Bewertung

Review: #5.11 Einer von uns

Ganz oft wünsche ich mir bei "Chicago Med" persönlichere Geschichten der Hauptfiguren, die vor allem über die Patientenfälle transportiert werden. Dass dieser Wunsch in der aktuellen Episode gleich zweimal erfüllt wird, damit habe ich aber wahrlich nicht gerechnet und somit hatte ich schon eine wesentlich bessere Grundstimmung beim Schauen der Episode.

In einem Flugzeug ist es zu einem verheerenden Feuer gekommen, bei dem einige Passagiere schwer verletzt wurden. Das Chicago Med bekommt einen schwer verbrannten Patienten zugewiesen, bei dem mehrere Hinweise vermuten lassen, dass es sich um den Neurochirurgen Dr. Sam Abrams handelt. Diese Möglichkeit habe ich auch sofort für voll genommen, da "Chicago Med" den Tod von Hauptfiguren strikt meidet, dafür Nebenfiguren gerne mal mysteriös verschwinden oder über die Klippe gehen lässt. Warum also nicht auch Abrams? Durch diese Ausnahmesituation lernen wir auch etwas über das Privatleben des doch eher unnahbaren, dafür aber stets bissigen Arztes. Neben einer Tochter ist er frisch verheiratet und diese Frau ist deutlich jünger als er selbst. Es war ein großer Schock für sie, aber auch für uns Zuschauer, als es plötzlich hieß, dass Abrams zum Pflegefall wird und im besten Falle das Sprechen wieder erlernen kann. Michelle beschließt, dass die Geräte abgeschaltet werden sollen, was nun wiederum Dr. Ethan Choi auf den Plan holt.

Bei Ethan geht es mir ein wenig wie bei Dr. Will Halstead: beide können sich unheimlich schnell in eine Sache verbohren und daraufhin nicht mehr vernünftig denken. So nun auch bei Ethan, der sich darauf versteift, dass Michelle Abrams von Anfang ausnehmen wollte und nun froh ist, nach seinem Tod das Geld der Lebensversicherung einkassieren zu können, während Dr. Crockett Marcel den Wunsch respektieren will. Zugegeben, Michelle wurde tatsächlich sehr oberflächlich und vielleicht sogar kalkulierend dargestellt, aber trotzdem gab es für diese Annahme eben keine Beweise. Da war es dann eine große Überraschung, als Abrams plötzlich aus einem Taxi steigt und quicklebendig ist. Es war ein so unerwarteter Moment, der aber so perfekt auf Abrams Charakter geschrieben war. Sein verdutzter Blick, als alle ihn angucken wie einen Geist oder spätestens seine innere Freude, als Ethan ihm unbedingt seinen Verdacht unterjubeln muss. Wie er dann genüsslich offenbart, dass Michelle keineswegs auf sein Geld angewiesen ist, da sie viel mehr davon hat, das war wirklich einige Freudentränen wert. Brennan Brown spielt diese Rolle einfach fantastisch, aber auch Brian Tee, der schließlich bedröppelt angesichts dieser Offenbarung zurückbleibt, das ist schauspielerisch schon jetzt einer meiner liebsten Momente in der fünften Staffel.

Die andere persönliche Geschichte betrifft Geschäftsführerin Gwen Garrett. Als diese in der vierten Staffel oftmals schwanger zu sehen war, habe ich mir an dieser Stelle eine dramatische Geschichte erhofft, die wir aber nicht erhalten haben. Daher kam es vollkommen unerwartet, dass ihr acht Monate alter Sohn Devin nun plötzlich wieder zum Thema wurde und wie! Auch hier war der Überraschungseffekt groß, denn man sieht, wie Garrett zerstreut auf der Arbeit erscheint, mit dem Kopf bei fünf verschiedenen Tagespunkten und wer hätte da gedacht, dass sie ihr Kind im Auto vergessen hat? Diese Storyline ermöglicht endlich mal einen tieferen Blick auf Garrett, die tatsächlich Menschlichkeit zeigen darf. Es ist vermutlich die typische Geschichte einer erfolgreichen Frau, Hautfarbe lassen wir mal weg, die sich den beruflichen Aufstieg hart erarbeitet hat und die sich einen Panzer anlegt, um sich nur ja für niemanden angreifbar zu machen. Als sie nun aber Devin dadurch in Lebensgefahr bringt, bröckelt der Panzer plötzlich und darunter kommt eine verletzliche Frau wie jede andere zum Vorschein. Ihre gemeinsamen Momente mit Sharon Goodwin waren überraschend, aber sehr willkommen. Selbst ihren Wunsch, dass ihr baldiger Ex-Mann von dem Vorfall nichts erfahren soll, weil sie um das Sorgerecht fürchtet, fand ich nachvollziehbar. Umso trauriger, dass am Ende wieder alles umgekehrt wird. Sharon und Dr. Natalie Manning als behandelnde Ärztin verhalten sich ethisch, in dem sie Mark informieren, schaffen sich damit aber eine hart kämpfende Feindin. Auch wenn die Freude über diese Geschichte mit Garrett überwiegt, ist es doch auch etwas schade, dass der Rückschritt schnell erfolgt ist.

