Bewertung

Review: #2.18 Wer ist hier das Monster?

Die wohl größte Gefahr, die bei einer so wagemutigen Serie wie "Community" immerzu besteht, ist die des übers Ziel Hinausschießens. Macht sich die Risikobereitschaft, welche die Autoren im bisherigen Verlauf der zweiten Staffel zweifelsohne an den Tag gelegt haben, oftmals in kreativen Meisterleistungen wie der Weihnachtsfolge oder dem Abstecher in die Welt von "Dungeons & Dragons" bezahlt, so geht der Schuss ab und an leider auch nach hinten los. Ein Paradebeispiel für eine solch insgesamt weniger gelungene Episode stellt #2.18 Custody Law and Eastern European Diplomacy dar, in der versucht wird, aus so heiklen Themen wie Kindesentführung oder dem Genozid auf dem Balkan humoristisches Kapital zu schlagen. Dass das nötige Fingerspitzengefühl dabei weitgehend auf der Strecke bleibt, ist umso bedauerlicher, da die beiden gezeigten Handlungsstränge in puncto Charakterarbeit durchaus vielversprechende Ansätze liefern.

Da wäre zum einen die bis dato eindeutig zu kurz gekommene Freundschaft zwischen Shirley und Jeff. Erstmals seit der unvergesslichen Läster-Allianz zu Beginn der ersten Staffel, wird den beiden von Grund auf unterschiedlichen Figuren die Möglichkeit geboten, losgelöst vom Rest der Lerngruppe zu interagieren. Die Grundprämisse - Jeff soll Shirley in Hinblick auf das Sorgerecht für ihr ungeborenes Kind mit Rat und Tat zur Seite stehen - mag dieses Mal zwar nicht sonderlich aufregend klingen, mit der Umsetzung wissen die Autoren und Schauspieler aber sehr wohl zu punkten. Allein schon die beiden lautstarken Wortgefechte mitten auf den belebten Gängen des Greendale Community College (Jeff: "Who am I to stand in the way of someone trying to put their life together? Daytime television?") waren es definitiv wert, diese tolle Paarung wieder einmal näher zu beleuchten. Als Shirley und Jeff sich dann aber verbünden, um dem überambitionierten Möchtegern-Vater Chang zur Vernunft zu bringen, beginnt dieser Teil der Handlung aus dem Ruder zu laufen. Letzterer schlägt nämlich beim Versuch, seine Qualitäten als "hands-on baby daddy" unter Beweis zu stellen, dermaßen über die Stränge, dass selbst die gewohnt genialen Meta-Kommentare (Chang: "I am nuts, Jeff! Get with the program!") die Sache nicht mehr retten können. Erst entführt er im Irrglauben, es handle sich um Shirleys Söhne Elijah und Jordan, zwei wildfremde Jungs aus der Schule, dann versucht er kurzerhand, die Straftat Jeff anzuhängen und schließlich will er sich auch noch mit einer abenteuerlichen Flucht durch die Luftschächte der Polizeistation (Annie's Boobs lässt grüßen!) vor der Festnahme drücken. Bei aller Liebe: Das geht dann doch eine Spur zu weit! Nicht einmal mehr die willkommene Rückkehr von Malcolm-Jamal Warner als Shirleys geläuterter Ex-Gatte Andre vermag es da noch, Schadensbegrenzung zu leisten - weise Wohlfühl-Schlussbotschaft hin oder her.

Zum anderen dreht sich diese Folge um Brittas bekanntermaßen nicht ganz einfaches Verhältnis zu emotional angeschlagenen Männern und thematisiert nebenbei ihre ebenfalls alles andere als unkomplizierte Freundschaft zu Troy und Abed. Gillian Jacobs sorgt diesmal ohne Frage für die denkwürdigsten Szenen, von der zum Brüllen komischen Britney-meets-Christina-Gesangseinlage ("Hit me with your genie's bottle / Rub it all over me") bis hin zur emotional-verletzlichen Selbstkritik (traurig aber wahr: "I tend to ruin stuff!"). In Anbetracht des hier dargebotenen Facettenreichtums ist es wahrlich keine Überraschung, dass diese Episode zu den persönlichen Favoriten der Britta-Darstellerin zählt, wie sie uns im exklusiven Interview verraten hat. Bedauerlicherweise wird aber auch in diesem Fall der Gesamteindruck dadurch geschmälert, dass der Aufhänger - Britta enttarnt Troys und Abeds Kumpel Lukka als Genozidbefürworter, behält dieses Wissen jedoch aus Rücksicht auf die Gefühle ihrer Kollegen für sich - nicht so recht zünden will. Ausschlaggebend dafür ist in erster Linie die Tatsache, dass die von der Kriegsverbrecher-Thematik abgeleiteten Sprüche allesamt einen zu bitteren Beigeschmack haben, um dem Zuschauer ein aufrichtiges Lächeln zu entlocken ("Britta, there's a difference between telling us a guy likes nipple play and telling us a guy makes hats out of babies."). So lässt einen auch diese zweite große Storyline trotz unbestrittener Höhepunkte am Ende eher zwiegespalten zurück.

Bei aller Kritik muss abschließend noch auf ein paar kleine aber feine Humor-Häppchen hingewiesen werden, die gekonnt über so manch holprige Passage hinweggetröstet haben. Besonders gelungen ist in der Hinsicht natürlich der mit einem sarkastischen "It's all downhill from here"-Aufdruck versehene Sweater, den Abed in Erinnerung an das denkwürdige Paintball-Spektakel im ersten Studienjahr - eine in den Augen vieler Kritiker unerreichte Ausnahmefolge - anfertigen hat lassen. Aber auch Troys Mimik und Gestik ist zum Schießen (Donald Glover FTW!), als er mit regelrechtem Entsetzen feststellen muss, dass er und Britta das gleiche Halstuch tragen. Und dann ist da zu guter Letzt noch Jeff "Nipple Play" Wingers offenkundiger Fetisch für besagte Körperteile, der gleich mehrmals aufgegriffen wird und in der höchst amüsanten Enthüllung seiner beim Joggen zum Einsatz kommenden Nippel-Schützer(!) gipfelt (kläglicher Rechtfertigungsversuch: "Olympic athletes use them." - aufgelegter Konter: "Still the gayest thing I've ever seen."). Wer kann es den Machern angesichts solcher Gimmicks schon lange übel nehmen, wenn die Handlung dem bisherigen Staffelniveau ausnahmsweise einmal hinterherhinkt?

Willi S. - myFanbase

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