Bewertung

Review: #4.06 Arrangement in Grau und Schwarz

Der Fokus dieser gesamten Folge lag auf den dramatischen Ereignissen rund um Bay und Tank. Während die Serie es immer schafft, Themen nie nur von einer einzigen Seite zu beleuchten, sondern zu zeigen, dass Dinge selten schwarz-weiß sind, kam man gleichzeitig nicht umhin, die ganze Folge über die Dramatik der Ereignisse zu hinterfragen.

"I had to report it!"

Zunächst einmal musste Bay sich damit auseinander setzen, dass ihre eigentlich sehr private Geschichte ziemlich schnell die Runde machte. Auch wenn man verstehen konnte, warum Lily den Vorfall meldete, war man genau wie Toby etwas entsetzt darüber. Die Tatsache, dass die Uni und ihre Studenten dann Bescheid wussten, erwies sich wirklich zu schnell als Problem. Denn auch wenn die Situation unklar war und es fraglich war, wie sehr Tank wirklich in die Rolle des Bösewichts passt, hatte Bay die sehr persönlichen Reaktionen auf sie im Internet wirklich nicht verdient. Dieser Konflikt war meines Erachtens nach das Gelungenste an der ganzen Storyline, zeigt er doch das große Problem, das sich in unserer Gesellschaft durch die sozialen Netzwerke in solchen Fällen abzeichnet. Die Menschen im Internet urteilen schnell und vorschnell, egal, über wie viele Informationen sie wirklich verfügen. Und das Tragische daran ist eben, dass sie dies auch ohne Probleme mitteilen und damit indirekt den Betroffenen wie Bay an den Kopf werfen können. Wie gesagt, am Ende der Folge hielt ich persönlich jegliche Vergewaltigungsvorwürfe Tank gegenüber für überzogen, doch dass Bay sich schrecklich fühlte und dies durch die Kommentare im Internet noch verstärkt wurde, war furchtbar und nicht von der Hand zu weisen. Durch das Gelangen an die Öffentlichkeit erfuhren nun auch Bays Familie und Freunde von dem Vorfall, die natürlich alle nicht wussten, wie sie mit dieser Situation umgehen sollten. Die Reaktionen selbst waren dann ganz unterschiedlich und teils mehr, teils weniger überraschend.

"Meaning, I feel awful for her, but she shouldn't have drunk so much that she blacked out." -"So it's her fault?" - "No. I'm saying she shouldn't have put herself in that situation." - "You're a girl! How can you say that?" - "Because I'm a girl. I know we have to be smart, we can't let our guard down. It sucks its that way for us, but that's how it is."

Tja… Und wie war das nun zwischen Bay und Tank? Wer hat nun den Fehler gemacht? Kann man überhaupt jemandem die Schuld geben? Es tut mir wirklich Leid für Bay, doch als die Folge vorüber war, war ich persönlich ganz der Meinung von Mary Beth. Was wahrscheinlich vor allem am potentiellen Täter liegt, auf den ich sehr große Stücke halte. Die ganze Folge über war ich unschlüssig und es war letztendlich John bzw. sein Gespräch mit Tank, das mich überzeugte. John war es übrigens auch, dessen Reaktion mir am besten von allen gefiel. Es war natürlich verständlich, dass sein erster Impuls war, Tank zu lynchen, doch umso lobenswerter war es dann, dass er Tank erklären ließ. Und Tanks Erklärung führte einem noch einmal vor Augen, was für ein anständiger Kerl dieser doch ist. Daher fand ich es auch ungerecht, dass er letzten Endes aus der Schule geschmissen wurde. Doch selbstverständlich steckt niemand in Bays Haut und kann somit nicht beurteilen, wie sie sich wirklich fühlt. Es gefiel mir gut, dass auch sie sich weigerte, Tank als einen Bösewicht darzustellen und die ganze Zeit versuchte, ihre Gefühle richtig zu deuten. Ihre Familie war ihr dabei allerdings zunächst keine große Hilfe, so wussten weder Kathryn noch Regina wirklich, was sie sagen sollten und die Frau die Regina anschleppte, um mit Bay ihre Erfahrungen bezüglich einer Vergewaltigung zu teilen, war auch alles andere als hilfreich.

