Bewertung

Review: #4.12 Alkohol

Foto: Emily Kinney, The Walking Dead - Copyright: Gene Page/AMC
Emily Kinney, The Walking Dead
© Gene Page/AMC

Scott M. Gimple nimmt sich nach dem blutigen Ende er ersten Hälfte der Staffel nun enorm viel Zeit, um den noch verbliebenen Charakteren etwas mehr Profil zu geben. Konnten wir in der letzten Episode ein klein wenig mehr Einblick in das Seelenleben von Michonne gewinnen, so ist es nun Daryl, den wir näher kennen lernen.

"What the hell is wrong with you? Do you feel anything?"

Daryl und Beth sind noch immer im Wald unterwegs und versuchen in erster Linie zu überleben. Während Beth auch nach Tagen des Umherstreifens nicht die Hoffnung aufgegeben hat, ihre Familie und ihre Freunde wiederzusehen, so funktioniert Daryl nur noch. Sein Augenmerk ist einzig und alleine darauf gerichtet, irgendwie am Leben zu bleiben. Und so leben die beiden einen Tag für Tag, eine Nacht nach der anderen. Dass gerade Beth dies nicht genug ist und sie aus der Lethargie ausbrechen will, die Daryl ihnen auferlegt hat, ist verständlich, doch auch sie weiß nicht so recht, wohin der Weg sie eigentlich führen soll. Sie will ihre Familie, allen voran Maggie, finden, doch alleine schafft sie das nicht, und das weiß sie auch. Sie braucht Daryl, der sich jedoch emotional vollkommen zurückgezogen hat.

Die Idee, die ihr plötzlich kommt – nämlich, dass sie unbedingt einen Drink haben will – führt die beiden schließlich in einen Countryclub, in dem Beth nichts als Pfirsichschnaps und die Erkenntnis findet, dass sie Daryl anscheinend vollkommen gleichgültig zu sein scheint. Es ist ihr persönlicher Tiefpunkt, als sie an er Theke sitzt und auf die halbleere Flasche Schnaps blickt, wohl wissend, dass nichts mehr so ist wie vorher und wohl auch nie wieder so sein wird. Ihre Familie ist tot, ihr Vater wurde ermordet und ihre Schwester Maggie, zu der sie immer aufgeblickt hat, sieht sie höchstwahrscheinlich nie wieder. Und dann beginnt sie bitterlich zu weinen.

Daryl wirft ihr nur einen kurzen Blick zu und es scheint, als wäre er wütend auf sie. Er zertrümmert die Flasche Schnaps und fordert sie auf, ihm zu folgen. Im ersten Moment wirkt es nicht gerade sehr einfühlsam von Daryl, doch ich denke, er hat in diesem Moment erkannt, dass Beth dabei ist, aufzugeben, was er insgeheim nicht zulassen wollte.

"The Governor rolled right up to our gates. Maybe if I wouldn't have stopped looking. Maybe 'cause I gave up. That's on me."

In der Hütte, in die Daryl sie daraufhin führt, kommt es schließlich zu einer Aussprache zwischen den beiden. Beth hat sich etwas gefangen, ihren Kummer mit Schwarzgebranntem niedergedrückt und sucht nun ein letztes Mal Kontakt zu Daryl. Der reagiert unglaublich gereizt auf jeglichen Versuch von Beth, ihm näher kommen zu wollen, doch man merkt schnell, dass nicht Beths Einstellung ihn ärgert, sondern er eine viel größere Last mit sich herumträgt, die er einfach nicht aussprechen kann oder will. Und dann erreicht auch Daryl seinen persönlichen Tiefpunkt. Unter Tränen gesteht er sich selbst und auch Beth, dass er sich Vorwürfe macht, weil er das Massaker des Gouverneurs nicht verhindern konnte. Beth tut in diesem Moment das einzig richtige – sie umarmt Daryl, der daraufhin endlich seinen Schutzschild fallen lässt und zulässt, von Emotionen überwältigt zu werden.

Im anschließenden Gespräch der beiden auf der Veranda der heruntergekommenen Hütte, da gesteht Daryl Beth, dass er das Gefühl hat, sich nicht verändert zu haben. Wie vor der Apokalypse sieht er sich als heruntergekommener Mitläufer, der absolut keinen Wert hat. Dass er den anderen nicht helfen konnte, bestärkt ihn nur noch mehr. Daryl erzählt von seiner Zeit mit Merle und dem Gefühl, als Bruder versagt zu haben.

Es ist ein unglaublich kraftvoller Moment zwischen den beiden, weil sie beginnen, einander besser zu verstehen. Beth erkennt, dass Daryl enorme Schuldgefühle mit sich herumträgt, die seit dem Tod von Merle nur noch stärker geworden sind. Und Daryl erkennt, wie kindlich Beth doch ist, weil sie noch immer daran geglaubt hat, dass die Welt irgendwie wieder in Ordnung kommen könnte, wenn sie nur alle daran glauben. Beide wissen, dass es nicht gut ist und es sie innerlich auffrisst, an etwas zu hängen das Vergangenheit ist und sich nicht ändern oder wiederbringen lässt.

Als Zeichen ihres gemeinsamen Neuanfangs brennen Beth und Daryl am Ende die Hütte nieder und mit ihr auch die letzten negativen Gedanken an die Vergangenheit. Sie wagen den Schritt in eine Zukunft, die düsterer nicht sein könnte, die nun jedoch ihre Realität geworden ist.

Fazit

Ich liebe es, wenn die Show einen Gang zurück schaltet und sich Zeit für die Charaktere nimmt. Natürlich geht es dadurch keinen Deut weiter in der staffelübergreifenden Geschichte, aber das nimmt man angesichts der tollen Momente zwischen Beth und Daryl jederzeit gerne in Kauf. Es war ein wichtiger Schritt für die beiden, ein Stück ihrer Vergangenheit hinter sich zu lassen und nach vorne zu blicken in eine Zukunft die vielleicht nicht unbedingt rosig ist, die aber unvermeidlich ist.

Melanie Wolff - myFanabse

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