Bewertung

Review: #3.01 Ein neuer Tag

Foto: Julianna Margulies, Good Wife - Copyright: Paramount Pictures
Julianna Margulies, Good Wife
© Paramount Pictures

Es ist ein neuer Tag im Leben der Alicia Florrick und der Auftakt zur dritten Staffel macht klar, dass die Zeiten der Good Wife endgültig hinter ihr liegen. Denn nach der heißen Fahrstuhlfahrt und der Nacht im 8000 Dollar teueren Hotelzimmer von Alicia und Will, stehen die Zeichen auf Veränderung. Nicht nur hat Alicia einen neuen Haarschnitt, sie trägt sich anders, sie lächelt mehr und sie legt ein noch stärkeres Selbstvertrauen vor Gericht an den Tag, als wir es bis dato von ihr gewohnt waren.

A New Day

Die kleinen Zeichen dieser Entwicklung waren im Laufe der letzten beiden Jahre schon spürbar, aber nie wurde es so deutlich wie in #3.01 A New Day, dass Alicia nicht mehr über den Dingen steht. Die Erfahrung, sowohl als praktizierende Anwältin als auch aufgrund der Tatsache, dass Peter und sie nun getrennt sind, haben ihr gezeigt, dass es vergebliche Liebesmühe ist, die Welt in Schwarz und Weiß einzuteilen. Und ganz besonders, selbst nach Standards zu handeln, die kein anderer erfüllen kann. Diese Veränderung tritt sicher nicht nur wegen dieser einen Liebesnacht zutage, aber für eine Fernsehserie ist natürlich der erste Tag nach der Sommerpause (wobei in der Serienwelt selbst hier keine Zeit vergangen ist) der perfekte Zeitpunkt, ein neues Zeitalter einzuläuten.

Gerade Alicias Schachzüge im aktuellen Fall, in dem es um einen der kompliziertesten Gegensätze der aktuellen Weltpolitik geht, nämlich dem Nahost-Konflikt, sind geprägt von typischen Anwaltsmanövern, in denen sie keinerlei Unrechtsbewusstsein zeigt. Da wird der Zeuge angehalten unter Eid zu lügen, der Richter der Befangenheit beschuldigt, um einen nicht-jüdischen Richter zu erhalten und viele anderer kleiner Winkelzüge, die in einem unterhaltsamen Duell zwischen Alicia und Cary, stellvertretend für Peter ausgefochten werden. Hier bleibt die Serie gewohnt spitzfindig und clever und demonstriert wunderbar, wie man das neue Machtgefüge, mit Alicia und Lockhart/Gardner auf der einen Seite und Peter und der Staatsanwaltschaft samt Cary auf der anderen Seite für beste Unterhaltung nutzen will und kann.

Die Gegenüberstellung von Peter und Alicia nun auch in beruflicher Hinsicht beginnt jedenfalls schon einmal vielversprechend und man demonstriert, wie viel interessanter es werden kann, wenn diese beiden, sich intellektuell aber auch in der Frage der moralischen Überlegenheit ebenbürtigen Kontrahenten, sich gegenseitig herausfordern.

"What is this, ultimate Frisbee? We only win by making them lose?"

Der Fall an sich beinhaltet mal wieder an der Oberfläche ein heikles Thema von gesellschaftlicher Relevanz, wie bereits erwähnt den Hass zwischen Palästinensern und Israelis, und verwickelt diesen in guter alter (durchaus reichlich zynischer) "Good Wife"-Manier in eine kleine Fabel von Macht und Machtspielchen, in die Lockhart/Gardner, sowie deren neuer Kompagnon Eli Gold verwickelt sind. Dabei stellt sich das Verbrechen an sich als landläufiges Eifersuchtsdrama heraus, aber man lässt sich natürlich nicht die Gelegenheit entgehen, die Mechanismen der Einflussnahme, beginnend mit Peters Unterstützung der Muslime, die nun zu den Juden wechselt und Elis Ränkespielchen gegenüber der jüdischen Lobbyisten aufzuzeigen. Das bietet natürlich auch gleich eine gute Grundlage, um Elis neues Dasein innerhalb der Kanzlei einzuführen, auch wenn ich seinen Stil der Mitarbeitermotivation noch etwas gewöhnungsbedürftig fand. Alan Cumming vermittelt aber weiterhin einen Heidenspaß dabei und jeder Vorwand, Eli und Alicia öfter aufeinander loszulassen soll mir Recht sein.

Eli arbeitet auch weiterhin daran, Peter die politische Karriereleiter weiter nach oben klettern zu lassen, wobei der sich nun erstmal auf sein neues Amt konzentrieren möchte. Wie viel von Peters guten Vorsätzen, in seiner zweiten Amtszeit ein richtig guter Staatsanwalt zu sein, übrig bleibt, wird die Zeit zeigen. Nun rückt erst einmal die neue Ermittlerin Sophia Russo etwas in den Vordergrund. Mir leuchtet zwar nicht so ganz ein, was daran jetzt das besondere ist, schließlich hatte man mit Andrew Wiley, dem Ermittler/Superdad auch im letzten Jahr einen Detektiv am Start und Sophia selbst ist mir hier doch noch zu sehr als Sexbombe und Kalinda-Nachahmer in Szene gesetzt.

