Bewertung

Review: #3.15 Der Warteraum

Foto: Chris Sullivan, This Is Us - Copyright: 2019 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Chris Sullivan, This Is Us
© 2019 Twentieth Century Fox Home Entertainment

Zuletzt erreichte jeder der Big Three einen persönlichen Tiefpunkt: Kevin wurde rückfällig, Kates Fruchtblase platzte zu früh und Randall lag im Streit mit Beth. Wie wird man nun all diesen Themen in einer Episode gerecht? Gar nicht, zumindest nicht in dem Sinn, dass es in #3.15 The Waiting Room große Fortschritte zu verzeichnen gibt. Jedes Problem findet in dieser Folge Raum sich zu entfalten und erscheint zum Schluss noch größer, als es zu Beginn dieser Episode der Fall war. Es ist eine eigenartige Stimmung, die sich während der Wartezeit der Pearsons aufbaut, eine die man aus "This Is Us" so nicht kennt. Die Atmosphäre ist geladen und unterschwellig brodeln bei den Pearsons die Gefühle. Der Familie dabei zuzusehen ist beklemmend und eben jene Beklemmung ist man sonst nicht gewohnt, weshalb man sich stellenweise fehl am Platz fühlt.

Die Pearsons

Wer weiß von Kevins Rückfall? Wie sich herausstellt alle, doch das Thema möchte eine Weile lang niemand anschneiden und so entsteht zum ersten Mal der Eindruck, dass man hier in etwas Unangenehmes hereingeraten ist. Alle Pearsons sehen sich vorwurfsvoll an, Kevin ist vollkommen überdreht und man weiß nicht, ob das nun der richtige Zeitpunkt ist, sich um Kevins Alkoholproblem zu kümmern. Ganz ähnlich sieht es mit dem Streitpunkt zwischen Beth und Randall aus. Man kann die Anspannung zwischen den beiden nahezu greifen, dennoch scheint es unangebracht, sich in diesem Moment um das Erfüllen persönlicher Träume Gedanken zu machen. Doch mit jeder Minute, die die Folge voranschreitet, wird absehbarer, dass die Pearsons ihre Sorgen ansprechen müssen und so schaukelt sich die Situation immer weiter hoch, bis sie schließlich eskaliert. Als Randall und Kevin sich wütend angehen oder als Beth passiv aggressiv von Randalls Vorschlag berichtet, spricht man langwierige Konfliktthemen an, die einen zentralen Baustein der Serie ausmachen. Es mag alles richtig sein, was die Pearsons sich in diesen Momenten an den Kopf werfen, dennoch fühlt sich der Streit zu diesem Zeitpunkt falsch und unsinnig an. Die Serienmacher verdeutlichen zwar, unter welchem enormen Druck die Familie in dieser Situation steht und wie sehr sie um Kate und das Baby bangen, gleichzeitig erzählt man diese Geschichte auf eine Art, durch die man sich sehr schlecht in die Pearsons einfühlen kann und für keinen von ihnen Partei ergreifen will. Die Figuren agieren vollkommen anders, als man es von ihnen gewohnt ist. Es ist enttäuschend, dass Randall sich von dem einfühlsamen Ehemann, der ganz im Sinn vonJack handelt, zu einem erfolgsorientieren Politiker entwickelt hat, für den seiner Familie plötzlich an zweiter Stelle zu stehen scheint. Genau so bitter ist Kevins Rückfall, zumal man gehofft hätte, dass der Schreck darüber, dass er wegen seines Alkoholkonsums Kate in einer Gefahrensituation nicht ins Krankenhaus fahren konnte, das genaue Gegenteil hätte bewirken sollen. Doch anstatt für seine Familie da zu sein, greift Kevin heimlich zum Alkohol – wie man seine Wasserflasche immer wieder kurz zeigte, deutete bereits darauf hin, dass der Inhalt so viel mehr ist, als er zu sein scheint.

