Review: #12.22 Vows
Schauen wir vor der eigentlichen Bewertung des 12. Staffelfinales von "Chicago P.D." nochmal kurz auf meine Bingo-Karte, die ich bewusst nicht so konkret gefüllt hatte, weil die Serie doch immer Asse aus dem Ärmel zieht. Die Hochzeit war im Vorfeld schon angekündigt worden, die gilt also nicht. Ansonsten hatte ich zwei mögliche Charaktertode: Nina Chapman und/oder Bob Ruzek. Ich hatte Showdown Hank Voight gegen Charlie Reid. Dazu Kim Burgess und "Jetzt erst recht" und zuletzt noch Dante Torres, dessen Sinnkrise auf die eine oder andere Weise aufgelöst wird. Ja, was soll ich sagen? Gut, dass ich nicht regelmäßig Bingo spiele…
Im Grunde ist es eigentlich gut, wenn man so wenig vorhersagen kann und das vor allem nach 12 Jahren. Gleichzeitig ist Unvorhersehbarkeit nicht alles und ich muss echt sagen: Ich bin verstimmt. Ich bin ansonsten nicht so viel auf Social Media unterwegs, um zu schauen, wie einzelne Folgen angekommen sind, aber hier konnte ich mir das doch nicht entgehen lassen. Ich bin erleichtert, dass mir meine eigenen Gefühle so gut gespiegelt wurden, weil es bedeutet, dass ich mit meiner eigenen Enttäuschung nicht alleine bin. Dazu habe ich mehrere Interviews mit Showrunnerin Gwen Sigan gelesen. Traditionell sind die Showrunner am Drehbuch für das Finale (mit)beteiligt, so also auch hier. Aber was sie da so alles von sich gegeben hat, das hat mich teilweise noch mehr aufgebracht. Die Einblicke in die Seelenleben der Figuren, da mache ich Sigan keinen Vorwurf, da hört man raus, welche Gedanken sich gemacht werden und wie gut sie jeweils die Charaktere kennen und verstehen. Aber ich bezweifle, ob wirklich ein Verständnis davon vorliegt, was die Serie mal war, was sie ist und was sie jederzeit sein kann, ohne ein Erdbeben auszulösen.
Auch wenn die Hochzeit erst ganz am Ende passiert ist, so muss ich sie vorziehen, weil die Kritik sich vor allem in diesem Handlungsaspekt auf dem Höhepunkt zusammenschließt. Die Episode lief und lief und lief und irgendwann dachte ich mir: Öhm hö, was ist mit der Hochzeit? Einen Moment möchte ich nicht vergessen, denn es gibt ein sehr, sehr tolles Gespräch zwischen Kim und Adam Ruzek im Auto, bei dem man ihr die Verzweiflung richtig anmerkt ("Jetzt erst recht" und so, haha). Ich fand es so toll, was Adam dann auch gesagt hat. Auch wenn am Ende wieder aufkam, dass ihnen ihr Beruf immer aufzeigt, wie schnell es vorbei sein kann, aber ich finde es dennoch nicht verkehrt, sich nicht an etwas festzuklammern, um irgendwelche Erwartungen und Verpflichtungen zu erfüllen. Gerade so eine Hochzeit soll ein Moment der Freude sein und mit den Ermittlungen gegen die Intellgence Unit und vor allem Kims Degradierung, ja, wo sollen die entsprechend positiven Gefühle da herkommen? Aber es hat definitiv auch Adams Botschaft unterstrichen, dass ob mit oder ohne Trauschein, zwischen ihnen ist dennoch eine Einheit, die nicht mehr gebrochen werden kann.
Eigentlich hatte mich genau dieses Gespräch auch sehr hoffnungsvoll gemacht, denn solche intensiven Szenen mittendrin in einer Episode, das ist eher untypisch. Aber was war das für eine Hochzeit? Dass dann alles auf einmal sehr schnell ging, okay, denn es gab einen kleinen Sieg und dann passte es schon besser in die Stimmung, aber war das unbeschwert? Nein! Es war eigentlich allen Mitgliedern der Unit klar, was Hank getan hat und trotzdem wurde das einfach mal weggeschoben. Und dann wurde es richtig frech. Wir sehen ein bisschen die Gäste, dann kommt Kim alleine rein (die Entscheidung fand ich gut!) und dann strahlen sie und Adam sich noch etwas an, fertig und stattdessen kommen Chapman und Hank (zu ihnen gleich mehr) ins Bild. Ich fand das einfach nicht geschickt. Man musste keinen kitschigen Fanservice anbieten, keinesfalls, aber das war einfach nichts. Auch wenn Kim-Darstellerin Marina Squerciati bereits selbst mitten der Staffel vermutete, dass es keine überaus romantische Inszenierung würde, so hat sie sich ebenfalls enttäuscht geäußert, dass wir nicht wenigstens die Gelübde noch gehört haben. Sigan sprach als Erklärung davon, dass es nicht zum Ton der Serie gepasst hätte. Geht's noch? Wir haben an so vielen Episodenende schon romantische oder sonstige extrem emotionale Momente geschenkt bekommen und dann war das nicht drin? Eine kleine Zusammenfassung der Burzek-Liebesgeschichte in schönen Gelübden? Ernsthaft? Und denkt doch einfach mal an die Serienanfänge. Wie viel Humor dort noch drin war. Auch wenn alles seriöser und ernster geworden ist, aber es hätten doch wegen etwas Hochzeitsstimmung ab da nicht Millionen Zuschauer nicht mehr eingeschaltet? Oder spinne ich völlig? Auch andere Procedural-Serien erlauben sich solche herrlich aus der Reihe fallenden Momente und dennoch geht niemand laufen, weil man sich an die Fall der Woche-Struktur auch nur bindet, wenn es emotional etwas zum andocken gibt. Also, liebe Gwen Sigan & Co., das war ein Griff ins Klo und sehr enttäuschend!
