Review: #12.21 Open Casket
Traditionell hat es "Chicago P.D." drauf, das Staffelfinale qualitativ überzeugend vorzubereiten. Das würde ich zwar auch diesmal urteilen, aber warum muss das Drehbuch und/oder der Schnitt an manchen Stellen so schlampig sein?
Nachdem wir noch ein paar Nebenbaustellen in den Episoden zuvor beleuchtet haben, geht es nun ans Eingemachte und da heißt es Showdown gegen Charlie Reid. Es ist schon cool, wenn ein übergreifender Plan zu erkennen ist, bei dem erst ganz am Ende die Zügel dann richtig angezogen werden, damit es im Knall endet. Hier muss man jetzt ähnlich wie bei Kim Burgess' PTBS sagen, Respekt, wenn der übergreifende Plan mehr als eine Season beinhaltet. Dass wir am Ende zwei Mitglieder der Unit aus dem Dienst entfernt sehen, das wurde in Staffel 11 angelegt. Da muss man den langen Atem bewundern, den das Produktionsteam behalten hat, damit genau dann der Joker gezogen werden kann, wenn es richtig weh tut. Das tut es für uns als Zuschauerschaft, aber vor allem für Hank Voight. Hier haben wir nämlich die nächste Tradition. Wenn es ans Finale geht, dann hat er immer seine Finger im Spiel. Jedes Mal komme ich dann wieder an dem Punkt an, an dem ich mich frage, ob es jetzt vielleicht doch die letzte Staffel für Hank ist. Auf der einen Seite ist es so absurd abwegig, aber nachdem Chief Boden bei "Chicago Fire" (der erste gecastete Charakter überhaupt!) zum Gastdarstellerstatus gewechselt ist, will ich das für Hank nicht völlig ausschließen. Inhaltlich vorbereitet wäre es alle mal.
Schauen wir uns die Anzeichen etwas genauer an. Wir haben zum einen endlich wieder Andeutungen zu Nina Chapman und ihm. Nachdem es durch ihren auswärtigen Auftritt erst mal ruhte, kam nach ihrer Rückkehr sofort die Mission gegen Reid auf den Tisch und das hat alles eingenommen. Für Hank passte es auch mal wieder perfekt, denn so kann er alles um sich herum ausblenden, um diesen einen Fokus zu haben. Chapmans Verhalten hat aber immer unterschwellig verraten, dass sie ihr indirektes Liebesgeständnis noch im Kopf hat und auf eine Handreichung von Hank wartet. Ähm ja, da kann sie wohl lange warten. Dementsprechend hat sie dann auch wieder den ersten Schritt machen müssen, indem sie klar gefragt hat, ob Hank nicht nochmal so glücklich wie mit Camille sein will. Seine Antwort war schon traurig. Meine Großmutter hat nach dem Tod ihrer großen Liebe auch nicht nochmal geheiratet, aber sie hat ihr Leben mit Familie, mit Musik und mit ihren Hobbies so ausgefüllt, dass sie in jedem Fall glücklich war. Hank aber hat sich einfach daran gewöhnt, alleine zu sein und weitestgehend kein Glück zu empfinden. Das mag zentral zwei Gründen haben. Erstens Schuldgefühle gegenüber Camille, weil die Liebe besonders war und zweitens die Idee, es vielleicht einfach nicht verdient zu haben. Letzteres halte ich für gewichtiger, weswegen er im letzten Staffelfinale auch bereit war, mit dem Leben abzuschließen.
Argumentativ führt es aber zum anderen dazu über, dass mit der am Ende gesprengten Intelligence Unit diese Schuldgefühle akuter denn je sind. Das kann man hier trennen, weil Chapmans Nachfrage vor dem Hammer am Ende stattfand. Dementsprechend sind diese Schuldgefühle noch einmal neu befeuert worden. Auch wenn er das Team raushalten wollte, aber als er wegen Kims Spürnase konfrontiert wurde, so hat er sie vor die Wahl gestellt. Sie haben sich für Loyalität entschieden. Ist man der, der die Loyalität empfängt, dann bedeutet das Verantwortung und das wiederum bedeutet die große Frage der Schuld. Dass Hank dann am Ende Chapman bewusst ausgeschlossen hat, schließt auch wieder einen Kreis. Hank ist definitiv davon überzeugt, kein Glück mehr zu verdienen. Wenn man Frau, Sohn, besten Freund und einige Schützlinge verliert, dann ist das wohl auch ziemlich logisch. Insgesamt, an diesem Punkt, kann man die Geschichte einer Figur wirklich rund und zufriedenstellend abschließen. Aber es würde mich wie gesagt wenig verwundern, wenn es in Staffel 13 dann doch wieder weitergeht und wir am Ende nochmal diesen Punkt haben. Eigentlich seltsam, dass mir da noch nicht langweilig geworden ist. Aber auch wenn es immer wieder ein ähnlicher Konflikt für Hank ist, die Verpackung macht für mich den Reiz.
