Bewertung

Review: #3.05 Bernstein 31422

Foto: Fringe - Grenzfälle des FBI - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Fringe - Grenzfälle des FBI
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Jeder kennt es, jeder hasst es: das Gefühl, irgendetwas vergessen zu haben. Man spaziert morgens aus dem Haus und fährt Richtung Arbeit, während man die ganze Zeit nur mit dem Gedanken gequält wird, irgendetwas vergessen zu haben, wodurch man sich Fragen wie "Ist das Licht ausgeschalten?", "Habe ich die wichtigen Unterlagen in die Tasche gepackt?" oder "Ist heute auch ganz sicher nicht Sonntag?" stellt. Den gesamten Tag über hat man dieses mulmige Gefühl im Magen, das einem scheinbar vermitteln möchte, dass irgendetwas nicht stimmt. Auch Olivia Dunham leidet auf dem Weg zur Arbeit offenbar an diesem mulmigem Gefühl. Welche Fragen sie sich wohl stellt? "Ist der Herd aus?" oder "Wieso sitzt plötzlich eine Halluzination von Peter Bishop neben mir im Auto?" Vielleicht. Doch eine entscheidenden Frage wird sie sich mit Sicherheit bald stellen: "Bin ich Ich?"

"Nature doesn't recognize good and evil Philip. Nature only recognizes balance and imbalance. I intend to restore balance to our world. Whatever it takes."

#3.05 Amber 31422, die mittlerweile dritte Episode dieser Staffel, die auf der "anderen" Seite spielt, zeigt uns Zuschauern sowohl einige neue Facetten der Parallelwelt, als auch von Walternate. Besonders die Charakterarbeit an Walternate hat in dieser Folge enorm herausgestochen, da wir tatsächlich neue Seiten an ihm gesehen haben. Seit seinem ersten großen Auftritt im ersten Teil des vergangenen Staffelfinals galt Walters alternatives Pendant als relativ verbittert, kaltherzig und offenbar böse. Doch mit dieser Folge wurden vor allem die letzten beiden Eigenschaften relativiert. Walternates Gespräch mit Alt-Broyles zu Beginn der Episode hat gezeigt, dass Walternate unbeschreibliches Mitleid mit den Menschen hat, die Opfer der Quarantänezonen wurden und die man zwangsweise in die harzartige Masse einschließen musste, die, wie wir erfahren, "Amber" genannt wird. Diese bisher unbekannte mitfühlende Seite an Walternate lässt eines ganz klar erkennen: "Fringe" differenziert nicht zwischen Gut und Böse; im Prinzip gibt es nichts Böses. Denn der Begriff ist natürlich pure Ansichtssache und was für "unsere" Seite als schlecht erscheint, tut Walternate nur, um "seiner" Seite eine bessere Existenz zu ermöglichen. Für Walters Welt ist er der Feind, für seine Welt der Retter – und das "Fringe" sich nicht festlegt und somit auf das typische "Good Guys, bad Guys"-Spielchen verzichtet, tut der Serie definitiv gut. Somit ist Walternate also alles andere als der typische Serienantagonist, da man seine Motive durchaus verstehen kann und er eben nur das Beste für seine Welt möchte.

Nichtsdestotrotz bleibt Walternate natürlich ein Charakter, der nicht gerade als sympathisch eingestuft werden kann, wenn man allein schon betrachtet, wie herzlos er mit Olivia umgeht und welchen Gefahren er sie ausgesetzt hat, als sie in den "Tank" steigen durfte – Erinnerungen an Staffel 1 werden wach, die wir aber am besten gleich wieder vergessen. Konzentrieren wir uns lieber auf den interessanten Aspekt, was Olivias Aufenthalt im Tank betrifft. Denn tatsächlich hat sie es geschafft, für kurze Zeit wieder dahin zu kommen, wo sie hingehört: "Over here". Ich war zugegeben ein wenig überrascht, dass Olivias Crossover so "einfach" dargestellt wurde. In #2.16 Peter war noch ein riesiger Sphärenöffner nötig, während in #2.19 Der Mann von der anderen Seite der ganze Vorgang, ein Portal zwischen den Welten zu erschaffen, furchtbar schwer dargestellt wurde und in #2.23 Die andere Seite (2) ein Teilchenbeschleuniger als Hilfsmittel herhalten musste. Deshalb war ich wohl genauso überrascht wie Olivia, als sie plötzlich im Souvenirladen "unseres" New Yorks stand und eine Glaskugel zu Bruch ging – eventuell eine versteckte Symbolik? Zwar hielt sich die Dauer ihres Aufenthalts stark in Grenzen, doch jetzt, da Walternate weiß, dass Olivia tatsächlich die Fähigkeit besitzt, problemlos zwischen den Welten hin und her zu spazieren, nimmt die Handlung natürlich enorm an Fahrt auf. Denn wir erinnern uns: Walternate plant, Olivias Fähigkeit zur Zerstörung unserer Welt zu nutzen. Und was passiert mit Olivia, sobald Walternate sie nicht mehr braucht?

