Bewertung

Review: #2.10 Die Furie

Foto: Stephen Lunsford - Copyright: Jenny Duckworth Photography
Stephen Lunsford
© Jenny Duckworth Photography

Was für eine rasante Folge! Die Serie macht wirklich viele Dinge sehr sehr richtig und diese Episode ist ein gutes Beispiel dafür: Action, Spaß und Spannung und zwischen all den übernatürlichen Wesen echtes menschliches Drama.

Das Trauma des Matt Daehler

Es war also keine Halluzination, was wir in der letzten Episode gesehen haben. Matt Daehler ist der Meister des Kanimas und somit für dessen Mordserie verantwortlich. Ein Rückblick zu Beginn der Episode läutet die Aufklärung des Rätsels ein, die durch Matts diverse Monologe im Laufe der Episode an Hand und Fuß gewinnt. Nachdem Matt Jackson seine Videokamera ausgeborgt hatte, war er im Auto vor Jacksons Haus sitzen geblieben und hatte neugierig per Live-Übertragung das Geschehen ins Jacksons Schlafzimmer, also dessen Verwandlung in das Kanima, auf seinem Smartphone verfolgt. Zu Tode erschrocken war ihm eine Träne entwischt, aber dann sah er das Kanima neben seinem Auto auftauchen und die Hand an seine Scheibe legen, und da wusste er, dass das Kanima den Mord an Mr. Lahey für ihn begangen hatte, und so legte er seine Hand von innen an die Scheibe, um seine Rolle des Kanima-Meisters anzunehmen.

Wie konnte das Kanima jedoch wissen, wen es töten sollte, noch bevor die beiden ihren Bund besiegelt hatten? Matt hat erfrischender Weise keine magischen Fähigkeiten, die Erklärung steckte schlicht und ergreifend in Matts Fotoapparat! Er fotografierte Mr. Lahey zufällig, als er eigentlich Allison knipsen wollte, und das Kanima konnte auf seiner Suche nach einem Meister den Hass, der bei Matt angesichts dieses Fotos von Mr. Lahey entstand, aufschnappen und seiner instinktiven Arbeit nachgehen: dem Töten von Mördern. Nach dem Kanima-Handshake verstand Matt, dass er nur weiter Fotos von seinen Hassobjekten zu machen brauchte und das Kanima würde sie beseitigen. So wurde das Kanima zur Furie aus dem Episodentitel. (Die Furien sind in der griechischen Mythologie Rachegöttinnen, die jene bestraften, die zu Unrecht ohne Bestrafung davongekommen waren.) Und so musste einer nach dem anderen aus dem Schwimmteam von 2006 dran glauben: Coach Lahey, der Automechaniker, der Jäger aus der Argent-Truppe, der Freund des schwangeren Mädchens und die Kassiererin bei der Party. Nur die schwangere junge Frau konnte das Kanima nicht ermorden, dafür war Jacksons eigenes Trauma aufgrund des Schicksals seiner leiblichen Eltern zu stark. Als Matt nun im Krankenhaus die junge Frau selber ermordete, wurde er im Flur von den Überwachungskameras aufgezeichnet und hatte zudem mit Mama McCall gesprochen.

