Bewertung

Review: #6.04 Das Buch des Fremden

Foto: Sophie Turner, Game of Thrones - Copyright: Helen Sloan/HBO
Sophie Turner, Game of Thrones
© Helen Sloan/HBO

Wow, die Episode #6.04 Das Buch des Fremden hatte es wirklich in sich! Von der emotionalen Anfangsszene bis hin zur Gänsehaut-Schlusssequenz war ich gefesselt. Dass man jede Handlung ein Stück voran bringt und dabei einen Großteil der Westeros-Geschehnisse miteinander zu verknüpfen scheint, ist in meinen Augen eine großartige Idee.

"We never should've left Winterfell."

Zuerst dachte ich, dass die Episode etwas schwächer als die vorangegangenen startet, da die sich anbahnende Diskussion rund um Jon Schnees Verlassen der Nachtwache auf mich nicht allzu verlockend wirkte. Daher empfand ich die plötzliche Wendung als umso gelungener, da die Autoren bewiesen, dass sie zu jedem Zeitpunkt der Episode für große Gefühle sorgen können.

In dieser Episode gab es ein großes Wiedersehen von zwei Menschen, die sich nahe standen, ohne sich dabei wirklich verbunden gewesen zu sein. Die Rede ist natürlich von Jon und Sansa Stark, die jahrelang als Bruder und Schwester aufwuchsen, an sich aber nie viel gemeinsam hatten und den unterschiedlichsten Zukunftsperspektiven entgegenblicken, als sie sich zum letzten Mal sahen. In der ersten Staffel war Sansa eine verwöhnte Göre, die nichts lieber wollte, als einen reichen und hübschen jungen Mann, während Jon genau wusste, dass sein Dasein als Bastard ihm nie Ruhm und Ehre bringen kann, weshalb er zur Mauer aufbrach. In der seither vergangenen Zeit hat sich bei beiden Charakteren so viel verändert und sie sehen die Welt nun mit anderen Augen. Ihre Andersartigkeit bleibt beim Wiedersehen allerdings erst einmal außen vor und man kann nicht anders, als die wortlose Begegnung der beiden zu bestaunen. Niemals hätten sie wohl gedacht, einander wieder zu sehen, besonders nachdem ihre Familie in den vergangenen Jahren so zahlreiche Verluste hinnehmen musste. Doch obwohl sich Jon und Sansa nie nahe standen, entsteht bei der Umarmung der beiden kein befremdliches Gefühl, ganz im Gegenteil man freut sich einfach nur, dass die beiden in dieser schwierigen Lebenslage eine Schulter zum Anlehnen gefunden haben.

Auch die Wendung, die das Treffen zwischen den beiden genommen hat, empfand ich als sehr gelungen, da man sofort aufzeigt, in welche Richtung sich die Geschichte fortan entwickeln wird. Dabei macht es nicht nur Spaß, Sansa endlich einmal ihren Standpunkt vertreten zu sehen, und dass nicht wenn es um Belanglosigkeiten, sondern wichtige Entscheidungen geht, es ist genau so faszinierend zu erleben, dass das Nachbeben in Jon nach seinem Tod und der Auferstehung noch immer nicht abgeklungen ist. Der Verrat seiner eigenen Männer nagt schwer an Jon, was für eine so pflichtbewusste und aufrichtige Person wie ihn äußerst verständlich ist.

Das Mittel, das die Autoren daher nutzen, um Jon wieder auf Kurs zu bringen, ist dabei nicht nur effektiv, sondern verursacht auch einen enormen Nervenkitzel. Ganz besonders nach dem kaltblütigen Mord an Osha sehen die Chancen für Rickon Stark in der Gewalt von Ramsay Bolton sehr schlecht aus. Ich bezweifle nicht, dass er überleben wird, doch wir haben ja bereits am Beispiel von Theon Graufreud gesehen, was Ramsay aus einem Menschen machen kann. Als Jon und Sansa Ramsays Brief vorgelesen haben und man sich die angedrohten Details in den blutig schillernden Farben ausgemalt hat, überlief mich sofort ein kalter Schauer.

Nun scheint es beinahe beschlossene Sache zu sein, dass Jon mit seinen Männern und den Wildlingen nach Winterfell marschiert, um Rickon zu befreien, während es auch ein Wiedersehen mit Kleinfinger gab, der Pläne in eine ähnliche Richtung zu schmieden scheint. Noch immer ist Kleinfinger ein Meister der Manipulation und kann Robin Arryn, der noch immer der gleiche einfältige Junge zu sein scheint, sofort in die gewünschte Richtung lenken. Ich stelle es mir sehr interessant vor, zu sehen, wie sich diese beiden Geschichten verknüpfen werden und freue mich darauf, dass man die Handlungen vielleicht bald zusammenführt.

Neben dem Wiedersehen von Jon und Sansa gab es an der Mauer ein nicht weniger wichtigeres und emotionales Treffen. Anders als bei den Jon und Sansa verlief die Begegnung zwischen Brienne von Tarth, Melisandre und Davos Seewert allerdings nicht halb so friedlich, da die drei von Anfang an auf verschiedenen Seiten standen. Der bedrohliche Unterton in Briennes Stimme und die Leichtfertigkeit, mit der sie über den Mord an Stannis Baratheon sprach, sorgten daher für ein äußerst mulmiges Gefühl, das verspricht, dass es sicher noch zu einer handfesten Konfrontation zwischen ihnen kommen wird.

