Bewertung

Review: #10.11 Nicht die beste Beerdigung

Mit dem Teaser zur aktuellen Episode, der eine Person aus Kevin Atwaters Vergangenheit versprach, war bei mir das Rätseln natürlich groß und ich bin bei Celeste ausgekommen. Diese ist zugegeben jemand aus einer sehr zeitnahen Vergangenheit, aber es war mehrfach von der Produktion und von LaRoyce Hawkins selbst angekündigt worden, dass dieses Kapitel noch nicht abgeschlossen sei. Auf dieser falschen Fährte wandelnd war es für mich natürlich eine riesige Überraschung, als sich herausstellte, dass Lew Atwater, der Herr Papa, seinen ersten Auftritt hat.

Die Episode hat sehr gut das aufgefangen, wie es den Zuschauer*innen bislang über den ganzen Serienverlauf hinweg ging. Natürlich war klar, dass es einen biologischen Vater zu Kevin, Jordan und Vinessa geben muss, aber er ist trotz der Deutlichkeit der Situation nie ein Thema gewesen. Deswegen war das Agieren von Kim Burgess, Adam Ruzek und Hank Voight sehr nachvollziehbar, weil sie ihren Kollegen lange genug kennen, aber über dieses Kapitel seines Lebens nie etwas erfahren haben. Sie waren verunsichert, sie waren rücksichtsvoll, aber eben auch ziemlich planlos und damit sehr repräsentativ wohl für uns alle. Insgesamt würde ich auch sagen, alle Achtung dafür, nach zehn Jahren so eine gewichtige Person aus Kevins Leben hevorzuzaubern. Denn "Chicago P.D." könnte schon längst auf dem Serienfriedhof beerdigt sein und wir hätten den guten Lew nie kennengelernt. Insgesamt war es aber trotz des großen Überraschungseffekts und der Tatsache, dass Kevin oft zu stiefmütterlich behandelt wird, und dann sowas geschrieben bekommt, keine optimale Episode, weil um handfeste Informationen ständig herumgetänzelt wurde. Erst am Ende gibt es wirklich ein Gespräch, das diesen Begriff auch verdient hat. Das ist noch wenig, aber die Serie lässt sich nun offen, Lew für die Zukunft am Ball zu behalten. Ich würde das auf jeden Fall befürworten, denn das Potenzial ist groß genug, die bisherige Umsetzung noch zu wenig.

Bevor ich aber in einzelne Details gehe, möchte ich eine sehr, sehr positive Beobachtung hervorheben. Schon in der letzten Review habe ich mich positiv geäußert, dass nach der inhaltlich sehr gleichförmigen neunten Staffel endlich wieder Abwechslung in das Geschehen kommt. Hier heißt das Motto speziell auch: back to the roots. Ich habe es sehr genossen, dass speziell Kim in dieser Episode so wichtig für Kevin war, denn ihre Geschichte reicht von allen am weitesten zurück und es hat schon eine größere Aussagekraft, wenn sie zu Lew überhaupt nichts zu sagen weiß. Aber auch Adam hatte seinen Anteil am Geschehen und ich habe überdeutlich die Freundschaft gemerkt, auch weil Adam und Kim beide vor Kevin wussten, was er fühlt. Sie mögen die Geschichte nicht in allen Details gekannt haben, aber sie kennen ihren Freund und waren für ihn angemessen da. Ob Kevin das in Zukunft auch zurückzahlen darf? Bei Kim gab es durch einen kleinen Moment eine Andeutung, dass ihre psychische Stabilität im Wanken ist. Kevin hat es mitbekommen und sich mit der Koffein-Aussage erstmal zufrieden gegeben, aber es wäre doch ganz nett, wenn er hinschaut, wenn es richtig ernst wird. Sonst würde es mit der Adam-Thematik wieder zu einseitig werden.

