Bewertung

Review: #2.15 Jacksonville

Foto: Anna Torv, Fringe - Copyright: Warner Bros. Entertainment Inc.
Anna Torv, Fringe
© Warner Bros. Entertainment Inc.

First of all: Was zum Teufel ist denn mit den Verantwortlichen des US-Networks FOX los?! Nicht nur, dass sie wahrscheinlich schon den Hass sämtlicher "Glee"-Anhänger auf sich gezogen haben, nachdem der Sender die Serie in eine viermonatige Pause geschickt hat. Jetzt werden sie wohl auch bei allen "Fringe"-Fans einen Groll verursacht haben, da die Serie mit dieser Folge in den USA in eine achtwöchige Pause ging (mal abgesehen davon, dass alle Fans der Serie die Verantwortlichen am liebsten dann schon gesteinigt hätten, als bekannt wurde, dass die zweite Staffel in den USA donnerstags auf dem Todesslot laufen wird). Doch ich bin ja Optimist und sehe diese Auszeit als kreative Pause für die Autoren, damit sie die zweite Staffel mit einem großen Knall zu Ende bringen können. Nichtsdestotrotz können acht Wochen lange sein ... und wenn das Winterfinale auch noch aus so einer bombastischen Folge besteht, dann können acht Wochen verdammt lange sein.

Jacksonville

Wenn schon der Originaltitel dieser Folge den Namen "Jacksonville" trägt, dürfte klar sein, dass sich die Folge endlich einmal mit Olivias Vergangenheit oder um genauer zu sein mit ihrer Kindheit beschäftigt. Spätestens seit #1.14 Das Manifest wissen wir, dass Olivia als kleines Mädchen von William Bell und Walter mit Cortexiphan behandelt wurde, was ihr enorme Fähigkeiten verlieh. David Robert Jones hatte uns das damals demonstriert, indem Olivia in einem perfiden Spiel ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen musste, die damals aber nur darin bestand, kleine Glühlämpchen mittels Gedankenkraft zum Erlöschen zu bringen – keine Fähigkeit, die irgendwann einmal die Welt retten könnte. Doch jetzt, wohl gemerkt zwanzig (!!!!!!) Episoden später, erfahren wir, dass die Experimente sehr wohl noch mehr gebracht haben und Olivia im Stande ist, Objekte, die aus der anderen Realität stammen, durch ein Schimmern erkennen zu können. Dummerweise besitzt sie diese Fähigkeit nicht mehr, da sie ihre gesamte Angst in Wut umgewandelt hat, was ihre Fähigkeiten blockiert. Und dabei ist es gerade jetzt so wichtig, Objekte aus der anderen Welt zu erkennen.

"So what are the odds of something like this occurring naturally?"

"Oh, it's possible. But if so, God has a far more disturbed sense of humor than even I could have imagined."

Zunächst einmal beginnt diese Folge mit einer der bizarrsten Szenen der Serie, die sogar das binnen Sekunden zu einem Greis gealterte Neugeborene in den Schatten stellt. Ein scheinbares Erdbeben bringt ein Haus in Manhattan zum Einsturz und begräbt massenhaft Leute unter sich. Was daran so bizarr sein soll? Nichts. Außer, dass die Opfer urplötzlich mehrere Gliedmaßen haben und dem ein oder anderen Gesichter aus den Bäuchen wachsen. Stimmungsvoller und erschreckender Beginn, der nur auf eine gute Folge hoffen lässt und natürlich die Frage aufdrängt, wie das sein kann? Nein, diesmal gab es kein langweiliges Virus. Thomas Newton (ihr erinnert euch an ihn?) hat versucht, ein Tor zur anderen Welt zu öffnen, was ihm teilweise gelungen ist. Zumindest ist ein Gebäude aus der anderen Seite samt darin befindlichen Personen mit dem Gebäude aus unserer Welt kollidiert, sodass beide Gebäude (und die Menschen darin) miteinander verschmolzen sind. Bingo! Da ging mir doch das Herz auf, da nicht nur die Hauptstory aufgegriffen wurde, sondern auch noch in einer sehr interessanten und innovativen Weise umgesetzt worden ist. Viel besser kommt es noch, als Walter uns das "Erhaltungsgesetz der Parallelwelten" erklärt: wird ein Gegenstand aus Welt A in Welt B befördert, muss ein Gegenstand im Ausgleich dazu von Welt B in Welt A befördert werden, das die gleiche Masse hat wie das Objekt, das zuvor von Welt A in B befördert wurde. Oder um es weniger wissenschaftlich auszudrücken: wird der einen Welt etwas gestohlen, nimmt sie sich aus der anderen Welt etwas, das einfach genauso viel wert ist. Das heißt wiederum, dass irgendein Gebäude in Manhattan bald auf die andere Seite gezogen wird, damit das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Was braucht man dafür? Jemanden der erkennt, wo eine außerweltliche Quelle gerade am Ablaufen ist. Wer kommt dafür in Frage: Olivia.