"Many will die no matter what we do. Better them than us."

Nach dem umfassenden Spannungskitzel wirkte die Handlung in Königsmund für mich etwas weniger stark, dennoch bringt man die Geschichte dort mit großen Schritten voran, wodurch auch dort ein positiver Eindruck bleibt. Auch diese Storyline war vom Thema Wiedersehen geprägt und so konnte Margaery endlich ihren Bruder Loras Tyrell in die Arme schließen. Bereits in den vorangegangenen Staffeln konnten wir sehen, dass Margaery bei den beiden die Hosen an hat und Loras erklärt, wie er sich zu verhalten hat. Dass Margaery sich von der Gefangenschaft nicht unterkriegen lässt und ihren eisernen Willen beibehält, war zu erwarten und ich finde es sehr gut, dass die Autoren dies unterstrichen haben, indem sie uns im Gegensatz dazu den gebrochenen Loras zeigten. Wie man die beiden nun aus ihrer misslichen Lage befreit, bleibt abzuwarten und man kündigt uns auch hier einen Kampf an. Dabei stellt sich natürlich auch noch die Frage, wie ernst es Cersei mit der Rettung ihrer Schwiegertochter meint. Es steht außer Frage, dass sie Margaery nicht aus Liebe befreien will, weshalb es an sich nur um die Ehre gehen kann und darum, den Ruf des Königshauses nicht weiter in den Dreck zu ziehen.

"You are small men. None of you are fit to lead the Dothraki. But I am. So I will."

Die Handlung in Essos kam in der letzten Zeit nur langsam voran, da man uns besonders in Meereen mit einer Konstellation aus verschiedenen Charakteren zurück ließ, die einfach nicht zu einander passen wollen. Wie unterschiedlich Tyrion Lannister, Missandei und Grauer Wurm sind, wurde auch in dieser Episode wieder aufgegriffen, doch während man sich beim letzten Mal darauf besann, lustige Konversation zu machen, nimmt man nun in Sachen Handlung einen Schritt nach vorn in Angriff, wodurch die ungleichen Protagonisten aneinander geraten. Da Missandei und Grauer Wurm diese Form von Politik nicht gewohnt sind, war es wenig überraschend, dass sie nicht mit Tyrions Herangehensweise einverstanden waren. Das eingespielte Team rund um Daenerys Targaryen existiert nun in dieser Konstellation nicht mehr und es zeichnet sich ab, dass ihre Anhänger und Tyrion wohl noch einige Meinungsverschiedenheiten vor sich haben.

Während man durch Meereen schon merkt, dass die Spannung nun wieder anzieht, vertieft sich das Gefühl, als die Handlung sich zu Daenerys und den Dosh Khaleen verlagert. Wir kennen es von Daenerys gut, dass sie eindrucksvolle Reden schwingen kann, was besonders in der fremden Sprache noch um einiges gefährlicher klingt. In der Verhandlung über ihre Zukunft stellt Daenerys daher einmal mehr unter Beweis, wie sehr sie Männer verachtet, die sie und ihren Feldzug behindern wollen. Als sie umher ging und sich dann zwischen den Feuerkörben wiederfand, war mir klar, dass diese Episode mit einem Knall enden wird, da nicht nur das Zittern der Flammen immer bedrohlicher wirkte, sondern auch das Glühen in Daenerys' Augen einen gefährlichen Unterton annahm. Wie schon in der ersten Staffel bewies Daenerys, dass ihr das Feuer nichts antun kann und so brennt sie mit einem Lächeln ihre Feinde nieder, während die Flammen sie selbst nicht einmal zu kitzeln scheinen. Als sie dann aus dem lodernden Haus heraustritt und vor Stärke nur so strotzt, können die Dothraki nicht anders, als sich vor ihr zu verneigen und man kreiert eine äußerst beeindruckende Szene. Man verabschiedet sich mit einem bildgewaltigen Knall in die nächste Woche!

Kurze Eindrücke

  • Zu den Eiseninseln haben wir in dieser Episode nur einen sehr kurzen Ausflug gemacht, der neben den langen Handlungen an der Mauer und in Essos beinahe untergegangen ist. Dennoch war es gut zu sehen, dass man Theon nicht vergessen hat und dass er wohlbehalten in seine Heimat zurückgekehrt ist.
  • Bisher konnte ich mir nicht vorstellen, dass Brienne einmal einen Mann finden wird, doch ein Wildling wie der kräftige Tormund würde durchaus gut zu ihr passen, oder?

Fazit

Für mich war das die bisher beste Folge der sechsten Staffel und ich wüsste nicht, was man in dieser Episode hätte besser machen können. Sowohl die emotionalen Szenen mit Jon und Sansa als auch die Schlussszene mit Daenerys war fantastisch.

Marie Florschütz - myFanbase

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