Schrecken ohne Ende und ein Ende ohne Schrecken - Review Staffel 4

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Nach einer heftig kritisierten dritten Staffel haben die Autoren versucht, mit einem Paukenschlag eine neue Grundlage zu schaffen und mit der vierten Staffel wieder alles besser zu machen und zu alten Stärken zu finden. Leider sind die Autoren dabei weit über die Grenzen der Logik hinausgeschossen, um künstlich Spannung zu erzeugen und verschiedene Wendungen zu initiieren. Und so hat man sich in mancher Phase durch die Episoden gekämpft und war froh, dass man dem Ende der Serie Folge um Folge näher gekommen ist, um letztlich versöhnlich abschließen zu können, was vor vier Jahren mal so gelungen angefangen hatte.

Scylla

Foto: Wentworth Miller, Dominic Purcell & William Fichtner, Prison Break - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Wentworth Miller, Dominic Purcell & William Fichtner, Prison Break
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Auch in Staffel vier heißt es noch immer Scofield und Co. gegen die Company, nur dass Michael mit seinem Team nun in die Offensive geht und den verhassten Gegner stürzen will. Dies soll gelingen, indem er einen Datenspeicher namens Scylla beschafft. Dieser besteht aus mehreren Teilen, sodass mehrere Episoden sich allein schon damit beschäftigen. Diese hatten allesamt ein ziemlich hohes Tempo und waren an sich sehr spannend, aber man darf dabei nicht berücksichtigen, wie die Umstände dabei waren. Die Technik war völlig an den Haaren herbei gezogen und die Pläne übermäßig kompliziert, obwohl es viel einfacher möglich gewesen wäre, an die Daten zu kommen. Da war es mit dem Neustart dann doch schnell dahin. Doch leider sollte es noch viel schlimmer kommen, denn wie aus dem Nichts gibt es plötzlich noch eine weitere Partei, eine Art Splittergruppe der Company, die von niemand geringerem als Michaels toter Mutter angeführt wird. Man merkt es schon, die Mutter lebt doch noch. Christina wurde aus den tiefsten Regionen des Seifenoper-Genres ausgebuddelt und hat noch weitere Überraschungen auf Lager. Die liebende Mutter kann Lincoln nicht leiden, weil dieser nur adoptiert wurde. Alles klar? Dabei ist in dieser gesamten Storyline noch nicht mal von Michaels plötzlichem Tumor die Rede gewesen, den er von seiner Mutter vererbt bekommen hat. Immer, wenn den Autoren nichts Besseres eingefallen ist, tropfte Michael die Nase. Er muss sich schließlich halbtot in die Hände der Company begeben, um gerettet zu werden. Doch anders als damals seiner Mutter reicht die Technologie zwanzig Jahre später nicht mehr aus, um den Tumor komplett zu entfernen.

Lincoln hat sich unterdessen auf die Seite des Generals schlagen müssen und hat mit Self, T-Bag und Mahone ein Dreamteam zur Verfügung, das durch die Bedrohung Nahestehender halbwegs zusammen arbeitet. Dadurch hieß es dann Lincoln gegen Michael, was gar nicht so uninteressant war, aber durch die vielen weiteren Interessen auch etwas untergegangen ist. Gegen Ende hin lebte die Storyline dann wirklich nur noch von sehr skurrilen Wendungen. Scylla wurde kurzzeitig als weltverbessernd bezeichnet, die Company sei eigentlich gut gewesen. Dann ging es auch ständig nur noch um Geld, weil Scylla so viel wert war. Beeindruckend war letztlich nur noch, wie es die ganzen bösen Charaktere geschafft haben, nicht zu sterben und bis zum Schluss Gefahr auszustrahlen. Doch dann wurde kurzer Prozess gemacht und der Messias Kellerman hat Scylla den Behörden gegeben und alles gerichtet. Ende gut, alles gut – fast, denn Michael sollte nicht überleben, aber immerhin hat er einen kleinen Michael für die Nachwelt hinterlassen.

