken eine Kampfansage macht. Bei #10.08 Die Toten aus dem Tunnel wird die Aufarbeitung von Kim so richtig auf die Strecke gebracht und es war für mich als Zuschauerin auch erstmals der Hinweis, in welche Richtung es gehen wird und da war ich mir gleich sicher, dass das sicherlich sehr gut werden wird, auch aus schauspielerischer Perspektive. Um Kim ging es dann auch in der 200. Episode #10.14 Gefangen sein. Auch wenn ich diese Episode eigentlich auch zu den stärkeren der Staffel zählen würde, so hätte ich mir im Nachhinein gewünscht, dass es zum Jubiläum wirklich mehr um die Einheit an sich gegangen wäre, um wirklich das Gemeinschaftliche zu unterstreichen.

Specials & Technische Details

Foto: Chicago P.D. - Copyright: 2023 Universal Pictures Germany. Alle Rechte vorbehalten.
Chicago P.D.
© 2023 Universal Pictures Germany. Alle Rechte vorbehalten.

Extras werden leider gar nicht angeboten.

Erscheinungstermin: 9. November 2023
FSK: ab 16 Jahren
Laufzeit: ca. 880 Minuten
Bildformat: 16:9 – 1.78:1
Sprachen (Tonformat): Deutsch, Englisch, Französisch (alle Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Niederländisch

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Fazit

"Chicago P.D." hat in meinen Augen eine konstant gute Staffel mit der zehnten Runde abgeliefert. Den frühen und unbefriedigenden Ausstieg einer Hauptfigur hat man problemlos überwunden. Dazu ist die Staffel auch voll von sich toll aufeinander aufbauenden Geschichten. Davon profitieren die Figuren und die Fälle gleichermaßen. Auch Neuling Torres wurde schon gut integriert. Einziger Kritikpunkt bleibt für mich weiter Hank Voight, der für mich dieser Cop-Serie nichts Bereicherndes mehr mitgeben kann.

Die Serie "Chicago P.D." ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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