Bewertung

Review: #3.19 Am Limit

Nachdem wir Dr. Will Halstead schon zwei Episoden lang in "Chicago P.D." und April Sexton als ehemalige Jugendfreundin von Kelly Severide in "Chicago Fire" erleben konnten, was als sanfte Vorbereitung von "Chicago Med" gesehen werden kann, geht diese Episode in die Vollen und dient als Backdoor-Pilot. Es ist immer eine Herausforderung, innerhalb einer Episode einen solch positiven Eindruck zu hinterlassen, dass man Lust auf eine neue Serie entwickelt, so dass diese dann auch tatsächlich vom Sender bestellt wird. Ob es hier gelungen ist, mehr Lust auf das Personal des Krankenhauses zu machen?

Die Frage ist mit einem laut herausschreibenden JA!!!!!!!!! zu beantworten. Es ist wunderbar gelungen, die Zukunft von gleich drei Serien in Chicago spielend aufzuzeigen und dabei auch zu unterstreichen, wie in Zukunft Crossover vorstellbar wären. Durch die bislang eingeführten Beziehungen ist es auf Anhieb möglich gewesen, eine emotionale Verbindung aufzubauen. Das eine natürlich dadurch gegeben, dass Will seinen ersten Arbeitstag am Med bestreitet und gleich in eine Quarantäne-Situation mit einer möglichen Biowaffe gerät, was Jay Halstead in Aufruhr versetzt. Und das andere durch die lebensgefährliche Verletzung von Kelly, um den April und die Mitglieder von 51 gleichermaßen bangen. Es war ganz klar eine Episode, die einen zu keinem Zeitpunkt aus den Fängen gelassen hat, weil hinter allem Bedeutung steckte. Dieser Terroranschlag war eine atemraubende Kulisse, die drinnen und draußen gut gestaltet wurde und wo die Zeit insgesamt eigentlich schon wieder viel zu schnell vorbeigegangen ist. Da hätte ich noch ewig zuschauen können.

Kommen wir erstmal zu den neuen Figuren, die uns für das Krankenhaus vorgestellt werden. Wir lernen Hannah Tramble kennen, die eine Ergänzung zu Will darstellt, denn sie sind beides Traumachirurgen. Während es für ihn der erste Tag nach dem recht bequemen Leben als Schönheitschirurg ist, ist es für Hannah Alltag, doch auch an ihr geht so ein Tag nicht spurlos vorbei. Zunächst haben aber kleine Szenen gezeigt, dass sie eine Macherin ist. Wie sie zunächst als Handwerkerin alles ans Laufen gebracht hat, um dann in die Notaufnahme zu kommen, obwohl da schon klar war, dass möglicherweise ein Kampfstoff freigesetzt worden ist, das war auch mutig. Ohne sie hätte Kelly aber wohl nicht überlebt, weil schlichtweg zu wenig Ärzte in der Notaufnahme waren. Nur gut, dass die 51 sehr gute Rettungssanitäter an Bord hat, die die Last einer solchen Situation ebenfalls gut tragen können. Deswegen war das Trio aus Hannah, Peter Mills und Sylvie Brett, das zusammen Kelly versorgt hat, sehr überzeugend. Aber Hannah zeigt am Ende eben auch, dass auch eine solche nach außen getragene Stärke auf Unsicherheiten tief drinnen basiert. Ich fand es sehr sympathisch, wie sie sich am Ende nicht mehr zusammenreißen konnte und die ganze Spannung des Tages hat fallen lassen, um so auch zu zeigen, dass Schwäche kein Verbrechen ist.

Will kann ich von ihr nicht so recht trennen, weswegen ich ihn mal einschiebe. Sie hatten zwar nur zwei große aussagekräftige Szenen zusammen, aber ich habe Will als charakterliche Ergänzung empfunden. Während Hannah wie eine Ärztin wirkt, die diesen Job wirklich aus innerer Überzeugung macht, haben wir Will bislang ganz anders erlebt. Auch wenn er Leben mit Überzeugung rettet, aber seine Zeit in New York spricht eine andere Sprache, dort stand vor allem das Geld im Vordergrund und eben der Situation zuhause in Chicago zu entkommen. Deswegen merkt man hier auch deutlich, dass Will diesen ersten Arbeitstag im Krankenhaus mit einem gewissen Widerwillen antritt, weil er sich selbst und seinen Weg noch nicht gefunden hat und sich lieber treiben lässt. Doch kaum ist die Ernstlage da, auf Will ist Verlass. Man hat regelrecht gemerkt, wie sich bei ihm ein Schalter umgelegt hat und er dann eben doch das auch gezeigt hat, was in ihm steckt und was ihn wahrscheinlich auch ideal für die Notaufnahme macht. Er ist wie Hannah jemand, der funktioniert, wenn es ernst und stressig wird. Ich könnte mir zwar vorstellen, dass sich Will gegen diese Erkenntnis erst noch etwas wehren wird, aber letztlich bin ich doch überzeugt, dass sein Weg dort genau richtig ist.