Nebenstränge

Foto: Robert Knepper, Prison Break - Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
Robert Knepper, Prison Break
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Der ein oder andere Nebenstrang soll hier auch noch mal seine Erwähnung finden, weil da sogar kleinere Highlights zu finden waren. Der Teil von T-Bag ist damit leider nicht gemeint. Er hat sich die Identität von Staffel-3-Opfer Whistler zu eigen gemacht und war auf Rache und Geld aus. Beides sollte ihm nicht gelingen, aber eigentlich kann er froh sein, dass er weiter lebt. Trotzdem ist T-Bag als Charakter weiter eine Stärke der Serie geblieben. Seine durchtriebene Ekelhaftigkeit hat immer wieder für die nötige Abscheu gesorgt und damit ist es ihm regelmäßig gelungen, Emotionen beim Zuschauer zu wecken. Ähnliches hat auch Mahone erreichen können, als er den brutalen Mord an seinen Sohn rächen wollte. Die Suche nach Wyatt und dessen regelrechte Hinrichtung waren sehr emotionsgeladen und strittig, sodass man hier den Autoren ein Kompliment machen kann, wenn es denn so auch beabsichtigt war.

Über Michaels Krankheit muss man kein Wort mehr verlieren, die wieder zum Leben erweckte Sara muss aber noch betrachtet werden. Sie sollte wieder Zuschauer vor den Fernseher locken, weil die Romanze wieder aufgelebt werden konnte. Doch wirklich romantisch konnte es nicht werden. Zunächst musste Sara ihre harte Zeit verarbeiten und dann diente sie nur als Moralapostel für Michael, um den sie sich ständig sorgte. Irgendwie ist dabei auch mal mehr passiert und Sara wurde schwanger – die Grundlage für ein offenbar lange geplantes Ende. Interessant war das selten, weil es immer nebenher lief. Ob sich dafür die strittige Rückkehr wirklich gelohnt hat, ist anzuzweifeln.

Aufgetaucht und gestorben

An Charakteren hat es in der vierten Staffel nicht gemangelt, nur ist unter den neuen kaum jemand dabei gewesen, den man gerne gesehen hat. Roland hatte außer der seltsamen Technik nichts beizutragen und ist zu Recht bald wieder gestorben. Self hat mitten in der Staffel die Wandlung zum Bösewicht unternommen, die nie zufrieden stellend erklärt werden konnte, und der Wechsel zwischen weinerlichen Weichei und Möchtegernmacho mit knallharten Zügen wirkte fast immer lächerlich. Auch dessen Schicksal hat zu kaum einen Zeitpunkt mitreißen können. Christina war das Höchstmaß an Idiotie. Da hat dann fast schon Wyatt als Mörder oder besser gesagt Schlachter am meisten gefallen, weil dieser Charakter wenigstens ein Profil hatte, welches er auch konsequent durchgezogen hat. Selfs Kollegin Miriam, die sich mit T-Bag auseinander setzen musste, gehörte auch noch zu den besseren neuen Charakteren. Ihren Tod fand ich wirklich schade.

Gestorben sind also schon viele der neuen Charaktere, doch wie es sich für eine Crime-Serie gehört, sind noch viel mehr dahin geschieden. Als erstes hat es James Whistler erwischt, der offenbar als Altlast aus der dritten Staffel angesehen wurde und weg musste. Aus dem Hauptcast haben sich sonst alle wacker gehalten, doch ganz verlustfrei konnte die Mission auch nicht ablaufen und so musste Bellick dran glauben, der in dieser einen Episode mal nicht nur dabei war und genervt hat, sondern wirklich mal von Bedeutung war. Für diesen Charakter ist es dann doch ein schöner Abschied geworden. Der Rest ist maximal fast gestorben.