Diese Episode war auch so schwer einzuschätzen, weil Lews Persönlichkeit noch ein blankes Blatt Papier ist. Rein optisch hat etwas Majestätisches, weswegen ich mit der Enthüllung, dass es Kevins Vater ist, und er zu Gast auf einer Beerdigung ist, wo die Nachfolge einer der größten Gangs der Stadt geklärt wird, mir direkt ein gewisses Bild bereitet hat. Das hat sich dann natürlich auch mit der Annahme ergänzt, dass er ein Mann ist, der zu seinen drei Kindern 20 Jahre keinen Kontakt hatte, da ist der erste Gedanke gewiss nicht: feiner Kerl! Deswegen war es wirklich ein sehr, sehr vorsichtiges Herantasten, was eben dadurch erschwert wurde, dass ein ehrliches Gespräch die Folge über solange aufgespart wurde. Das war aber nicht nur Lews Schuld, sondern vor allem die von Kevin, der sich eine innere Maske aufgebaut hatte und deswegen vermutlich schon mit seiner Körperhaltung stellenweise eine Mauer errichtet hat. Dieses Problem der Episode fällt dann auch mehr auf, weil ich das sonstige Drehbuch der Folge nicht außergewöhnlich war. Gerade das Motiv, dass Familienmitglieder dann undercover gehen müssen, haben wir schon oft gesehen, mit Jordan oder beispielsweise auch mit Bob Ruzek. Deswegen war der Fall der Woche eher so 'vergessen wir mal lieber wieder'. Damit würde man dann gerne schon mal in den Bildschirm zu Vater und Sohn schreien, dass sie endlich miteinander reden sollten.

Das tun sie aber lange nicht. Während das für Lew eben überhaupt nicht hilft, ihm charakterlich auf den Grund zu gehen, passt es bei Kevin schon besser, weil wir ihn eben auch solange schon kennen Es ist verständlich, dass er seinen Vater in der Menge erst für eine Fata Morgana gehalten hat. Danach hat er dann dicht gemacht, weil er sich nur zu gerne eingeredet hat, er sei nicht wütend. Deswegen hat er auch Adam so deutlich widersprochen, der Parallelen zu seinem eigenen Vater hergestellt hat. Natürlich kann man die Väterbeziehungen jeweils nicht vergleichen, aber dennoch sind die Gefühle über die Enttäuschungen gleich und da wurde eben deutlich, wie Kevin sich selbst belogen hat, um sich zu schützen. Deswegen hat er auch mehr oder weniger erbarmungslos seinen Vater als Informant nutzen wollen. Während bei allen anderen im Team ein leichtes Unbehagen zu bemerken war, war es in Kevins Augen vielleicht auch ein Test, aber ein Test, bei dem er ihm nicht viel zugetraut hat. Weswegen er die leicht schiefgegangene Operation gegen Reed auch vorher zum Platzen gebracht hat. Ich glaube wirklich nicht, dass man Kevin irgendetwas davon vorwerfen kann. Professionell war es sicherlich nicht, aber Hank lässt das wie gewöhnlich laufen und dann muss man mit so einem Ermittlungsergebnis eben auch leben.

Zum Abschluss gibt es dann eben das Gespräch, wo Kevin für mich wie ein kleiner Junge erschien, vor allem als er seine Enttäuschung ausstieß, nie auf die Besucherliste gesetzt worden zu sein. Lews emotionale Reaktion war dem Moment würdig und es waren definitiv die intensivsten Szenen der Episode. Richtig viele Antworten haben wir aber eben nicht bekommen. Lew bleibt noch undurchsichtig, aber sollte er Kevins Angebot annehmen, in sein Gebäude einzuziehen, dann ist noch mehr möglich. Die Geste von Kevin wiederum passt zu ihm. Er hat von seinem Vater zwar nur ein Bisschen an Erklärungen bekommen, aber er hat etwas bekommen und kann deswegen etwas von sich selbst geben. Die Zukunft im Hause Atwater bleibt so auf jeden Fall spannend!

Fazit

Hut ab für den Mut, nach zehn Staffeln den Vater von Kevin Atwater aus dem Hut zu zaubern. Zwar war es informativ dürftig, aber es war dennoch eine wichtige Entwicklung, auch eine, die mehr erklärt, warum Kevin der ist, der er ist. Zumal man eben auch erahnen kann, dass hiermit sicherlich noch nicht Schluss bei den Atwaters ist und dann kommt der Rest eben einfach später. Haben schließlich hierauf schon zehn Jahre gewartet…

Lena Donth – myFanbase

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