Wieso aber betrachtete Matt all diese Leute als Mörder? Hier kommt das volle Ausmaß dessen zutage, was die Teeniejahre aus einem hypersensiblen Menschen mit angeknackster Persönlichkeit machen können. Wer erinnert sich nicht daran, in der Pubertät wieder und wieder zwischen "himmelhoch-jauchzend" und "abgrundtief-betrübt" hin und her getaumelt zu sein? Wer empfand Ungerechtigkeiten gegen die eigene Person nicht wie das heulende Elend? Nicht zu den angesagten Partys eingeladen zu werden, beim Sport nicht ins Team gewählt zu werden, aus der coolen Clique ausgeschlossen zu werden... all das bedeutete in den Teenagerzeit die Welt! Und ein ebensolch traumatisches Erlebnis war es, das Matt wiederfuhr. Er war als 11- oder 12-Jähriger bei Isaac zuhause, um Comics zu tauschen, und landete dabei bei der Poolparty des Schwimmteams, die Mr. Lahey veranstaltete, im Wasser. Und da er nicht schwimmen konnte, drohte er zu ertrinken, während die angeheiterten Jugendlichen drumherum standen und sich über ihn lustig machten. Niemand half ihm, und erst als er wieder zu sich kam, sah er sich Mr. Lahey gegenüber, der ihm klarmachte, dass er ein Versager sei und das Geschehen für sich behalten müsse. Für Matt kam dies einem kleinen Tod gleich, Scham, Angst, Spott, Hohn und das alles gepaart mit dem Schock über das Beinahe-Ertrinken legte bei ihm einen Schalter um, den er nie wieder in die Ausgangsposition bringen konnte, da er es nicht wagte, darüber zu sprechen.

So wenig mich Matt im Laufe der Staffel eigentlich interessiert hatte, so sehr haben sie es in dieser Episode geschafft, seiner Geschichte Leben einzuhauchen, so dass ich mit ihm mitfühlen konnte. Sie haben Matt so starke Szenen und Monologe gegeben, wie nichtmal alle Hauptcharaktere sie in dieser Staffel bisher hatten – Derek zum Beispiel sicher noch nicht. So maßlos übertrieben Matts Amoklauf im Vergleich natürlich auch ist, schließlich hat er mittlerweile über ein Dutzend Opfer auf dem Gewissen (nunmehr sogar einschließlich mehrfachen Polizistenmordes), so hart traf einen am Ende dieser Episode dennoch der Anblick, wie Matt tatsächlich ertränkt wurde.

Das Trauma der Allison Argent

Allison würde ihrerseits tatsächlich gern ein wenig allein sein mit ihrem Schmerz und sich in ihrer Trauer suhlen, aber ihr wird diese Freiheit nicht gelassen. Ihr Großvater Gerard nutzt ihre Verzweiflung perfide aus und manipuliert sie dahingehend, die Energie aus ihrer aufgewühlten Gefühlswelt in Wut und Rachepläne zu kanalisieren. Dazu nutzt er einen Abschiedsbrief, den Victoria Argent angeblich für ihre Tochter geschrieben hat, der Allisons Hass zunächst auf Derek und dann auf alle weiteren Werwölfe richten soll. Wir erfahren nicht, was in diesem Brief steht, und wir hatten meines Wissens vorher nichts davon gehört, aber es ist Victoria durchaus zuzutrauen, ihre Tochter auf diese Weise beeinflussen zu wollen. Genauso wäre es allerdings Gerard zuzutrauen, etwas in der Art gefälscht zu haben, um seine Enkelin in ihre traditionelle Rolle zu drängen, die einer Anführerin. Und der Brief hat bei Allison tatsächlich fatale Folgen, von einem Moment auf den anderen scheint sie sich in die Zukunftsversion ihrer selbst verwandelt zu haben, die wir bei der Party gesehen haben. Sie wird von ihrem Vater und Großvater dazu gebracht, in ihrer völlig labilen Verfassung Entscheidungen über Leben und Tod zu treffen, und mit den weit aufgerissenen Augen einer Wahnsinnigen entscheidet sie sich für Dereks Tod.

