Bewertung

Review: #4.06 Nebelkerzen

Aktuell bringe ich "Chicago Med" vor allem mit Drama in Verbindung. Egal, wohin man sieht, die Charaktere stecken in einer Sackgasse, aus der sie sich nicht so recht herausmanövrieren können. Sei es Dr. Will Halstead, der vor seiner Verlobten, Dr. Natalie Manning seine Undercover-Tätigkeit zu verbergen hat und zudem auch noch schwankt, wie er Ray Burke als Arzt aushelfen kann, obwohl er eigentlich ein Verbrecher ist. Oder Dr. Ethan Choi, der für seine Schwester Emily nur das Beste will, dabei aber übers Ziel hinausschießt. An dieser Stelle kann man wirklich nur hoffen, dass es mal wieder bergauf geht.

Der große Rahmen dieser Folge ist der gemeinsame Junggesellenabschied von Will und Natalie. Eigentlich ein wirklich schöner Anlass, um die Charaktere mal wieder zusammenzubringen und eine etwas ausgelassenere Stimmung zu präsentieren, doch stattdessen wird das Thema nur zu Beginn und ganz am Ende durch einige Partyszenen involviert. Aber auch diese Stimmung wird letztlich wieder zunichte gemacht, weil Will gedanklich doch zu sehr mit dem schlechten Gesundheitszustand von Ray beschäftigt ist, den er eigentlich ins Krankenhaus einbestellen müsste, um das Einsetzen eines Herzschrittmachers zu überprüfen. Jay Halstead spricht sich jedoch entschieden dagegen aus, was ich ehrlich gesagt nicht nachvollziehen kann. Klar, durch die Wanze hat man erfahren, dass sich Ray schon bald mit seinen Komplizen treffen wird und möchte das Treffen daher unbedingt, um ihn endlich verhaften zu können. Doch andererseits könnte Ray durch seine Herzprobleme auch einfach umkippen und sterben. Was hätte das FBI denn davon?

Natalie und Will mögen in ihrer privaten Angelegenheit zu kurz kommen, dafür möchte ich aber groß feiern, dass die beiden seit ewigen Zeiten mal wieder einen gemeinsamen Fall haben, bei dem sie durchweg an einem Strang ziehen. Ich hatte wirklich schon befürchtet, dass das ein Ding der Unmöglichkeit geworden ist! Medizinisch hat der Fall zwar absolut nichts hergegeben, dafür haben sich aber Will und Natalie fest vorgenommen, dass sie Daria, die von ihrem Mann misshandelt wird, aus dessen Fängen befreien. Natürlich war zu dem Zeitpunkt, als die Maschine eine Nulllinie anzeigt, klar, dass Darias Tod nur vorgetäuscht wurde, aber insgesamt fand ich diesen Handlungsweg nachvollziehbar. Genauso konnte ich aber auch nachvollziehen, dass Sharon Goodwin die beiden dafür abmahnen musste, denn die Vortäuschung des Todes war wirklich ein Tanz auf Messers Schneide. Etwas schade fand ich am Ende nur, dass Adam Carson scheinbar ungestraft davonkam. Leider bemerke ich bei "Chicago Med" in letzter Zeit häufiger, dass einige sehr interessante Schicksale von Patienten und ihren Angehörigen offenbleiben.

Ethans Patientenfall war ebenso wenig aus medizinischer Sicht interessant, weil wir das Krankheitsbild Morbus Wilson, bei dem die Leber aufgenommenes Kupfer nicht verarbeiten kann, in #3.08 Aus vollem Herzen schon interessant ergründet hatten. Daher stand viel mehr die Geschichte dahinter im Fokus, dass die Patientin Gabby durch ihre Eltern erführt worden ist, weil ihre leibliche Mutter als Drogensüchtige nicht für sie sorgen konnte. Diese Verwicklung fand ich sehr anrührend und hat letztlich auch zu einem Umdenken bei Ethan in Bezug auf Emily geführt. Seit mehreren Folgen schon war er stets nur nach seinem eigenen moralischen Kompass unterwegs, aber wo er jetzt erlebt hat, dass die ausfindig gemachte leibliche Mutter den Entführern ihres Kindes sogar dankbar war, muss er erkennen, dass es nicht nur schwarz und weiß gibt. Daher gibt er sich einen Ruck und sucht die Aussprache mit Emily, die schon längst überfällig war. Dabei erfahren wir auch, dass vorerst ein Abschied von ihr und damit auch von Bernie ansteht. Das heiße ich sehr willkommen, da sich Ethans Geschichten gerne auch mal wieder um etwas anderes drehen können!

