Bewertung

Review: #4.15 Clouds

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Die Big Three gehen nach dem Ausflug in die Familienhütte wieder getrennte Wege und es ist erfreulich, dass wir nicht gleich wieder einen (großen) Zeitsprung erleben müssen, sondern die Handlungen und Probleme jedes Einzelnen eine direkte Fortsetzung erfahren.

Während man sich zuletzt für jeden der Geschwister eine ganze Folge Zeit nahm und das Aufeinandertreffen in der Hütte einen gemeinsamen inhaltlichen Bezug herstellte, fühlte sich diese Episode mit drei parallelen Erzählsträngen, gepaart mit den üblichen Flashbacks schon fast wieder zu gefüllt an. Eine gesunde, ausgewogene Balance will einfach nicht so recht gelingen. Auch inhaltlich lief nicht alles ganz rund, aber vor allem die Flashbacks gefielen mir dieses Mal ausgesprochen gut und machten die Schwächen rückblickend weitgehend vergessen.

"If it wasn't for me, this whole family would have fallen apart." - "Would they?"

Das Gespräch mit Kate und Kevin hat Randall offenbar doch noch dazu ermutigen können, einen Psychologen aufzusuchen oder in diesem Fall besser gesagt eine Psychologin. Das war längst überfällig, lief aber wie fast zu erwarten, auch nicht ohne Hindernisse ab. Dabei hatte ich nicht nur Schwierigkeiten mit der Art und Weise der Inszenierung, die uns bis zum Ende der Folge einen Blick auf Randalls Gesprächspartnerin vorenthielt. Das schaffte eine seltsame Distanz beim Zuschauen, die womöglich beabsichtigte, uns Zuschauern auch Randalls Distanz zu ihr zu verdeutlichen. Ich empfand das aber eher unangenehm beim Anschauen, eine Seite des Dialogs gar nicht zu Gesicht zu bekommen. Unangenehm ist mir aber auch Randalls Verhalten und fast noch schlimmer, die Überheblichkeit in seinen Worten über seine Familie aufgefallen. Natürlich haben wir in den Flashbacks wiederholt gesehen, wie Randall nach Jacks Tod den vernünftigen und verantwortungsvollen Sohn spielte und sich um Rebeccas Belange kümmerte. Die Einmischung in die Jobbewerbung seiner Mutter ist da sicher nur ein Beispiel von vielen. Dennoch finde ich es ziemlich anmaßend von ihm zu behaupten, ohne ihn wäre die Familie schon längst auseinandergebrochen. Während ich seine Begründung bei Kate in Bezug auf die Gegenwart aufgrund ihres sehbehinderten Kindes noch einigermaßen nachvollziehen kann, ärgere ich mich wirklich darüber, dass er Kevin nach wie vor für nicht verantwortungsvoll und verlässlich hält. Dabei war es doch gerade Kevin, der in schwierigen Momenten Randalls Bezugsperson war, sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart. Damit hat er doch erhebliche Sympathien verspielt und es fällt mir schwer, diese mit seinen Problemen und seiner Angst zu entschuldigen. Auch mit seinem fast schon respektlosen Verhalten gegenüber der Psychologin hatte ich so meine Probleme. Darüber hinaus war es nun auch nicht wirklich eine erzählerische Innovation, den Erstbesuch beim Psychologen so zu inszenieren, als wüsste man ganz genau, wie so eine Sitzung abläuft und somit ständig versucht ist, dessen mögliche Fragestellungen samt Antwort vorweg zu nehmen. Gleichzeitig war die Rage, die sich in Randall im Gesprächsverlauf unterstützt von den "Nebengeräuschen" in Form der Magazine im Wartezimmer, dem Bild an der Wand oder der Kaffeemaschine aufbaute ohne Frage toll von Sterling K. Brown gespielt, aber zugleich hat mich das alles auch unglaublich genervt. Gerettet hat diesen Handlungsstrang jedoch Beth, die Randall den Kopf geradegerückt hat und ihm vor Augen führte, warum es (für sie) so wichtig ist, dass er die Therapie angetreten hat und nun fortführt. Sie braucht Randall als ihren Ehemann und Ansprechpartner für ihre Ängste und Nöte. Auch sie hat nach dem Einbruch Angst, traut sich aber nicht, ihn damit noch zusätzlich zu belasten. Für mich ein ganz typischer und starker Beth-Moment, der mich als Zuschauer mitfühlen lässt und genau für solche Szenen liebe ich ihren Charakter.

"Please don't start treating me any differently, ok? I need the fun. I need the laughs. I'm serious Kevin. I need that part of you."

