Bewertung

Review: #1.12 Omega

Jep, so geht also die erste Staffel von "Dollhouse" zuende. Zur Staffel als Ganzes werden wir (hoffentlich/vielleicht/eventuell) noch an anderer Stelle unsere Meinungen abgeben. Oh, hab ich gerade von mir im Plural gesprochen? Alpha ist wohl ansteckend.

Carl William Craft

Ob ich den Namen jetzt richtig geschrieben habe oder nicht, ist erst mal nebensächlich – aber wie schon bei der letzten Folge bin ich begeistert von Tudyks Performance. Dafür, dass sein Chara ein wenig (okay, sehr...) abhebt kann er ja relativ wenig, aber ich finde ihn wirklich hervorragend besetzt. Und ich muss ehrlich gestehen nach den beiden Rollen die mir aus seiner Vita jetzt so eindeutig vor Augen schweben (natürlich Wash in "Firefly" und, ich schäme mich fast ein wenig, als der Pirat in diesem "Dodgeball"-Film) hätte ich niemals gedacht, dass er so unglaublich, abgrundtief böse gucken kann. Er hat mir fast (aber nur weil ich die Folge in Hellen gesehen habe, wäre es draußen dunkel gewesen, hätte ich mir bestimmt eingemacht) ein wenig Angst gemacht. Große Leistung – aber die offensichtliche Frage stelle ich hier jetzt nicht.

Aber mal zu seiner Story: krasse Auflösung, auch wenn mir der dahinterliegende Gedanke nicht wirklich zusagt. Dieser Seelen-Vorbestimmungs-Schnulli-Bums war mir (in meiner Weltsicht) einfach zu... na ja, wie soll ich es sagen... amateurphilosophisch. Dass in Alpha trotz der mehrfachen Wipes und dem Ende seiner "Ursprungspersönlichkeit" immer noch der gleiche Mensch steckt, finde ich eigentlich in Ordnung, aber dass dabei gleich auf die Schiene abgebogen wurde, die in Richtung Seele und Kernwesen eines Menschen führt, war mir einfach zu viel. Besonders als Ballard damit anfing, wurde mir fast ein wenig schwindelig, weil es einfach so unglaublich oberflächlich und unüberzeugend war. Mal zwei Alternativen die mir mehr zugesagt hätten: 1) die Technologie hält nicht, was sie verspricht, und subkortikale Emotions- und Reaktionsmuster der ursprünglichen Person bleiben erhalten; oder 2) Alpha ist durch die ganze Sch... (erm, wie komm’ ich da wieder raus?) Rumwühlerei in seinem Gehirn zu einem verzerrten Unmenschen geworden – also die klassische "das Monster das ich schuf"-Geschichte. Aber na ja, man kann halt nicht alles haben – aber ich muss sagen, dass sich dieser Strang (also der Seelen-Strang, der dann wirklich eingeschlagen wurde) nach den ganzen Interviews, die der werte Joss so vor den Premieren gab, doch in überraschend angenehmer Weise zurückgehalten hat. Ich hätte mehr von dieser unüberlegten und unüberzeugenden Auseinandersetzung mit dem Körper-Seele-(Verstand) Problem erwartet, also war’s dann doch ganz nett.

So, aber mal zurück zur Folge: gute Entwicklung (die dann leider durch einen einzigen, unüberlegten NS-Kommentar fast wieder zerstört wurde, weil dadurch eine Richtung aufgezeigt wurde, die ich hier wirklich nicht sehen wollte, weil einfach das absolute Klischee) war die um Alphas selbst-geglaubte Gotthaftigkeit. Und in meinen Augen total verständlich – ein angehender (dann aber doch ziemlich erfolgloser) Serienmörder wird durch die Implementierung mit diversen Persönlichkeiten in seiner "Arbeit" fast unschlagbar. Klar, dass er da ein wenig abhebt.