Mein persönliches Highlight in dieser Folge war die gute Charakterarbeit bei Terry McNeal. In den ersten Folgen hat er doch deutlich hinter Elsa Curry zurückstehen müssen, die aber, seit Dr. Daniel Charles ihr angedroht hat, dass er ihre Fälle überwachen wird, unter dem Radar läuft. Nun konnte Terry dafür wahrlich brillieren. Anfangs hatte ich noch den Eindruck eines typisch lockeren Sportlers, der das Medizinstudium mal mitgenommen hat, um zu sehen, wie weit er damit kommen kann. Doch nun zeigt sich, dass er wirklich für diesen Beruf brennt, da er sogar ein Sportstipendium dafür hat sausen lassen. Ihm stehen aber vor allem Selbstzweifel im Weg, ob er wirklich gut genug ist. Sein Pech also, dass er unter die Fuchtel von Dr. James Lanik gerät, der sich als harter Ausbilder gibt. Als Terry in einer Notsituation einen Fehler macht, lässt Lanik ihn eiskalt fallen. Gut, dass es Dr. Connor Rhodes gibt, der sich zuletzt von Dr. Ava Bekker vermehrt sagen lassen durfte, dass er ein Egomane und selbstverliebt ist. In dieser Folge zeigt Connor aber vor allem, dass er viel Empathie und ein großes Gerechtigkeitsbedürfnis hat. Er packt Terry genau im richtigen Maße unter die Arme und erinnert ihn daran, dass Fehler und tote Patienten zum Beruf dazugehören. Man müsse aber immer weitermachen und irgendwann erkennt man dann, wofür sich all das gelohnt hat. Nach dieser Folge hoffe ich wirklich sehr, dass Terry uns noch länger begleiten darf, denn der junge Mann ist ein Arzt mit Herz.

Das genaue Gegenteil ergibt sich nun bei dem bereits angesprochenen Lanik, der mir in dieser Folge furchtbar unsympathisch wurde. Bei seinen bisherigen Auftritten war er natürlich auch nicht die Figur, die man sofort ins Herz geschlossen hat, da er vor allem ein Spielball von Gwen Garrett ohne eigene Persönlichkeit ist. Dennoch hat man in #4.03 Heavy is the Head gemerkt, dass er eine andere Seite hat. Die wurde in dieser Folge natürlich mit Füßen getreten, da er wirklich absolut kaltherzig agiert hat. Vor allem seine Unberührtheit, als der Patient stirbt, ist mir säuerlich aufgestoßen.

Ich komme noch mal kurz zu Connor zurück, der Ava in der letzten Folge gestanden hat, dass er vor allem wegen ihr geblieben ist. Schon da habe ich mich gewundert, dass Ava auf dieses Geständnis nicht gleich eingegangen ist. Auch in dieser Folge wird das Thema nicht konkret angesprochen, aber man merkt doch deutlich, dass die beiden wieder zu einem sehr flirtenden Umgang miteinander zurückgekehrt sind. Ich hoffe doch sehr, dass dieses Thema und vor allem die Offenbarung um ihren Deal mit Cornelius Rhodes schnell angegangen wird.

Fazit

Auf medizinischer Ebene konnte diese Folge eigentlich kaum überzeugen, da die beiden Patientenfälle eher durch die persönlichen Dramen dahinter interessant wurden. Zudem muss ich mich doch ärgern, dass ein persönlicher Anlass wie der Junggesellenabschied von Will und Natalie nur wieder so nebenbei behandelt wird und dass die Stimmung durch Wills Sorgen sogar gedrückt wird. Dafür erhalten Ethan und Emily ihre überfällige Versöhnung und Terry wird als Figur schön greifbar.

Lena Donth – myFanbase

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