Bewertung

Review: #3.10 Explosionen

Foto: Tim Daly, Private Practice - Copyright: 2009 ABC Studios
Tim Daly, Private Practice
© 2009 ABC Studios

Wow, was für eine bewegende und schockierende Episode. Obwohl ich schon einige Zeit, bevor ich sie gesehen habe, durch Spoiler informiert gewesen war, traf es mich dennoch wie ein Schlag, als plötzlich Dells Haus hinter ihm einfach explodierte. Gelungener Effekt, der sicherlich noch gelungener war, wenn man wirklich von gar nichts ahnte.

So, let me get this straight. You're the cheating whore, not him.

Ganz zu Beginn der Episode stellten sich mir zwei Fragen, die mir eigentlich schon früher hätten kommen können. 1. Warum hat Addisons Vater eigentlich keinen Vornamen? Und diese Frage ist mir sogar schon vorher gekommen. Es ist ja nicht unbedingt unüblich, dass in den USA reiche, erfolgreiche Männer Spitznamen dieser Art haben. Aber ich finde es doch sehr verwunderlich, dass wir nicht ein einziges Mal seinen tatsächlichen Namen gehört haben. 2. Warum nennt Addison ihre Eltern Captain und Bizzy? Soll das die Distanz innerhalb der Familie verdeutlichen? So ganz klar ist es mir noch nicht, aber ich denke, letzteres könnte zutreffen.

Die Wendung, dass nicht der Captain (ja, ich habe mir obige Fragen vor allem deshalb gestellt, weil es mich nervt, Eric Camden ständig als "den Captain" bezeichnen zu müssen) sondern Bizzy diejenige ist, die seit Jahren fremdgeht, war jetzt nicht wirklich überraschend nach dem Ende der letzten Folge. Dass die aber ebenfalls mit einer Frau fremdgegangen ist, schon eher. Auch wenn ich im Gegensatz zu Addison sofort, als der Captain Susan so seltsam ansah und sich nach oben verzog, vermutete, dass Bizzy diejenige war, die etwas mit ihr hatte. Jedoch muss man Addison auch zugute halten, dass sie ihre Eltern schon jahrelang kennt, und eben immer davon ausging, ihr Vater sei der Betrüger. Abgesehen davon hat sie ja auch nicht das Telefongespräch vom Captain und Bizzy mitgehört, das wir hören konnten.

Ich brauchte dann jedoch eine Weile, mich in Addisons Schock einzufinden. Mich hat es jedenfalls nicht wirklich umgehauen, die Ehe der beiden schien doch schon lange für die Katz‘, daher auch da keine große Überraschung. Aber es wurde innerhalb der Episode recht gut aufgearbeitet, wie Addison sich fühlte und warum sie plötzlich so völlig dramatisch in einem Yale-Sweatshirt und normalen Schuhen sowie ohne Make-Up und unfrisiertem, strähnigem Haar im Aufzug stand. Gelungen fand ich besonders die Therapiesitzung mit Sheldon, dem Addison ein herzloses "You suck as a therapist!" an den Kopf warf, was dem jedoch nicht mehr als ein Lächeln abgewann. Es war sehr interessant und lehrreich, Addison in diesem Zustand zu beobachten, und ich bin gespannt, ob dies Auswirkungen auf sie haben wird, die von Dauer sind. Immerhin wurde ja auch diesmal wieder deutlich, dass Addison ihr Verhalten als Fremdgeherin ein wenig als Folge des Verhaltens ihres Vaters ansah.

Es gab dann einige sehr rührende Szenen, die mich jedoch nicht so sehr bewegten wie die zweite Hauptstory. Dennoch gefiel mir insbesondere die Szene zwischen Addison und ihrem Vater sehr gut, die sie im Prinzip mit dem Fazit abschloss, dass sie nun beide gleichermaßen hasse. Der Kuss mit Sam musste jedoch nun wirklich nicht sein und ich hoffe, dass sich das nicht wiederholt. Auf diese Story habe ich einfach keine Lust. Am Ende kam man dann zu einem guten Abschluss. Als Addison sich neben ihre Mutter setzte, kam mir gleich der Gedanke, dass sie wohl in wenigen Sekunden über Blumenarrangements in typischer WASP-Manier reden würden. So ähnlich kam es ja dann auch und das war eigentlich ein ziemlich perfektes Ende für Addys Familiendrama.

I hope you die, bitch!

Kommen wir dann auch gleich zur zweiten Hauptstory dieser Episode. Wie erwähnt wusste ich bereits von dem Spoiler, doch als Dells Haus explodierte, war ich auch ziemlich geschockt. Ich wusste auch schon, dass Heather daran Schuld war, trotzdem war es für mich sehr intensiv, Dells Reaktion darauf zu beobachten. Ich muss ja zu meiner Schande gestehen, dass ich sehr nachfühlen konnte, was er in der Situation empfunden hat, und daher auch verstehen konnte. Ebenso muss ich zugeben, dass ich große Schwierigkeiten hatte, mit Heather Mitleid zu haben. Aber ich denke, das war auch so gewollt und bewusst auf diese Art und Weise gestaltet worden.

