Bewertung

Review: #1.11 Schnee von gestern

Nachdem in der Folge zuvor die Spannungen bei den Gregsons eskaliert sind und Taras Kinder völlig zu Recht anmerken, dass es so nicht weitergehen kann, entscheiden Tara und Max nun, eine spezielle Klinik aufzusuchen. Dort wird sowohl Tara von einem ausgemachten Spezialisten für Dissoziative Identitätsstörung behandelt, gespielt von Joel Gretsch aus "4400" und "V". Und auch wenn Dr. Holden nicht unbedingt erfolgreich war, aus Taras alternativen Persönlichkeiten die Wahrheit über die Ereignisse in ihrer Jugend herauszufinden, war es doch eine Erleichterung, sie in guten Händen zu sehen.

Ich fand es unheimlich berührend, wie Tara und Max gemeinsam den Gang in die Klinik wagen. Die Vorstellung, so einen Schritt für sich selbst tun zu müssen, sich einzugestehen, dass man nicht in der Lage ist, mit seinem eigenen Leben zurecht zu kommen, ohne seiner Umwelt, seinen Kindern und auch dem Ehemann schlimmen (emotionalen und körperlichen) Schaden zuzufügen, kann nur wahnsinnig hart sein. Ich habe sehr mit ihnen mitgefühlt, schon in der Szene davor, als Tara ohne viel dagegen einwenden zu können, ihre Kinder so über sich reden hört. Dass der Aufenthalt in der Klinik dann zwar keinen wirklichen Fortschritt bringt, aber doch das Gefühl, gut aufgehoben zu sein, war eine Erleichterung. Und auch wenn auf lange Sicht, diese Station ihrer Krankheit Tara und Max wohl eher hoffnungsloser gemacht haben, schließlich wurde beiden vor Augen geführt, dass die Chancen, wirklich geheilt oder auch nur auf den Wege der Besserung geschickt zu werden, äußerst gering sind, so habe ich dennoch das Gefühl, dass es ihnen zumindest ein wenig weitergeholfen hat.

Ich glaube zwar, wie bereits beim letzten Mal erwähnt, nicht daran, dass das Aufspüren von Trip wirklich die erhoffte Besserung bringt, einfach weil ich nicht glaube, dass Trip der ursprüngliche Auslöser der DIS ist. Meine Theorie geht da eher in die Richtung, dass damals bei Trip wohl zum ersten Mal seit langer Zeit (Taras früher Kindheit vielleicht?) eines ihrer Alter Egos wieder aufgetaucht ist, vielleicht Buck oder auch Gimme. Aber wenn Tara herausfindet, dass Trip nicht der Grund der Störung ist, dann kann sie nach den wahren Ursachen forschen.

Neben Taras Bereitschaft, den Ursachen ihrer Störung auf den Grund zu gehen, bringt der Klinikaufenthalt aber vor allem Max dazu, die Fassade des Mannes, der immer alles im Griff hat, aufzugeben. Denn obwohl Max wirklich ein Engel ist und bewundernswert mit der ganzen Situation umgeht, ist es doch auch für ihn zuviel, wenn er sich eingestehen muss, dass es vielleicht niemals besser wird. Ich ziehe wirklich meinen Hut vor ihm, dass er sich bisher so wacker geschlagen hat und sowohl für Tara als auch die Kinder dieser Fels in der Brandung war. Aber es ist mehr als verständlich, dass er nicht unendlich weit über sich hinauswachsen kann.

Ich finde die Darstellung von Max in der Serie bisher wirklich unheimlich gelungen, sowohl vom Drehbuch aus als auch von John Corbetts Seite. Natürlich fällt das Scheinwerferlicht bei "Taras Welten" immer auf Toni Collette, die mit der Darstellung Taras und deren Alter Egos eine schauspielerische Präsentation par excellence ausführen darf. Aber da ein Großteil dieser Rollen solch übertriebene Klischees sind, finde ich fast sogar Corbetts subtile Ausarbeitung von Maxs Seelenleben, seine kleinen täglichen Zweifel, seine Siege und Niederlagen im Alltag und seine Versuche, Zuversicht für alle auszustrahlen, fast noch bemerkenswerter. Max ist wahrlich nicht der unrealistische Mann, der zu gut ist, um wahr zu sein, auch er hat Schwächen und versagt und auch die Motive, warum er es so lange mit Tara und ihrer verzwickten Situation ausgehalten hat, sind im Laufe der letzten elf Episoden wunderbar ausgearbeitet worden. Max ist der Cowboy, der immer versucht zu Rettung zu eilen, speziell wenn es darum geht, denen zu helfen, die er liebt.

