Bewertung

Review: #10.08 Die Toten aus dem Tunnel

Nach der letzten Episoden, die uns bei Sean O'Neal weitergebracht hat und gleichzeitig seinen Vater Patrick als unberechenbare Schachfigur ins Spiel gebracht hat, fand ich es für diesmal passend, dass die Folgen aus dieser Entwicklung spürbar sind und nicht einfach ausgeklammert werden. Gleichzeitig ist es eine Folge für Kim Burgess, was Abwechslung in die Sache bringt, aber dennoch geht es wieder einen gewaltigen Schritt weiter. Das ist in der Seriengeschichte von "Chicago P.D." wahrlich keine Erkenntnis, die man oft benennen konnte.

Auch wenn ich die Episoden zu Kim traditionell sehr gerne mag, so war sie in der vergangenen Staffel zu oft mit Adam Ruzek verbunden und den beiden mussten zu viele lästige Steine in den Weg gelegt werden, so dass ich oft eher enttäuscht als begeistert war. Offenbar hat sich die zehnte Staffel das nicht auf die Fahne gesprochen, denn nachdem in #10.02 The Real You geklärt werden konnte, dass sie mit Makayla gemeinsam in das Ruzek-Haus ziehen, werden hier aktuell keine künstlichen Dramen heraufbeschworen. Stattdessen bekommen wir einen Einblick in das Familienleben und es wird schnell deutlich, dass es für sie und für ihn jeweils ein wichtiger Ausgleich zum Beruf ist. Kim wird auch mal die Momente für sich genießen, aber genauso sieht man es ihr an, wie sie die Zeit mit Makayla genießt und sich daran erfreut, wenn sie mit Gleichaltrigen Spaß hat. Es ist schön, dass all das einfach sein darf, ohne gleich die nächste Wolke aufziehen lassen zu müssen. Die Episode hätte aber natürlich nur wenig Sinn ergeben, wenn alles durchweg glücklich gewesen wäre. Deswegen war es gut, dass als Thema PTBS herangezogen wurde und Kims Trauma nach ihrem Überlebenskampf gegen Roy Walton aufgegriffen wurde. In #9.02 Wut ist die unmittelbare Traumatisierung aufgegriffen worden, doch Kim ist relativ flott in den Job zurückgekehrt. Deswegen ist es durchaus sinnig, hier von der Handlung her an diesen Grundfesten zu rütteln.

Bei Kim wurde wirklich gut dargestellt, wie nur wegen einer ähnlichen Stichwunde, die selbst erleiden musste, alles wieder hochkommt. Stilistisch ist es auch geschickt rübergebracht worden, denn es wird immer drängender dargestellt. Zunächst sind es nur kurze Schnipsel und spätestens als mit Linda dann aktuell ein Opfer in den Händen des Serienkillers ist, merkte man deutlich, dass sie im Grunde im Geiste wieder selbst dabei war, deswegen wurde die Sequenzen häufiger, länger und spätestens mit dem Gang in den Keller war Kim in einer ganz anderen Realität, was dann erst wieder aufgelöst wurde, als Linda noch am Leben ist. Diese Nachwirkungen von PTBS fand ich wirklich gut dargestellt, weil die Episode sich auch so stark auf Kim fokussiert hat, so dass man jeden Schritt dabei war. Es war auch das erste Mal, dass sie mit Makayla ein wenig die Geduld verloren hat, was sie für mich aber nur noch menschlicher gemacht hat, denn sie ist wirklich ihre Mutter und da kann der Geduldsfaden auch schon mal reißen. Obwohl der Anschein erweckt wurde, dass wir die ganze Zeit mit Kim verbunden sind, kam es dann überraschend, dass sie ihre Waffe vergessen hatte. Das war schon ein raffinierter Kniff, auch weil es Kim in eine verzwickte Situation gebracht hat. Denn man geht nicht umsonst immer mit einem Partner in ein Gebäude, aber wenn man ohne Deckung ist, dann ist man im Grunde keine Hilfe. Jetzt ist Adam für sie auch nicht irgendwer, weswegen es kein Wunder war, dass sie sich dann bei dem gefallenen Schuss gar nicht mehr an Regeln gehalten, sondern nur noch ihrem Instinkt gefolgt ist. Das zeigt aber letztlich auch, dass Kim trotz ihrer Nachwirkungen der Erlebnisse nie vor Angst erstarrt. Etwas schade fand ich nur, dass sie gegenüber Adam nicht ehrlich sein konnte, wie es ihr geht. Denn er hat ihr im Grunde eine Interpretation angeboten, die der Wahrheit entsprach und trotzdem hat sie es geleugnet. Vielleicht will man das Thema so noch lauwarm halten, wozu ich nicht nein sage würde, aber ich hoffe doch auch, dass sie mit Adam irgendwann an einem Punkt ist, wo es selbstverständlich ist, über so etwas sprechen zu können.

