Bewertung

Review: #8.08 Hundert Jahre

Foto: Sarah Jessica Parker & John Corbett, And Just Like That... - Copyright: 2023 WarnerMedia Direct, LLC. All Rights Reserved. HBO Max™ is used under license.
Sarah Jessica Parker & John Corbett, And Just Like That...
© 2023 WarnerMedia Direct, LLC. All Rights Reserved. HBO Max™ is used under license.

Vor Staffelstart ließ Michael Patrick King verlauten, dass es diesmal mehr wie "Sex and the City" sein soll. Irgendwie hat er dabei aber auch vergessen zu erwähnen, wie lange wir darauf warten müssen. Über die Hälfte der Staffel von "And Just Like That..." ist vorbei und ich habe das Gefühl, wir sind dann auch endlich mal aus dem Dornröschenschlaf aufgewacht. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es tatsächlich nur daran liegt, weil man Aidan so einbezogen hat.

Ich habe einen Fehler gemacht...

In der Mutterserie war ich absolut kein Fan von Carrie. Viel zu egoistisch und ichbezogen war sie mir, als dass ich sie hätte leiden können. Ich muss aber sagen, dass sie mir seit dem Start von "And Just Like That..." viel reifer und geerdeter vorkommt. Mit Bigs Tod und ihren zwei geschriebenen Büchern, wovon sie eins wirklich sehr persönlich geschrieben hat, hat sich Carrie auch nochmal selbst reflektieren können und falsch war das sicher nicht. Überraschend war es für mich aber durchaus, wenn auch nur einen kleinen Moment, dass sie jetzt ihr Zusammensein mit Big in Frage gestellt hat. Bigs überraschender Tod hat sie verständlicherweise total mitgenommen. Wenn man dabei auch mal bedenkt, dass sie eigentlich andere Pläne hatte, als Lilys Klavierkonzert zu besuchen. Damit wäre zwar nicht sicher gestellt gewesen, ob Carrie was ändern oder gar hätte verhindern können, aber vielleicht wäre sie mit Bigs Tod anders umgegangen. Wobei ich jetzt auch im Nachhinein sagen muss, wie vernünftig ich ihren Umgang damit fand, da sie tatsächlich alle Phasen des Trauerns durchlebt hat – auf ihre Art und in ihrem Tempo. Aber mit Aidans Auftauchen und die Zeit, die sie mittlerweile mit ihm verbracht hat, bringt sie logischerweise zum Nachdenken.

Hat sie einen Fehler gemacht, als sie sich damals für Big und gegen Aidan entschieden hat? Ich denke, hier gibt es kein Ja und auch kein Nein als Antwort, da es ja ein Grund gegeben haben muss, warum sie sich damals immer für Big entschieden hat. Die Frage, die sich Carrie wahrscheinlich stellt, ist: Hätte sie mehr glückliche Jahre mit Aidan als mit Big gehabt? Aber auch hier gibt es keine eindeutige Antwort. Ich kann aber durchaus verstehen, warum sie drüber nachdenkt, da sie die Zeit mit Aidan in vollen Zügen genießt und Pläne für die nahe Zukunft schmiedet. Verdenken kann man es ihr nicht, denn anders als Miranda hat sie durch Bigs Tod eben am eigenen Leib erfahren, wie kostbar gemeinsame Zeit ist und überhaupt sollte Miranda in diesem Punkt mal etwas ruhiger sein, wenn es darum geht, sich zu schnell in was zu stürzen. Wir hatten da ihre rasante 'Beziehung' zu Che und ihr verkacktes Date mit Emilia Carsey am Valentinstag. Von langsam war auch nicht gerade was zu merken und auf die Bremse hat sie da auch nicht gerade gedrückt, auch wenn sie Carrie vielleicht gerade davor bewahren will. Aber ich habe Carrie seit langem nicht mehr so ausgeglichen und freudig gesehen und die beiden wirken wie ein Ehepaar, was sich einfach schon lange kennt, was sich auch darin zeigt, dass sie nun ZUSAMMEN Kompromisse eingehen. Ein Hotelzimmer ist auf die Dauer einfach auch zu teuer, aber als Ches 'familiäre' Untermieter hat man hier eine gute Lösung gefunden. Mir gefällt die Freundschaft zwischen Carrie und Che ziemlich gut. Vom Typ her sind sie ja schon gleich und wenn man schon nicht den Freundschaftsversuch zwischen Steve und Carrie aufbauen will, dann eben eine mit Che. Allerdings scheinen sie auch zum netten Beiwerk mutiert zu sein. Man hätte ja durch die misslungene Pilotfolge Ansätze, dass Che sich nochmal mit der Sexualität auseinandersetzt, aber offenbar hat man da (momentan) kein Interesse mehr. Immerhin haben sie sich jetzt schon mal aus ihrer Trauerlage befreit. Vielleicht kommt ja noch mehr.

Ich hatte ja schon erwähnt, dass Carrie und Aidan sich wie ein Ehepaar benehmen, welches sich schon lange kennt und das ist vielleicht diesmal auch der Schlüssel, warum es funktionieren könnte auf lange Sicht: Sie kennen sich schon viele Jahre und mit Che, die mitbekommen haben, wie gut die beiden harmonieren, hat Carrie nun auch nochmal eine 'neutralere' Außenperspektive bekommen und Seema nicht zu vergessen, aber auf sie komme ich später nochmal zurück. Ich hoffe also wirklich, es möge zwischen Carrie und Aidan diesmal etwas auf laaaaange Sicht halten, haben die beiden einfach verdient und wer weiß, ob nicht doch Samantha es sein wird, die dann Carrie die endgültige Bestätigung gibt, dass Aidan an ihrer Seite bleiben wird.

Erotisches Arbeitsklima

Hatte ich schon mal erwähnt, dass mir Anthony in der Staffel gut gefällt und er für meinen Geschmack absolut ins Seriengeschehen passt? Nein? Na dann muss ich das aber mal nachholen. Er ist mir sympathisch durch seine locker-lässige Art, die niemals den Witz innerhalb einer Situation verpasst und mich freut es unglaublich, dass man Giuseppe vorerst behalten hat, nicht nur als Hot Fella. Es gab zwar nur eine kurze Szene zwischen den beiden, aber die war auch völlig ohne Worte aussagekräftig genug und zu wünschen wäre es Anthony nach seiner Ehe und Scheidung (ist die überhaupt schon durch?) von Stanford absolut, wenn er jemand Neues an seiner Seite hätte, selbst wenn es nicht von langer Dauer wäre. Die letzten Kerle die er am Start hatte, nee, die haben nicht zu ihm gepasst. Mit Giuseppe ist die Chemie schon eine ganz andere und vor allem hat man schon gemerkt, wie Anthonys Interesse ist. Die beiden hätten definitiv schon mal mein Segen. Amüsant fand ich dann auch sein Telefongespräch mit Charlotte. Die beiden haben durchaus eine Freundschaft, die vertraut ist, aber es ist die Art von diesen, bei der sich manchmal fragt, ob das Gegenüber überhaupt wahrnimmt, was der bzw. die andere sagt. Aber sie kommen klar damit und Anthony hat ja in Bezug aufRock bewiesen, dass man auf ihn zählen kann.

"Sie werden's irgendwann verstehen, versprochen..."

Ich freue mich für Charlotte, dass sie für sich selbst entschieden hat, wieder in der Galerie zu arbeiten. Nachvollziehbar war dann auch, dass sie sich Gedanken macht, wie es optisch wirkt, wenn sie ein solch figurbetontes Kleid trägt. Wobei ich den Vergleich mit dem Foto nicht ganz verstehen konnte. Charlotte ging es ja um den Gürtel, aber auf dem Foto war kein Gürtel zu sehen und dass es dabei um ihre schlankere Figur ging, naja... für mich kam das nicht so ganz zur Geltung und auch ihre Diätsuppe und ihr Bauchweghöschen wirkten auf mich dann doch recht lächerlich, da sie sich letztlich sichtlich unwohl fühlte. Aber es ist irgendwie sowieso der neueste 'Trend' in der und für die Gesellschaft etwas darzustellen, was überhaupt nicht so ist. Ein bisschen schade finde ich das doch, weil Charlotte dafür gekämpft hat, dass Rock so gesehen wird, wie sie ist. Wieso konnte sie das nicht für sich selbst auch? Gerade deshalb fand ich das Aufeinandertreffen mit ihrer Chefin ein tolles Statement, die Charlotte wohl den Mut dazu gegeben hat, zu sich zu stehen und die Stimmen von außen zu ignorieren, auch wenn das manchmal nicht ganz einfach ist. Und ich hoffe, es war auch keine einmalige Sache, Charlottes neue Chefin zu sehen. And "Just Like That..." hat leider die Angewohnheit, die gesellschaftlichen Dinge wie bei einer To-Do-Liste einfach mal abzuhaken, wenn man sie mal kurz in der Serie präsentiert hat und das ist einfach zu wenig, daher bin ich mal guter Hoffnung, dass man nun endlich mal die Kurve bekommen hat.

Geeignet für den Job

Miranda war in der letzten und in der Hälfte dieser Staffel schon in der Richtung unerträglich zu sein. Vielleicht freut es mich gerade deshalb, diesmal wieder eine Seite an ihr zu sehen, die durchaus erträglicher ist. Ich bin mir zwar nicht sicher, ob man ihr bisheriges Verhalten als Selbstfindung bezeichnen kann, aber ich denke, sie brauchte diese Zeit auch, um jetzt zu erkennen, dass manches vielleicht verschwendete Zeit war. Was ich mich dabei aber frage, ist, war es wirklich verschwendete Zeit? Sie hat Dinge ausprobiert, auf eine Art, die doch einige Male meine Augen hat rollen lassen. Aber ich glaube, für sie war die Zeit wichtig und deshalb freue ich mich so, dass sie beim Praktikum gleich einen Fuß in der Tür hatte. Es mag sein, dass das gegenüber Serena und Sloane nicht völlig fair ist und schon gar nicht in deren Perspektive, aber für Miranda ist es ein Erfolgserlebnis, was sie auch nach all dem ganzen Mist einfach gebraucht hat und das sollte sie genießen, allzu einfach dürfte es in nächster Zeit nämlich nicht werden mit den beiden anderen. Aber ich hoffe und gehe eigentlich auch davon aus, dass sie das meistern wird und ich fand es auch wichtig, dass sie mit Raina eine Außenperspektive hatte oder auch hat, die ihr genau das sagt, was sie hören müsste. Vielleicht ist das tiefe Tal, in dem ich Miranda mittlerweile gesehen habe, endlich vorbei und sie kommt wieder in meine Liste der Lieblinge.

"Du bist zu einem Wir geworden"

Wie ich bereits angekündigt habe, gehe ich nochmal auf Seema ein und ich freue mich wirklich, dass sie diesmal etwas mehr Text hatte als die letzten Male. Ich hatte schon die Befürchtung, man hat sie aufs Abstellgleis gestellt und dort vergessen. Somit: Danke, dass das offenbar nicht der Fall ist. Diesmal hat man in meinen Augen zwar auch wieder deutlich bemerkt, wie man Seema als eine Samantha 2.0 darstellen will und dass es vielleicht auch ein versteckter Hinweis darauf ist, dass der Cameo-Auftritt von Kim Cattrall nicht mehr lange auf sich warten lässt. Aber auch wenn Seema eine zweite Samantha darstellen sollte, war die Botschaft doch diesmal eine, die mich berührt hat und bei der ich mich frage, ob die 'echte' Samantha das auch so formuliert hätte. Dass Seema noch immer die große Liebe sucht, wissen wir seit der ersten Staffel und dass es irgendwo ein großes Diskussionsthema mit Carrie ist. Ich finde es durch Aidans Auftauchen eigentlich nur richtig, dass es nochmal zur Sprache kommt, weil sie ja bisher davon ausging, dass Carrie mit Big nur eine große Liebe hatte. Durch Aidan und den Erzählungen von ihm wird Seema natürlich klar, dass ihre Freundin zwei große Lieben hatten und ehrlich, nichts ist schlimmer, als dass man mit bekommt: Meine Freundin ist zu einem Wir geworden und ich denke, ein jeder kennt es sicherlich selbst: Man fühlt sich tatsächlich wie das fünfte Rad am Wagen.

Dass Seema das vermeiden wollte, konnte ich nachvollziehen. Ihr Verhalten fand ich trotzdem nicht ganz in Ordnung, aber immerhin war sie dann ehrlich bei dem Gespräch. Bei diesem fand ich Carries Ängste genauso berechtigt. Abstand bedeutet auch für mich in den meisten Beziehungen, es ist der Anfang vom Ende und irgendwo hat Carrie das mit Samantha ja durchlebt. Deshalb fand ich es schön, wie Seema sich dann doch noch dazu entschieden hat, die Einladung anzunehmen und ich hoffe, es gibt noch weitere solche aufschlussreichen Gespräche zwischen den beiden Frauen, weil es eine Freundschaft ist, die mir immer besser gefällt und die auch eine verletzliche Seite von Seema zeigt, die ihr gar nicht mal so übel steht.

Fazit

Ich bin fast sowas wie geflasht von dieser Episode, weil es eine seit langer Zeit gewesen ist, bei der ich mal nicht sonderlich die Augen verdreht habe und die an alte Zeiten erinnert hat. Vielleicht hat man jetzt tatsächlich Fuß gefasst und "And Just Like That..." ist da angekommen, wo man eigentlich schon vor einer Staffel hätte sein können.

Daniela S. - myFanbase

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