Bewertung

Review: #2.20 Brown Betty

Foto: John Noble, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
John Noble, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

Mit dieser Folge gönnt man den "Fringe"-Zuschauern eine Verschnaufpause. Nachdem die zweite Staffelhälfte ab #2.15 Jacksonville ein enormes Tempo vorgelegt hat und die letzte Folge darin gipfelte, dass Peter endlich herausgefunden hat, dass er aus dem alternativen Universum stammt, wartet die Serie mit #2.20 Brown Betty mit einer ganz besonderen Episode auf.

Bereits Wochen vor der Ausstrahlung als Musicalepisode angekündigt, hatten die Fans natürlich hohe Erwartungen an die Folge. Nicht zuletzt, da man bei dem Wort "Musicalfolge" sofort an eine solche Perle wie die "Buffy"-Episode #6.07 Noch einmal mit Gefühl denken muss. Auch andere Serien, wie beispielsweise "Scrubs", konnten mit Gesangseinlagen für wahre Highlights in der jeweils eigenen Seriengeschichte sorgen. Machen wir es aber kurz und schmerzlos: Nein, #2.20 Brown Betty ist nicht das erhoffte Highlight. Aber ja, dennoch ist diese Episode, was einige Aspekte anbelangt, etwas ganz Besonderes.

"You can tell a lot about a person by the music they listen to."

Es kommt natürlich darauf an, mit welchen Erwartungen man an die Folge geht. Leute, die Musicalepisoden lieben, werden wahrscheinlich beim ersten Mal Schauen die totale Enttäuschung erlebt haben, während andere, die mit Musicalfolgen rein gar nicht anfangen können, positiv überrascht gewesen sind. Denn #2.20 Brown Betty ist definitiv nicht das, was man als Musicalepisode bezeichnen kann. Dafür nehmen die Gesangseinlagen zu wenig Platz ein, sind generell recht kurz ausgefallen und verleihen einem nicht das typische Feeling. Die Episode ist viel mehr eine Hommage an alte Noir-Filme und kann mit der daraus resultierenden Optik absolut überzeugen, was vor allem auch daran lag, dass die Macher offenbar ihr Handwerk verstehen und mit einer tollen Kameraführung und einer schönen Lichtarbeit eine grandiose Atmosphäre erschufen, die einen durchaus in ihren Bann zog. Noch dazu sah Anna Torv in ihrem 40er-Jahre-Look fantastisch aus. Spaß gemacht haben auch die kleinen Details, die für ein Augenzwinkern sorgten, wie beispielsweise die riesigen, viereckigen Handys und die aus Holz bestehenden Laptops. Noch dazu natürlich Walters kunterbunt-verziertes Labor samt "Twister-Gene". Die unterschwellige Botschaft der Produzenten: Bitte nicht allzu ernst nehmen.

Wie bereits erwähnt, bot die Folge natürlich auch die erhofften Gesangseinlagen, die all unsere Hauptcharaktere, mit Ausnahme von Peter, zum Besten geben durften. Dabei wirkte keine einzige Musikeinlage auf irgendeine Art und Weise deplaziert oder gar lächerlich, sondern sorgten ebenfalls für einiges Schmunzeln und Augenzwinkern, wie zum Beispiel Astrid (bzw. Ester), die bei ihrem Einstellungsgesprächs verzweifelt "I hope I get it" singt, während Walters neuste Erfindungen, die singenden Leichen, genüsslich "Candy Man" daherposaunen. Einiges an Emotionen konnte hingegen Olivias Gesangspart herauslocken, als sie dem ohnmächtigen Peter "For Once In My Life" ins Ohr haucht. Eine vollständige Übersicht über die verwendeten Lieder erhaltet ihr übrigens in unserer Tracklist.

For once I can touch what my heart used to dream of.

Die Episode versteckt sich nicht nur hinter einem interessant konzipierten Erzählstil und einer gelungenen Optik, sondern bietet enorm viele Charaktereindrücke. Ich würde sogar fast behaupten, dass wir noch nie so tief im Inneren der Charaktere waren.