Wäre ich kleinlich, würde ich natürlich nicht drum herum kommen, auf die ein oder anderen Logikfehler hinzuweisen. Schließlich ist es fast unmöglich, dass es ein Gebäude gibt, das exakt die gleiche Masse hat wie das andere. Schließlich müsste auch noch die Masse der darin befindlichen Gegenstände und Menschen berücksichtigt werden, die sich doch immer wieder ändert, da Menschen bekanntlich hin und wieder Gebäude verlassen. Außerdem frage ich mich doch, weshalb die Formwandler von Welt B zu Welt A kamen. Im Ausgleich dazu müssten doch immer wieder Menschen aus Welt A in Welt B katapultiert werden, oder nicht? Doch weshalb sollte ich mich an solchen Kleinigkeiten stören, wenn mir doch die Idee und Art, mit der die Hauptstory erzählt wurde, so sehr zugesagt hat? Und wer weiß, vielleicht wird uns das Ganze irgendwann einmal logisch erklärt. Oder zumindest so logisch, wie es bei "Fringe" eben möglich ist.

"There are times when the only choices you have left are bad ones."

Da Olivia diejenige ist, die das Gebäude, das auf die andere Seite gezogen werden soll, erkennen kann, muss ihre alte Fähigkeit wieder hergestellt werden. Dazu reißen die Bishops und Olivia in das berühmtberüchtigte Jacksonville. Und waren es in der Vergangenheit immer Szenen zwischen Walter und Peter oder zwischen Walter und Astrid, so liegen die Stärken dieser Episode ganz eindeutig in den Szenen zwischen Walter und Olivia, was zuletzt darauf zurückzuführen ist, dass Anna Torv mittlerweile eine bemerkenswerte schauspielerische Entwicklung zurückgelegt hat und mehr kann als nur "STOP! FBI! HALTEN SIE AN ODER ICH SCHIESSE" zu schreien (wobei Olivia bekanntlich so oder so schießt). Gerade erst in meiner letzten Review hatte ich kritisiert, dass sich viel zu wenig um Olivias Figur gekümmert wird. In dieser Folge kann ich das Gott sei Dank nicht. Olivias Traumsequenz, als sie wieder einmal von Walter an diverse Geräte angeschlossen wurde, wurde hochinteressant inszeniert. In kalten Farben, einer mysteriösen Umgebung und unheimlicher Atmosphäre hat man es schön geschafft, die Ängste der (kleinen) Olivia zu demonstrieren, woraufhin Olivia, wieder in der Realität, Walter erneut klar macht, wie krank er und Bell doch waren, kleine Kinder für Experimente zu missbrauchen. Wenn man als Zuschauer daran erinnert wird, wird einem erst wieder klar, dass hinter dem niedlichen, verwirrten und einfach nur liebenswerten Charakter Walter ein, wenn man es einmal ganz übertrieben ausdrücken will, skrupelloser Wissenschaftler steckt. Doch man muss kein Psychologe sein um zu sehen, dass es Walter Leid tut – John Nobles Mimik reicht da schon völlig aus.

"Olivia. You …I've never met anyone who can do the things that you do."

In der letzten Folge wurde bereits zart angedeutet, dass sich zwischen Olivia und Peter etwas entwickeln könnte. Und da war ich noch weniger begeistert, da mir eine Beziehung zwischen den beiden zu unglaubwürdig vorkäme und ich den beiden wahrscheinlich keine einzige Szene abkaufen würde. Gleichzeitig hatte ich nicht daran geglaubt, dass die Autoren jetzt große Sprünge machen würden, was eine Beziehung angeht. FALSCH! Denn plötzlich war er da. Ein Moment, der irgendwann hätte kommen müssen, worauf viele sicherlich schon gewartet hatten, welcher unausweichlich war, welcher jedoch so unvorbereitet schnell kam, dass ich es gar nicht fassen konnte. Olivia und Peter – das Duo, bei dem zuvor fast noch nie irgendwelche sexuellen Spannungen herrschten, die noch nie zuvor mein Interesse wecken konnten, wenn sie einmal ein tiefergehendes Gespräch führten – das Duo stand kurz dafür, sich zu küssen. STOP. Zurück bitte. Wie das?

