Bewertung

Review: #1.15 Untiefen

Foto: Chrissy Metz, This is Us - Das ist Leben - Copyright: 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment
Chrissy Metz, This is Us - Das ist Leben
© 2017 Twentieth Century Fox Home Entertainment

Es geht mit großen Schritten auf das erste Staffelfinale zu und "This Is Us" muss aufpassen, dass es sich mit seiner derzeitigen Vielzahl an Geschichten nicht verheddert und zudem zu große Erwartungshaltungen aufbaut. Auch wenn alles rund um Kevin eine weitere Glanzstunde ablieferte, war das für mich die bislang schwächste Folge der noch immer jungen Seriengeschichte.

"Sometimes you remind me of him so much that the hair on my arm stands up. That's why it breaks my heart that you don't like me Kevin. Because when I am around you I feel I can get a little piece of my best friend back."

Die emotionalen Highlights lagen dieses Mal eindeutig auf Kevins Seite. Wobei hier zwei Szenen besonders hervorstechen, die beide großes Gänsehautpotential besitzen. Dabei nimmt Kevin unterschiedliche Positionen ein. Sehr berührend war vor allem das Gespräch mit Miguel, in dem Kevin weitgehend nur eine passive Rolle spielte und vor allem Miguel zu überzeugen wusste. Was war das für eine tolle posthume Laudatio auf seinen Freund Jack! Es zeichnet Miguel wirklich aus, wie lobend und ehrfürchtig er über Jack spricht. Das lässt wohl auch den Rückschluss zu, dass die Freundschaft der beiden bis zu Jacks Tod bestand hatte und Miguels Beziehung zu Rebecca auch erst danach entstand. Bislang wurde über dieses Kapitel stets geschwiegen und wir kannten nur insbesondere Kevins Reserviertheit gegenüber Miguel. Diese könnte sich nach diesem Gespräch nun ändern. Kevin fühlte sich von diesen lobenden Worten wohl überrumpelt und reagierte noch sehr verhalten. Dennoch hat in seinem Inneren sicherlich ein Umdenkprozess eingesetzt, der sich ja auch schon in seinem Handeln in Bezug auf Randall äußerte. Hier hat der Wandel bereits stattgefunden, wie uns durch den Blick zurück in die Vergangenheit noch einmal vor Augen geführt wurde. Offenbar mussten Kevins Probleme wiederholt Randalls bereits in jungen Jahren widerfahrenen Panikattacken hintenanstehen. Das führte auch nicht gerade zur Verbesserung ihres ohnehin schon angespannten Verhältnisses. Doch während Kevin ihm damals noch seine Hilfe und Zuspruch verweigerte, hat er in der Gegenwart die Anzeichen für Randalls Probleme erkannt und eilt ihm in seinem persönlich so wichtigen Moment der Theaterpremiere selbstlos zur Hilfe. Mit seiner Umarmung schuf Kevin einen weiteren emotionalen Höhepunkt dieser Episode.

So schön diese Szenen auch waren, verwundert mich jedoch ein wenig, wie das Gespräch mit Miguel zustande kam. Kevins Versuch, in Randall einen Gesprächspartner zu finden, kam da schon fast ähnlich überraschend wie die Tatsache, dass er es im Anschluss bei seiner Mutter versuchte. Wieso rief er eigentlich nicht bei Kate an, die sonst sein therapeutischer Ansprechpartner für alle Lebenskrisen ist? Es ist wirklich schade, dass die räumliche Trennung der Geschwister auch deren inniges Verhältnis nahezu komplett auf Eis gelegt hat. Die Interaktion der beiden war für mich stets ein Highlight seit Serienbeginn. Ein zusätzlicher Kritikpunkt ist für mich aber auch die überkonstruierte und auf die Spitze getriebene Situation, in der sich Kevin befindet, als er Randall zu Hilfe eilt. Auch wenn das insgesamt natürlich eine große Geste ist, die ihre (erste) Wirkung auch nicht verfehlt, so ist die Flucht von der eigenen Premiere zugunsten der Familie in diesem Moment doch etwas viel des Guten und hätte doch sicher auch aus einer weniger dramatischen Situation heraus entstehen können. Ich bin der Meinung, dass die Autoren hier ein wenig aufpassen müssen, solche Konstellationen nicht überzustrapazieren. In diesem Fall hat es sich für mich einfach nicht mehr richtig und realistisch angefühlt und dieses Gefühl sollte der Serie bitte nicht abhandenkommen.

