Bewertung

Review: #2.19 In Ketten

Nachdem mir die erste Episode dieser Staffel, die sich etwas familiärer mit Alvin Olinsky auseinandergesetzt hat, etwas stiefmütterlich geblieben ist, wird das nun deutlich besser nachgeholt. Das liegt aber auch daran, dass es verbunden mit einer dieser Fälle ist, die einen tief erschüttern und berühren.

Nachdem wir wussten, dass sich Alvin und Meredith wieder nähergekommen sind, haben wir danach nicht mehr zu den beiden erfahren und Tochter Lexi hat in dieser zweiten Staffel auch bislang noch gar keine Rolle gespielt. Das wird in dieser Episode alles gut nachgeholt und aufgegangen. Lexi wird langsam richtig erwachsen und es ist für Eltern genau diese Phase, wo mit dem größeren Kind auch die größeren Sorgen einhergehen, wo aber gleichzeitig auch der Moment des Loslassens entscheidender wird. Das wird für jedes Elternteil, dem an dem eigenen Kind etwas liegt, nicht einfach sein, aber für Alvin, der durch seinen Job schon so viel gesehen hat? Es muss richtig hart sein. Auch wenn man sagen muss, dass er sich am Anfang angesichts von Lexis Plänen sehr zurückgehalten hat. Er hat Sorgen ausformuliert und er war auch nicht glücklich, dass Erin Lindsay als Gast bei dem gemeinsamen Frühstück nicht als bestes Vorbild in einigen Bereichen taugt. Dennoch ist er sicherlich kein Vater, der seiner Tochter einen Lebensentwurf aufzwingt. Es ist immer ein Spagat, aber einer der dann richtig schwierig wird, wenn man zufällig auf einen Fall wie hier stößt. "Chicago P.D." tut schon gut daran, oft eher reguläre Fälle anzubieten, damit solche Episoden dann mal aus anderen Gründen herausstechen können. Es war schon entsetzlich, wie Alvin und Erin da auf die sechs Leichen asiatischer Mädchen und jungen Frauen gestoßen sind, die eingeschmuggelt werden sollten, aber unter abscheulichen Bedingungen ihr Leben verloren haben. Es war schon besonders erschütternd, dass sie sich gegenseitig wehtun mussten, um um den einzigen Kanister Wasser zu kämpfen. Und wenn man sowas sieht, dann ist auch klar, warum Lexi gleich vorweg aufgetaucht ist, denn es lässt einen Elternschaft wieder ganz anders sehen. Vor allem ist damit die Erkenntnis verbunden, man kann sein Kind nicht vor allem beschützen.

Man hat deutlich gemerkt, dass Alvin die ganze Zeit Lexi im Hinterkopf hatte, aber es gab noch eine weitere Ebene, weil er mit Dennis Lee schon Bekanntschaft gemacht hat. Damals hat er die Ermittlung gegen ihn durch schlampige Arbeit torpediert. Vor dem Hintergrund ist klar, dass er sich direkt verantwortlich gefühlt hat, dass es diese sechs Todesopfer gegeben hat. Natürlich ist das sehr eng gedacht, denn in unserer kriminellen Welt gibt es auch ohne Lee immer noch viel zu viele Schlepper und Menschenschmuggler und dennoch ist Schuld eine türkische Sache. In dem Sinne war klar, jeder hätte auf andere Art und Weise Alvin von Gegenteil überzeugen wollen, er wäre dennoch dabei geblieben, dass er die Verantwortung trägt. Interessant war in dem Zusammenhang die Ebene, wie es auch Meredith erlebt hat. Sie kennt ihren Mann, der sich von den Fällen innerlich so auffressen lässt, dass er anschließend oft völlig in sich selbst zurückgezogen leben muss, um irgendwie damit klar kommen zu können. Nachdem sie ihn also manisch mitten in der Nacht erwischt hat, wie er Kartons nach einer Info durchsucht, da wären auch bei mir die Alarmsignale angegangen. In dem Sinne war es gut, dass Hank Voight als hinzugezogene Person dann einen Mittelweg gefunden hat. Er hat Alvin andere Interpretationen aufgeführt, aber ihm gleichzeitig dann auch geholfen. Das war sicherlich auch wichtig, um ihm zu vermitteln, dass er nicht alleine damit ist und dass er auch die Verarbeitung nicht alleine angehen muss.