Man muss betonen, dass eine offensichtliche Andeutung einer Beziehung erst in der vergangenen letzten Folge gezeigt wurde. Und das auch nur sehr, sehr spärlich. 34 Folgen lang hatten die Autoren Zeit, zwischendrin (es hätte auch nur nebenbei sein müssen) zwischen den beiden ein Paar Funken sprühen zu lassen. Doch da war nichts. Absolut nichts. Und auf einmal, irgendwo zwischen einer weinenden, verzweifelten Olivia und einem trostspendenden, gefühlszeigenden Peter kommt es beinahe zu einem Kuss. Eigentlich hätte ich diese Szene hassen müssen. Eigentlich hätte ich vor dem Bildschrim sitzen und mir den Kopf schütteln müssen. Eigentlich hätte ich mir sagen müssen, wie schwachsinnig es doch ist, eine so kurzzeitig vorher angedeutete, potentielle Beziehung jetzt schon entflammen zu lassen, nur, damit da eben das Unausweichliche eintrifft, obwohl man die Folgen (und die Staffel) zuvor verpennt hatte, diese Szene bereits anzudeuten. Ja, eigentlich hätte ich diese Szene komplett verreißen müssen. Doch Pustekuchen. Als die Szene kam, das Gespräch zwischen den beiden, die verzweifelte Olivia, der liebevolle Peter ... ich weiß auch nicht. Gerade weil es in der Serie so selten solche überzeugende Momente zwischen den beiden gibt, hatte mich dieser Beinahe-Kuss überhaupt nicht gestört. Ich bin jetzt nicht gerade begeistert von der plötzlichen Entwicklung, aber dass ich jetzt komplett dagegen wäre, kann ich auch nicht behaupten. Zwar musste ich schon fast lachen, als Olivia den Beinah-Kuss abgebrochen hat, da ihr klar wurde, dass ihre Fähigkeiten wieder zurück sind, aber ansonsten kann man diese Szene ruhig als gelungen und einfühlsam abstempeln.

"Olivia, please don’t tell him."

Dann gab es natürlich noch das kleine Happy End: Olivia erlangt wieder ihre Fähigkeiten zurück, kann das Gebäude orten und die dort befindlichen Personen evakuieren, bevor es in einer gut inszenierten Szene auf die andere Seite gezogen wird. Doch das war nur das kleine Happy End am Rande, denn dann gab es ja noch das Pairing Olivia/Peter. Was ich besonders lobe ist, dass die Zwei nicht so tun, als sei der Beinahe-Kuss gar nicht geschehen, sondern sich wirklich verabreden. Und was mir besonders gefallen hat: die mit ihrem neurotischen Dauerzopf gesegnete Olivia macht sich für Peter hübsch und öffnet ihre Haare, da ihr ironischerweise selbst aufgefallen ist, dass sie (bzw. Anna Torv) mit offenen Haaren einfach toll aussieht. Eine kleine Geste, die zeigt, dass Olivia nicht mehr den weiblichen Kumpel für Peter mimen will, sondern tatsächlich Interesse an ihm zeigt. Dann geht’s los: nach einer zum Schmunzeln anregenden Unterhaltung zwischen Walter und Peter ("She’s here Peter." "I know, I heard it too." "Shall I get the door?" “Absolute not. In fact, it would be my preference if you could be someplace else all together." "Oh, where?" "Chicago?") steht Olivia vor der Tür, die bereit ist für ihr erstes Date. Hach, mit was für einem schönen Gefühl die Zwei uns Zuschauer doch in die achtwöchige Pause entlassen hätten. Ahhh, das böse Wort: Hätte.

Denn es kam, wie es eigentlich kommen musste und was uns letzten Endes dann doch mit einem Cliffhanger zurücklässt, der das Warten auf die nächste Folge richtig bitter macht. Gut, Cliffhanger ist übertrieben, denn schließlich war es einfach jedem klar, was folgen wird: Olivia sieht Peter schimmern! Sprich: Olivia wird klar, dass Peter aus der anderen Welt stammt. Mit Walters Bitte, Peter nichts zu verraten, geht diese turbulente Folge zu Ende und hinterlässt uns mit einem bitteren Beigeschmack. Und alle die, die glauben, dass es jetzt wieder Ewigkeiten dauern wird, bis die Serie die Geschichte um Peter aufgreifen wird: die nächste Folge lässt auf einige tolle Walter/Peter-Szenen und einer lang ersehnten Auflösung dieser Geschichte hoffen. Denn der Titel der nächsten Folge ist schlicht und einfach "Peter". Wenn das mal kein gutes Zeichen ist …

Fazit

Da man es hier nicht mit einem klassischen Fall der Woche zu tun hatte und das Team keinen geisteskranken Wissenschaftler aufhalten musste, blieb viel Zeit, sich um die Charaktere zu kümmern. Und dabei konnten nicht nur die Szenen mit Olivia und Walter überzeugend, sondern auch die zwischen ihr und Peter, was ich noch vor kurzem in weiter Entfernung sah. Und durch den Cliffhanger sehen wir uns nun auch innerhalb des Teams komplexeren Situationen ausgesetzt. Wie geht es zwischen Olivia und Peter weiter? Wird Olivia Peter die Wahrheit erzählen? Oder wird vielleicht Walter endlich geständig? Inwiefern wird sich das Verhältnis zwischen Vater und Sohn verändern? Dass es nicht ungewöhnlich ist, wenn die Serie Fragen anhäuft, dürfte bekannt sein. Doch wenn sich die Fragen größtenteils nur auf das Verhältnis und die Beziehungen der Charaktere beziehen, dann spricht das für eine gute, wenn nicht sogar sehr gute Episode. Das Gesamtpaket hat definitiv überzeugt, und deshalb reiße ich mich zusammen und sage:

Die ersten neun Punkte in der Geschichte der Serie gehen an #2.15 Jacksonville!

Manuel H. - myFanbase

Die Serie "Fringe - Grenzfälle des FBI" ansehen:


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