Review: #12.20 Black Ice
Staffel 12 von "Chicago P.D." wird für mich sehr zentral mit einem sehr empfindsam dargestellten Handlungsbogen in Verbindung bleiben. Das ist die Alzheimer-Erkrankung von Bob Ruzek, die hier ein weiteres Kapitel hinzugefügt bekommt.
Beim Schauen dieser Episode kamen bei mir sofort Erinnerungen an #9.13 Stille Wasser hoch und Überraschung, beide Folgen haben Gwen Sigan am Drehbuch beteiligt. Es gab schon einige Parallelen. Wir haben einst Hailey Upton alleine erlebt, die ein Paar in einem Auto zu retten versucht, hier haben wir Adam Ruzek, dem beinahe ein Mann vors Auto läuft und den er dann abzuhalten versucht, von einer Brücke zu fallen. Beide Charaktere sind nicht erfolgreich in ihrem Vorhaben und im Nachhinein stellt sich heraus, dass es jeweils um Figuren geht, die ein sehr düsteres Geheimnis haben. Dennoch würde ich die neuere Episode keinesfalls als Kopie sehen, denn dieser Handlungsrahmen wurde für Adams Geschichte ideal und clever genutzt und da könnte ich es Sigan niemals vorwerfen, bei sich selbst abgeguckt zu haben.
Der Anfang war schon sehr spannend. Wir starten zwar eher gemächlich, indem wir Adam bei Bob in der Senioreneinrichtung erleben. Wir bekommen vor Augen geführt, dass sein Zustand sich weiter verschlechtert, weil er immer schneller zwischen verschiedenen Welten in seinem Kopf hin- und herspringt. Doch darunter macht er eine Andeutung wegen eines Kontos, möglicher Schulden und klar klingeln da die Alarmglocken, denn Bob war über seine Gastauftritte hinweg oft in dubiose Sachen verwickelt. Zwar aus guten Motiven heraus und mit seiner Naivität auch schnell ein Opfer, aber das ändert nichts daran, dass dieser Mann Ärger anzieht und wer weiß, wie seine Krankheit das beeinflusst. Das ist schon eine angespannte Ausgangslage für Adam, der neben den Herausforderungen des Jobs nicht nur ein Kind, sondern auch einen Vater hat, um den er sich zunehmend wie ein zweites Kind kümmern muss. Das leitet dann in diese sehr spannenden Momente über, als der Mann Adam vors Auto läuft, dann über die Brücke klettert, was eher wie eine Selbstmordabsicht wirkt, nur um dann nach dem verlorenen Halt sich klar ans Leben zu klammern. Spätestens die Szenen auf dem Eis waren dann auch eines Actions-Films würdig, denn es war schon erschreckend, wie alles knackte und Adam sich nur so gerade eben ans Ufer retten konnte, ehe die Leiche dann aber in der Tiefe verschwand. Gruselig, aber auch einnehmend.
Mit der gesamten Episode im Hinterkopf habe ich mich gefragt, ob meine Gedanken zu Frank Bailey von Adams Gefühlen oder von der Dramatik der Sequenz beeinflusst worden, oder ob ich ganz alleine Sympathien für diese Rolle entwickelt habe. Es ist schon schwer zu trennen, aber vermutlich sollte das Drehbuch das auch erreichen. So wie es Adam ergangen ist, so kann es auch jedem von uns ergehen. Ich hatte bei Frank einen sehr verwirrten Eindruck. Er wirkte panisch, möglicherweise war er auf der Flucht. Sein Verhalten auf der Brücke war von Widersprüchen geprägt. Zunächst so leichtsinnig angesichts der eisigen Bedingungen, aber wer weiß, was die ihn jagenden Dämonen mit ihm gemacht haben? Dann dieses Klammern ans Leben, das Erwähnen der zwei Kinder, das war wieder jemand, der etwas hat, wofür es sich zu leben lohnt. Das waren alles so die Gedanken, die mir durch den Kopf schossen. Da wundert es wenig, dass ich in ihm mehr ein Opfer als möglichen Täter gesehen habe. Dementsprechend hat der Fortgang der Episode alles gewaltig auf den Kopf gestellt. Das ist an sich spannend und für uns als Zuschauerschaft herausfordernd, aber hier ist es auch so genial, weil ich Frank und Bob als Klammer gesehen habe.
