Bewertung

Review: #1.06 Kapitel 6: Das Monster

Foto: Natalia Dyer, Stranger Things - Copyright: Courtesy of Netflix
Natalia Dyer, Stranger Things
© Courtesy of Netflix

Irgendwie fühlt sich "#1.06 Kapitel 6: Das Monster" ein wenig wie eine Verbindungsepisode vor. Auf der einen Seite kehrt nach dem ereignisreichen Ende von Episode #1.05 Kapitel 5: Der Floh und der Akrobat wieder ein wenig Ruhe an und man versucht, sich mit dieser neuen Ausgangssituation zu arrangieren. Auf der anderen Seite wird klar, dass die große Auseinandersetzung zwischen Dr. Brenner mitsamt Entourage und den drei Jungs plus Eleven nun unmittelbar bevor steht und entweder bereits mit der kommenden Episode beginnen wird oder dann mit dem Staffelfinale. Mischt man dies mit der quasi nebenher stattfindenden Klärung der Identität Elevens und schlechtem Teenie-Drama, hat man am Ende eine grundsolide Episode - aber eben auch nicht mehr.

Aber eines nach dem anderen: nachdem Nancy in der vergangenen Episode unvermittelt plötzlich mitten in der Schattenwelt und damit dem Jagdrevier des Monsters war, gelingt es ihr mithilfe von Jonathan, von dort zu entkommen. Interessant ist hierbei, dass es anscheinend tatsächlich so ist, dass das Monster ein Portal zur Schattenwelt öffnen und schließen kann, wie es beliebt. Damit hat es einen elementaren Vorteil vor seinen Widersachern, weil es schnell verschwinden oder die Anderen in eine Welt bringen kann, in der sie sich nicht auskennen. Ebenso könnte es noch relevant werden, dass auch ohne das Portal selbst eine Verbindung zwischen beiden Welten zu herrschen scheint, wie man unter anderem an den Kontaktaufnahmen Wills und nun an den Schreien von Nancy und Jonathan merkte, die der jeweils Andere hören konnte, obwohl er in der anderen Welt war.

Dass Nancy und Jonathan, nachdem sie gerade noch dem Monster entkommen, entsprechend aufgewühlt sind, ist mehr als verständlich. Ebenso, dass beide füreinander da sein wollen in der ersten Nacht. Die Storyline der beiden mag manchmal arg vorhersehbar sein, aber sie nervt zumindest nicht, weil man einen guten Charakterkontrast mit den beiden hat, der für eine gut funktionierende Dynamik sorgt. Aber leider gibt es ja immer noch Steve mit seinen seelenlosen Attachés Tommy und Carol. Und da geht das Problem schon los - natürlich findet Steve Nancy und Jonathan in einer Situation, die man missverstehen kann, wenn man nicht zehn weitere Sekunden die Geduld hat, um die Stimmung im Raum zu lesen. Natürlich reagiert ein Schmierlappen dann, wie ein Schmierlappen reagieren muss, der denkt, dass er gerade betrogen wird, und stellt Nancy in der Öffentlichkeit bloß. Natürlich sind Tommy und Carol diejenigen, die Steve darin bestärken und ihn unterstützen. Gerade die Charakterzeichnung von Tommy und Carol ist schlichtweg beschämend. Klar, sind ja nur Nebencharaktere, die wahrscheinlich auch nie eine wirkliche Bedeutung für die Serie haben werden außer dass sie eben bestimmte Handlungen in Gang setzen. Aber Herrgott, die beiden Figuren sind einfach nicht menschlich, sondern eine Ansammlung an dummen Eigenschaften. Ach ja, und natürlich schlägt Jonathan Steve nach dessen Provokationen und wird direkt dabei von der Polizei erwischt, die da ganz zufällig einfach mit einem Streifenwagen vorbeifuhr.

