Einer konnte es richten - Review Staffel 2

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Mit dem Ausbruch ist der Ausbruch noch nicht beendet. Das hat uns diese zweite Staffel ganz besonders klar gemacht. Die Flucht erweist sich als der weitaus schwierigere Teil.

Im Zickzack nach oben

An allen Ecken lauert die Gefahr und da die Vorgehensweise bei der Jagd sehr resolut war, gab es für die Flüchtigen wenig zu lachen. Dass sich die Wege der Einzelnen schnell trennten (manchmal auch ungewollt), war im Prinzip klar und ist bei einer Flucht auch sinnvoll. Den Autoren ist es dabei aber gelungen, die Geschichte so zu gestalten, dass sich die Wege immer wieder kreuzen. Diese Folgen waren sehr erfrischend, weil die Chemie zwischen den Flüchtlingen einfach stimmt. Aus Staffel 1 haben sie alle ihren Rucksack an Problemen untereinander mitgenommen und gerade diese Konflikte haben mich interessiert. Was wird aus der Freundschaft, aus der Feindschaft oder aus der Zweckgemeinschaft? Hier konnte gepunktet werden. Die einzelnen Handlungen wirkten eher wie kleine Spin-Offs, die an Tempo verloren. Mit Abruzzi ging es noch sehr schnell, aber schon Tweener hatte eine längere Geschichte, die nichts mit Michael, der Company oder allen anderen bedeutsamen Geschichten der ersten Staffel zu tun hatte.

Durch die Vielzahl der Handlungsstränge hat sich dann auch ein weiteres Problem ergeben. Wann wird was erzählt und wie macht man das interessant? Über mehrere Folgen lang wurde über die Geschichte eines einzelnen manchmal nichts erzählt. Wenn man aber gerade hier wissen wollte, wie es weiter geht, musste man auch mal drei Wochen warten. Bei C-Note hat mich das ziemlich gestört. Haywire hingegen hat mich nie wirklich interessiert und auch wenn man ihm eigentlich einen schönen Schluss geschrieben hat, so hat sich das für meine Verhältnisse viel zu lange hingezogen. Plötzlich tauchte er wieder auf, da hatte man fast vergessen, dass er auch noch auf der Flucht ist. Hier haben sich die Autoren irgendwie selbst verstrickt. Nicht selten kam einem der Eindruck, dass sie selbst nicht genau wussten, was sie zuerst erzählen sollen und welchen Zweck es genau haben soll.

Vielleicht spürten sie den Druck, einer sehr guten ersten Staffel Paroli bieten zu müssen, aber gerade im ersten Teil der zweiten Staffel haben sie sich wohl einfach übernommen, wollten viel zu viel und darunter litt die Qualität. Gerade in Sachen Logik und Sinn gab es einige derbe Fehler, die mir in der Form in Staffel 1 einfach nicht aufgefallen sind. Einige Handlungen waren nicht nachzuvollziehen, vieles wurde irgendwie in die Länge gezogen, es kam noch etwas dazwischen und wieder ein neues Problem, insgesamt einfach zu viele Zufälle. Der Eindruck verstärkte sich, dass auch die Macher der Serie noch nicht wussten, wie sie mit der zweiten Staffel zu verfahren haben. Gute Ansätze waren vorhanden, wurden aber zu Beginn seltsam umgesetzt. Das änderte sich aber bald.

Mitte der Staffel gab es dann einen Zeitpunkt, an dem man die Flucht im Prinzip für beendet erklären konnte. Das Geld war abgehakt, der eigentliche Plan größtenteils zunichte und es gab kein gemeinsames Ziel mehr. Jetzt kämpfte jeder auf eigene Faust. Natürlich wurden alle nach wie vor verfolgt, aber die Einstellung der Flüchtlinge ist eine andere geworden. Sie arbeiteten konkret an der Umsetzung ihrer Ziele. Michael und Lincoln nahmen ihr Glück in die Hand, Sucre hatte neuen Mut gefasst, T-Bag hat Susan aufgesucht und C-Note war fast bei seiner Familie. Die Geschichten wurden wieder konkreter. Jeder hatte ein Ziel, die Fronten waren klar. Man wusste, wer Mahone war, was er warum wollte, endlich kam etwas Licht hinter all das Dunkel. Für den Bruch gibt es keinen genauen Zeitpunkt, aber nach und nach hat die Staffel die Kurve gekriegt und sich positiv entwickelt. Die Aktionen waren nachvollziehbar, sie wurden auch wieder viel emotionaler und so konnte man als Zuschauer wieder viel besser mitleiden und mitfiebern. Die letzten Episoden reichten dann an die Qualität der ersten Staffel heran und bildeten für mich ein versöhnliches Ende mit einer durchwachsenen Staffel, die grundsätzlich spannend war, aber viele Angriffspunkte bot.

Highlights

Alexander Mahone

Wenn es einen Grund gab, warum mich vor allem die ersten Folgen nicht veranlasst haben, die Serie für mich zu beenden und mich anderen Aktivitäten zu widmen, dann ist es der Charakter des Alexander Mahone gewesen. Geheimnisvoll, verbissen und hochintelligent war er derjenige, der Michael auf die Schliche kam. Er hat es geschafft, ihn zu durchschauen, seine Pläne zu lesen und damit die Flucht extrem zu erschweren. Mit William Fichtner ist den Autoren auch noch ein echter Glücksgriff gelungen. Ein toller Schauspieler für eine tolle Rolle und schon wird es zum Selbstläufer. Mein Interesse an der Person konnte schnell geweckt werden und seine Befangenheit zwischen Täter- und Opferrolle machte sehr viel her.

MiSa

Auch das hat lange gebraucht, kam dann aber umso intensiver. Lange wirkte es für mich wie ein aufgedrängter Kitsch, weil jede Serie auch ein Pärchen benötigt, über das man diskutieren kann. Es gehörte für mich nie so richtig in die Serie. Die letzten Folgen haben mich dann aber eines besseren belehrt. Die intensive Emotionalität, die sich immer weiter ausbaute und vertiefte, hat der ganzen Geschichte/Serie eine andere Betrachtungsweise ermöglicht.

Emotionen

Überhaupt gab es schöne emotionale Momente in dieser Staffel. Michael und Lincoln nach dem Tod ihres Vaters war ein ebenso toller Moment, wie Michael und Sucre im Fluss. Auch T-Bags Geständnis vor Susan hat Eindruck hinterlassen und Kellermans Liebe zur Präsidentin, die seinen ganzen Antrieb ausmachte, ist ein schöner Abschnitt gewesen.

Fazit

Im Vergleich mit der ersten Staffel hat Staffel 2 eindeutig verloren. Zu viele Geschichten waren konstruiert und unlogisch und obwohl es trotzdem geschafft wurde, die Spannung durchweg zu halten, waren es einfach zu viele Ecken und Kanten. Erst im zweiten Teil der Staffel kam dann auch wieder das richtige Fieber auf, weil es richtig vorwärts ging, Beziehungen vertieft wurden und mit Mahone ein phantastischer Charakter gezeichnet wurde, für den es sich lohnt, die zweite Staffel ein weiteres Mal zu schauen.

Emil Groth - myFanbase