Die eigentlichen Probleme der Folge liegen meines Erachtens aber auch an anderer Stelle. Anfangen will ich zunächst mit Kate. Ich bin zwar beruhigt, dass die Autoren vor einem möglichen Seitensprung mit Duke noch einmal die Kurve bekommen haben, aber die Tatsache, dass Kate letztendlich aus dem Diät-Camp fliegt, weil Duke der Sohn der Inhaber ist, ist doch etwas albern und kindisch. Wir sind hier doch nicht in einer Teenie-Soap, wo wohlhabende Eltern verwöhnter Bälger vielleicht mit solchen Entscheidungen aufwarten würden. Der Dreh funktioniert für mich leider überhaupt nicht. Im weiteren Verlauf wird es dann leider auch nicht besser, denn mir ist nach wie vor unverständlich, warum Kate sich gegenüber Toby nicht öffnen kann und umgekehrt ist mir schleierhaft, wie Toby sich damit weiterhin ohne große Widerstände abfinden kann, dass seine Verlobte ihm intime Details ihrer Vergangenheit nicht preisgeben kann. Wieso bitteschön ist es Kate nicht möglich, über den Tod ihres Vaters zu sprechen? Zum wiederholten Mal wird dieses Thema nun aufgegriffen und erneut ohne neue Details umschifft. Damit tun sich die Autoren meines Erachtens keinen Gefallen, baut dies inzwischen doch bei uns Zuschauern eine große Erwartungshaltung auf, die mit ihrer Enthüllung entweder nur enttäuschen kann oder noch schlimmer, so überzogen effektheischend daherkommen wird, dass dies die bislang stets hoch gehaltene Authentizität der Serie aushebeln könnte. In Anbetracht der wenigen Restzeit bis zum Staffelfinale werden wir wahrscheinlich nicht mehr lange auf eine Antwort warten müssen und ich wäre froh, wenn Kate bis dahin noch aufgehen würde, was sie mit Toby für einen tollen und mehr als verständnisvollen Partner an ihrer Seite hat, der ihre Aufmerksamkeit und insbesondere ihr Vertrauen verdient hat.

Inzwischen gab es ja schon vermehrte Hinweise darauf, dass die vermeintliche Bilderbuchehe von Rebecca und Jack den ein oder anderen Riss bekommen hat. Mit Rebeccas Wunsch, mit ihrer Band auf Tournee gehen zu können, strapaziert sie in meinen Augen Jacks Toleranz und Geduld aber doch etwas zu viel. Ihr Vorwurf an Jack, sie benötige nach 16 Jahren der Kindererziehung und des Hausfrauendaseins etwas Eigenes, ohne dass er ihr im Weg stehen würde, ist einfach nur ungerecht und egoistisch, schließlich hat auch Jack viele Opfer für seine Familie gebracht und sich diesen Anspruch nicht herausgenommen. Jacks vermeintliche Eifersucht auf Ben ist vielleicht tatsächlich etwas übertrieben, hat Rebecca ihm in den vergangenen Jahren nun wirklich keinen Anlass zur Eifersucht gegeben. Im Grunde genommen ist das aber auch nicht der entscheidende Punkt, sondern wohl doch vielmehr Rebeccas Abwesenheit zu einer Zeit, in der die Kinder sie eben doch noch benötigen und Jack seine Frau ebenso. Dass Jack seinen Ärger mit Alkohol runterspült ist hoffentlich nur dem Augenblick geschuldet und kein Anzeichen dafür, dass er diesem über längere Zeit verfällt und damit womöglich auch einen Zusammenhang zu dessen späteren Tod zulässt.

Negativ aufgefallen ist mir auch, wie viele Sachverhalte Randalls Situation beeinflussten. Als wäre der Stress auf der Arbeit in Verbindung mit Williams herannahenden Todes nicht schon genug, um Panikattacken auszulösen, so muss zeitgleich auch noch Beth' Mutter stürzen und damit die Kinder mit ihm allein sein, nein, William muss sich auch noch seiner Krankenpflegerin widersetzen und zeitgleich die Premiere von Kevins Stück anstehen. Das ist mir einfach zu überkonstruiert. Weniger ist mehr und hätte zumindest in diesem Fall die gleiche Reaktion hervorrufen können

Unabhängig von den inhaltlichen Kritikpunkten habe ich mich in dieser Folge aber auch mit der zeitlichen Einordnung der verschiedenen Handlungsstränge schwergetan. Insbesondere in Bezug auf die Theaterpremiere ging das doch jetzt alles etwas schnell von statten. Das scheint mir unrealistisch und allein der dramatischen Zuspitzung der Ereignisse geschuldet zu sein. Auch die Einführung von Sophie wird inzwischen etwas lieblos abgehandelt. Mir sind Kevin und Sophie fast schon zu sehr wieder miteinander vertraut. Wie viel Zeit ist da inzwischen eigentlich seit ihrem Wiedersehen vergangen? Und hieß es nicht auch, dass sie eigentlich jemanden datet und das ist jetzt plötzlich schon gar kein Thema mehr? Das soll jetzt nicht heißen, dass mir die Geschichte mit Sophie nicht gefällt, ganz im Gegenteil, ich hätte nur an dieser Stelle nicht auch noch diese Handlung in der ohnehin schon so inhaltlich vollgepackten Episode gebraucht und der Entwicklung lieber mehr Zeit an anderer Stelle eingeräumt.

Fazit

So emotional ergreifend Kevins Szenen mit Miguel und Randall auch waren, es täuscht nicht darüber hinweg, dass die Folge an anderen Stellen nicht zu überzeugen wusste. Mir persönlich werden aktuell einfach zu viele Geschichten auf einmal erzählt, die dann auch noch entweder zu schnell abgehandelt werden oder schon zu lange auf der Stelle treten. Dazu kommen überkonstruierte Spannungshöhepunkte, die gerne wieder etwas mehr "down to earth" erzählt werden dürfen. Ich hoffe sehr, dass man sich in Richtung Staffelfinale nicht zu viel vorgenommen hat, nur um mit einem möglichst großen Knall in die Pause gehen zu können. Das hat "This Is Us" in dieser Form doch gar nicht nötig.

Jan H. – myFanbase

Die Serie "This Is Us" ansehen:


Vorherige Review:
#1.14 Überraschungen
Alle ReviewsNächste Review:
#1.16 Die Rückkehr

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "This Is Us" über die Folge #1.15 Untiefen diskutieren.