Die Tafel

Um mal eine ungeschickte und total schlecht geschriebene Analogie anzubringen (hey, ich bin kein professioneller Journalist/Schriftsteller, also habe ich das Recht absoluten Müll zu verzapfen und trotzdem Leute zu kritisieren, die so was viel besser machen und dann in Serien, Filmen oder Büchern verarbeiten... hach, schöne neue Welt!): Ich stelle mir das Ganze mit den Wipes so vor wie eine Tafel. Bei "normalen" Actives wird die Tafel mit einem nassen, neuen Schwamm gewischt. Danach ist auf ihr von dem vorher geschriebenen nichts mehr zu erkennen. Bei Echo und Alpha ist es eher so, dass diese Tafel mit einem trockenen, Jahrzehnte alten trockenen Lappen gewischt wird. Wenn man versuchen würde nachzuvollziehen, was da vorher stand, könnte man es nicht – aber man kann noch ganz entfernt einzelne Wörter und Satzfragmente auf der Tafel erkennen, überall sind noch Kreidereste und die Tafel ist nicht mehr dieses gesunde Dunkelgrün, sondern unter etlichen grauen Schichten verborgen. So viel zu meine Analogie, ein kleiner Einblick in wie ich mir Dinge erkläre.

So, nachdem ich euch also damit gequält habe, mal zurück zu dem, was euch auch interessiert: Ich finde es toll, dass Alpha erkannt hat, dass auch bei Echo das Wischen nicht wirklich funktioniert und einzelne Fragmente zurückbleiben. Also entschließt er sich kurzerhand nicht etwa komplett zu wischen, sondern all diese Schichten an Kreideresten komplett wieder herzustellen (wie auch bei sich selbst) und dabei nur die ganz unterste – das Original, quasi – wegzulassen. Und das was dann passiert, ist das diese unterste Schicht trotzdem die handlungsleitende wird und das fand ich wirklich schön dargestellt. Als das ganze Gequatsche von Seelen anfing, war ich weg (siehe oben), aber dieses Konzept fand ich toll. Und das dann Echo (oder Omega oder Caroline oder... ihr wisst schon...) nicht etwa mit Alpha eins wird, fand ich nur verständlich.

Dass sich dann aber Echo zum Moralapostel aufschwingt, fand ich wieder ein wenig grenzwertig – ihre große Ansprache war für mich typisch Joss Whedon und etwas, dass mich schon in seinen beiden vampirzentrischen Serien gestört hat ("Firefly" war da ganz anders... hach "Firefly"... träum...; übrigens ich bringe diese Serien hier an, weil Joss sich in einem wunderbaren Seitenhieb von Topher selbst auf den Arm nimmt... Zitat gefällig?

Ballard: So this is where you steal their souls?

Topher: Yeah and then we put ‘em in a glass jar with our fireflies.

Ich habe sehr gelacht. Wirklich, richtig gelacht.). Naja, vielleicht muss man solche Momente einfach hinnehmen – mich hat er wirklich gestört.

Judas!

Auch wirklich toll fand ich die Szene zwischen Alpha und Echo, in der es um den Verrat geht, den Caroline an Echo begangen hat. Denn wenn man Alpha da zuhört, stellt man zwei Dinge fest: Er hat irgendwie recht und wenn er doch jetzt zu einem höheren Wesen geworden ist, warum verletzt ihn dieser Verrat (den ja auch er erlebt hat) so persönlich? Zum Ersten: Es gibt nichts dagegen zu sagen – Caroline hat ihren Körper zurückgelassen, alles was sie glaubte, dass nicht bestimmend ist, in der Definition ihrer Selbst, hat sie verkauft, für eine Zukunft, die für sie sorgloser sein sollte. Dass sie hier mit dieser Entscheidung konfrontiert wird und sie dennoch nicht zu bereuen scheint, finde ich doch etwas entmutigend. Zum Zweiten: Alpha ist aus Hass entstanden. Als er verstanden hat, wie er zu Alpha wurde, hat er seinen Verräter dermaßen verachtet, dass er ihn vernichtet hat. (Schön dabei zu sehen, dass er sich selbst als eigenständiges Wesen wahrnimmt, im Gegensatz zu Echo, die sich als niemanden – als Sammlung von (immerhin fiktiven) Personen versteht.)