Packen wir Torres mal kurz dazwischen, weil dieser Abschnitt dann in der Gesamtreview zu untergehen wird, wie es ihm sinnbildlich auch in der Episode ergangen ist. Dafür, dass es sogar im Teaser angesprochen wurde, war das einfach ein herrliches Nichts. Kim holt ihn problemlos aus der U-Haft, er beteiligt sich ein bisschen an den Ermittlungen, er guckt wieder ein bisschen belämmert, als er am Ende die Kirche betritt, jo, das war es. Fertig.
Wesentlich mehr Raum hat Hank eingenommen. Ich habe in der letzten Review noch davon geschrieben, dass es sehr traditionell für ein Staffelfinale ist, mich es aber dennoch nicht langweilt, weil immer noch was passiert, was einfach stimmig und überraschend ist. Hätte ich das mal nicht gesagt, denn diesmal habe ich diese Aufregung nicht verspürt. Ich schwöre an dieser Stelle hoch und heilig, dass die Enttäuschung über die Burzek-Hochzeit das nicht nachgehend noch negativ beeinflusst hat. Nein, ich habe das von Anfang an so empfunden. Die Gründe liegen klar auf der Hand. Wir haben wirklich alles richtig Hank-typisch bekommen, es gab keinen Schritt vorwärts, wir haben dieselbe Symbolik (Stichwort Alvin Olinsky) wie beim letzten Staffelfinale und wir haben vor allem einen Reid, der auf eine gewisse Art doch noch zum armen Würstchen verkommt. Auch wenn ich letztlich bestätigen muss, dass der Kniff, wie Hank Reid loswird, sehr unerwartet kam, aber so war das wirklich nur ein kleiner Aspekt. Denn viel dominanter war doch, was das charakterlich jetzt für Hank bedeutet und dann grabe ich mir besser wieder ein Loch. Die Episode lässt auch nicht offen, dass Hank vielleicht gar keinen Einfluss auf Rennie genommen hat und im Grunde den Mord in Auftrag gegeben hat, nein, es ist Fakt und ich finde es schrecklich. Vor allem nach einer Staffel, in der ich die Hank-Episoden echt gut fand. Das ist nun ein immenser Rückschritt, weil wir wieder genau dort sind, wo wir zu oft mit dieser Figur sind. Ein Schritt vorwärts ist nur mit drei zurück zu rechtfertigen. Und natürlich scheidet Hank so nicht als Sergeant der Unit aus, es geht alles weiter wie immer. Nur ja keine Bewegung. Sigan, schau mal zu Allen MacDonald und "Chicago Med", da wurde in Staffel 10 gezeigt, wie es geht.
Die Rückschritte bei Hank sind auch so enttäuschend, weil damit auch die Tür für eine mögliche gemeinsame Geschichte mit Chapman zugeschlagen ist. Das war auch noch einer der wenigen starken Momente, denn wie man in ihrer Miene ablesen konnte, dass sie Hank und die Hoffnung auf mehr verloren hat, das hat mir für sie das Herz gebrochen. Es fordert sicherlich schon viel, einen Menschen wie Hank bedingungslos zu lieben, aber sie war bereit dazu. Zumal sie eben Seiten an ihm gesehen hat, die wir auch alle entdeckt haben. Aber Hank schreckt immer zurück, wenn diese Seiten zu deutlich vordringen. Zumal es dann auch eine echte Bestrafung war, dass Reid zu ihm meinte, er sei schlimmer als er. Das bestätige ich zwar nicht, aber es ist eine verbale Ohrfeige, die bei Hank sicherlich nachhallen wird. Blicke ich jetzt nochmal auf meine Bingokarte, dann habe ich vielleicht in einem Punkt eingeschränkt recht. Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass Chapman nach diesem Rückschlag der Serie noch entscheidend erhalten bleiben wird. Dafür war das in genau diesem Aspekt zu rund, um es in Staffel 13 nochmal anzuheizen. Eins will ich noch abschließend ergänzen. Das Stichwort zwischen Hank und Chapman war 'more'. Auch hier haben wir nochmal den Bogen zum letzten Staffelfinale geschlagen. Dort hat Hank Hailey Upton unter diesem Stichwort ermutigt, Chicago zu verlassen, weil da draußen noch mehr auf sie warten würde. Aber sich selbst verweigert er das mehr und das ist eine Schande.
Fazit
Ich sprach von einem blutrot ausgerollten Teppich für ein spektakuläres Staffelfinale, aber da habe ich mich gewaltig vertan, denn es war blutleer, weil so inhaltlich einfallslos. Rund um Hank war alles so vertraut-öde, dass ich mich fast langweilen musste. Die größte Frechheit war aber das, was uns als Burzek-Hochzeit verkauft wurde. Es ist sehr bitter, dass eine doch insgesamt gute Staffel nun diesen Abschluss gefunden hat.
Lena Donth – myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: VowsErstausstrahlung (US): 21.05.2025
Erstausstrahlung (DE): kein Termin
Regie: Chad Saxton
Drehbuch: Gwen Sigan
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