ABC – Experimente

Foto:

Bei den letztjährigen Upfronts hat ABC ein durchaus mutiges Programm präsentiert, man hat einiges gewagt und versucht neue Wege einzuschlagen. Nun ist der Zeitpunkt gekommen um abzuschätzen, welche der Vorhaben gelungen sind, und welche eher unter der Kategorie Misserfolg zu verbuchen sind.

Experiment: geglückt

Jahrelang hat ABC versucht, einen Erfolg im Comedy-Genre zu landen, und musste sich doch in den letzten Jahren immer wieder der Konkurrenz geschlagen geben: Quotentechnisch dem Marktführer CBS und dessen Montagsprogramm rund um "How I Met Your Mother", "Two and a Half Men" und "The Big Bang Theory"; was das Kritikerecho angeht NBC mit dessen Lieblingen "30 Rock" und "The Office". Aber in der Saison 2009/2010 hatte ABC endlich Erfolg in dieser Sparte. Mit "Modern Family", "Cougar Town" und "The Middle" hat fast der komplette, neu eingerichtete Mittwoch eingeschlagen wie eine Bombe und so hat man diese Serien schon frühzeitig für eine zweite Staffel verlängert. Lediglich "Hank" konnte mit seinen Mitstreitern nicht mithalten und wurde bereits nach wenigen Episoden wieder vom Bildschirm verbannt, was aber bei der wenig überzeugenden Qualität der Serie niemanden verwundert. Das Experiment, mittwochs voll und ganz auf Sitcoms zu setzen, kann man nur als vollen Erfolg bezeichnen, nun muss man sehen, wie sich die Neulinge im kritischen zweiten Jahr schlagen werden.

Neben diesen überzeugenden Neustarts kann sich ABC auch weiterhin auf seine alten Erfolgsgaranten verlassen: "Desperate Housewives", "Grey’s Anatomy", und "Brothers & Sisters" sind erfolgreich wie eh und je und somit eine feste Bank im Programm von The Alphabet. Auch "Private Practice" hat sich auf dem Sendeplatz am Donnerstag und dank einiger strategischer Crossover-Episoden mit der Mutterserie bewährt. Keine dieser Shows hat bisher offiziell die Verlängerung erhalten, aber dies ist nur reine Formsache und sicher auf Detailverhandlungen hinter den Kulissen zurückzuführen. So scheint bei "Desperate Housewives" momentan ein Endzeitpunkt nach Staffel 8 im Raum zu stehen und bei "Brothers & Sisters" einiges am Personalkarussell gedreht zu werden. Auch "Grey’s Anatomy" versucht langsam sein Personal auszutauschen und dem Modell "Emergency Room" nachzuahmen, um wohl länger glaubwürdig im Programm bleiben zu können.

Zu den etablierten Erfolgsgaranten hat sich über den Winter leise, still und heimlich Nathan Fillions Show "Castle" gesellt, die durch clevere Promotion und konstant hohe Qualität ihre Quoten enorm steigern konnte und mittlerweile ein richtiger Hit geworden ist. So war es keine Überraschung, dass ABC der Serie vorzeitig grünes Licht für eine volle dritte Staffel gewährte.

Und dann ist da natürlich noch "Lost", im Moment das Thema schlechthin für die viele Serienfans. Das Finale am 23. Mai ist sicherlich DAS TV-Ereignis der Saison und wird vom Sender auch entsprechend genutzt. Die Werbepreise für einen Spot im Umfeld des Finales schießen in die Höhe und ABC widmet dem Ereignis einen ganzen Fernsehabend, mit Vor- und Nachberichterstattung. Es heißt also Abschied nehmen von den verschollenen Losties, was ABC wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge tun wird.

Experiment: gescheitert

Im Zusammenhang mit "Lost" steht auch das Thema, auf dass der Sender wohl eher mit Sorge blicken wird. So hat man versucht, einen thematischen Nachfolger für die Serie zu finden, aber das Projekt wurde offensichtlich völlig falsch angegangen. Denn die beiden hochgehypten Mystery- bzw. Sci-Fi-Ensemble-Dramen "FlashForward" und "V" sind enorm hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Nach zunächst sehr guten Quoten und durchaus wohlwollendem Kritikerecho schlitterten beide Serien ins Chaos hinter den Kulissen, Showrunner wurden ausgetauscht und auch vor der Kamera waren die Probleme deutlich zu spüren und die inhaltliche Qualität war wenig überzeugend. So war es kein Wunder, dass die Zuschauer sich abwendeten und mittlerweile beide Shows - nach monatelanger Abstinenz, die ihnen sicher auch nicht gut getan hat - mit desaströsen Quoten zu kämpfen haben. Insider gehen nun davon aus, dass nur einer der beiden Kandidaten überleben wird, mit leichten Vorteilen für "V". Es ist eines der spannendsten Themen der diesjährigen Upfronts, wie ABC dieses Problem letztendlich lösen wird.