Deshalb war ich auch sehr wütend auf Pete, als der sich einfach einmischte und Betsy kurzerhand selbst zu Heather bringen wollte. Ich mag mir gar nicht ausdenken, was für ein traumatisches Erlebnis das für ein kleines Mädchen ist, seine Mutter zum letzten Mal im Leben in so einem Zustand zu sehen. Ich denke daher, dass Dell das Richtige getan hat, auch wenn Heather dadurch ihre Tochter nicht noch einmal sehen konnte. Aber wenn ich ganz ehrlich bin, denke ich mir auch, dass sie das ein wenig selbst verschuldet hat… Es lässt sich dann natürlich wieder erklären, warum Pete so reagiert hat – weil ihn die eigene Situation mit Violet so sehr belastet und er sich wünscht, er könnte einfach etwas tun, um Mutter und Kind wieder zusammenzuführen. Und das ist genau ein Grund, warum mich diese Story zwischen Pete und Violet mittlerweile so anödet. Alles ist wunderbar nachvollziehbar, jeder Schritt ist gut begründet und erklärt – und trotzdem kann ich nicht anders, als jede Szene, die damit zu tun hat, zu hassen. Es geht mir grenzenlos auf den Geist, wenn ich die beiden schon wieder zusammen in einem Raum sehen muss. Pete konnte ich ja noch nie leiden und Violet mittlerweile auch nicht mehr.

Also hätten wir dann abgedeckt, dass die Story sehr ergreifend, typisch provokativ und nachvollziehbar dargelegt wurde. Wir hätten außerdem geklärt, dass ich Dells Verhalten als sehr verständlich und auch teilweise richtig empfunden habe, z. B. halte ich es auch für richtig, Betsy die Wahrheit zu sagen. Die Kleine hat schon so viel durchgemacht und Lügen in diesen Situationen führen am Ende sowieso nur dazu, dass das Kind verletzt ist und eine Welt für es zusammenbricht, wenn es dann schließlich die Wahrheit erfährt. Aber ein Punkt bleibt noch offen, der mir ein wenig den Fernsehgenuss trübte. Wo zum Teufel war Dell in den letzten neun Episoden? Ich weiß ja, dass er nur in wenigen Folgen dabei sein sollte dieses Jahr. Aber in meinen Augen ist es ungemein feige, so eine schockierende Story ausgerechnet einem Hauptcharakter aufzudrücken, der sowieso nicht mehr als ein Nebendarsteller ist. Da taucht er über Monate hinweg nur äußerst sporadisch auf und dann sowas. Und sobald man genug von der Story hat und sie genug ausgepresst hat, wird er wieder in der vorübergehenden Versenkung verschwinden. Aber gut, nachdem ich nun weiß, was man mit tatsächlichen Hauptcharakteren in so einer Situation macht (siehe Pete und Violet), muss ich vielleicht sagen, dass es mir so doch vielleicht besser gefällt.

I'm sorry. I'll keep saying that until it's enough.

Zum Schluss noch kurz zu Charlotte und Cooper: Die beiden haben mich in dieser Woche wieder sehr verwirrt zurückgelassen. Diese schmerzvoll mitanzusehende Entwicklung wird wohl noch ein paar Wochen so weitergehen und im Finale entweder mit einer Verlobung/Hochzeit oder einer Trennung enden. Ich weiß momentan nicht, was mir lieber wäre. Charlotte tut mir ein wenig Leid, was v. a. auch daran liegt, dass bisher nicht wirklich viel zur Story gesagt wurde außer "Du warst schon verheiratet und hast gelogen. So, jetzt lass uns sinnlosen Sex haben und uns dann wieder stundenlang böse anschweigen." Ich kapier deren Beziehung momentan einfach nicht und hoffe, dass bald zumindest etwas – in welche Richtung auch immer – geklärt wird. Denn diese bösartige Atmosphäre gemixt mit kühl-distanzierter Professionalität mag ich mir nicht mehr viel länger ansehen...

Positiv zu bewerten ist inklusive dieser Story jedenfalls, dass in der Vergangenheit begonnene Handlungsstränge zumindest am Leben erhalten werden, auch wenn sie in einer Folge mal keine größere Rolle spielen. Wenigstens das hat die Serie aus ihren vergangenen Fehlern schon einmal gelernt.

Fazit

Die Episode war gut, hätte aber auch noch intensiver sein können. Das liegt jetzt weniger an der Folge selbst als vielmehr an der Vorbereitung zu dieser. Einen Pluspunkt bekommt sie von mir noch, weil ich trotz des Wissens über den groben Inhalt der Episode (die Explosion, die Ursache sowie den Tod von entweder Heather oder Betsy, was relativ klar war, nachdem man beide gesehen hat) sehr mitgefühlt habe und auch schockiert wurde. Gutes Popkornkino, das "Private Practice" zweifelsohne gut beherrscht. Doch der wahre Test kommt erst noch, wenn der Schock abgeklungen ist und die Nachwirkungen verarbeitet werden müssen. Und dass die Serie da so ihre Probleme hat, hat sie in der Vergangenheit leider schon zu Genüge bewiesen.

Nadine Watz - myFanbase

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