Zu Bob hatte ich schon gesagt, dass er sooft genutzt wurde, um Fehler zu machen. Wenn er sich nicht gerade finanziell übernommen hatte, dann gab es auch schon mal Eifersuchtsattacken wegen Hank Voight. Bob war nie ein einfacher Charakter. Frank umgekehrt kennen wir nur wenige Minuten, aber er wirkt sympathisch, man fühlt mit seinem Schicksal. Letztlich verrät uns die Episode, dass es beide Schwarz-Weiß-Figuren sind, so wie wir es eigentlich alle sind. Aber es ist schon verrückt, wie unterschiedlich man etwas bewerten kann und wie divers die Intuition reagiert. Bob ist für Adam Familie, er ist ihm nahe, er kennt ihn eigentlich in allen Nuancen und trotzdem hat er ihm wegen der Andeutung des Kontos etwas zugetraut, was letztlich mit dem gesparten Geld für Makayla völlig auf den Kopf gestellt wurde. Umgekehrt haben wir Frank, bei dem man dann mit der gefundenen Stichwunde, die ihn geschwächt gemacht hat, denkt, dass er doch ein Opfer gewesen sein muss. Doch die Ermittlungen haben zu einer Erkenntnis geführt, die uns wohl alle geschockt hat. Frank war kein Opfer. Er hatte düstere Gelüste, die er ausgelebt hat. Hatte er es verdient, abgestochen zu werden? Nein, nicht wirklich, denn niemand würde es Dmitri wohl als Selbstverteidigung auslegen, aber er hat sich doch sein eigenes Grab geschaufelt. Es war schon bedrückend, als Adam Dmitri die Vision gezeigt hat, Frank habe die Mädchen, die für den Sexhandel genutzt wurden, retten wollen, nur um dann zu erfahren, dass er eins davon gewürgt hat, weil es seiner sexuellen Lust entspringt. Ja, so wird manchmal alles auf den Kopf gestellt. Man kann niemandem hinter die Birne schauen, aber je mehr Geschichte man mit jemandem hat, desto mehr erwartet man Muster, während neue Gesichter ein unbeschriebenes Blatt sind. Intuition ist trügerisch, aber sie ist gleichzeitig auch das Fundament von echtem, intensiven Leben. Das kennen wir alle. Dementsprechend warnt dieser Episode sicherlich nicht vor der Intuition, aber sie führt uns beklemmend vor Augen, wie es laufen kann.
In dieser insgesamt sehr kurzweiligen Episoden bin ich auch froh, dass ein Aspekt berücksichtigt wurde, der mich endlich mit Mängeln der Vergangenheit versöhnt hat. Ich habe doch mehrfach geschimpft, dass Adam in Bezug auf seinen Vater immer im Alleingang agiert, während Kim Burgess außen vor erscheint. Das ist vielleicht dem Produktionsteam auch noch aufgefallen, denn diesmal war es doch auffällig, dass Kim immer da war, beruflich und privat. Wie sie sich da gegen die Tür gestemmt hat, als Adam sich gegen einen Security-Mitarbeiter wehren musste, Gänsehaut. Aber gleichzeitig hat er sich ihr wegen Bob anvertraut und sie hat ihm klar gemacht, dass er das nicht alleine durchstehen muss, sondern sie gemeinsam eine Lösung finden werden. Das war nur zwei kleine Szenen, aber zwei, die eine Botschaft senden. Das beweist nachträglich, dass man auch die anderen beiden Episoden mit kleinen Einschüben hätte aufwerten können.
Zum Abschluss verliere ich noch ein paar Worte zu Adam und Bob. Es ist wirklich eine Achterbahnfahrt der Gefühle, die aber wohl realistischer nicht sein kann. Denn es gibt die guten Momente und es gibt die, die einen aufwühlen und negativ heimsuchen. Mit Fortschreiten der Krankheit ist es wahrscheinlich, dass das Negative immer mehr zunimmt und es zunehmend schwer fällt, das alte, geliebte Ich noch wiederzuerkennen. Umso besser, dass Adam auch mitnimmt, was er angeboten bekommt. Auch wenn Bob nicht mehr wirklich reagiert hat, als die Erkenntnis kam, dass es um Geld für Makayla ging, aber es hat Adam dennoch genug geschenkt. Es war eine gute Tat, die er noch in einem anderen geistigen Zustand getroffen hat, damit Grüße aus der Vergangenheit. Und auch wenn Bob es seinem Sohn so offensiv nicht mehr mitteilen konnte, aber im Unterbewusstsein war es doch da, sodass es in kleinen Fetzen an die Oberfläche kam. So kann man sich letztlich doch so nah und fern zugleich sein. Nachdem ich zuletzt Nina Chapman als mögliches Todesopfer für das Finale der Staffel ins Spiel gebracht habe, so möchte ich nun auch noch Bob ergänzen. Wie erwähnt haben wir so viel zu Vater und Sohn in Staffel 12 bekommen und ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass es auch regelmäßig in der inzwischen bestätigten 13. Staffel angeboten wird. Und wie tragisch wäre es, Bob ausgerechnet am Hochzeitstag zu verlieren? Ich werfe es mal als Theorie in den Ring, wenn ich angesichts des ausgeschöpften Potenzials beider Rollen aber doch betonen möchte, verlieren möchte ich sie eigentlich nicht.
Fazit
Eine kurzweilige und spannende Episode hat viele tiefgründige Facetten angeboten. Es begeistert mich doch immer wieder, wie man mit so einem Procedural-Format solche Gedankenspiele auslösen kann. Thematisch und emotional top und dazu auch Fehler der Vergangenheit ausgemerzt. Das kratzt an der Höchstpunktzahl!
Lena Donth – myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Black IceErstausstrahlung (US): 07.05.2025
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Regie: John Polson
Drehbuch: Gwen Sigan & Tiffany Bratcher
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