Bewertung

Review: #5.18 Alles aus Liebe

Jahrelang habe ich mich gefühlt beschwert, dass "Chicago Med" oft so unpersönlich ist, weil die Familien der Hauptcharaktere quasi nie eine Rolle spielen. Es gibt Ausnahmen, wie beispielsweise Dr. Ethan Chois Schwester Emily, die der Serie lange als Nebenfigur erhalten geblieben ist oder aber Dr. Connor Rhodes' Vater Cornelius, der bis zu seinem Serientod ein sehr regelmäßiger Gast war. Andere aber kommen und gehen und andere wiederum schienen dazu verdammt zu sein, für ewig nur ein Name ohne Gesicht zu sein. Nun gab es zuletzt das erste Auftauchen von Dr. Daniel Charles' jugendlicher Tochter Anna, was schon super geklappt hat und nun taucht erstmals eines der Goodwin-Kinder auf: Michael. Auch wenn sein Auftritt nun wenig über seine Persönlichkeit preisgab, so muss ich doch betonen, dass sich solche persönlichen Episoden automatisch besser anfühlen.

Sharon Goodwin und ihr Ex-Mann beziehungsweise aktueller Date-Partner Bert haben drei Kinder, die man schon längst auf den Bildschirm hätte holen können. Spätestens als es ihm nach dem Tod seiner zweiten Frau richtig schlecht ging, hätte sich ein Gastauftritt sinnig gestalten lassen. Nun taucht Michael eher unerwartet auf, aber dennoch hat sein Erscheinen bei Sharon für einen entscheidenden Schritt nach vorne gesorgt. Angeregt durch Caroline Charles, die ihre Freundin glücklich sehen wollte, hat sie wieder mit Bert angebandelt trotz zig verletzter Gefühle. Dennoch hatte sie stets die Handbremse angezogen. Sie hat seine Gesellschaft vermutlich sehr genossen, auch um der Einsamkeit zu entfliehen, aber dennoch hat sie ihm nicht den letzten Rest von sich gegeben, da sie sich nicht wieder verletzlich machen wollte. Die Kinder haben sich allesamt gegen Bert gerichtet, weil sie ihn als Schuldigen der Scheidung ausgeguckt haben, und mit ihm gebrochen. Michaels Bewerbungsgespräch in Chicago sorgt nun dafür, dass sie sich endlich dem stellen muss, was sie wirklich fühlt. Während sie zunächst Bert vor den Kopf stößt, weil sie ihr Daten nicht als Beziehung definieren will, ist sie anschließend Michael gegenüber nicht ehrlich, weil sie die Beziehung zu dessen Vater leugnet. Wie so oft ausgelöst durch einen Patientenfall erkennt sie, dass das Leben zu kurz für verletzte Gefühle ist. Wie Sharon am Ende der Episode Vater und Sohn an einen Tisch gezwungen hat, um eine Aussprache zu erzwingen, war ein starker Moment von ihr. Dafür hat sie ihre eigenen Gefühle hintenangestellt, war aber dennoch die Gewinnerin. Es wäre schön, wenn Michael uns tatsächlich weiterhin als Gastfigur erhalten bleibt, gerne auch seine anderen Geschwister.

Familie steht auch über allem bei Maggie Lockwood und Ben Campbell. Das frisch angetraute Ehepaar will der Hektik endlich entfliehen und das geschenkte Leben nach ihren überstandenen Krebserkrankungen genießen. Sie werden jedoch von einem Schüler von Ben aufgehalten, der ein Pflegekind ist und eine Leberzirrhose hat. Gleich als Ben mit dem Jungen namens Auggie in der Notaufnahme auftauchte, spürte ich, dass hier etwas entstehen soll, denn Junge passt aufgrund seiner Situation wie die Faust aufs Auge auf die frisch gegründete Familie von Maggie und Ben. Zwar ist es am Ende der Episode erstmal nur das Aufpassen des gebeutelten Auggie, aber ich spüre sehr deutlich, dass dort noch mehr kommen wird. Und wie schön das wäre, denn Maggie gönne ich dieses Glück von Herzen. Wie Sharon war sie stets eine sehr mütterliche Figur. Während ihre Chefin alleine aufgrund ihrer Funktion auch immer mal unnahbar wirken muss, darf Maggie immer herzlich und umsorgend sein. Ich kann sie mir wunderbar in dieser Mutterrolle vorstellen und so bleibt uns auch Ben erhalten. Und so hätten wir auch eine persönliche Beziehungsentwicklung, die ohne ständige Dramen auskommt, sondern einfach mit Herz und Wärme überzeugen darf.