Die ganze Geschichte ist letztendlich sehr komplex und man würde ihr mit Sicherheit weder mit einer Schuldzusprechung von Tank noch mit einer "Bay suchte nur eine Ausrede, um ihren Seitensprung zu rechtfertigen"-Diagnose gerecht. Trotzdem war ich froh, als am Ende zumindest versucht wurde, eine Art Urteil auszusprechen und Bay sich dazu entschloss, ihre Meinung zu sagen. Auch wenn ich finde, dass es nicht in Ordnung war, dass Tank so bestraft wurde, war es doch Bays gutes Recht, ihre Version der Geschichte zu schildern. Allerdings bleibt es nicht beim Schildern der Geschichte und so hatte Bays Aussage für Tank weitreichende Folgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es jemanden gab, der der Meinung war, er hätte dies verdient, nicht einmal Bay. Außer vielleicht Travis, dessen Reaktion auf das Drama unglaublich rührend und verständlich war. Da stellt sich natürlich die Frage, wieso man es dann überhaupt so weit hat kommen lassen.

Schwierig, wirklich schwierig. Und vor allem hat man das Gefühl, sich im Kreis zu drehen und wirklich nichts Neues mehr beitragen zu können, da jede mögliche Version in der Folge schon durchgekaut und analysiert wurde. Ich kann gar nicht wirklich erklären, wieso, doch aus irgendeinem Grunde war ich nicht zufrieden damit, wie man diesen Handlungsstrang zu Ende gebracht hat. Mal abgesehen davon, dass er mit Sicherheit noch nicht ganz zu Ende ist und es vor allem bei Bay und Emmetts Beziehung noch wesentliche Nachwirkungen geben wird.

"Emmett, she was raped!"

Emmetts Rolle in der ganzen Geschichte ist bisher auch sehr problematisch.

Man konnte seine Aufregung sehr gut nachvollziehen, trotzdem war es einfach zu bezeichnend, dass er Bay nicht einmal ausreden ließ. So erfuhr er eben nur die halbe Wahrheit und nicht einmal fünf Minuten später war er drauf und dran, sich an Bay zu rächen. Natürlich eine verständliche Reaktion, trotzdem sehr enttäuschend. Es war beruhigend, dass Daphne es ausnahmsweise schaffte, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein um im entscheidenden Moment dazwischen zu platzen. Überhaupt verhielt sich Daphne in dieser Folge wirklich großartig und konnte einige ihrer Missgeschicke der letzten Wochen und Monate damit wieder gutmachen. Am Ende war ich jedenfalls froh, dass Emmett sich dazu entschloss, nach Hause zurückzufliegen und Bay beizustehen. Trotzdem wird das Ganze für ihn sicherlich noch schwierig sein, denn auch wenn am Ende klargestellt wurde, dass Tank verantwortungslos gehandelt hat, so ist Bay eben doch nicht im klassischen Sinne vergewaltigt worden – zumindest meiner Ansicht nach - , sodass es mich doch sehr wundern würde, wenn Emmett dieses Ereignis so leicht hinnehmen würde. Als Frau traut man sich natürlich kaum, Bay zu verurteilen, doch ehrlich gesagt wäre ich an Emmetts Stelle unglaublich wütend auf Bay.

Fazit

Tja, und was nun? Bei mir blieb nach dieser Folge, so spannend und interessant sie auch war, ein schaler Nachgeschmack. Irgendwie kam es mir so vor, als sei ein nicht ganz so großes Drama unnötig aufgebauscht worden und als hätte man versucht, irgendwie die Tatsache zu rechtfertigen, dass Bay mit jemand anderem als Emmett geschlafen hat. Mir ist klar, dass möglicherweise genau das ein Problem ist und junge Frauen genau aus derartigen Gründen, aus Angst, nicht ernst genommen zu werden, aus Angst, dass es nicht dramatisch genug wirkt, sexuelle Belästigung nicht melden. Doch in diesem Fall schien der Auslöser die Nachwirkungen nicht ganz zu rechtfertigen.

Klara G. - myFanbase

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