Reid war in der vorletzten Episode nicht körperlich eine große Bedrohung, aber die besten Antagonisten sind im Kopf, auch wenn sie einem nicht direkt gegenüber stehen. Das hat die Episode gut rübergebracht. Das hat man auch daran gemerkt, dass in dieser Folge Jesus Otero erstmals eine größere Rolle inne hat. Davor war er im Grunde nur zu sehen oder mit so wenig Präsenz, dass man ihm kaum packen konnte. Aber dennoch wurde er uns als der Bösewicht verkauft, dem Reid für seine Pläne den Rücken freihält. Nun wurde aber eigentlich offenbart, dass Reid Otero ganz und gar besitzt. Otero ist dabei ein armes, kleines Nümmerchen, der sich nach außen einen gewissen Anschein geben kann, aber er hat durch Reid lernen muss, was die Gefahren eines gewissen Lebenswandels sind. Dementsprechend wirkte auch seine Fürsorge für seinen Sohn Rennie. Er wollte ihm wirklich ein Leben abseits des Drogengeschäfts schaffen. Aber das ist immer so bei Jugendlichen; liegt die Versuchung so nah, wer sagt da wirklich nein? Eigentlich hat es fast schon Mitleid erzeugt, was wir zu Vater und Sohn zu sehen bekommen haben. Die beiden lieben sich wirklich, aber ihr Schicksal war schnell besiegelt. Spätestens mit Oteros Tod dürfte auch klar sein, dass Rennies Leben abseits des kriminellen Geschäfts utopisch sein dürfte. Als Vollwaise aus einer solchen Nachbarschaft? "Chicago P.D." hat da oft genug aufgezeigt, wie schwer es ist, dem eigenen Schicksal zu entfliehen.
Wenn Otero als eigentlicher Antagonist aber fast schon Mitleid erregt, dann stärkt das umgekehrt die Position von Reid, mit dem echt nicht zu spaßen ist. Otero selbst hat mehrfach gesagt, dass er nicht normal ist. Das sagt schon alles, wenn das von jemandem wie Otero kommt, der selbst wenig zimperliche Entscheidungen getroffen haben muss, um sich bis ganz nach oben zu arbeiten. Ich gehe schwer davon aus, dass es zwischen Hank und Reid mindestens einen richtigen Showdown im Finale geben wird, aber ich hoffe, dann knallt es richtig. Auch wenn Reid als psychische Bedrohung funktioniert, aber irgendwann muss es im direkten Kontakt dann auch richtig rüberkommen. In dem Zusammenhang muss ich es jetzt leider noch etwas meckern, wie schon meiner Einleitung zu entnehmen war. Ich fand gerade am Ende, dass sich die Ereignisse leider zu sehr überschlagen haben, was auf Kosten der Logik ging. Dass Silva offenbar Reid höriger als Otero war, das habe ich noch verstanden. Aber was völlig außen vor blieb: war Silva in Otero als Informant eingeweiht? Ich hatte eigentlich den Eindruck, dass dem nicht so war, weil sich Otero nach dem fingierten Überfall von Adam Ruzek und Kevin Atwater (ach, wie schön hat das an alte Zeiten erinnert!) so entsetzt gab. Das hätte er sich ja sparen können, wenn Silva Bescheid gewusst hätte. Aber wenn er keine Ahnung hatte, warum hat seine Meldung an Reid dann den Plan der Unit verraten? Denn Otero hat den Diebstahl ja selbst eingestanden und Reid nichts verheimlicht. Hier bin ich leider einfach nicht mehr gekommen. Entweder es wurde eine ergänzende Szene rausgeschnitten oder man hat sich gedacht, das wird schon durchgehen. Geht es aber eben nicht! Denn ich finde das fahrlässig, am Spannungshöhepunkt dann nachlässig zu werden. Auch wenn angesichts des Finales in der kommenden Folge klar war, dass Reid was bemerken muss, aber es herzaubern ist nicht die Lösung.
Blicken wir zum Abschluss noch auf Kim und Dante Torres, für die das Finale auch sehr entscheidend werden dürfte. Bei ihm gefällt mir gut, dass der optische Zustand den psychischen Zustand gut ergänzt. Auch wenn ich Benjamin Levy Aguilar nicht absprechen will, dass der Stil mit Bart und etwas dunkler vielleicht bewusst gewählt ist, weil es ihm gefällt, so war er sonst immer in den weißen T-Shirts unterwegs. Aktuell strahlt er aber etwas Dunkles, Verwahrlosestes fast schon, aus und das passt gut. Dieser Verhaftung wird für ihn der Scheideweg sein. Da wir noch einmal einige religiöse Symbole für ihn bekommen haben, ist das sicherlich die Vorausdeutung, dass Torres es als gerechte Strafe sehen wird. Da bleibt es doch schwierig abzuschätzen, was nun wird. Kim wiederum wird ihre Suspendierung vor allem sehr unfair empfinden. Auch wenn sie Torres bewusst geschützt hat und nicht reingelegt wurde, aber von Reid, der so viel mehr auf der schwarzen Liste für sich stehen hat, die Strafe zu erhalten, das wird ihr nicht gefallen. Da die Hochzeit ansteht, kann ich mir gut vorstellen, dass es unter dem Motto 'Jetzt erst recht' stehen wird. Aber was kommt dann? Sie hat den Karrieresprung gemacht und sie hat das Potenzial zu mehr. Wie immer merkt man zum Ende der Staffel wie viele Möglichkeiten drin sind und das macht mich wie immer aufgeregt. Das Finale könnte ich nicht vorausdeuten. Ich habe ein paar Prognosen zu möglichen Charaktertoden abgegeben, aber ansonsten bin ich mir eigentlich nur sicher, dass die Unit nur rehabilitiert werden kann, wenn Reid als Ankläger niemand mehr glaubt. Aber wie das ausgestaltet werden wird? Wir werden sehen!
Fazit
Es hätte die richtig perfekte Vorbereitung werden können, aber es wurde die unperfekte Vorbereitung, die aber dennoch gut genug war, um mich richtig gehypt fürs Staffelfinale zu machen. Warum musste das Drehbuch in den entscheidenden Momenten etwas schlampen? Das wird die große Frage bleiben, aber ansonsten ist der Teppich ausgerollt, blutrot.
Lena Donth – myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Open CasketErstausstrahlung (US): 14.05.2025
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Regie: Victor Macias
Drehbuch: Gavin Harris
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