Die restlichen Handlungen waren eher von negativen Gefühlen begleitet. Dr. Will Halstead bleibt leider weiterhin die Figur, die mich regelmäßig die Haare raufen lässt. Schon in der Synopsis dieser Episode war die Rede davon, dass sich Sharon und Daniel fürchten, dass er wieder in alte Muster zurückfällt. Damit entlarvt man sich aber selbst, denn Will fällt ständig in alte Muster zurück. Wann hat er bisher in fünf Staffeln mal richtig einen Schritt nach vorne gemacht? Es wird besonders dramatisch, wenn Lektionen für ihn in der Episode selbst schon wieder auf den Kopf gestellt werden. Es ist zwar im Grunde immer wieder positiv, wie sehr er für seine Patienten kämpft, wenn er sie einmal ins Herz geschlossen hat, aber dann hat er eben die Scheuklappen im Weg, die ihn nicht mehr seitwärts blicken lassen. Diesmal steht ihm privat im Weg, dass Daniel ihm von einer Beziehung zu Dr. Hannah Asher abrät, da Süchtigen im ersten Jahr immer davon abgeraten wird. Dieses "Ich weiß besser, was für sie gut ist" überträgt sich dann von Hannah eben auch auf die Patientin. Am Ende erkennt er seinen Fehler, kriecht sogar reumütig bei Daniel zu Kreuze, weil er ihm Unrecht getan hat, um sich dann doch auf Hannah einzulassen. Es ist schwer, aktuell irgendetwas in Bezug auf Will positiv zu sehen. Er gehört zwar zu der Serie, alleine, weil er der Bruder von Jay Halstead ist, aber oft genug erwische ich mich inzwischen bei dem Gedanken, dass man besser ihn statt Connor hätte gehen lassen sollen.

Herzschmerz ist derweil das dominierende Thema bei Ethan und April Sexton. Für mich war die spannendste Frage in dieser Episode, wie er reagieren würde, denn seine erste Wut der vergangenen Woche hat sich gegen Dr. Crockett Marcel gerichtet, obwohl bei dem Fremdgehen zwei Personen eine Rolle gespielt haben. Wir erfahren leider nicht, wie die Situation zwischen Ethan und April privat aussieht, weil wir sie nur am Arbeitsplatz erleben, aber man merkt schnell, dass er sie mit höflicher Kühle behandelt, während Marcel mit Schweigen gestraft wird. Spätestens zum Ende der Episode wird deutlich, dass dies reiner Selbstschutz war, denn Ethan will sich einigen drängende Fragen nicht stellen, weil es das Ende der Beziehung zu April bedeuten könnte. Da sie aber die Konfrontation sucht, hat sie den wütenden Ethan hervorgekitzelt, was Schlimmes erahnen lässt. Nun sind alle Schleusen offen und das wird nicht für jeden gut ausgehen.

Marcel hat noch den spannendsten medizinischen Fall bekommen. Ihn dafür wieder mit Dr. Natalie Manning dafür zu paaren, war sicherlich eine Reaktion auf den Rückschritt von letzter Woche, wo sie sehr enttäuscht reagiert hat, dass er April trotz Ethan geküsst hat. Zu Beginn ist da eine gehörige Portion Distanz zu bemerken, zumal Marcel wie immer schweigsam, aber höchst arrogant sich in Fälle mischt, ohne dass nachvollziehbar ist, was er sich dadurch erhofft. Auch wenn bei Marcel immer dieses "Götter in weiß" durchblitzt, zählt am Ende des Tages nicht mehr seine Unbesiegbarkeit, sondern dass auch er mit seinen Patienten fühlt. Den Patienten nach einer eigentlich gelungenen OP zu verlieren, war für ihn eindeutig ein heftiger Schlag, der sogar Selbstvorwürfe bei ihm auslöst. Hier ist dann Natalie ideal, denn sie hat die positive Charaktereigenschaft, dass sie auch immer im Schlechten noch das Gute sehen kann. Erneut wird in ihrem Komfort für ihn deutlich, dass hier eine vielversprechende Chemie da ist. Die beiden werden sicherlich in Staffel 6 die nächsten Schritte tun.

Fazit

Es war eine höchst unterhaltsame Episode, in der auch Wills idiotisches Verhalten und der Herzschmerz zwischen Ethan und April gut ins Bild passten. Es zeigt sich mal wieder, dass private Geschichten wie bei Sharon und bei Maggie eine Folge so positiv aufladen können, dass am Ende ein gutes Gefühl bleibt und das ist bei "Chicago Med" nicht unbedingt selbstverständlich.

Lena Donth – myFanbase

Die Serie "Chicago Med" ansehen:


Vorherige Review:
#5.17 Abbitte
Alle ReviewsNächste Review:
#5.19 Verleugnung

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Chicago Med" über die Folge #5.18 Alles aus Liebe diskutieren.