Bewertung

Review: #1.11 Herzensangelegenheiten

Foto: Ron Cephas Jones & Susan Kelechi Watson, This is Us - Das ist Leben - Copyright: 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Ron Cephas Jones & Susan Kelechi Watson, This is Us - Das ist Leben
© 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment

Wie schön, dass die Programmplaner von NBC "This Is Us" nur in eine fünfwöchige Weihnachtspause geschickt haben. Auch wenn die Serie immer noch ganz frisch ist, ich hatte bereits Entzugserscheinungen. Und natürlich war auch die Neugier ob des Cliffhangers groß und ich wollte Gewissheit über Toby erlangen.

In #1.11 The Right Thing to Do bemühen sich sämtliche Charaktere genau das zu tun, das Richtige. Und erneut formt sich daraus eine auf allen Erzähl- und Zeitebenen stimmige Episode, die sich nahtlos in das hohe Niveau der ersten Staffelhälfte einreihen kann.

Ich muss zugeben, als die verzerrte Version von "Without You" einsetzte und Kate im Krankenhausflur völlig aus der Zeit gerissen und orientierungslos schien, dachte ich kurzzeitig wirklich daran, dass Toby die Operation nicht überstanden haben könnte. Doch die Autoren führten uns, oder zumindest mich, nur vorübergehend in die Irre. Toby lebt und damit war sein romantischer Auftritt am Weihnachtsabend rückblickend kein tragischer Abgang, sondern findet gar ein Happy End. Und das, obwohl dem ersten Eingriff direkt ein zweiter folgen sollte. Herzrhythmusstörungen und ein Loch in der Herzkammerscheidewand können Toby nicht dabei aufhalten, Kate für sich zu gewinnen. Bei einer Frohnatur wie er es ist, finde ich es auch nicht verwunderlich, dass ihn auch Ängste umtreiben können und er Respekt vor einer durchaus riskanten Operation hat. Gerade hat er Kate mit großer Geste seine Liebe gestanden und doch könnte mit einem Eingriff all das schon wieder Geschichte sein. Kates Unverständnis über seine zunächst ablehnende Haltung ist aber ebenso nachvollziehbar. Das Risiko scheint aus ihrer Sicht überschaubarer als die ihrer eigenen Wunsch-Operation der Magenverkleinerung und sein Problem wäre damit im Vergleich dauerhaft behoben. Das hat am Ende offenbar auch Toby erkannt und tut das Richtige, indem er sich für den Eingriff entscheidet. Allerdings nicht, ohne zuvor Kate noch einmal seine Liebe zu gestehen, die sie in diesem Moment nicht erwidern konnte und wollte, wie sie in einer schönen Gesprächsrunde mit ihren beiden Brüdern, von Selbstzweifeln geplagt, zugibt. Letzten Endes tut aber auch sie das Richtige, indem sie das Bekenntnis ihrer Liebe zu Toby unmittelbar nach dessen Operation zum Ausdruck bringt. Es ist typisch Toby, dass er sie lange darüber im Unklaren lässt, obwohl er ihre Worte längst gehört hat. Die beiden sind einfach ein tolles Paar und daran haben wir hoffentlich noch lange Freude.

Die richtige, wenn auch unglückliche in der ausgesprochenen Art und Weise, Entscheidung hat auch Kevin getroffen, der sich aus heiterem Himmel mit Olivias Rückkehr konfrontiert sieht. Gerade hat er sich mit der neuen Situation gut arrangieren können, nun der Produzent seines eigenen Stückes oder vielmehr des von Sloane zu sein und sich dabei auch ihr weiter anzunähern. So ganz überzeugt bin ich von deren Chemie zwar noch nicht, passt Olivia aus meiner Sicht nicht nur viel besser in sein Beuteschema, sondern zwischen beiden funkte es anfangs einfach auch viel besser. Aber Olivia hat sich spätestens mit ihrem Auftritt in #1.09 The Trip selbst ins Aus manövriert und sowohl bei Kevin als auch mir sämtliche Sympathien verspielt. Es gefiel mir gut, dass auch bei seiner Entscheidung die ausschlaggebenden Impulse aus dem Gespräch unter den Geschwistern im Krankenhaus kamen. Jetzt ist Kevin aber nun einmal ein Charakter, der nicht immer ganz glücklich mit Worten umzugehen weiß und aus dem es gerne heraussprudelt, wie es ihm spontan auf der Zunge liegt. Während er also auch aus meiner Sicht das Richtige tut und Olivia recht eindeutig den Laufpass gibt, wird zugleich Sloane unfreiwillig "Ohrenzeuge" des Gesprächs und muss mit anhören, wie Kevin seine Entscheidung für sie als vernünftig bezeichnet. Autsch. Das will natürlich keiner von seinem Schwarm, geschweige denn Partner hören. Und ich glaube, das hat selbst Kevin verstanden, als Sloane ihn am Folgenende auf seine Einladung hin abblitzen lässt. Auch wenn man augenscheinlich das Richtige tut, kann man dabei in einen Fettnapf treten. Während es mir um Olivia nicht mehr Leid tut, ihre Reaktion auf Kevins Abfuhr bestätigt mich nur noch einmal darin, fühle ich mit Sloane. Wir haben inzwischen aber wiederholt erleben können, dass Kevin auch die richtigen Worte finden kann, wenn er bedacht an Dinge herangeht und so bin ich doch optimistisch, dass seine Wortwahl in Sachen Vernunft gar nicht so gemeint war, wie es bei Sloane ankam und er das wieder gerade biegen kann. Vielleicht gelingt es ja damit dann auch, mich doch noch von dieser Paarung zu überzeugen.