Positiv war aber auch, dass der Fall durchaus interessant war. Ich bin sowieso immer besser unterhalten, wenn es um Serienkiller oder generell mysteriöse Mordfällt geht, weil ich die Ermittlungsprozesse gerne mitverfolge, während bei Waffen- oder Drogenschmuggel eher andere Faktoren entscheidend sind. Aber hier war es eben auch eine geschickte Vorbereitung, weil Sean auch als eine Art Serienkiller bezeichnet werden kann, so dass in der Art der Ermittlung Parallelen sind, die letztlich auch helfen, um bei Sean einen weiteren Schritt vorwärts zu kommen. Der große Unterschied wurde am Ende gut auf den Punkt gebracht, denn hier haben wir Mark Hansen, bei dem letztlich ein ganz klares Motiv zu erkennen ist, was seine Tat nicht entschuldigt, was sich aber von vorne bis hinten erklären lässt, wenn man sich für menschliche Psychologie ein wenig interessiert. Aber Sean ist unberechenbar. Er gibt etwas von sich, dennoch sind die Puzzleteile (noch) nicht so zusammenzusetzen, dass man ihn verstehen kann. Denn warum ist er am Menschenhandel beteiligt? Der Fall von Mark hat es offensichtlich gemacht, dass bei Sean dieser wichtige Schritt fehlt und dass er erfolgen muss, weil man ihn nur so packen kann. Deswegen welch herrliche Ironie, dass O'Neal mit der Fallzuweisung, die für Ablenkung sorgen sollte, eigentlich sogar zu einem neuen Erfolg beigetragen hat. Es war auch toll, dass es Kim war, die eigentlich emotional am Boden war, die sich dann aber noch einmal zu Hailey Upton begeben hat und mit einem anders geschulten Blick durch Mark eine Verknüpfung herstellen konnte, die vielleicht irgendwann so oder so gefunden worden wäre, aber vielleicht erst in einigen Tagen oder Wochen. Das zeigt mir, dass gerade alles sehr gut durchdacht ist und alles zu einem größeren Ganzen beiträgt, was im TV-Geschäft doch oft zur Qualität beiträgt?

Aber wer ist nun die gefundene Leiche? Da es ein Ort der Kindheit ist, ist damals mit der Mutter etwas passiert? Und erklärt das vielleicht O'Neals Verhalten, dass er sich auch schuldig fühlt und deswegen seinen Sohn so deckt? Denn elterliche Liebe kann man immer nachvollziehen, Grenzen gibt es dennoch und Menschenhandel kann man nicht einfach vertuschen. Dementsprechend wird er sicherlich noch sehr unterhaltsam werden, wie auch die letzten Puzzleteile zusammengesetzt werden und ich gehe schwer davon aus, dass der große Knall schon mit dem kommenden Midseason-Finale erfolgt.

Fazit

"Chicago P.D." befindet sich aktuell auf einem wirklich sehr guten Niveau, das die Nachwehen des unverschämten Abgangs von Jay Halstead vergessen macht. Die Ermittlungen rund um Sean O'Neal bilden einen guten Motor. Auch wenn es hier nur untergeordnet ist, fügt sich gerade alles geschickt Schritt für Schritt zusammen und ich bin wirklich gespannt, was uns im kommenden Midseason-Finale damit erwartet!

Lena Donth – myFanbase

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