Unter Garretts Wandel muss dann nämlich Will leiden. Dieser ist aktuell wieder auf einem schmalen Grat unterwegs, bei ihm aber eher weniger überraschend, da er für sein Seelenheil immer schon alles riskiert hätte, sogar seine Freiheit. Der Tod seiner Patientin Lynne, der er Schmerzmedikamente verschrieben hat, wodurch sie abhängig geworden ist, beschäftigt ihn weiterhin und er kommt auf eine Idee. Er will das Chicago Med zum ersten Krankenhaus in den USA machen, in dem Drogenabhängige sich einen sicheren Schuss setzen können. Bei dieser Idee habe ich mir doch mehrfach die Augen gerieben, da sie für mich als Laie sehr absurd klang. Zum Glück wurde die Geschichte mit etwas mehr Fakten angereichert und auch Dr. Daniel Charles durfte sein eigenes Schicksal mit seinem drogenabhängigen jüngeren Bruder erzählen. Die Idee dahinter kann ich sehr gut nachvollziehen, aber trotzdem hat mir dabei doch das Bestreben gefehlt, den Patienten auch Maßnahmen für einen Entzug anzubieten. Es klang zu sehr so, als würde man den Süchtigen sagen: "Macht ihr mal, wir sind da für euch, wenn ihr uns braucht." Diese Maßnahme werden wir aber weiterhin ergründen können, da Garrett aufgrund ihrer Rachemotive für die Indiskretion den Aufsichtsrat negativ abstimmen lässt, so dass sich Will nun einen illegalen Weg suchen wird. Während dieses Projekt mich noch halbwegs interessiert, bin ich bei Will auf kriminellen Pfaden sehr unglücklich. Das hatten wir schon und es wird nun definitiv nicht neuer…

Die Geschwister Dr. Noah Sexton und April Sexton haben den wohl rundesten Patientenfall bekommen. Sie war mit dem Schicksal von Baby Maisie sehr emotional, hatte aber auch eine spannende Wendung parat, die der Geschichte eine andere Ebene gegeben hat, ohne ihr aber die Emotionalität zu nehmen. Der Fall war natürlich auf April zugeschnitten, die dadurch erkennt, dass künstliche Befruchtung auch das große Glück bescheren kann. Nun muss ich noch einmal auf Ethan und Marcel zurückkommen. Ersterer hat durch die Standpauke von Abrams seine Vorurteile um die Ohren gehauen bekommen und entschuldigt sich daher auch bei Marcel, weil er ihn ebenfalls in eine Schublade gesteckt hat, obwohl er ihn gar nicht kennt. Hierfür muss ich Ethan sehr loben, denn im Gegensatz zu Will gesteht er sich seine Fehler immer ein. Marcel wiederum hat sich bei dieser Entschuldigung etwas unwohl gefühlt, zurecht, denn er hat April schon sehr offensiv nachgestellt, obwohl er um ihre Beziehung wusste. Das wird den Konflikt nun sehr spannend machen. Inzwischen bin ich mir aber eigentlich sicher, dass April Marcel abgehakt hat, denn ihre Freude, doch noch eine Möglichkeit zu haben, mit Ethan ein Baby haben zu können, wirkte sehr echt.

Fazit

"Chicago Med" wird in dieser Woche bei gleich zwei Nebenfiguren sehr persönlich, jeweils garniert mit überraschenden Wendungen. Das habe ich bei der Arztserie schon lange nicht mehr erlebt, dafür Daumen hoch. Auch ansonsten war es eine sehr kurzweilige Episode mit neuen Entwicklungen, bei denen mir nur Will Kopfschmerzen bereitet. Somit ergibt sich insgesamt ein zufriedener Eindruck.

Lena Donth – myFanbase

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