Durchweg gut gefielen mir dagegen die Szenen mit Rebecca und Kevin. Das gilt sowohl für die Gegenwart als auch für die Vergangenheit. Ich war froh, dass dem Vorenthalten der Informationen zu Rebeccas Erkrankung nach kurzer Ansprache kein größeres Gewicht zukam und wir stattdessen einfach schöne Mutter-Sohn-Momente gezeigt bekamen. Dabei war der Besuch des ehemaligen Hauses von Rebeccas Idol Joni Mitchell ein kleines Highlight mit einem passenden Bezug zu ihrer Vergangenheit mit Jack. Gleichzeitig war es schön zu sehen, wie Kevin die Begeisterung seiner Mutter zur Geschichte des Hauses und des Musik-Albums "Clouds" wahrnahm und sich daran erfreute, aber auf der anderen Seite auch eine sorgenvolle Sicht auf ihre bevorstehende Alzheimer-Diagnose entwickelte. Entgegen Randalls Erwartungshaltung entsprach er dann schließlich auch nicht Rebeccas Wunsch, den Arzttermin ausfallen zu lassen. Es zeigt sich also sehr wohl eine gewisse Reife in ihm, die ihm auch gut zu Gesicht steht und weitere Charaktertiefe verleiht, wenn man denn bereit ist, genauer hinter seine oft oberflächliche Fassade zu schauen. Daher finde ich es von Rebecca durchaus eine schwere Bürde, von ihm zu verlangen, sich ihr gegenüber nicht anders zu verhalten und weiter für die lustigen, unterhaltsamen Momente ihn ihrem Leben zu sorgen. Gelungen abgerundet wurde dieser Handlungsstrang mit den Flashbacks rund um Kevins Baseballkarten mit dem bis in die Gegenwart geschlagenen Bogen um den Kauf der einst so heiß von ihm begehrten Spielerkarte als Erinnerung an diesen Moment, der mit dem Brand des Familienhauses und dem einhergehenden Verlust seiner Sammlung in Vergessenheit geraten schien.

"What you and Toby have, what I dream of finding, is that intimacy. Letting people see the worst part of you without being scared. (…) But shouldn't Toby be able to express his deepest fears without punishment? Isn't that what marriage is?"

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet Madison zu solch tiefgründigen Analysen und Ratschlägen zur Ehe fähig sein würde? Dennoch trifft sie damit die Situation um Kates und Tobys Ehe mit dem Nagel auf den Kopf. Dabei kann ich Kates verhaltene Reaktion auf Tobys Entschuldigung und seine süße Geste mit der Einrichtung eines Musikstudios in der Garage samt Laufstall mit Kinderspielzeuginstrumenten für Jack durchaus nachvollziehen. Die Situation mit Baby Jack ist nicht einfach und mit Tobys Zurückhaltung und schließlich doch von ihm in Worten formulierten Offenheit fühlte sie sich allein gelassen. Dennoch hat Madison recht, dass es doch gerade diese Offenheit ihr gegenüber ausmacht, dass Toby sie als seine Ehefrau und Bezugsperson sieht, der er seine wahren Gefühle anvertrauen kann. Zugegebenermaßen hat er daraus lange auch ein Geheimnis gemacht, aber da sehe ich es ein wenig so wie bei Beth und Randall nur mit umgekehrten Rollen: er wollte ihr das nicht auch noch zusätzlich als Sorge aufladen. Daher war ich letztendlich auch froh, dass Kate nach dem Gespräch mit Madison einen Schritt auf Toby zugegangen ist und dies zumindest für den Moment eine Entspannung in die Ehe der beiden bringt. Ergänzt wurde das Ganze noch um schöne Blicke in die Zukunft, die Jack jr. in seiner Entwicklung als Musiker zeigten, die mit der Einrichtung des Garagen-Studios ihren Anfang nahmen.

Im Hinblick auf das gar nicht mehr weit entferne Staffelfinale und die uns bekannten, wenigen Informationen aus der Zukunft fällt es mir aber gerade bei dieser Episode schwer, diese mit den gegenwärtigen Ereignissen in Verbindung zu bringen. Soll Madison beispielsweise wirklich einmal die Mutter von Kevins Kind sein? Angesichts des bekannten Zeithorizonts gehen inzwischen langsam aber sicher die Alternativen aus. Und was ist mit Kate und Toby? Erleben wir gerade noch eine Annäherung, scheinen die beiden in der Zukunft doch getrennt zu sein. Außerdem hat Kevin offenbar doch oder noch nicht so ein großes Problem damit, dass insbesondere Randall ihm so lange Rebeccas Zustand vorenthalten hat. Dennoch wissen wir, dass sie ihren 40. Geburtstag nicht miteinander verbringen werden und man müsste doch meinen, dies könnte der Grund dafür sein. Aber vielleicht, oder lieber hoffentlich, geben uns die noch ausstehenden drei Folgen der laufenden Season darauf neue Antworten.

Fazit

Eine vollgepackte Episode, die in Bezug auf Randall unangenehm zu verfolgen war, jedoch durch Beth und vor allem den Szenen mit Kevin und Rebecca auch Highlights zu bieten hatte, die mich über die ein oder andere Schwäche hinwegsehen ließen. Gleichzeitig wurden die Weichen für die Handlungen in Richtung des herannahenden Staffelfinales gestellt. Ich hoffe, man findet nun auch die nötige Balance für die jeweiligen Geschichten und Charaktere und überfrachtet die Folgen nicht zu sehr.

Jan H. – myFanbase

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