Whiskey?

Diese Geschichte hat mich vom Hocker gerissen. Schon zu Beginn, als Dr. Saunders/Whiskey die Frage an Topher weitergibt, die ihr Alpha in der letzten Folge stellte und er so drucksig reagiert, dachte ich mir – hmm... Saunders ist bestimmt auch ein Doll. Kurz hatte ich sogar die Hoffnung, dass uns offenbart wird, dass alle, die im Dollhouse arbeiten in Wirklichkeit Dolls sind. Naja, man kann nicht alles haben, aber als Amy Acker in knapper Montur aus den Schatten hervortrat – na ja sagen wir mal, ich hatte nichts gegen den Anblick. Dass Saunders quasi ein aussortiertes Doll ist (hier Gesellschaftskritik beachten: Diese verdammte Welt erwartet von einem, dass man körperlich perfekt ist, um als vollständig angesehen zu werden! Verdammtes, oberflächliches, kalifornisches Wertesystem!), hat mich aber schon umgehauen. Noch stärker dann aber ihre Reaktion darauf, als auch sie es erfahren hat: Es war ihr einfach egal. Sie nimmt sich hin, als diejenige, die sie ist. Keine große, philosophische Schatzsuche nach ihrem wahren, gottgegebenen Ich, nichts... wenn man vorher glaubte, dass Saunders eine gebrochene Person ist (immerhin verlässt sie das Dollhouse nie und jetzt ist wohl auch geklärt warum!), dann sieht man in dieser Szene, dass sie ein Mensch ist, der sein Leben so lange fristet, wie es noch halbwegs erträglich ist. Traurige, sehr bewegende (und überraschenderweise ziemlich subtile) Geschichte, die sich für mich zum besten Aspekt dieses Finals aufschwingt.

Der Neue

Jaja, ich weiß, ich hab schon viel zu viel eurer Zeit verschwendet, aber eins noch: Paul Ballard ist nun Angestellter des Dollhouses. Gut, dass er nicht die gesamte Organisation zu Fall bringen würde, war wahrscheinlich jedem Zuschauer klar (immerhin heißt die Serie "Dollhouse"), aber dass er so leicht sein "ich gebe alles auf um dieses Mädchen zu retten und die Schweine zur Strecke zu bringen" Polizisten-Klischee aufgeben würde, hätte ich wirklich nicht erwartet. Naja gut, das Mädchen hat er ja gerettet (auch wenn sie nicht die hübsche Prinzessin, sondern eine Festplatte war) und zudem die Freilassung eines weiteren Mädchens bewirkt. (Hach stellt euch vor er hätte Echo freilassen lassen... nie wieder Dushku als Doll... schön...). Warum er nun November und nicht Echo ausgewählt hat, sei ihm überlassen – vielleicht ist er sogar so egoistisch, dass er Echo nicht gehen lassen will. Was genau nun aus ihm wird, erfahren wir ja nächstes Jahr.

Fazit

Ein gutes, schwungvolles, abwechslungsreiches, bewegtes Finale, das nur durch eine unüberzeugende Moral- und Philosophienote an Qualität einbüßt.

Ja, was bleibt zu sagen? Vorhang für eine durchwachsene Season. Naja, holpriger Start heißt ja noch nichts (dass, FOX nächstes Jahr die Finger schon am Schalter haben wird, und falls es nicht ganz so überzeugend läuft, diesen auf "Aus" umlegen wird). Beide von JWs großen Erfolgen haben in der zweiten Runde wirklich an Fahrt aufgenommen. Hoffen wir als das Beste. Bis dahin können wir uns damit trösten, dass Alpha entkommen ist (wir also Tudyk wiedersehen werden!) und nächstes Jahr im Dollhouse nichts so sein wird wie es bisher war.

Martin Schultze - myFanbase

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