Abseits von den beiden haben wir noch Sharon Goodwin, die Verwaltungschefin, die kein Fan von Will ist, was ich ihr aber kaum verdenken kann, wenn er diese Laissez-Faire-Einstellung auch beim Bewerbungsgespräch so gezeigt hat. Sie ist während der Katastrophe nicht drinnen, sondern draußen und agiert dort als Managerin. Ich fand es gut, dass sie ein wenig mit Chief Boden gepaart wurde, denn beide sind jeweils die hohen Tiere in ihrem Job und man hat es im gegenseitigen Respekt gemerkt, dass sie sich als Macher erkannt haben, die für die da drinnen die Ruhe bewahren müssen. Der Eindruck ist auf jeden Fall, dass Sharon eine warme Seite hat, dass sie kompromissbereit ist, aber dass mit ihr gewiss auch nicht zu spaßen ist. Ja, irgendwie eine weibliche Boden, was nur ein Kompliment sein kann. Dann haben wir noch Dr. Daniel Charles, der ein wenig aus dem Hintergrund kam. Ein bisschen schrullig wirkend rettet er aber sofort die Situation draußen. Nachdem er sich als Psychiater offenbart hat, ergibt das sofort Sinn. Er ist die ruhige Präsenz, er analysiert die Leute und bringt damit Ordnung in die Geschichte. Ich kann mir vorstellen, dass ihn viele vielleicht auch etwas unangenehm finden, weil er scheinbar direkt in die Seele blickt. Aber ich habe schon eine klare Vision für ihn, dass er neben seinen Fällen eben auch der ist, der bei den Kollegen genauer hinsieht, weil dieser Job eben so viel verlangt, siehe Hannah. Er vervollständigt ein wirklich vielversprechendes Bild von dem Personal, was uns im Krankenhaus erwarten könnte. Es ist eine Mischung gegeben und nach dieser Folge ist auch deutlich, natürlich würde ein Krankenhausableger auch funktionieren, das beweisen doch zig andere Krankenhausserien auch.

Die Episode ist aber auch für "Chicago Fire" von großer Bedeutung, weil trotz dieser Mischung von vielen Charakteren auch für die Kernserie noch genug gemacht wird. Das ist natürlich vor allem die Situation von Kelly, der für April in die Bresche springt und dann so gerade eben dem Tod von der Schippe springt. Das Ende deutet darauf hin, dass man sein Nahttoderlebnis wohl weiter ergründen wird, denn es wirkte zu bedeutsam, wie er meinte, dass er sich an nichts erinnern könne. Wir hatten aber auch bei der Wache die Situation, dass wegen weiteren Materials noch einige mit ins Gebäude mussten, wohlwissend, dass es sie das Leben kosten könnte und keiner hat gezögert. Da hat mich tatsächlich eine Kleinigkeit gestört, denn Boden musste nach der Wortmeldung entscheiden, wer reingeht und hat sich für Scott Rice entschieden, was mir so unsinnig erschien. Wenn ich doch eine große Auswahl habe, dann nehme ich doch nicht ausgerechnet den alleinerziehenden Vater, oder? Diesen Moment fand ich etwas fahrlässig. Da am Ende alles gut ausgeht, hmm ja, muss man sich eigentlich nicht aufregen, ich habe es trotzdem getan, weil das etwas schlampig im Drehbuch ist.

Wir haben aber auch Matt Casey und Gabriela Dawson, die nach dem aufregenden Tag wieder miteinander im Bett landen. Es war klar, dass sie irgendwann wieder zusammenkommen werden. Auch wenn Gabby auf Matts Affäre mit Beth einige Folgen zuvor wirklich entspannt reagiert hat, aber sie hat keine Ablenkung gefunden und die ganzen Szenen mit ihm waren zu bedeutungsschwer. Auch wenn sie sich jetzt einreden, das war einmalig, da können wir wohl nur herzlich drüber lachen. Das wird keine einmalige Sache bleiben und dann müssen sie für sich einfach geklärt bekommen, wie sie Privates und Berufliches unter einen Hut bekommen. Vor allem ist Gabby zuletzt auch nicht mehr so als Anfängerin dargestellt worden, in dem Sinne ist sie in ihrer Verantwortung auch gewachsen und das wird es einfacher machen. Es war in der Intensität zwischen ihnen aber die perfekte Episode, um wieder eine andere Richtung einzuschlagen. Aber auch ein idealer Abschluss, indem am Ende alle in der Bar zusammenkommen. Es war eine tolle Stimmung, ein echtes Staffelstabübergeben und eben der Beweis, drei Serien können problemlos Hand in Hand gehen. Wer hiernach nicht Lust auf alles hat, dem ist vielleicht auch nicht zu helfen ;-)

Fazit

Diese Episode beweist meisterlich, wie eine Zukunft mit gleich drei Chicago-Serien aussehen könnte. Auf 40 Minuten gepresst ist das zwar wenig, aber das Drehbuch hat das Optimum rausgeholt und Feuerwehr, Krankenhaus und Polizei in eine passende Symbiose gebracht. Das mögliche Krankenhauspersonal wird sympathisch eingeführt und auch ansonsten kommt keine Emotion zu kurz. Eine wirklich grandiose Folge!

Lena Donth – myFanbase

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