Bewertung

Review: #4.22 Zurück in die Zukunft

Dass Serienmacher J.J. Abrams eine Affinität zu Mystery hat, weiß man spätestens, wenn man sich die Liste der Serien anschaut, bei welchen er bereits mitgewirkt hat. Dass man solch übernatürliche Elemente jedoch plötzlich bei "Felicity" wiederfindet ist gewöhnungsbedürftig und verleiht dem sonst gelungenen Serienfinale einen bitteren Beigeschmack.

"I just had the weirdest dream."

Es war durchaus mutig, Felicitys Entscheidung für Ben in den finalen Episoden nochmals in Frage zu stellen und ein völlig anderes Szenario aufzuzeigen, in dem sich Felicity für Noel entscheidet. Viele Serien machen sich Träume von Charakteren zunutze, um ein "Was wäre wenn"-Szenario aufzuzeigen. Doch meist hält dies nur für eine Episode an, während man sich "Felicity" ganze fünf Episoden damit beschäftigt. Zudem wird der Zuschauer die ganze Zeit über in dem Glauben gelassen, es handele sich um eine Zeitreise und nicht um einen Traum. Somit muss sich Felicity in der Vergangenheit auch mit der Frage beschäftigen, wie sie wieder in die Zukunft zurückkommt, insbesondere, nachdem sie erkannt hat, dass es unmöglich ist, eine einzige Entscheidung anders zu treffen, ohne dass es Auswirkungen auf das Leben der anderen hat.

Nachdem Noel in der letzten Folge also durch den Brand im Verwaltungsgebäude der Universität ums Leben gekommen ist, den Felicity eigentlich hätte voraussehen können, will sie unbedingt wieder zurück in die Zukunft, in welcher Noel noch lebendig ist. In dem Gespräch mit Ben erwähnt sie lediglich, dass sie Angst darum hat, sich dann nicht mehr an ihre Reise in die Vergangenheit erinnern zu können, was zur Folge hätte, dass sie Ben weiterhin sein Fremdgehen nicht verzeihen würde. Dabei fällt kein Wort von Elena, die unter den Umständen immerhin wieder tot wäre. Felicity scheint daran aber gar nicht zu denken, ist sie doch meist sowieso nur mit ihren beiden Männern beschäftigt.

Letztendlich kommt es aber sowieso ganz anders, denn in den finalen Szenen auf Noels Hochzeit sieht man plötzlich Elena. Quietschlebendig steht sie neben Tracy und hört sich mit ihren Freunden Seans Trauzeugenrede an, als wäre es das selbstverständlichste auf der Welt. Da darf man sich als Zuschauer schon mal die Frage stellen, ob hier nicht ein Logikfehler vorliegt. Ist Elena vielleicht ein Geist? War Felicitys Traum doch Realität? Doch wieso ist Noel dann am Leben? Die Antwort auf die Frage gibt es nur in den geschnittenen Szenen der Folge. In ihrer Zeitreise fordert Felicity Elena nämlich auf, nicht auf die Columbia Universität zu gehen, sondern sich in jedem Fall für die Duke zu entscheiden. Elena vertraut ihrer Freundin und unterlässt somit die Handlung, die zu ihrem Tod führt. Auf der Hochzeit ist Felicity dann selbst überrascht, Elena wieder zu sehen, doch diese erinnert sie daran, dass sie doch ganz erpicht darauf war, dass sie auf die Duke geht. Dadurch realisiert Felicity, dass ihr Traum tatsächlich Auswirkungen auf die Realität hatte und sie Elenas Leben gerettet hat. Fraglich ist, warum die Autoren sich die wenigen Minuten Zeit nicht genommen haben, um Elenas Tod zu erklären. Dafür sieht man geschlagene drei Minuten, wie Felicity Kerzen auf dem Baum ihrer persönlichen Gegenstände verteilt. Wenigstens sieht Produzent Matthew Reeves seinen Fehler ein: "I thought 'Well, I guess this must be one of the things that people would hopefully just get by' and of course it's all over the internet. People are like 'What happened?'. And so in that sense I guess it's my fault but it was also my responsibility, we had to find something to take out."