"Nobody's going to save you. Only you can save yourself."

Die eingangs erwähnte Frage "Wer bin ich?" wird sich Olivia wohl wirklich bald in verstärktem Maße selbst fragen. Denn die Visionen von Peter werden immer häufiger und lassen in Olivia natürlich langsam die Vermutung aufkommen, dass etwas nicht stimmt. Allerdings frage ich mich, wieso es ausgerechnet immer Peter ist, der ihr erscheint. Zwar wird Peter wohl derjenige sein, der in ihrem Leben in den letzten Monaten den wichtigsten Platz eingenommen hat, doch wieso erscheint ihr nicht auch mal beispielsweise Schwesterherz Rachel in ihren Visionen? Leider droht das Ganze ein wenig ins Kitschige abzudriften, obwohl ich die Szenen zwischen Olivia und Visions-Peter alles andere als langweilig finde. Abzustreiten ist jedoch auch nicht, dass die ganzen Momente ein wenig an die Szenen aus Staffel 1 erinnern, als Olivia immer wieder ihren toten Ex-Verlobten John Scott vor sich sah. Olivia scheint wohl nicht so gut darin zu sein, Beziehungen abzuschließen, was in diesem Fall allerdings durchaus positiv ist.

Über den Fall der Woche verliere ich gar nicht viele Worte, denn wirklich herausragend war er nicht. Die Story um die Rose-Zwillinge zeigten zu offensichtliche Parallelel zu der Olivia/Bolivia-Story auf, was dann doch ein wenig zu viel war, besonders als Vision-Peter mit seinem "Does that feel familiar to you, two people that look exactly alike?" kam. Noch dazu hatte "Fringe" schon mitreißendere Familiendramen zu erzählen, weshalb der Fall der Woche nicht besonders begeistern konnte, aber auch nicht überaus negativ auffiel. Insgesamt diente er nur als Lückenfüller, der zwischen den anderen herausragenden Storylines unauffällig eingebettet war.

"Only those who risk going too far, find out how far they can go."

Das für mich Faszinierende an Staffel 3 ist die Tatsache, dass die Einteilung der Serie in zwei Schauplätze so unglaublich gut funktioniert. Nicht nur ich werde nach dem Staffel 2-Finale die Befürchtung gehabt haben, dass sich die Serie etwas befremdlich entwickelt, wenn das uns bekannte Team und dessen Dynamik nicht mehr in seiner richtigen Form besteht. Besonders die Folgen "over here" hatten an meiner Skepsis zu leiden, da Olivia praktisch im Alleingang versuchen musste, uns zu unterhalten. Doch siehe da, es funktioniert prima! "Schuld" daran sind die Charaktere, die auch "over here" überzeugen. Zwar fehlen Walter und Astrid Farnsworth natürlich beträchtlich, doch die Dynamik in der alternative Fringe-Division ist so hervorragend, dass man Walters Abwesenheit gut verkraftet kann. Ebenso die anderen Charaktere, wie vor allem Olivias Mutter Marilyn, verleihen selbst den "over there"-Episoden etwas Heimisches, weshalb ich momentan gar nicht wirklich sagen kann, welche Folgen mir besser gefallen: Die Folgen, die auf "unserer" Seite spielen oder eben jene, die "drüben" platziert sind.

Fazit

So oder so: Die aktuelle Staffel gibt einfach kaum Kritikpunkte her. Egal ob "over here" oder "over there" – "Fringe" überzeugt mehr denn je und treibt mit jeder Folge die Story in einem angenehmen Tempo voran und lässt die Spannungskurve immer höher steigen. Und so sehr es einen auch quält, dass man erst wieder in der übernächsten Folge erfährt, wie es im Paralleluniversum weitergeht, so sehr freut man sich, dass man bereits in #3.06 6955 kHZ wieder Walter, Peter und Co. sehen werden.

Manuel H. - myFanbase

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