In Sachen William geht es mir ehrlich gesagt ein wenig wie Randall. Ich kann auch nur schwer akzeptieren, dass William nun plötzlich schwul oder schon immer beiden Geschlechtern zugetan sein soll, wie er es selbst bezeichnet. Das hat weder bei Randall noch bei mir etwas mit Homophobie zu tun. Mein Problem ist eher die Tatsache, dass ich das Gefühl nicht loswerde, diese Wendung wurde nur wegen des Überraschungseffekts eingebaut. Das widerstrebt mir und hat die Serie zudem auch gar nicht nötig. Rückblickend passt es für mich auch inhaltlich einfach nicht und zerstört mir etwas die Erinnerung an den schönen Zusammenschnitt des Kennenlernens von William und Randalls leiblicher Mutter aus Episode #1.03 Kyle und seine tiefe Liebe und Trauer, die dabei zum Ausdruck kam. Natürlich tut aber auch Randall das Richtige, insbesondere nach seinem Gespräch mit Beth, die ihm versichert, dass er ein toleranter Mensch ist und stets das Richtige tue. Und das macht er auch gleich in dreierlei Hinsicht. Er geht auf Jessie zu, zugegebenermaßen noch etwas linkisch, akzeptiert Williams Entscheidung in Bezug auf den Abbruch der Chemotherapie und macht William zugleich verständlich, dass er von ihm nicht ausgeschlossen werden, sondern seinem Vater zur Seite stehen will. Indem William auf sein Inneres hört, tut auch er das Richtige. Er bricht seine Therapie ab, die ihm allenfalls nur noch wenig an extra Zeit schindet, aber nicht verbunden mit einer besseren Lebensqualität. Dafür habe ich großes Verständnis in seiner Situation. Es führt uns aber zugleich auch vor Augen, wie nahe offenbar Williams Tod bevorsteht. Das wäre ein großer Verlust, auch wenn bedingt durch die unterschiedlichen Zeit- und Erzählebenen weitere Auftritte über den Tod in der Gegenwart hinaus möglich wären. Seine Figur hat allerdings in der Vergangenheit auch nur wenig bis gar keinen Bezug zu den anderen Charakteren, von Rebecca einmal abgesehen, so dass diese Möglichkeit eines Wiedersehens gering ist. Im Zusammenhang mit dieser Geschichte will ich auch noch einmal zum Ausdruck bringen, wie sehr mir die Figur des Randall gefällt. Unter den drei Geschwistern sticht er für mich eindeutig hervor. Vielleicht hat Sterling K. Brown auch einfach Glück, dass er in der Gegenwart die besten Geschichten verbunden mit den besten Dialogen geschrieben bekommt. Letztendlich ist es aber die Leistung des Schauspielers, den Charakter derart zum Leben zu erwecken.

Auch in dieser Episode ist es einmal mehr auffällig, was Jack für ein positiver und auch bewundernswerter Charakter ist. Er ist der Prototyp eines Idealmanns: ein treusorgender Vater und liebevoller Ehemann, der alles der Familie unterordnet, dies aber aus freien Stücken macht und nicht, weil es für ihn eine Pflicht ist. Für das Glück seiner Familie bringt er wiederholt Opfer und bittet in diesem Fall sogar seinen verhassten Vater um Geld. Das ehrt ihn zwar sehr, birgt aber auch Risiken in Sachen Geheimnisse vor Rebecca, der er auf ihre Nachfrage hin nur eine Notlüge auftischt. Nicht nur damit tut auch er das Richtige: er respektiert Rebeccas Privatsphäre als er vorgibt, ihren Tränenausbruch nicht mitbekommen zu haben. Dieser ist Auslöser für sein anschließendes Handeln mit dem Besuch des Vaters, aber auch mit dem Verkauf des Autos, der für mich im ersten Moment viel naheliegender war, obwohl auch die Szene aus Jacks Vergangenheit mit seinem Vater darauf hätte schließen lassen können. Besonders gut gefiel es mir auch, wie Jacks an Rebecca gerichtete Frage, ob diese sich eine Zukunft in diesem Haus vorstellen könne, bildlich vor ihrem geistigen Auge umgesetzt wurde. Es zeigt sehr gut, dass er das Richtige getan hat und beide damit glücklich sind. Insgesamt funktionierte dieser Handlungsstrang als großer emotionaler Moment am Ende einmal mehr und verzichtete dabei auch nicht auf so kleine, liebevolle Details wie den weiteren kurzen Auftritt von Dr. Katowsky.

Fazit

Das war ein toller Auftakt in die zweite Staffelhälfte, der einmal mehr die inzwischen gewohnte Balance aus Drama und Humor findet, der uns die Familie Pearson so schnell ans Herz wachsen ließ. Es sind nur kleine Dinge, wie die noch etwas uninspirierte Beziehung von Sloane und Kevin oder Williams überraschendes Outing, die (noch?) nicht ganz überzeugen können. Im Grunde ist das aber Meckern auf hohem Niveau. "This Is Us" bereitet weiterhin großen Spaß und sorgt für perfekte Wohlfühlatmosphäre.

Jan H. – myFanbase

Die Serie "This Is Us" ansehen:


Vorherige Review:
#1.10 Ein besonderer Tag
Alle ReviewsNächste Review:
#1.12 Veränderungen

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "This Is Us" über die Folge #1.11 Herzensangelegenheiten diskutieren.