Bewertung

Review: #3.08 Der Herr der Pi Sigs

So, die Winterpause dieser Staffel hätten wir dann auch überstanden. Nach so langer Zeit fällt es schwer, sich an die meisten Dinge, die bisher vorgefallen sind, zu erinnern – was die Programmplanung, die Auflösung der ersten Staffelhandlung hinter dieser Pause zu setzen, doch beinahe so aussehen lässt, als würde das werte ZDF "Veronica Mars" nur als Platzhalter benutzen. Naja, aber da diese Nachricht nicht wirklich neu ist, widmen wir uns mal dieser unglaublich unaufregenden und unspektakulären "Final"-Folge.

Keine Tat, kein Täter

Wie sich im Verlauf dieser ersten acht Folgen andeutete, wurde die Vergewaltigungsserie zu einem Politikum aufgespielt, um Studentenverbindungen auf dem Campus zu verbieten. Nun finden wir also heraus, dass sie nicht nur dazu benutzt, sondern sogar dafür kreiert wurde. Falsche Verdächtigungen zu streuen und Geschichten aus dem nichts herbeizuzaubern, klappt seit Jahrzehnten (oder –hunderten, oder –tausenden, ich will mich da nicht genau festlegen) für beinahe jeden Politiker dieser Erde. Und wenn sie es schaffen, damit ihren politischen Willen durchzusetzen (na, welches Synonym für Strauch fällt einem hier ein?), warum sollte es nicht ebenso effektiv an einer Universität funktionieren? Die Antwort ist wie so häufig "Veronica Mars".

In einem beinahe erschreckenden Abbild der letzten Staffel werden auch in dieser Folge alle Umstände, die zur Auflösung dieser Staffelhandlung nötig sind, in einem kurzen Rausch auf copperfieldeske Manier von keinem sinnvollen Ort hervorgezaubert. Das mindestens eine Vergewaltigung vorgetäuscht war, wussten wir schon. Warum alle Anderen nicht auch? Nunja, hier erfahren wir nicht nur das, sondern auch warum. Anscheinend praktizierten die Pi-Sigs nicht nur ein widerwärtiges Spielchen (die Punkteliste, die wir schon in #2.16 Unverhofftes Wiedersehen kennen lernen durften) sondern gleich mehrere. Mädchen zum Spaß quälen und lediglich als Sexobjekte betrachten – ich frage mich, ob es einen schlechteren Stereotyp über Männerstudentenverbindungen gab, den die Autoren beim Schreiben nicht aus ihrer (anscheinend sehr beunruhigenden) Vergangenheit hervorgekramt und verarbeitet haben. So oder so, wie sich außerdem in dieser Folge eröffnete, werden diese Verbindungen eh abgeschafft.

Nun gibt es zwei Dinge, die aus dieser (atemberaubend enttäuschenden) Staffelhandlung für den Rest der Staffel übrig bleiben. Erstens: Wer attackierte Veronica und Parker? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Emanzenschaft sich auf ein so niedriges Level begeben würde und auch noch an "Unbeteiligten" Vergewaltigungen vortäuschen würde. Im Falle Parkers gibt es einen sehr eindeutigen Verdächtigen (ich will es aber nicht ausplaudern, sonst würde das ganze "Oh mein Gott, das hatte ich ja schon völlig vergessen"-Spiel für das "Veronica Mars" inzwischen bekannt ist, nicht mehr so richtig funktionieren) und im Falle Veronicas gibt es beinahe keinen, der nicht verdächtig wäre. Also können wir wenigstens hier einen Spannungsbogen (neben dem um LoVe, dazu gleich mehr) mit in die nächste Folge nehmen. Zweitens: Warum wurden wir mit dieser Geschichte belästigt? Im Gegensatz zu den ersten beiden Staffeln kann sich (bei mir zumindest) nicht so wirklich eine Euphorie breit machen – es entsteht kein wirkliches Interesse an dieser Handlung, die eigentlich dazu dienen sollte, die ersten paar Folgen zusammen zu halten. Wie schon mit der Buscrashstory wurde Veronica auf einer persönlichen Ebene in beinahe übergekünselter Weise in diesen Fall gezogen. Und wie damals wirkt es völlig unüberzeugend. Sorry, Rob, das war schwach.

Die Fast-Trennung

Wie schon etliche Male in dieser Staffel haben Veronica und Logan einen Disput, weil sie sich einfach zu stark unterscheiden. Beide versuchen ständig den Anderen in seinen Kerneigenschaften zu verändern und auf Dauer kann das nicht gut gehen. In dieser Folge ist Logans Standpunkt (zumindest bis zu einem gewissen Grad) zu verstehen: er sorgt sich (zurecht!) um Veronica und sie bleibt einfach Veronica – stur, uneinsichtig, hartnäckig, einfach alles um sich nicht eingestehen zu müssen, dass sie vielleicht diesmal ein wenig zu tief gegraben hat und dabei auf gefährliches Wasser gestoßen ist. Aber auch Logan bleibt Logan, in Sorge versucht er sie zwar zu beschützen, aber sprengt dabei völlig den vernünftigen Rahmen. Die beiden sind einfach nicht für einander geschaffen (schade, in den ersten beiden Staffeln sah es so gut aus) und langsam dämmert es zumindest Veronica. Wie schon in den vergangenen Folgen wird die halbstündige Soap zwischen den beiden mit einem überhasteten und oberflächlichen Vertragen weggewischt und nichts wirklich aus der Welt geräumt. Besonders das Ende, als sich Veronica lieber dem Alleinsein widmet, als sich mit Logan auseinanderzusetzen, zeigt deutliche, unüberwindbare Gräben zwischen den beiden.

Schnipsel

- Was immer wieder auffällt: Wallace ist nicht mehr Wallace. Er wird hier beinahe in die Folge hineingezwungen, zu ihm gibt es keinen Bezug und keine Verbindung zu dem eigentlichen Geschehen. Und auch zwischen ihm und Veronica wird erstmals angedeutet, dass sich die Dinge grundlegend verändert haben.

- Was sollte diese CotW? Verworren, uninteressant und ohne wirkliche Aussage.

- Und eine letzte Frage noch: Wo sind Piz, Parker und Mac - hatte keiner der Schauspieler Zeit? (Ich weiß das waren zwei Fragen, aber egal, ich habe sie geschickt durch einen Bindestrich zu einer gemacht!)

Fazit

Eine enttäuschende Semi-Auflösung der bisherigen Staffelhandlung, die nur hoffen lässt, dass die noch ungeklärten Fragen ein besseres Ende finden.

Es tut mir leid, dass ich mal wieder kein wirklich gutes Haar an einer "Veronica Mars"-Folge lasse, aber ich als Fan dieser Serie fühle mich betrogen! Die Auflösung, die hier für einen Teil der Vergewaltigungsgeschichte gefunden wurde, war einfach schlecht. Ich hoffe auf bessere Beantwortung der Fragen um Parkers Vergewaltigung und den Versuch an Veronica, und auf eine herzzerreißende, völlig überzeugende Trennung von Logan und Veronica.

Martin Schultze - myFanbase

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