Bewertung

Review: #2.11 Das Fünfte Rad

Foto: Justin Hartley - Copyright: Tom Cullis
Justin Hartley
© Tom Cullis

"This Is Us" ist zurück aus der Weihnachtspause und bevor ich gleich auf die aktuelle Folge näher eingehe, will ich schnell noch meine Glückwünsche an Sterling K. Brown zum Gewinn des Golden Globe als bester männlicher Hauptdarsteller in einer Drama-Serie überbringen. Er hat es sich verdient, was sowohl für seine in dieser Kategorie nominierten Kollegen gilt, als auch für seine unmittelbare "This Is Us"-Familie. Ich bin der Meinung, dass seine Performance in Staffel eins sogar noch überzeugender war, für die er ja ebenfalls eine Nominierung erhielt. In Staffel zwei war es für mich eher Justin Hartley, der mich mit einem überraschend differenzierten und emotionalen Schauspiel zu beeindrucken wusste. Und die Tatsache, dass Chrissy Metz nur als Nebendarstellerin aufgestellt wurde, will ich an dieser Stelle erst gar nicht weiter diskutieren. Ich freue mich einfach darüber, dass die Serie weiterhin so eine hohe Aufmerksamkeit erfährt und dafür auch honoriert wird. Daher sehe ich den Preis für Sterling eben auch stellvertretend für das gesamte Ensemble, die angefangen von den Kinderdarstellern bis in die kleinste Nebenrolle hinein einen hervorragen Job machen.

Aber zurück zur aktuellen Episode. Gerade wird mir beim Schreiben erst so richtig bewusst, dass tatsächlich nur noch sieben Folgen bis zum Staffelfinale ausstehen. Die erste Staffelhälfte rauschte gefühlt geradezu an mir vorbei. Ich habe zwar nicht unbedingt das Gefühl, dass die Handlung bislang auf der Stelle trat, aber dennoch Staffel zwei angesichts der zahlreichen Standalone-- und charakterzentrierten Episoden einen stärkeren Fokus auf die Figurenentwicklung legt. Episode #2.11 The Fifth Wheel ist es nun immerhin gelungen, die Familie Pearson wieder einmal an einem Ort zusammenzuführen und dabei zumindest einmal Kevins Situation weiter voranzubringen. Das Setting bot dabei jede Menge (Konflikt-)Potential, das es über weite Strecken auch nicht schuldig blieb, und vor allem so viele Zitate, die es wert wären, alle einzeln kommentiert zu werden. Ich werde mich aber auf einige wenige konzentrieren, die sinnbildlich für die Folge stehen und die wesentlichen Themen und Situationen passend zusammenfassen.

"Plus, I'll give our kids something to talk about in therapy one day."

Was für eine herrlich zutreffende, selbsterfüllende Prophezeiung von Rebecca. Ob sie sich in der Gegenwart wohl an ihre eigene Aussage von damals erinnert hat, als sie sich plötzlich mit ihren Kindern in eben genau dieser Situation wiederfand? Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Dass schließlich auch noch ausgerechnet Ellis Grey (Kate Burton, die "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte"-Fans werden mir folgen können, als Therapeutin fungieren durfte, war fast noch ein größerer Lacher. Bei Familie Grey wäre eine Therapie sicher auch einmal angebracht gewesen. Aber ich schweife ab. Nun ist die (Gruppen-)Therapie sicher nicht das erste Mal eine vielversprechende Ausgangslage für eine spannende, dramatische und mitunter auch durchaus humorvolle Serienfolge. Aber das will ich der Episode auch gar nicht, und schon überhaupt nicht negativ vorwerfen. Gerade in der Pearson-Familie haben wir schon vieles aus diversen Perspektiven zu sehen bekommen. Dennoch steht auch viel Unausgesprochenes zwischen den Familienmitgliedern und seien wir ehrlich, dass ist in unangenehmen Angelegenheiten sicher nicht nur keine Stärke der Pearsons, sondern auch eine Schwäche, die in den besten Familien vorkommt.