Während man nicht weiß, wen man nun mehr verurteilen soll – Randall oder Kevin – ist Rebeccas paralysierte Art nicht weniger erschreckend. Sieht man hier vielleicht schon erste Anzeichen der Krankheit, die sie in den Flashforwards zu haben scheint? Doch auch wenn man sie noch am ehesten verstehen kann, treffen auch ihre Worte nicht den richtigen Ton. Ist es gerecht, dass die Probleme ihrer Söhne pausieren müssen, nur weil die von Kate zu diesem Zeitpunkt größer sind? Nein. Aber wie bereits angesprochen, ist es auch nicht richtig, die Sorgen der anderen in den Vordergrund zu rücken. Dass man nicht sagen kann, wo nun der Fokus liegen sollte, macht den Knackpunkt der Episode aus, denn egal worauf sie sich konzentriert, irgendwie ergibt sich daraus kein stimmiges Bild. Es ist eine sehr ernste Episode, was man von "This Is Us" durchaus gewohnt ist, aber sonst gibt es wenigstens eine Träne, die einem bei den traurigen Themen langsam über die Wange kullert. Diese fehlt dieses Mal, denn von seinem typischen Bild ist die Serie dieses Mal sehr weit abgewichen. Die belastende Episode hat keinen kleinen Lichtblick und es fehlt auch an den sonst üblichen Flashbacks, durch die man die ernsten Themen für einen Augenblick hinter sich lassen könnte. Auch die "frohe Botschaft" zum Schluss, dass man das Baby ohne – weitere – Probleme auf die Welt holen konnte, unterstreicht den unbehaglichen Ton der Episode. Zwar kann man es als Pluspunkt ansehen, dass Kate nicht noch eine Fehlgeburt erlitten hat, dennoch ist ein drei Monate zu früh geborenes Baby nichts, was Jubelrufe auslöst. Für die kommenden Episoden stehen Kate und Toby dadurch sicherlich einiges an Herzschmerz bevor, denn mit dem Baby nach Hause werden sie noch eine ganze Weile nicht dürfen.

Die Außenseiter

Die unbehagliche Stimmung im Wartezimmer dürfen auch Miguel, Madison und Zoe miterleben. Alle drei wirken zwischen den Pearsons wie Fremdkörper, wodurch die ohnehin schon unterkühlte Stimmung noch weiter sinkt, wenn einer von ihnen zu einem Aufheiterungsversuch ansetzt. Jeder von ihnen steht seltsam am Rande des Geschehens und es tut einem aufrichtig leid, dass sie von den Pearsons so ausgegrenzt werden. Dieser Eindruck passt recht gut zu dem sonstigen Bild der Episode, denn man würde zu diesem Zeitpunkt überall lieber sein als zwischen den Pearsons im Wartezimmer.

Randnotizen

  • Während Miguel und Madison noch ein wenig Unterstützung leisten konnten, wirkt Zoe wieder einmal vollkommen verloren. Ich weiß nicht, wann genau der Zug bei ihr abgefahren ist, doch ich bezweifle, dass die Autoren mit ihr noch einmal auf einen grünen Zweig kommen.
  • Es war eine schöne Geste von Kate und Toby, ihrem Sohn den Namen Jack zu geben. Zwar sah man dies bereits seit langem kommen, dennoch war es ein schöner Moment.
  • Die abschließenden Momente mit Kate und Toby am Inkubator war die einzigen Minuten der Episode, in denen man für einen kurzen Augenblick aufatmen konnte und das auch nur, weil sie von den bedrückenden Szenen die am wenigstens belastenden waren.
  • Kevins Gespräch mit dem Arzt, bei dem er sich eine bessere medizinische Betreuung erkaufen wurde, warf kein schönes Licht auf den Menschen, den der Alkohol stets aus ihm macht.
  • Kates scheint ihr Baby mit ganz anderen Augen zu sehen als Toby. Für sie ist es ihr Sohn, doch Toby sieht vor allem das zerbrechliche Lebewesen.

Fazit

Diese Folge zu bewerten ist mir sehr schwergefallen. Eigentlich freue ich mich jedes Mal wieder auf eine neue Folge "This Is Us", dieses Mal blieb das Gefühl von Freude und Trauer, das die Serie so gut vereinen kann, allerdings zum ersten Mal aus. Es ist die erste Episode der Serie, bei der mir das Anschauen keinen Spaß gemacht hat und so stellt sich die Frage, wie man so eine Folge bewertet. Der fehlende Spaß lag vor allem daran, dass man uns mit Drama dieses Mal regelrecht überschüttet. Man zeigt uns, wie dysfunktional die Familie zu diesem Zeitpunkt ist und egal welches Problem angesprochen wird, man denkt unterschwellig, dass man sich lieber auf eines der anderen konzentrieren sollte. In sich betrachtet zieht man dieses Konzept die gesamte Zeit durch, weshalb die Beklommenheit meisterhaft umgesetzt wurde. Dass die Serienmacher die Stimmung der Familie zu diesem schweren Zeitpunkt so gut einfangen konnten, hilft allerdings nicht darüber hinweg, dass es den Unterhaltungswert mindert, wenn man sich beim Schauen nicht wohl fühlt.

Marie Florschütz - myFanbase

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