Aber der Sender hat auch noch einige andere Baustellen. "Alles Betty" wurde bei den letztjährigen Upfronts auf den Freitagstodesslot verbannt und mittlerweile vom Sender offiziell beendet. Das Finale flimmerte bereits am 14. April über die amerikanischen Bildschirme. Die Dramaserie "Eastwick", die zusammen mit den erfolgreichen Comedys am Mittwochabend anlief, wurde nach wenigen Ausgaben eingestellt, was aber aufgrund schlechter Qualität völlig gerechtfertigt war. Auch der Versuch, das Anwaltsseriengenre mit dem Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel à la "Grey's Anatomy" zu kombinieren ist mit der Serie "The Deep End" gnadenlos gescheitert. Hier gehen alle Brancheninsider von einer Absetzung aus. Lediglich die Christian-Slater-Serie "The Forgotten" hat noch eine geringe Chance auf Fortsetzung, zwar waren auch hier die Kritiken und Quoten eher mau, aber auch nicht so schlecht, dass man nicht über eine zweite Chance in der kommenden Saison reden könnte.

Die beiden Comedy-Formate, die ABC im Winter am Dienstag programmiert hatte, "Better Off Ted" und "Scrubs", haben dagegen nur äußerst geringe Überlebenschancen. Inhaltlich ist das besonders bei ersterer Serie sehr bedauerlich, ist "Better Off Ted" doch eine der witzigsten Comedys, die das amerikanische TV derzeit zu bieten hat. Aber leider sieht das wohl nur ein äußerst geringer Prozentsatz der Zuschauer so, denn die Quoten sind indiskutabel und so wird ABC wohl keine andere Wahl haben, als die Show zu canceln. "Scrubs" hat man im letzten Jahr bereits zum zweiten Mal von den Toten wieder auferweckt, und dass sogar, nachdem die 8. Staffel wie ein Serienfinale zu Ende ging. Der Versuch, mit neuen Gesichtern aber alten Namen fortzufahren, ist leider nicht gelungen, so geht man auch hier von einer Absetzung aus.

Neue Experimente

Auch in diesem Jahr hat ABC wieder einiges an neuem Material in Auftrag gegeben, allein elf Piloten im Drama-Segment und zwölf neue Comedy-Formate ringen um die Plätze im Sendeplan 2010/2011. Darunter befinden sich einige Serien mit bekannten Gesichtern: Laura Prepon und Tony Hale in "Akward Situations for Men"; Sarah Chalke in "Freshman"; Elisha Cuthbert, Zachary Knighton und Eliza Coupe mit "Happy Endings" und die Rückkehr von "Friends"-Star Matthew Perry ("Mr. Sunshine"). Auch Sophia Bush hätte nach dem möglichen Ende von "One Tree Hill" eine Möglichkeit, in "Southern Discomfort" neben Don Johnson zu drehen, wenn die Serie den Sprung ins Programm schafft.

Shonda Rhimes ist im Projekt "Off the Map", bei dem wieder einmal Mediziner im Fokus stehen, involviert und auch Jerry Bruckheimer hat einen neuen Piloten am Start: das Anwalts-Procedural "The Whole Truth". Greg Berlanti hat eine neue Superheldenserie namens "No Ordinary Family" in der Entwicklungsphase, die mit Julie Benz, Autumn Reeser und Tate Donovan einige altbekannte Gesichter auf die Bildschirme zurückbringen würde. In "Matadors" gäbe es ein Wiedersehen mit Zach Gilford, "Body of Proof" (vormals "Body of Evidence") hat neben Dana Delany unter anderem Jeri Ryan im Cast. Es bleibt spannend, welches der Projekte den Sprung ins Programm bei ABC schaffen wird.

Stichtag: 18. Mai

ABC hat seine Position als Nummer Zwei im amerikanischen TV-Geschäft fest verankert, daran werden auch die diesjährigen Upfronts nichts ändern. Man hat ein solides Programm, das einige Erfolge aufweisen kann. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, welche Akzente man am 18. Mai für die kommende Saison setzen wird.

Cindy Scholz - myFanbase

Zurück zur Hauptübersicht