Trotzdem nimmt die Episode bei der Therapiesitzung auch einen sehr typischen und vorhersehbaren Verlauf. Der Entschuldigung (von Kevin) folgt das Verständnis (der Familie) und durch eine Fehleinschätzung (von Kate, die glaubt, der Grund für Kevins Probleme liege im nicht bewältigten Tod des Vaters) kommt mit einem kleinen Schubsen der Therapeutin schließlich die Wahrheit ans Licht. Das führt bei allen Beteiligten zu vehementer Ablehnung, vorschnell erhobenen Vorwürfen aufgrund persönlicher Empfindlichkeiten und dem Einnehmen einer Abwehrhaltung, die schlussendlich im Chaos und einem großen Knall endet. Plötzlich stehen die, die eben noch Verständnis zeigten, durch ihr Abwehrverhalten gar nicht mehr so sauber da und die Person, um die es eigentlich ging, nämlich Kevin, bekommt einmal mehr die Bestätigung für das, was er noch zuvor in mühevoller Sitzungsarbeit lernen und akzeptieren musste. Es ist aus meiner Sicht gar nicht nötig, hier nun noch einmal im Detail auf all das Gesagte eingehen zu müssen. So wirklich neu sind die Erkenntnisse letzten Endes auch gar nicht. Die Rückblenden in die Vergangenheit und vieles, was wir auch schon in früheren Folgen gesehen und mit den Pearsons erlebt haben, haben uns alles Relevante bereits vor Augen geführt. Und was kommt nach dem großen Knall? Richtig, Reue und Versöhnung. Kate und Randall machen den Schritt auf Kevin zu und am Ende haben sich alle wieder lieb. Auch das verwundert niemanden, aber ich bin doch froh, dass ein paar Dinge, die ungesagt im Raum standen, nun endlich ausgesprochen wurden. Sicher eine Schwäche der gesamten Familie, die witzigerweise von den mitgereisten Partnern treffend analysiert wurde. Aber dazu gleich noch mehr. Auf zwei Punkte will ich noch eingehen. Bei aller Dramatik der Sitzung und der emotionalen Versöhnung kommt auch der Humor nicht zu kurz und so darf Randall noch einmal süffisant darauf hinweisen, dass sie es nun schwarz auf weiß haben, dass er Rebeccas Liebling gewesen ist. Diese Spitze konnte er sich nicht verkneifen und sie passt einfach hervorragend zu seinem Charakter. Der zweite Punkt betrifft Rebecca: Ich habe nach wie vor Schwierigkeiten, mit ihrer Figur vollends warm zu werden. Auch wenn sie in den Rückblenden mein Verständnis und auch Bewunderung dafür hat, dass sie akzeptieren kann, nicht die "Good Cop"-Rolle von Jack einnehmen zu können (und auch zu wollen), so fällt es mir in vielen Momenten auch schwer, wirklich Mitgefühl mit ihr zu haben. Ihr Ausbruch während der Sitzung vermittelt mir im Gegenteil sogar das Gefühl, dass sie sich in diesem Moment persönlich so sehr angegriffen fühlt und es damit schafft, sich selbst anstatt Kevin, der eigentlich Anlass für das Treffen war, in den Mittelpunkt zu stellen. So sehr ich mich daher am Ende der Folge auch für Kevin freue, dass er aus Rebeccas Mund hören darf, dass sie sich nie um ihn Sorgen musste, weil er für sie stets der stärkste unter den Dreien war, so wenig kann ich in diesem doch eigentlich so emotionalen Moment mit Rebecca fühlen. Ich weiß nicht, ob ich meinen Punkt damit verständlich machen konnte und vielleicht stehe ich ja auch mit meinem Vorbehalt Rebecca gegenüber alleine da.

"The Pearson no fly zone"

Eine bislang ungewohnte Personenkonstellation ergab sich überraschend durch den Ausschluss der mitgereisten Partner von Kevins Gruppen- bzw. Familientherapie. Den Ansatz fand ich direkt spannend und hätte mir gerne mehr als nur zwei Szenen mitBeth, Toby und Miguel gewünscht. Es war einfach schön und vor allem auch lustig, wie letztendlich alle unabhängig voneinander die Eigenheiten der Familie Pearson so treffend analysieren konnten. Jeder hatte von einem Thema zu berichten, das man im Familienkreis besser nicht ansprechen sollte, um nicht schief angesehen oder gar von der Diskussion ausgeschlossen zu werden. Es sind eben genau solche Momente, die der Folge trotz aller Dramatik auch eine gewisse Leichtigkeit bewahren und beim Zuschauen ein gutes Gefühl hinterlassen. Am besten gefiel mir dabei Miguel, der von sich aus das Thema ansprach, dass er es als Jacks ehemals bester Freund besonders schwer hat, als neuer Mann an Rebeccas Seite als Teil der Familie akzeptiert zu werden. Dennoch rechne ich es ihm hoch an, dass er das von den Pearsons stets transportierte, fast schon heilige Loblied auf Jack ebenfalls bekräftigt und so anerkennende Worte für seinen Freund findet. Bevor es jedoch zu rührend wurde, durfte Toby einmal mehr in seiner typischen Art mit seiner Frage an Beth diese Szene humorvoll kontern ("How drunk is Miguel?"). Die Szene erinnerte mich daran, dass ich sehr gerne noch in Staffel zwei einen tieferen Einblick in Rebeccas und Miguels Beziehung und deren Entstehung erhalten möchte.

Was sonst noch war

  • Ich bin froh, dass Kate Toby ihren Junk-Food-Rückfall gesteht und er sie nicht vorher zur Rede gestellt hat. Das hätte sicher zu Diskussionen geführt, die nun nicht nur vermieden werden konnten, sondern auch aufzeigen, dass Kate sich Toby weiter öffnet und ihn zunehmend anstelle von Kevin zu ihrer Vertrauensperson erklärt.
  • War das eigentlich die Blockhütte, die wir schon in Folge #1.09 Der Trip kennen gelernt haben? Ich bin ja ein Fan solcher Kontinuitäts-Details.
  • Sophie wurde nur am Rande erwähnt. Ich hoffe aber sehr, dass sie auch zukünftig noch Teil der Serie sein wird und ihre Abwesenheit doch eher mit der Schwangerschaft von Alexandra Breckenridge begründet ist.

Fazit

Die Folge kann mit einer vielversprechenden Ausgangssituation in Form der Therapie-Sitzung aufwarten und erfüllt im Verlauf auch die zu erwartende dramatische Auseinandersetzung der Familienmitglieder. Doch gerade diese Vorhersehbarkeit des Verlaufs nimmt ihr auch ein wenig der Spannung und Emotionalität, die die Autoren mit der Episode wohl ursprünglich beabsichtigten. Daher war für mich das eigentliche Highlight die Runde der mitgereisten Partner, die ohne Probleme mit wenigen Worten die Familie Pearson treffend analysieren konnte.

Jan H. - myFanbase

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