Doch selbst wenn man über die Tatsache hinweg sieht, dass in einer Dramaserie plötzlich Übernatürliches geschieht, so birgt Elenas Wiederauferstehung dennoch einen Logikfehler: Wäre Elena nämlich nie ums Leben gekommen, wäre Felicity auch nicht depressiv geworden, hätte keine Beziehungsprobleme mit Ben bekommen, dieser wäre ihr nicht fremdgegangen und Felicity hätte sie nicht gewünscht, sich damals für Noel entschieden zu haben, wodurch es auch nie zu der Zeitreise gekommen wäre. Letztendlich wirkt Elenas zwischenzeitlicher Tod also nur wie ein Mittel zum Zweck, um eine Erklärung für Felicity und Bens Beziehungsprobleme zu finden, die dann dazu führen, dass Felicity jegliche Entscheidungen ihres Lebens in Frage stellt und sich wünscht, diese neu treffen zu können. Somit stellt sich bei mir auch immer noch die Frage nach der Notwendigkeit der Zeitreise, vor allem, nachdem man mit #4.17 Ich habe bestanden! doch schon ein Happy End hatte. Zu diesem Zeitpunkt hat niemand angezweifelt, dass Ben und Felicity Endgame sind und die Serie mit den beiden als Paar abschließt. Anstatt es darauf beruhen zu lassen, muss aber noch – sehr künstlich durch Elenas Tod konstruiert – ein Szenario aufgebaut werden, das dazu führt, dass Ben fremdgeht und Felicity ihre Liebe zu ihm anzweifelt und sich mal wieder Noel zuwendet. Ohne je eines der beiden Paare geshippt zu haben und Partei für einen der beiden ergriffen zu haben, kann ich sagen, dass diese Storyline in meinen Augen mehr als überflüssig war und mein Gesamtbild der Serie zum Ende hin enorm verschlechtert hat.

"Why don't you start at the beginning?"

Neben all den Ungereimtheiten bringt Felicitys Zeitreise aber auch eine gute Möglichkeit, den vergangenen vier Staffeln Revue passieren zu lassen. Während der mystische Paul Korsakoff sich Felicitys persönliche Gegenstände anschaut, erzählt diese die Geschichten dazu. Angefangen am Tag ihres High-School-Abschlusses, dem Jahrbucheintrag von Ben und der darauffolgenden spontanen Entscheidung, ihrem jahrelangen Schwarm auf die Universität nach New York zu folgen. Neben ihrer Liebesgeschichte zu Ben werden aber auch die anderen Charaktere nicht außer Acht gelassen. So erzählt Felicity, dass Elena das taffste Mädchen ist, das sie kennt, aber dennoch einen weichen Kern hat, wie Meghan trotz ihrer Differenzen zu ihrer Freundin wurde, wie Noel die ganze Zeit über für sie da war, Javier immer ein offenes Ohr für sie hatte und auch Sean ihr Leben mit seinen kreativen Erfindungen und seinem Enthusiasmus bereichert hat. Dabei wird auch noch einmal Bezug auf Sally genommen, Felicitys ehemalige Lehrerin, die ab Mitte der zweiten Staffel plötzlich nicht mehr erwähnt wurde und via Audiokassetten nicht mehr über Felicitys Leben informiert wurde. Durch eine Mischung aus Erzählung und Flashbacks gelingt es den Autoren hier wunderbar, noch einmal an die wichtigsten Charaktere und deren bedeutendsten Momente zu erinnern. Dieser Teil der Episode ist absolut stimmig und ideal, um noch bei den langjährigen Zuschauern der Serie Emotionen zu wecken.

Auch die finalen Szenen um Noels Hochzeit, musikalisch untermalt mit "I Will Remember You" von Sarah McLachlan, wurden perfekt inszeniert und verdeutlichen dann auch, dass es sich um ein Serienfinale handelt, auch wenn Abschied kein Thema ist, sondern vielmehr die Freundschaft, die alle miteinander verbindet. Dass die Autoren Elena als Hauptdarstellerin über alle vier Staffeln in dieser Szene dabei haben wollte, ist verständlich, bekommt doch sogar Richard Coad, der die ganze Zeit über nichts anderes gemacht hat, als sich meist dämlich anzustellen und für die Lacher in der Serie zu sorgen, in dieser Szene seine Screentime.

Fazit

Elenas Tod und die Frage nach der Notwendigkeit der Zeitreise wirft einige Fragezeichen auf. Nichtsdestotrotz bietet das Serienfinale von "Felicity" viele Emotionen und einen runden Abschluss für die Serie.

Laura Krebs – myFanbase

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