Strange Bedfellows

Apropos Kalinda: Als deren Gegenpol ist Sophia natürlich in erster Linie angelegt und so verbringt Sophia dann nach ihrer Vorstellung im Staatsanwaltschaftsbüro ("She's good and cheap.") die meiste Zeit der Episode als deren Schatten. Mir war das ganze doch etwas zu dick aufgetragen, zumal ich Sophias Motive, gerade am Ende der Episode, in der sie praktisch dem Team der Staatsanwaltschaft ein Eigentor verschafft hat, nicht so richtig nachvollziehen konnte. Klar, Peters neue Philosophie beinhaltet hoffentlich, dass auch nur der wahre Schuldige verurteilt wird, aber dass Sophia dabei dann die ganze Zeit hinter der Ermittlerin der Gegenseite hinterher dackelt und als einzige hervorstechende Eigenschaften "sexy aussehen" und "offizielle Autorität darstellen" vorzuweisen hat, ist für mich noch nicht das Gelbe vom Ei. Vielleicht kommt da in Zukunft noch mehr, aber momentan finde ich da die Versuche von Kalinda und Alicia, zu einer professionellen Zusammenarbeit nach ihrem großen Bruch zu finden, doch wesentlich interessanter. Ich bin froh, dass dies nun zumindest auf beruflicher Ebene halbwegs klappt, allerdings hätte ich von diesen beiden auch nichts anderes erwartet. Und dann wäre da natürlich noch die Szene am Ende in der Bar zwischen Kalinda und Will.

Baby Did a Bad Bad Thing

Aber um uns dieser zu widmen, müssen wir natürlich erst einmal auf das andere große, über der Episode schwebende Thema zu sprechen kommen. Damit meine ich natürlich den Status der Beziehung von Will und Alicia. Man hat es sich jedenfalls offensichtlich zur Aufgabe gesetzt, den Zuschauer damit so lange wie möglich auf die Folter zu spannen. Mit den triumphalen Einmärsche beider Protagonisten zu Chris Isaaks "Baby Did a Bad Bad Thing", seltsamen Schwingungen zwischen Will und Alicia in Dianes Anwesenheit und einer schmerzlichen Unterbrechung des klärenden Gespräches zwischen ihnen, hat man die Auflösung der Frage so lange wie möglich hinausgezögert. Nur um diese dann auf spektakuläre Art und Weise, nämlich mittels einer für Network-TV-Verhältnisse sehr eindeutigen und sehr heißen Sex-Szene zu tun (Holla, die Waldfee: "Diane thinks I'm going too hard on you. Am I? Going too hard?"). Anscheinend wird dies nun zu einer Tradition, schließlich begann man die zweite Staffel auch mit einem ähnlichen Paukenschlag, damals aber eben noch gemeinsam mit Peter.

Aber wo stehen nun Alicia und Will wirklich? Dass sie nur eine Nacht miteinander verbringen und dann wieder alles beim Alten ist, habe ich nie geglaubt, aber Wills Aussage Kalinda gegenüber: "Sometimes when I'm in the middle of an emotion, I just look at myself and realize I don't feel anything. I just like acting like someone who feels something." lässt den Zuschauer natürlich nachdenklich zurück. Manche Fans gehen sogar soweit und interpretieren in Kalinda und Wills Gespräch in der Bar noch mehr hinein, als freundschaftliche Gefühle. So etwas sehe ich da nicht, eher die Notwendigkeit der Serie, Wills Seite der Dinge einmal unabhängig von Alicia darzustellen. Zudem glaube ich auch daran, dass er sie wissen lässt (über die ungewöhnlich genaue Zeitangabe für seine bevorstehende Verabredung), mit wem er sich da trifft. Aber auch Alicias letzter Blick in den Spiegel, bevor Will an der Tür klopft, legt bemerkenswerte Veränderungen von aufrichtig glücklich bis zu stark besorgt zurück. Hier scheint Ärger im Paradies bevorzustehen.

Fazit

Hoffen wir also, dass die Aufklärung dieser Andeutungen nächste Woche erfolgen, bis dahin erfreue ich mich an der auf ganzer Linie gelungenen Rückkehr des meiner Meinung nach aktuell besten Network-Dramas im US-TV. Dazu gehörten auch wieder die kleinen Details, wie ein Richter, der Wert auf Street Credibility und bemerkenswertes Interesse an Waffeneigenschaften in Videospielen an den Tag legt. Lediglich Graces neue Nachhilfelehrerin löste bei mir eher Kopfschütteln aus, aber schauen wir einmal, was man damit noch vor hat.

Cindy Scholz - myFanbase

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