Review: #19.14 Schatten deiner Liebe

Es ist der erste Teil von Kelly McCrearys (großem?) Abschied, der jedoch weniger Fokus auf Maggie selbst legt, sondern vielmehr auf die Patientenfälle. Dabei sticht Maggies letzter großer Fall hervor, in dem Musikerin Nola (die wohl mit der besten Freundin der Welt, Viv, gesegnet ist, die mit ihrer Durchsagenaktion direkt meine Sympathie gewonnen hat) von einem anscheinend inoperablen Herztumor geplagt ist. Dieser hat die besondere Eigenschaft, dass er sich um Nolas Herz herum gebildet hat und mit diesem zusammenwächst. Gewissermaßen beschreibt dieser Herztumor als Analogie einige der Beziehungen, die uns in dieser Episode beschäftigen – sind zwei Menschen so sehr miteinander verbunden, dass sie einander schaden oder können sie auch ohne einander leben?

Maggie und Winston

Maggie darf in dieser Folge ein vermutlich letztes Mal eindrucksvoll beweisen, was für eine großartige Ärztin sie ist und damit ihren Legendenstatus pflegen, der sie schließlich einst als Wunderkind nach Seattle brachte und zur jüngsten Chefin der Herzthoraxchirurgin werden ließ. Die Rettung von Nola ist jedoch Resultat ihrer Zusammenarbeit mit Winston, die in ihrer Symbiose und Organik beinahe gruselig ist: Die beiden sind wirklich wie zwei Hirnkammern desselben Gehirns, in dem eine Hand die andere führt und der Gedanke des einen den Gedanken der anderen vorausahnen und umsetzen kann. Die zunächst verhaltene und später übersprudelnde Euphorie verdeutlicht allerdings deutlich, dass diese großartige Zusammenarbeit nicht ohne ihre Tücken ist: So inspirieren die beiden sich gegenseitig immer zu neuen Höchstleistungen, gleichzeitig täuscht das nicht über Maggies überlegene Position gegenüber Winston hinweg. Dass sie dann übereinander herfallen, war natürlich abzusehen, doch war dies das letzte Hurra für die beiden? Und können die Schwierigkeiten der beiden überhaupt noch ausgeglichen werden? Wird Winston jetzt Maggie doch noch begleiten?

Amelia und Kai

Mein Sorgenkind Amelia muss sich urplötzlich mit ähnlichen Fragen herumschlagen: So nimmt sie die Beziehung mit Kai zunächst als große Stabilität in ihrem Leben wahr, nachdem sich mit Merediths und Maggies Umzügen große Veränderungen in Seattle vollziehen. Es ist augenscheinlich, wie sehr Amelia mit diesen Entwicklungen strauchelt, wie sehr sie davon mitgenommen ist, dass ihre Familie nicht länger in Seattle lebt. Zwar ist Kai für sie da und kann die gerüttelte Amelia mit unglaublich süßen Liebesgeständnissen trösten und auffangen, wartet jedoch bereits mit der nächsten Hiobsbotschaft für Amelia auf: Kai hat die unglaubliche Chance erhalten, nach London zu ziehen und wird dort ein neues Forschungsbüro leiten. Eine weitere Säule in Amelias scheint in sich zusammenzufallen und ihr geschocktes Gesicht zeigt deutlich, dass Amelia große Schwierigkeiten mit dieser Rundumwälzung ihres Lebens haben wird. Wir erfahren noch nicht sonderlich viel, was Kai in dieser Entscheidung bestärkt oder beeinflusst hat – hat Kai Amelia dabei überhaupt bedacht oder einfach nur die Karriere fokussiert? –, das wird aber sicherlich in der nächsten Episode passieren.

Owen und Teddy, Link und Jo

Einmal mehr dürfen Owen und Teddy zelebrieren, dass sie nicht länger einander zerstörende Tumore sind, sondern sich mittlerweile auf einem guten Weg der Besserung befinden. Dennoch fand ich selten eine Szene so unangenehm inszeniert und konstruiert, wie diejenige, in der Owen einem von Liebeskummer geplagten Patienten seine Liebesgeschichte mit Teddy in epischer Breite erzählt. Ich persönlich fand das super unpassend –oder bin ich etwa allein mit dieser Meinung?

Immerhin gelingt es Owen damit Link zu inspirieren, nachdem dieser und Jo in dieser Folge wieder einmal wie frisch verliebte Teenies umeinander herumtanzen. Nachdem sogar Link auf wirklich süße und romantische Weise sein Liebesgeständnis vorbereitet hat (nicht einmal Derek hatte bei seinem Heiratsantrag an Meredith so viele Blumen und Rosenblätter!), steht mit Lunas diagnostizierten Hördefiziten ein weiteres Hindernis für die beiden an. Das ist natürlich Schema F bei "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" (siehe eben Dereks erster Heiratsantragsversuch ) und deswegen ziemlich vorhersehbar, und doch bin ich weiterhin nicht davon abgeneigt davon, wie Jos und Links Beziehung hier so langsam vorbereitet wird. Die Autor*innen wollen es offensichtlich nicht vermasseln, das ist doch mal ein gutes Zeichen.