Letztlich kommt es dann zum Showdown, so dass sich Alvin und Lee gegenüberstehen. Wir haben die Figuren dieser Serie oft schon am Scheideweg gesehen, verlassen sie die Grenze der Legalität oder nicht? Alvin konnte man hier die Option wahrlich nicht vorwerfen. Lee hat viel gekostet und ebenso die Menschheit an sich. Wer gleich in drei Bereichen munter seine Geschäfte betreibt und null Gewissen hat, da kann man sich ausmalen, was das für ein Kaliber ist. Aber es ist keiner wert, sich dann doch von seinem eigenen Gewissen irgendwann einholen zu lassen. Deswegen passte letztlich auch die Szene im Verhörraum mit Lee noch. Vielleicht hätte es Alvins Moment sein müssen, aber wahrscheinlich war er dazu ausgelaugt auch gar nicht mehr zu in der Lage. Also ist Hank eingesprungen und hat bildlich gesprochen bei Lee den Dolch da umgedreht, wo es richtig wehgetan hat. Man muss sich nicht immer auf das Niveau anderer herabsetzen, um etwas zu erreichen. Natürlich bleibt nun offen, ob Alvin sich nicht doch noch in sich zurückziehen wird. Er wollte klar mit Frau und Tochter nicht über den Fall reden, aber dafür hat er Lexis Freund an den Tisch geholt und damit in einer eigentlich so sensiblen Situation für ihn als Vater Vertrauen bewiesen. Das sagt mir eigentlich, dass er diesmal besser präpariert ist.

Etwas kleinere Geschichten haben sich um Nadia Decotis und Sean Roman gesponnen. Bei ihr wird der Weg aktuell konsequent weiter geführt. Nachdem sie den schriftlichen Test und den Lügendetektor bestanden hat, wartet jetzt noch das Physische. Ich fand es schon lustig, wie Trudy Platt sich für sie reingehangen hat. Denn auch wenn sie sauer über die Kamikaze-Situation bei der Streifenfahrt war, da wird sie auch beeindruckt gewesen sein. Generell zeigt Nadia an Trudy ähnliche Seiten wie Kim Burgess auf. Da bleibt unterm Strich, wen sie besonders piesackt und herausfordert, den mag sie eigentlich am liebsten.

Bei Sean wiederum war die ganze Sache etwas ernster. Nachdem er für die Rettung eines kleinen Mädchens einen Kollegen regelrecht aus dem Weg boxen musste, spielt dieser sich auf, während Sean auf einmal in die Ecke gedrängt wird. Ich fand diesen Konflikt echt interessant. Denn erinnern wir uns gerne an den Beginn von Sean in der Serie. Irgendwie war er eine Art DeLuca. Prinzipienreiter, Beef mit anderen und das richtig raushängen lassen. Das war genau er und er wird damit nun selbst konfrontiert. Das zeigt, wie weit Sean seitdem gekommen ist. Es zeigt aber auch, dass die Intelligence Unit und alle, die mit ihr zu tun haben, einen etwas elitären Ruf haben. Denn sonst halten die Blauen doch zusammen wie Pech und Schwefel. Hier waren aber von Anfang an Dissonanzen zu bemerken. Da wir Sean und Kim ständig erleben, sie lassen sicher nichts raushängen. In diesem ist es also Neid und Missgunst. Gut, dann Hank oben an der Nahrungskette auch an die unten denkt. War schon lustig, wie er völlig ruhig und entspannt DeLuca in seine Schranken gewiesen hat. Dieser wird so schnell keinen Konflikt mehr mit irgendwem von der Unit suchen.

Fazit

"Chicago PD" bietet uns eine starke Episode zu Alvin Olinsky. Der Fall alleine ist emotional eine echte Hausnummer, aber auch was von da aus an privater Ebene geboten wird, wird gut ausgestaltet. Die beiden kleineren Geschichten drum herum mit guten Botschaften runden das Bild zufriedenstellend ab.

Lena Donth - myFanbase

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