Im Vordergrund steht natürlich Walters Konflikt, da er von Peter zuvor verlassen wurde und ihn nun entsetzliche Schuldgefühle plagen. Drum passte die Geschichte um das gestohlene Herz wie die Faust aufs Auge und war selbstverständlich eine Metapher für Walters Gefühlslage. Jener sieht sich selbst als Schuldigen, ja gar als Bösen, da er in seinem Märchen eben selbst die Rolle des Schurken eingenommen hat. Denn ihn plagen nicht nur Schuldgefühle hinsichtlich Peter, sondern auch hinsichtlich den Geschehnissen in Jacksonville und den dort stattgefundenen Experimenten an Kindern. In Walters Geschichte ist er nämlich derjenige, der bereits 147 Kindern die Träume gestohlen hat. Noch dazu wirft sich Walter in seiner Geschichte vor, mit seinen Erfindungen mehr Leid als Gutes erschaffen zu haben. Auch Olivias Gefühlswelt wird ein wenig erläutert und in Walters Geschichte stehen wir einer Olivia Dunham gegenüber, die nicht mehr an die Liebe glaubt, nachdem sie jüngst von ihrer großen Liebe John Scott hintergangen wurde. Das ganze wiederum würde erklären, weshalb unsere Olivia eben ein so zurückhaltendes Wesen ist und es sich in Sache Liebe zwischen ihr und Peter so wenig tut. Ob das nun so ist, sei natürlich dahingestellt. Schließlich ist die ganze Geschichte geprägt von Walters Eindrücken, der natürlich nicht genau wissen kann, wie sich Olivia fühlt. Aber es ist ganz interessant zu sehen, dass es ihm offenbar nicht entgangen ist, dass zwischen Olivia und Peter zarte Anfänge einer Romanze stattgefunden haben.

Insgesamt betrachtet kann man fast sagen, dass diese Folge die gesamten wichtigen Elemente der Serie noch einmal zusammengepackt hat und uns so das doch recht große "Fringe"-Universum vor Augen führte. Denn es ist beachtlich, was in diesen 45 Minuten alles thematisiert bzw. angeschnitten wurde: Walters Vergangenheit samt all seiner Schuldgefühle, Olivias Beziehung mit John samt neuerlichen Annäherungen mit Peter, die zwielichtige Rolle der Beobachter, sowie die Rolle von "Massive Dynamic" und Nina Sharp und sogar William Bell wurde in die Story mit hineinintegriert.

Happy End(?)

Das Ende der Folge war natürlich noch einmal rührend, als sich Olivias Nichte Ella nicht zufrieden mit Walters Variante vom Ende der Geschichte zeigte, in der Peter Walter nicht verzeihen konnte und ihn zurückließ. Stattdessen beschließt sie, die Geschichte selbst umzukonstruieren, sodass Vater und Sohn am Ende wieder Frieden schließen und sich sogar das heißbegehrte Glasherz teilen. Walters Variante zeigt ganz klar, dass er wenig Hoffnung hat, dass sein Sohn ihm jemals verzeihen wird. Genauso wie es klar macht, dass Walter es seinem Sohn noch nicht mal Übel nehmen könnte. Deprimierende Aussichten …

Fazit

Man könnte #2.20 Brown Betty zwar als Stand-Alone-Folge sehen, da wir mit unserem Parallelweltenkrieg eine Pause eingelegt haben, aber wer der Ansicht ist, diese Episode sei nur ein Lückenfüller, der liegt meiner Meinung nach falsch. Viel mehr ist die Folge unglaublich wichtig, um Walters Gefühlswelt zu zeigen und gibt uns einen fantastischen Einblick darin, wie Walter seine Umgebung wahrnimmt und die Figuren momentan zueinander stehen. Voll gepackt mit versteckten Hinweisen und Anspielungen, unglaublich liebevoll und charmant inszeniert und mit einer tollen Atmosphäre und viel Liebe zum Detail konzipiert, ist diese Folge zwar nicht das große Highlight, auf das Musical-Fans seit dem „Buffy“-Musical warten, aber dennoch eines: eine Sache fürs Herz und eine ruhige Folge, bevor es nun Richtung Staffelfinale geht.

Dennoch lässt die Folge den Zuschauer unglaublich deprimiert zurück, will man doch einfach nur, dass zwischen Walter und Peter wieder alles gut wird. Drum hoffen wir also darauf, dass auch die Autoren ein schnellstmögliches Happy End planen und sich Ellas Vorschlag annehmen. Wäre es generell nicht oft schöner, würde man einfach mal ein kleines Mädchen an ein Drehbuch setzen?

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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