Bailey und das Doxxing

Bailey irritiert in dieser Folge damit, dass sie ihren Tumor nicht erstnehmen will. Obwohl Bailey bei Addison, mitbekommen hat, welche Auswirkungen das Stalking und das Doxxing der Pro-Life-Aktivist*innen haben kann und selbst nur mit einem blauen Auge vor einigen Wochen davongekommen ist, scheint sie die Gefahr, in der sie sich befindet, nicht wahrhaben zu wollen. Stattdessen betraut sie die bereits völlig übermüdete Mika mit Telefondiensten, bis Lucas völlig entnervt das dauerklingelnde Smartphone in der Mülltonne entsorgt. Erst ein Bild von Tuck, das Bailey von unbekannter Nummer zugeschickt wird, scheint Bailey endlich zu Sinnen zu bringen und lässt sie Sicherheitsmaßnahmen, wie ein vorübergehender Umzug ihrer Familie in ein AirBnB, ergreifen. So kleinschrittig wie diese Storyline aufgebaut wird, befürchte ich, dass Bailey hier auf den zweiten Teil dieses Albtraums zuschlittert.

Simone und die Hochzeit

Simones Verhalten war ja in den vergangenen Folgen bereits schon oft hart an der Grenze, doch in dieser Episode steigert sich das noch einmal und sie mutiert zu einer unglaublich anstrengenden, nervigen Person. Dass sie ausgerechnet ihre Unsicherheiten bezüglich ihrer Hochzeit an Jules auslässt, die von Anfang an klipp und klar ihren Standpunkt zum Heiraten deutlich macht, ohne dabei ansatzweise Simone persönlich zu meinen, habe ich als ziemlich unreif empfunden. An Jules‘ Stelle hätte ich es ihr gleichgemacht und mich ebenfalls irgendwann von ihr weggesetzt. Und sie hat vollkommen recht: Sie hat auf jeden Fall etwas gut bei Simone, dass sie ihr am Ende doch noch Hilfe zukommen lässt. Es hilft auch nicht, dass es allen Anfänger*innen, sogar Simone selbst, bewusst ist, wie bescheuert die Idee ist, dass ausgerechnet Lucas ihre Brautjungfer ist. Nein, Simone scheint immer mehr auf eine Katastrophe zuzusteuern, die sie dabei selbst zu verantworten hat, aber offenbar nicht länger aufzuhalten weiß.

Levi und Richard

Okay, zugegeben, hier geht die Analogie nicht wirklich auf, dennoch verhält sich Richard in dieser Folge absolut hässlich gegenüber Levi, aber auch gegenüber Maggie. Erneut packt er, wie bei Meredith, das Argument aus, dass Ärzt*innen dem Krankenhaus, das ihnen eine Karriere bereitet hat, Loyalität und Selbstaufopferung schulden und stößt damit Maggie ziemlich vor den Kopf. Dass er dann ausgerechnet den armen Levi, der in den vergangenen Staffeln wirklich viel um die Ohren hatte, anpampt, dass dieser sich längst um seine Fellowships kümmern hätte müssen, fand ich sehr schäbig von Richard. Dieses herrische und unsensible Verhalten lässt er auch seinen unglaublich sympathischen pubertierenden Patienten Grayson spüren, der sogar Angst bekommt, dass Richard nicht länger sein Arzt sein möchte. Am Ende bekommt Richard zwar etwas die Kurve, dennoch war er einer der größten Nervfaktoren dieser Folge. Highlight ist hier hingegen erneut Levi, der sich erneut als toller Arzt zeigt, der nicht nur besondere Empathie Grayson zukommen lässt, sondern dem taktlosen Blue die Leviten liest und auch gegenüber Webber Kante zeigt. Die Lösung für sein Problem liegt dazu ja eigentlich auf der Hand: Ein Fellowship in der Pädiatrie, oder? Wollen wir kurz mal beten, dass das vielleicht sogar die Rückkehr einer unserer ehemaligen Kinderchirurg*innen einläuten könnte?

Fazit

Einige Tumore konnten entfernt werden, bei anderen stehen die großen Operationen erst noch hervor, andere beginnen erst jetzt wirklich Schaden anzurichten: Mit Maggies letzter großer OP, den neuen Beziehungsproblemen von Amelia und Kai und Lunas Hördefiziten werden spannende Storylines für den zweiten Teil dieser Doppelfolge eingeläutet. Dennoch gab es mit den Storylines von Richard, Bailey und Simone einige Schwächen, womit die Episode solide ist, aber nicht wirklich begeistert.

Lux H. - myFanbase

Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen: