Life without Sex And The City

Das war’s also.
Für immer.
Keinen Sex mehr am Dienstag – Abend.
Nie mehr Romantik mit Charlotte, nie mehr Nicht – Romantik mit Miranda, nie mehr Sex mit Samantha, nie mehr leben mit Carrie.

Eine weitere Kultserie ging also nun auch in Deutschland und Österreich zu Ende. Dass wir das Serien – Sterben nun zwar schon beinahe gewöhnt sind (Buffy, Angel, Friends, ...), tröstet uns auch nicht wirklich darüber hinweg, dass wir ab nun, ab dem 14. Dezember 2004, nie mehr miterleben werden, wie Carrie ihre Gedanken ihrem heiß – geliebten Laptop anvertraut, oder wie Charlotte verzweifelt nach ihrem absoluten Traumprinzen sucht.

Dass SATC mehr war als bloß eine Serie, muss hier wohl nicht mehr erwähnt werden – aus vier Frauenfiguren wurden globale Identifikationsfiguren, aus Geschichten wurden Lebensratgeber, aus Carries Mode wurde Kult. Auch, dass diese Serie Tabus gebrochen hat, wurde mehrmals schon besprochen – noch nie redete man im öffentlichen Fernsehen so offen über die Sexualität, und was nicht sonst noch so alles dazu gehört.
Dass diese größten Stärken aber auch die größten Schwächen von SATC waren – nein, das ist wohl noch nicht so verbreitet.

Ich bin ein Mann. Das muss ich hier wohl spätestens sagen, schließlich spielt das bei einer Serie wie SATC eine entscheidende Rolle. Stets wurde untersucht, nein, eher schon analysiert, ob denn nun Frauen oder Männer die größere Zuschauergruppe war, ob Männer nun endlich die Frauen besser verstehen würden, und dass Frauen nicht erst seit SATC kein Blatt vor den Mund nehmen – man soll es beinahe nicht glauben, das haben sie schon immer gemacht, nur wusste es bis dahin keiner. Oder vielleicht doch. Ich bin mir bewusst, mit meinen Zeilen auf reichliche Gegenmeinung zu stoßen, doch bin ich hier der Meinung, dass SATC leider nicht viel zur Gleichberechtigung beigetragen hat. Klar – es war eine Frauenserie, Männer hatten lange genug die TV – Landschaft regiert, nun durften auch Frauen endlich Sex wie Männer haben (was immer das auch bedeuten mag). Und eines darf man bestimmt nicht abstreiten – SATC gliederte sich perfekt in die sogenannte Frauenpower im TV ein (siehe Buffy, Charmed, Alias, oder auch Sabrina – Total verhext). Doch, nun ja – Männer kamen einfach nun mal nicht gerade gut weg in SATC. Wer nun glauben mag, mein männliches Ego sei verletzt, der irrt – ich begrüße jederzeit starke Frauencharaktere im Fernsehen, die wissen, was "kick some male ass" wirklich bedeutet. Ist doch interessant, und attraktiv noch dazu. Dies war wohl auch einer der größten Stärken von SATC: Sie waren endlich mal vier stinknormale Frauen (OK, sehen wir mal vom extrem guten Aussehen, der angesagtesten Mode und ihrem zu beneidenden Life – Style ab), die nicht gegen Übernatürliches wie Dämonen, Vampire oder einer Killervereinigung antreten mussten. Nein, sie stellten sich dem normalen Leben – und blieben bis dato die einzigen, die derart eindrucksvoll, realitätsnah und stark ihr Leben lebten und sich so den Weg in unsere Herzen bahnten. Doch wäre da schon das nächste Problem. Aber dazu später mehr.
Zurück also zu uns Männern. Ja – als Helden wurden wir garantiert nicht dargestellt. Schon in Staffel Zwei mag man sich fragen, ob es denn in New York nur Männer gibt, die – nun ja, drücken wir es mal so aus -, nicht gerade der Traum aller Frauen sind. Es gab keinen Mann ohne Macke. Und wenn einer doch mal sympathisch war, musste ein Fehler gefunden werden – schließlich sollte er (bis auf einige Ausnahmen) nach dieser Folge nie mehr gesehen werden. Nun, kann man das SATC wirklich zum Vorwurf machen? Schließlich ist dies eine Serie über vier Singlefrauen, die auf der Suche nach Mr. Right sind – und da es sich dabei auch noch um Comedy handelt, musste man natürlich Geschichten überspitzt darstellen. Und dabei noch Tabus brechen. Also, nein, zum Vorwurf kann man das der Serie wohl nicht machen. Doch beäugt man unter diesem Gesichtspunkt unsere vier Heldinnen, haben sie plötzlich einiges am Heldenhaftsein verloren. Denn ist nicht jede einzelne der vier von Oberflächlichkeit geprägt? Ein Mann ist nicht perfekt? Ganz klar – er muss weg. Im Hinblick auf die Emanzipation vielleicht verständlich, doch mit Gleichberechtigung hat dies nichts mehr zu tun. Muss man auch im neuen Jahrtausend noch immer beweisen, dass Frauen Männer um nichts nachstehen? Dass sie all das können, was Männer auch können? Der Geschlechterkampf wird angeregt, und so sind wir wohl noch viel weiter von wirklicher Gleichberechtigung entfernt, als wir glauben mögen. Schade eigentlich.

Nun aber zum nächsten Punkt. Und auch hier kann man wieder nicht unterscheiden, ob es sich hier um eine Stärke oder Schwäche der Serie handelt: Nämlich die vier Freundinnen Carrie, Miranda, Charlotte und Samantha themselves.
Werden sie uns von Anfang an als die Frauen des neuen Jahrtausends vorgeführt, bekommt man nach einigen Staffeln den Eindruck, ob dies wirklich so ein gutes Frauenbild ist, das hier vermittelt wird. Die Suche nach dem Traummann mag zwar romantisch und komisch sein, hat aber nicht unbedingt etwas mit der unabhängigen Frau zu tun.

"Man kann nicht mit Männer leben, aber auch nicht ohne sie!" , scheint uns SATC die gesamten sechs Jahre (vielleicht abgesehen der letzen Staffel) vermitteln zu wollen. Vielleicht sollten sich unsere Freundinnen zuerst selbst finden, bevor sie ihren Traumprinzen finden. Vielleicht sollte jeder von uns eine engere Verbindung zu sich selbst eingehen, bevor wir dies mit andern tun. Dies verleiht also den vier Heldinnen (sind sie das wirklich?) etwas sehr Tragisches. Und noch dazu etwas (wie schon kurz erwähnt) Oberflächliches, denn jede der vier Frauen scheint ihre seelischen Probleme durch Schuhe oder Klamotten heilen zu können. Bestimmen sich die Freundinnen etwa nur durch Schuhe und Mode? Das wäre wohl einer der traurigsten Selbstbestimmungen, die eine Serie je zu bieten hatte.
Die einzige, die wirklich derart frei lebt, und das tut, was die Serie eigentlich vorgibt, ist Samantha. Sie stellt von Anfang an klar, dass Männer für sie nichts mehr als Spielzeuge sind und sie sich selbst am nächsten steht – mit dieser Einstellung lebt sie auch beinahe die ganze Serie ohne größere seelische Probleme – vielleicht ist Samantha die wahre heimliche Heldin der Serie: Mit sich selbst, den Männern und ihren Freundinnen im Einklang. Sicher ist auch sie im Innersten einsam, hat oft Angst und ist vielleicht sogar unsicher, doch hat sie derart viel Kraft und Selbstbewusstsein, um diese Ängste auszugleichen.

Was man nicht immer vom Sams Freundinnen behaupten kann. Doch ist dies auch gleichzeitig die ganz große Stärke der Serie. Denn es wurde nie verschwiegen, dass das Single – Leben (ob nun von Frauen, Männern oder Homosexuellen) nicht immer nur Honig schlecken ist. Die ewige Suche nach Mr. Right kann an den Nerven zerren, und man beginnt, an sich selbst zu zweifeln. Im Grunde genommen ist SATC eine sehr tragische Serie, die mit Hilfe der Komik das Leiden von vier Thirtysomethings zeigt, die nicht derart fest im Leben stehen, wie sie es selbst gern hätten. Zu sehen, wie vier erfolgreiche und starke Frauen zugleich derart seelisch zerrüttelt sein können, tut man manchmal ganz gut zu sehen. Und seien wir ehrlich: Sich mit Shopping – Touren oder der neuesten Mode/Schuh – Kollektion zu trösten (schon mal was von Manolo Blanics gehört?), mag zwar wirklich etwas Mitleidiges haben, hilft aber tatsächlich. Und nicht nur bei Frauen.
Vielleicht sind unsere Freundinnen ja doch Heldinnen.

Gehen wir noch kurz auf das Thema Freundschaft ein: Man kann SATC alles vorwerfen, aber nicht, dass sie Liebschaften über der Freundschaft stellt. Stets wurde ganz klar dargestellt, dass Männer kommen und gehen, die Freundinnen aber bleiben. Eine der schönsten Momente der gesamten Serie ist, als Charlotte vorschlägt, dass sie die Männer doch einfach Männer sein lassen, und statt dessen die Freundinnen für einander Seelenverwandte sein könnten. Da zerdrückt man schon eine Träne im Augenwinkel. Allerdings werden solch berührende Momente von Szenen überschattet, in denen man das Gefühl hat, dass die Freundinnen sich nicht wirklich zuhören. Die schönsten Szenen sind zwar die Gespräche der vier, jedoch scheint jeder nur auf sein eigenes Problem versteift zu sein, dass man das Gefühl bekommen mag, sie reden nicht wirklich miteinander. Dies jedoch ist bloß mein persönlicher Eindruck. Fakt ist, dass das Thema Freundschaft nie aufgedrängt wurde, sondern stets dezent (mehr oder weniger) im Hintergrund lief. Sprich: Auf deine Freunde kannst du dich verlassen! Auch wenn es zwischendurch Streitereien geben mag – doch ist das nicht überall so?

Als letztes möchte ich noch ein Thema ansprechen, an dem man bei einer Serie wie SATC wohl nicht vorbei kommt. Genau: Das Thema Sex. Hier teilen sich wohl die Meinungen: Meinen die einen "Endlich eine Serie, die ALLES ausspricht und Tabus bricht!" , finden die anderen das Thema überspitzt oder einfach nur "unterste Schublade". Nun, ich muss sagen, dass es schade ist, dass SATC oft nur auf Sex reduziert wird. Denn in Wirklichkeit geht es um so viel mehr. Obwohl auch bei uns die freizügigen Dialoge und Szenen wohl keinen kalt gelassen haben, und wirklich jeder irgendeine Meinung darüber hat, war der ganz große Skandal wohl mehr im prüden Amerika zu erwarten. Inzwischen spricht man überall und derart viel über Sex, dass dieser "Skandal" bei SATC mit der Zeit (zumindest hier bei uns) immer schwächer wurde. Was vielleicht auch gut ist. Man muss nicht immer alles, was irgendwie mit Sexualität zu tun hat, derart in den Vordergrund stellen.

Nun ist es also vorbei. Sex and the City mag vielleicht keine Serie mit den allerbesten Geschichten gewesen sein, vielleicht nicht mit den ausgeprägtesten Charakteren, aber es war eine Serie, die Trends vorgab wie keine andere je zuvor, und wohl auch wie keine andere, die noch kommen mag. Mode, Schuhe und eine der beeindruckendsten Städte der Welt spielten ebenso eine wichtige Rolle wie die Geschichten um Carrie & Co.
Die Serie mag nichts für Gleichberechtigung oder den Weltfrieden getan haben. Vielleicht ist Sex and the City einfach sehr sehr gute TV – Unterhaltung.
Und mehr ist manchmal gar nicht nötig.

Manuel Simbürger - myFanbase