Review: #7.18 Der Song hinter dem Song
Dass eine langlebige Fernsehserie irgendwann einmal eine Musical-Episode auf die Beine stellt, gehört in der TV-Branche ja mittlerweile schon zum guten Ton. Auch "Grey's Anatomy" entzieht sich dem Trend nicht und setzt dabei vor allem auf die Gesangskünste von Sara Ramirez. Originell sind Musical-Episoden natürlich längst nicht mehr und auch das Motiv eines zwischen Leben und Tod schwebenden Mitglieds einer Krankenhausbelegschaft, das plötzlich Visionen von seinen singenden Kollegen hat, gab es bereit 14 Jahre zuvor in der Serie "Chicago Hope". Damals war es ein Arzt mit einer Hirnblutung, in "Grey's Anatomy" ist es nun Autounfallopfer Dr. Callie Torres.
Was mich betrifft, so wäre ich ganz sicher nicht traurig gewesen, wenn "Grey's Anatomy" darauf verzichtet hätte, ein Musical zu inszenieren. Ich bin kein Musical-Fan und finde es zumeist einfach nur nervig, wenn irgendwelche Charaktere mitten in der Handlung plötzlich singen und tanzen, egal ob sie es nun gut können oder nicht. Als treue Stammzuschauerin habe ich der Musical-Episode nichtsdestotrotz eine, wie ich finde, faire Chance gegeben. Zu Nutzen wusste sie es nicht. An meinen negativen Eindrücken sind wohlgemerkt nicht die Gesangskünste der Darsteller Schuld, sondern die verschiedenen Einzelteile, aus denen sich diese Folge zusammensetzt. Das Musical entpuppt sich als eine Event-Episode, in die mehr hineingestopft wurde als nötig. Vieles ist für meinen Geschmack nicht stimmig und wirkt einfach zu erzwungen.
Als ziemlich sinnlos erweist sich beispielsweise der Auftritt von Addison. Da sie ohnehin der einzige ehemalige Hauptcharakter ist, der gelegentlich bei "Grey's Anatomy" vorbeischaut, und wir sie sowieso jede Woche in "Private Practice" sehen können, entfaltet ihr kurzer Abstecher nach Seattle keinerlei Wirkung. Sie geht ziemlich schnell in der Masse der gut 15 Ärzte, die gleichzeitig an Callie und dem Baby arbeiten, unter und erreicht im Grunde nur Lucys Demontage. Lucy ist damit ebenfalls ein kritischer Punkt dieser Episode. Zuerst gibt sie zu, mit der Situation überfordert zu sein, ist dann aber angefressen, als Addison gerufen wird. Addison wiederum vermittelt uns den Eindruck, dass Lucy gar nichts richtig gemacht hat. Welche Erkenntnisse sollen wir daraus nun mitnehmen? Dass Lucy entgegen unserer bisherigen Wahrnehmung inkompetent ist und keine Zukunft im Seattle Grace/Mercy West hat? Oder wurde Lucy nur mal eben kurz für Addison geopfert und ist ab der nächsten Folge wieder eines der Juwele des Krankenhauses?
Gleichfalls nicht überzeugt hat mich der Bruch zwischen Cristina und Teddy, der doch aus ziemlich heiterem Himmel kommt. Gut, die beiden Herz-Spezialistinnen sind bei Callies Behandlung verschiedener Meinung und Cristina setzt sich durch, aber ist das wirklich ein Grund für Teddy, ihre bisherige Lieblingsschülerin gleich von der Schule zu schmeißen? Zuletzt gab es keine Probleme zwischen Teddy und Cristina, warum also reagiert die erfahrene Herzchirurgin plötzlich so hart? Auf mich macht Teddy hier irgendwie einen eingeschnappten, kleinlichen Eindruck, den ich nicht wirklich nachvollziehen kann und der nicht zu der bisherigen Entwicklung zwischen ihr und Cristina passt, aber vielleicht geben uns die kommenden Folgen da mehr Aufschluss.
Insgesamt hat mich die geballte Emotionalität dieser Episode eher abgeschreckt als berührt. Mir hat hier letztlich genau das gefehlt, was mir in Musicals fast immer fehlt: Natürlichkeit, Realismus, Nachvollziehbarkeit. Eine der wenigen Ausnahmen ist die (gesangsfreie!) Szene mit Meredith und Derek im Fahrstuhl, die sehr ehrlich rüberkommt und bewegt, ohne aufdringlich zu sein.
Auf eine einfache Formel gebracht, ist diese Musical-Episode für die Einen ein echtes Highlight und für die Anderen ein unnötiges Experiment, das der Serie nicht schadet, aber das man gedanklich schnell wieder abharkt. Werfen wir stattdessen einfach mal einen Blick in die (mögliche) Zukunft. Baby Girl Sloan/Torres/Robbins ist auf der Welt, aber viel zu früh. Sie ist kaum größer als ein Löffel und muss noch um ihr Überleben kämpfen. Es wäre wirklich fies von Shonda Rhimes, das kleine Löffelchen doch noch sterben zu lassen, aber Fiesheit steht bei Serienmachern bekanntlich in der Stellenbeschreibung. Trotzdem gebe ich mich einfach mal der Hoffnung hin, dass für die neue Familie nun ein paar gute Zeiten anbrechen. In der siebten Staffel ist die Serie durchaus reif für ein Baby ... oder zwei. Man gönnt nämlich auch Meredith und Derek das Elternglück mehr denn je.
Maret Hosemann – myFanbase
Die Serie "Grey's Anatomy - Die jungen Ärzte" ansehen:
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Diskussion zu dieser Episode
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Song Beneath the SongErstausstrahlung (US): 31.03.2011
Erstausstrahlung (DE): 20.07.2011
Regie: Tony Phelan
Drehbuch: Shonda Rhimes
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