Bewertung

Review: #6.18 Feuerpause

Passender hätte diese Episode mit dem Titel "This City" nicht laufen können, denn diese Woche wurde mit Lori Lightfoot erstmals eine schwarze, lesbische Frau zur Bürgermeisterin von Chicago gewählt, die viele auf eine Trendwende in der drittgrößten Stadt der USA hoffen lässt. Da parallel auch "Chicago P.D." selbst einen neuen Bürgermeister wählen lässt, wirkt das Ziel der Episode - was macht Chicago eigentlich aus? - mehr als passend.

Gleich der Beginn der Episode zielte schon darauf ab, das Selbstverständnis der Chicagoer zu packen. Blair Williams ist nur für den Wahlkampf von Superintendent Brian Kelton in der Stadt und kann als Fremder die Faszination der Einheimischen, speziell in Person von Kim Burgess, nicht fassen. Während er die Stadt als vorübergehende Residenz sieht und lieber seine Affäre mit Kim genießen will, will sie Blair wiederum ihre Heimat zeigen. Dabei fasziniert ihn vor allem, dass die Einwohner tagtäglich mit der Gewalt und der Korruption dieser Metropole konfrontiert sind und trotzdem niemals wegziehen würden. Genau dies ist schließlich der Aufhänger für einen eskalierenden Bandenkrieg zweier Generationen, der Tote und große Angst fordert.

Genau mit diesem Thema hatte die Episode bei mir aber schon einen Knackpunkt erreicht, da mich diese schonungslose (aber ganz sicher auch authentische) Darstellung der Kriminalität doch sehr abgestoßen hat. Man ist immer wieder fassungslos, was die Polizei an Verbrechen einfach laufen lassen muss, weil das Gesetz ihnen keine andere Handhabe gewährt. In dieser Episode wird es nun regelrecht auf die Spitze getrieben. So verfolgen wir mit, wie Hank Voight auf Anraten von Ray Price hin, zwischen den Anführern der Generationen vermittelt. Und was ist das Ziel des Ganzen? Nicht etwa, dass man die Kriminalität gänzlich ausrottet, sondern dass man nur dafür sorgt, dass es keine weiteren Schießereien gibt, Hauptsache, jede Gang dealt unbescholten in ihrem Revier weiter. Richtig schlimm wurde es dann für mich am Ende der Folge, als Hank den jüngeren Anführer dazu auffordert, seinen Freund zu töten, da es sonst die ältere Generation übernehmen wird. Ja, Lamar Cooke hat einer unschuldigen Frau das Leben genommen, aber wenn man dann im Hinterkopf hat, dass er von seiner eigenen Tat verängstigt war und dass er erst 17 Jahre alt ist und noch sein ganzes Leben vor sich hat, in dem er sich ändern kann, dann stößt mir das einfach nur sauer auf.

Zumal man erst in den letzten Episoden immer wieder gezeigt hat, dass Hank gerade für jugendliche Straftäter gerne einen Deal aushandelt, weil er diese noch nicht aufgeben will. Ja, Hank gilt als einer der korruptesten Polizisten Chicagos, aber wir sind mit ihm einem langen Weg gegangen und ich finde es schade, dass doch immer wieder Episoden eingestreut werden, in der seine gesamte Charakterentwicklung über den Haufen geworfen wird. Die Botschaft der Folge mag sein, dass man Chicago nicht von heute auf morgen verändern kann und dass man auch mit kleinen Schritten zufrieden sein muss, aber ist vielleicht genau dieses Denken nicht der Knackpunkt?!

Aber nicht nur die Botschaft und das Handeln von Hank hat mir nicht gefallen, ich empfand das Geschehen als sehr zäh. Bei mir kam an keiner Stelle ein Spannungsgefühl auf. Weder beim Bandenkrieg selbst, noch bei der Suche nach Nickys Mörder und dem anschließenden Schutz für Alyssa. Alles wirkte so belanglos und wild zusammengewürfelt. Auch beim Machtkampf zwischen Kelton und Price sind wir im Endeffekt erneut kaum vorwärts gekommen. Dass Kelton nur sich sieht und dass Price etwas menschlicher agiert, auch das wissen wir schon alles. Gefallen hat mir im Endeffekt nur, dass über die gefährliche Zeugenaussage von Alyssa der Bogen zu Kevin Atwater und seinem jüngeren Bruder Jordan gespannt wurde. Schon als sie Angst zeigte, den Mund aufzumachen, musste ich sofort an diesen Handlungsbogen aus der vergangenen Staffel denken, daher fand ich es nur sinnig, dass es auch den Drehbuchautoren wieder eingefallen ist. Aber an der verhinderten Aussage von Alyssa zeigt sich im Endeffekt auch nur, wie bedenklich das System in Chicago funktioniert. Da will eine junge Frau das Richtige tun und dann wird sie von der Polizei selbst abgehalten, da diese ahnen, dass sie die Rache nicht verhindern werden können. Einfach nur erschreckend!

Abschließend komme ich noch einmal auf Kim und Blair zu sprechen, die nicht nur dafür da waren, um ihre gegensätzlichen Ansichten zu Chicago zu präsentieren. Erneut wirkt ihre dargestellte Beziehung etwas zusammenhanglos in die Episode eingestreut, aber immerhin kommen wir dieses Mal einen Schritt weiter mit ihnen. Nach außen hin genießt Kim die lockere Affäre und gibt sich Hailey Upton gegenüber unbekümmert, dass Blair bald wieder verschwinden wird. Dass dem nicht ganz so sein kann, zeigt sich, wenn sie betont locker reagiert, als Blair von einer Ginny angerufen wird. Das zeigt sich, wenn er ihr zwischen Tür und Angel mitteilt, dass er ein weiteres Jobangebot in Chicago hat, was sie aus dem Konzept bringt. Nur frage ich mich weiterhin, zu welchem Zweck Blair da ist. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass noch eine Bombe hochgehen wird und die Einstreuung von Ginny war da schon ein deutlicher Hinweis. Aber mir gefällt der Gedanke nicht, dass Kim dann wieder einen Scherbenhaufen vor sich liegen haben wird. So sehr ich ihre erstarkte Persönlichkeit zu schätzen weiß, so sehr wünsche ich mir an mancher Stelle, dass wir wieder öfters die unbekümmerte Kim erleben dürften.

Fazit

Diese sehr zäh erzählte Episode mag zwar die Situation in Chicago sehr realistisch abgebildet haben, aber ich fand die dargestellten Entwicklungen dennoch höchst bedenklich, da die Flinte überdeutlich ins Korn geworfen wurde. Zudem musste Hank wieder den Bösewicht geben, womit vieles bei ihm ad absurdum geführt wird. Weiterhin zeigt sich also, dass vor dem Staffelendspurt unnötig lange auf die Bremse gedrückt wird, so dass erneute eine enttäuschende Episode dabei herausspringt.

Lena Donth – myFanbase

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