Zu diesem Zeitpunkt befinden sich bereits alle agierenden Figuren auf dem Polizeipräsidium. Sheriff Stilinski und Mama McCall wurden von Matt angekettet bzw. hinter Gitter gebracht, Derek und Stiles wurden vom Kanimagift bewegungsunfähig gemacht, und Scott versucht Matt klarzumachen, dass er ihm in Sachen Kanimaverwandlung nicht helfen kann. Da Matt das Kanima mittlerweile allzu oft dazu gebracht hat, Unschuldige zu töten, beginnt sein eigener Körper nämlich nun auch mit der Gestaltenwandlung. In diesem Moment ballern die Argents von außen mit Maschinengewehren das ganze Polizeipräsidium übern Haufen. Schon recht gewagt angesichts der Tatsache, wer sich alles im Inneren befindet! Scott dürfte jedenfalls auch einen riesigen Schrecken davongetragen haben, als seine (Ex-?)Freundin plötzlich ihre Waffe auf ihn richtet. Und obwohl Allison einige sehr coole Actionmomente bekommt, wird sie doch sehr bald vom Kanima lahmgelegt und anschließend von Matt belagert, dessen eigener Wahnsinn sich hier noch einmal frei entfaltet, indem er sich als der Stalker zu erkennen gibt, der er die ganze Zeit über war. Er ist verrückt nach Allison, und wenn er sie nicht haben kann, soll niemand sie haben. Dass er sich dann aber doch zur Flucht entscheidet, anstatt Allison zu entführen, ist sein letzter Fehler. Gerard Argent schnappt ihn sich und ertränkt ihn im Fluss, woraufhin es einen erneuten Kanima-Handshake gibt. Gerard ist nun der Meister des Kanimas!

Randnotizen

  • Scotts Verwandlung in einen Werwolf vor den Augen seiner Mutter ging in dieser rasanten Episode glatt ein wenig unter. Aber Mama McCall war gehörig schockiert! Davon werden wir in der nächsten Episode sicher mehr sehen. Grundsätzlich aber finde ich es gut, dass sie endlich Bescheid weiß!
  • Was um Himmels Willen war das für ein Twist kurz vor Ende? Scott arbeitet mit Gerard zusammen gegen Derek? Das ist doch sicher nicht Scotts Ernst. Derek aber überhört das Gespräch natürlich und sieht verständlicherweise extrem irritiert aus. Dr. Deaton sagte explizit, Derek müsse Scott vertrauen und aufpassen, dass Peter Hale ihn nicht negativ beeinflusst. Jetzt aber dürfte für negative Beeinflussung erstmal genügend Platz bei Derek sein.
  • Endlich wurde mal thematisiert, wenn auch nur kurz, dass Derek noch lange nicht der Alpha ist, der er sein könnte. Dr. Deaton kennt sich damit aus, da er eine Art Berater für Dereks Mutter war. Interessanter Ansatz, und ich finde es durchaus ok, dass das Mysterium um Dr. Deaton nur sehr langsam enthüllt wird.
  • Peter Hale beobachtet Gerards Mord an Matt und den Kanima-Handshake. Und irgendwie wirkt Peter plötzlich im Vergleich gar nicht mehr so bösartig. Zumal Ian Bohen so cool aussieht wie noch nie!
  • Jedes Mal werden wir mit der Nase drauf gestoßen, dass Gerards Tabletten irgendwie wichtig sind. Was steckt denn nun dahinter?
  • Sterek-Fans bekamen hier einen besonderen Leckerbissen! Als der gelähmte Stiles auf die Brust des gelähmten Derek fällt, konnte sich wohl niemand ein breites Lächeln verkneifen!
  • Last but not least: Dereks Nahtoderfahrung! Ein oberkörperfreier Tyler Hoechlin schwebend in gleißendem Licht. Hier wird einfach mal ohne falsche Bescheidenheit männliche Attraktivität und Sexiness zelebriert. Phantastisch, gerne mehr davon!

Fazit

Es gibt auch mal richtig menschliche Schicksale, die ein echtes Trauma hervorrufen können, und obwohl wir den traumatisierten Teenager Matt Daehler eigentlich erst in dieser, seiner letzten Episode wirklich kennenlernen, so ist diese doch ein gelungenes Showcase für Stephen Lunsford, der eine durch und durch packende Darstellung abliefert. Zudem befinden sich alle agierenden Haupt- und Nebencharaktere zum Showdown am selben Ort, was für eine tolle Dynamik sorgt und die Stange fürs Finale schonmal ziemlich hoch legt.

Nicole Oebel - myFanbase

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