Der Rest der Folge, der sich mit den zu Hause gebliebenen Mitgliedern der Familie beschäftigt, ist schon rein aus der Natur der Sache heraus weniger spannend. Marshall betäubt seine Enttäuschung mit Schmerzmitteln, was natürlich gleich die nächste Katastrophe heraufbeschwören könnte. Ich finde diese Entwicklung jetzt etwas plötzlich, aber vielleicht liefert man in der Richtung ja im Finale noch etwas Hintergrundinformationen. Jason macht unterdessen mit ihm Schluss (und ist selbst dabei noch ganz der liebe Junge, dem man nicht so richtig böse sein kann). Aber auch wenn ich Kates Erklärung für Ts Verhalten nachvollziehen kann, steht für mich fest, dass der Schmerz Marshalls über diesen Verlauf der Dinge um einiges größer ist, als hätte T der Sache ihren Lauf und Jason ganz ohne ihr Zutun Marshalls Herz brechen lassen. Kates Versuch, Ts Verhalten zu rationalisieren ist wirklich ehrenwert, aber ich frage mich, ob sie bei einem ähnlich krassen Ausfall Alices auch so verständnisvoll wäre.

Und in ihrer eigenen kleinen Welt, die losgelöst von den Problemen zu Hause existiert, geht sie weiter gegen Gene vor und wieder einmal fungiert der Teil als Humorlieferant für die ansonsten eher bedrückende Episode. Kates Outfit bei ihrem Treffen mit der Frau der Personalbteilung von Barnabee's war einfach nur herrlich, so züchtig haben wir sie ja wirklich noch nie gesehen. Und Genes kurze Ansprache an seine Mitarbeiter bezüglich der Genesungswünsche für Tonya hat mich wirklich einmal an eine richtige Sitcom-Szene erinnert. Nate Corddry bleibt weiterhin in der Lage, Gene als völlig besessenen Stalker, der es aber irgendwie doch gut meint, darzustellen. Dennoch hoffe ich darauf, dass diese Storyline mit der nächsten Episode beendet wird und Kate in der 2. Staffel eine erhält, die sich mehr ins restliche Gefüge integriert.

Charmaines Liebesprobleme lassen mich momentan noch eher kalt. Ich bin zwar mit ihr im Laufe der Staffel warm geworden, was ich nach ihren ersten Auftritten nie gedacht hätte, aber dennoch mag ich ihre recht oberflächliche Art nicht wirklich. Mal sehen, wohin ihr Männerdreieck sie führt. Dass ich mit Neil mehr mitfühlen kann, als mit ihr, liegt sicher an meiner grundsätzlichen Sympathie für Patton Oswalt, denn wir haben von der Beziehung zwischen Charmaine und Neil ja auch noch nicht wirklich irgendetwas gesehen.

Generell stehen in dieser Folge alle Nebengeschichten, die nicht direkt mit Tara und Max zu tun haben doch merklich zurück, was wohl auch daran liegt, dass durch die räumliche Trennung keinerlei Interaktion zwischen den Protagonisten stattfindet. Das war für diese spezielle Folge und die Geschichte, die erzählt wurde natürlich erforderlich, hat dem Interesse an Marshall, Kate und Charmaine aber trotzdem geschadet. Alles in allem eine wirklich wichtige und in vielen Punkten ruhigere Episode als die vorhergehende, aber auch eindeutig eine Übergangsfolge, die den Weg für das Staffelfinale ebnet. Hoffen wir, dass Taras Wünsche auf ein besseres Leben, wunderschön symbolisiert durch die Halluzination vom Schnee am Ende der Folge, wenigstens ein bisschen in Erfüllung gehen.

Cindy Scholz - myFanbase

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