Ungleich interessanter ist da, dass sich Hopper und Joyce nun zusammentun, um der Verschwörung rund um das Labor in Hawkins näher zu kommen. Schnell wird klar, dass der jugendlich wirkende Raum, den Hopper sah, mit großer Wahrscheinlichkeit nicht von Will bewohnt wurde, sondern von jemand anderem. Schnell kommt so der Gedanke auf, es könne sich um Jane Ives handeln, mutmaßlich gekidnappte Tochter von Terry Ives. Nachdem eine mittlerweile katatonische Terry aufgesucht wird, erzählt ihre Schwester Becky vom "Projekt MKUltra" (ein geheimes Forschungsprogramm des CIA, das es im Übrigen tatsächlich gab) und wie ein paar Hippies (unter ihnen Terry) versuchten, mit bewusstseinsverändernden Drogen und einem Floating-Tank telepathische und telekinesische Fähigkeiten zu entwickeln. Terry wusste damals nicht, dass sie schwanger mit Jane war und offiziell verlor sie ihr Baby im letzten Schwangerschaftstrimester. Dass Jane nicht nur am Leben, sondern auch Eleven ist, macht "Stranger Things" zu diesem Zeitpunkt ungewöhnlich deutlich, als alternierend erzählt wird, welche Fähigkeiten weiterentwickelt werden sollten beim Projekt MKUltra und wie Jane/Eleven diese ausübte. Für eine Serie, die es sich zur Aufgabe macht deutlich zu machen, dass nichts ist wie es scheint und der nächste Twist an der nächsten Ecke wartet, mutet es etwas seltsam an, wie beiläufig diese wichtige Enthüllung gemacht wird, zumal man in den bisherigen Episoden nie etwas von Terry Ives oder MKUltra hörte. Von daher kann es hier auch immer noch zu einem Twist kommen und Eleven ist doch jemand anders. Aber selbst wenn nicht, macht es sicher Sinn, wenn vor einer großen Auseinandersetzung die Fronten (im wahrsten Sinne des Wortes) geklärt sind und die Identität von Eleven aufgedeckt wird, zumal die Familie Ives noch ein Mysterium ist, da sie in der Serie gerade erst eingeführt wurde. Dennoch hätte man das ein wenig geschickter anstellen können.

Eine weitere wichtige Antwort gibt diese Episode mit einem weiteren Flashback von Eleven und ihrer Kontaktaufnahme mit dem Monster, wodurch sie aus schierer Panik das Portal zur Schattenwelt ungewollt öffnete und damit wahrscheinlich erst die gesamte Storyline um Will ins Rollen brachte. In diesem Zusammenhang - wie großartig war das Schauspiel von Millie Bobby Brown, als Eleven mit weit aufgerissenen Augen und angstverzerrtem Gesicht zitternd hinter dem Monster stand und wusste, dass sie es nun berühren muss, weil das von ihr erwartet wird, sie sich aber aktuell nichts Schlimmeres vorstellen kann? Wahnsinn.

Weiterhin sehr wohltuend ist die Anwesenheit eines Charakters wie Dustin. Wenn er nicht gerade maßgeblich für den Humor der Serie verantwortlich ist, kann er richtig verantwortungsbewusst sein, und so schafft er es, dass sich die drei Jungs und Eleven nach den heftigen Ereignissen der vergangenen Episode langsam wieder annähern. Lucas ist noch ein wenig außen vor, weil er verständlicherweise aktuell nicht allzu sehr in der Nähe von Eleven sein möchte, aber die anderen beiden Jungs haben gemerkt, dass sie nur gemeinsam das Portal und das Demogorgon/Monster finden können. Just als Mike und Dustin Eleven finden, werden sie gefunden - von Troy und James, die alles andere als gut auf sie zu sprechen sind nach den Ereignissen in der Sporthalle. Eleven zeigt nun zum ersten Mal sehr offensichtlich ihre Kräfte für andere Personen als die drei Jungs und man darf gespannt sein, wie gefährlich das für das Mädchen in den kommenden Episoden werden wird, jetzt wo gerade diejenigen, die schlechte Absichten haben, Zeuge dieses magischen Moments wurden. Bei Elevens etwas eigenwilligem "Einkauf" von Eggo-Waffeln konnte man noch von einem seltsamen Zufall sprechen, aber ein frei in der Luft schwebender Mike ist dann doch ein anderes Kaliber.

Fazit

#1.06 Kapitel 6: Das Monster hat sich irgendwie ruhiger angefühlt wie so manch andere Episode von "Stranger Things", obwohl durchaus einiges geschah, was insbesondere mit Eleven zu tun hatte. Hier braut sich etwas zusammen, das in den kommenden beiden Episoden in einen (zwischenzeitlichen) Höhepunkt kulminieren wird und vor allem interessant wird sein, wie die Grüppchen Nancy/Jonathan, Hopper/Joyce und Mike/Dustin/Lucas/Eleven jeweils auf ihren eigenen Pfaden der Antwort näher kommen. Wenn das Monster in der kommenden Episode Steve, Tommy und Carol erwischt, wäre aber auch niemand wirklich böse darum, weil dann die durchaus vorhandene Schwäche von "Stranger Things" bei der Ausstaffierung von Nebencharakteren nicht mehr so sehr auffällt.

Andreas K. - myFanbase

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