Ist-Wert-Analyse

Was bleibt uns nun am Ende der Serie? Grob gesehen kann man sagen, dass das Gute gesiegt hat und das Böse verloren hat. What A Wonderful World. Der General und T-Bag sind im Knast, Gretchen auch, wobei diese im Film noch dahinscheiden darf. Self, den ich persönlich zu den Bösen zähle, wird seines Lebens auch nicht mehr froh. Unsere Protagonisten aber haben überleben können. Sara, Lincoln, Sucre und Mahone konnten ihr Glück finden und endlich ein ruhiges Leben genießen. Einzig Michael, irgendwie derjenige, der sich wirklich nie etwas zu schulden hat kommen lassen und nicht nur der Saubermann sondern auch der Held der Serie gewesen ist, stirbt. So traurig es auch sein mag, dass genau dieser Charakter sterben musste, so froh kann man irgendwie auch sein. Michael hat alles geopfert, um Lincoln zu retten. Diese brutalen Erfahrungen, die er dadurch gemacht hatte, haben ihn häufig schon leiden lassen und nur die Hoffnung auf ein gutes Ende hat ihn durch die Monate im Gefängnis und auf der Flucht getrieben. Als dann noch seine Krankheit hinzu kam, war schon abzusehen, dass die Autoren Michael befreien und den Heldentod sterben lassen. "Be the change you want to see in the world." Steht auf Michaels Grab und da muss man den Autoren auch mal zugestehen, dass man treffendere Worte kaum hätte finden können. Auch dadurch ist das Ende wirklich als gelungen anzusehen und zumindest eine kleine Entschädigung für die vielen unsinnigen Episoden zuvor. Die Fans bekommen ein Happy End inklusive einer Art Erlösung für den Hauptcharakter, der von allen die wenigstens Fehler gemacht und meist im Interesse aller anderen gehandelt hat. Er hat versucht, eine Welt zu verändern, in die er als Musterknabe und Idealist nicht reingepasst hat. Die Überlebenden werden ihm dafür auf ewig dankbar sein und damit auch dem Letzten noch eine Träne aus dem Auge kullern kann, läuft ein kleiner Michael durch die Gegend, der dank seines Vaters wohl ein schönes Leben vor sich haben wird. Ende gut, alles Gut. Danke!

Abschiedsfilm

Wie aber ist Michael gestorben? Lag es an seinem Tumor? Für die Beantwortung dieser Frage haben es sich die Autoren nicht nehmen lassen, noch einen Film an die Staffel anzuhängen, der ehrlich gesagt absolut überflüssig war. Einen Ausbruch sollte es aber noch geben, wahrscheinlich um den Serientitel noch mal aufrecht zu erhalten und ein Staffel-1–Feeling zu kreieren. Das war nur so offensichtlich, dass es keinerlei Freude bereiten konnte. Immerhin ist Gretchen noch mal aufgetaucht und hat als Charakter weiter Profil erhalten. Die entscheidende Frage wurde auch ordentlich beantwortet, zumindest für diejenigen, die sich die Serie nicht auf RTL angeschaut haben und diese Frage gar nicht stellen konnten (mehr in der Review). Michaels Tod wurde also noch mal nett inszeniert, die Liebe zu Sara deutlich und sein schlechtes Gewissen beruhigt. Nötig war das nicht mehr, aber ein finaler Ausbruch ist dann vielleicht doch der richtige Abschluss gewesen.

Fazit

Es ist nicht gelungen, mit der vierten Staffel wieder zur alten Qualität zurück zu finden. Zu einfach haben es sich die Autoren dafür gemacht, Spannung zu erzeugen. Auch die neuen Charaktere hatten nichts zu bieten. Immerhin kann man dem Ende eine gute Note geben.


Foto: Copyright: Twentieth Century Fox Home Entertainment
© Twentieth Century Fox Home Entertainment

Technische Details der DVD

Veröffentlichung: 2. Dezember 2009
Laufzeit: ca. 900 Minuten
FSK: ab 16 Jahren
Bildformat: 16:9 (1.77:1)
Tonformat: Deutsch (Dolby Digital 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1), Spanisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch, Polnisch

Bonusmaterial: Abblende. Die finale Episode; Der Plan, die Durchführung und die Kugel; Die Welt des Regisseurs; 9 Audiokommentare

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Emil Groth - myFanbase

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