Bewertung

Review: #4.09 Aufgeflogen

Die Wortfolge 'Till Death Do Us Part' kennt man zu Genüge als Teil des Eheversprechens aus englischsprachigen Serien und Filmen. Als Titel der aktuellen "Chicago Med"-Folge war somit schnell klar, dass das Herbstfinale sich der Hochzeit von Dr. Natalie Manning und Dr. Will Halstead widmen würde. Aber der Todesaspekt deutete ebenso an, dass wir keine zuckersüße romantische Kitsch-Hochzeit erleben werden, sondern eine Dramatik, die die Hochzeitsfeierlichkeiten gefährden wird.

Bei dieser Folge war ich wirklich felsenfest davon überzeugt, dass wir die Hochzeit von Natalie und Will entweder erleben werden oder dass sie auf unbestimmte Zeit verschoben wird, weil sie durch seine Geheimniskrämerei zu verletzt ist und erstmal Bedenkzeit braucht, ob sie ihm überhaupt noch vertrauen kann. Im Grunde ist gar nichts von beidem eingetroffen, aber eher noch Letzteres. Ich schwanke auch noch bedenklich, ob ich es nun gut finden soll, dass die Hochzeit nicht über die Bühne gegangen ist oder ob ich stinksauer sein soll. Für eine verärgerte Reaktion würde sprechen, dass es Natalie und Will nun wirklich über drei Staffeln hinweg nicht leichtgemacht wurde und ich hätte ihnen ein Happy End in Form einer Eheschließung echt gegönnt, zumal man sich so auch neuen Dimensionen ihrer Beziehung hätte widmen können.

Meine Erleichterung rührt wiederum daher, dass es sich bis auf den Anfang überhaupt nicht wie eine Hochzeitsepisode anfühlte. Wills Anfangsszene mit Owen war richtig süß, weil sie auch unterstrich, dass die beiden inzwischen Vertrauen zueinander aufgebaut haben. Auch die verliebten Blicke, die sich Will und Natalie zugeworfen haben, waren sehr herzerwärmend. Die sonstige Grundstimmung der Folge hatte aber nichts mit Hochzeit zu tun. Für die restliche Krankenhausbelegschaft war dieses Ereignis kaum von Bedeutung, außer vielleicht noch für Maggie Lockwood, die sich irgendwann vom Dienst löst, um ihren Pflichten als Trauzeugin nachzugehen. Spätestens als sich dann aber Sharon Goodwin und Dr. Daniel Charles so negativ über die Hochzeitsfeierlichkeiten geäußert haben, war die Stimmung wirklich dahin. Je mehr dann auch die Minuten der Episode verstrich, umso sicherer war ich mir dann auch, dass die Hochzeit nicht mehr über die Bühne gehen würde, weil es ihrer Beziehung dann im Umfang nicht mehr gerecht gewesen wäre.

Nun befindet sich Will also in Schutzgewahrsam, aber so recht ist mir nicht klargeworden, warum das nun der Fall sein sollte, da rund um die Burkes einiges offenbleibt. Wohin ist Thommy mit seinem Vater Ray verschwunden, denn schließlich musste dieser ja medizinisch versorgt werden mit dem Loch in seinem Kopf?! Und vor wem befürchten sie genau Rache? Bis dato konnte ich nämlich nicht den Eindruck gewinnen, dass Ray wirklich ein verbrecherisches Imperium leitet. Vor allem wenn man dann einen Blick auf seinen Sohn Tim und den in dieser Folge erstmals aufgetauchten Helfer Joey wirft, dann hat man eher den Eindruck, es mit Dick und Doof zu tun zu haben, aber nun wahrlich nicht mit Kriminellen, bei denen man um sein Leben fürchten müsste. Hier finde ich die Dramatik vollkommen überzogen. In der Folge selbst passte es aber, weil man da wirklich um Wills Leben fürchten konnte, denn ein Mord, um die kriminellen Geschäfte zu vertuschen, der ist allemal drin. Für die Zukunft bleibt nun die Frage, ob Will und Natalie jemals heiraten werden. Zeitnah wird dies sicherlich nicht über die Bühne gehen, da der Aufwand einer solchen Folgen sicherlich höher ist als der normale Krankenhausalltag. Daher könnte ich mir vorstellen, dass man die Hochzeit vielleicht für das Staffelfinale in den Blick nimmt, wenn denn überhaupt.

Eng mit dem Drama um Wills Entführung war dann auch der Patientenfall von Dr. Connor Rhodes verbunden. Sein Patient wird als John Doe eingeliefert und stellt sich hinterher als Geschäftspartner von Ray hinaus, der sich zur Kooperation mit dem FBI bereit erklärt hat und daher von den Burkes mit Kugeln durchsiebt wurde. Als Jay Halstead erkennt, dass er seinen Bruder möglicherweise nur über Corcoran finden kann, setzt er Connor unter Druck, seinen Patienten zu Bewusstsein zu bringen, obwohl dies medizinisch unverantwortlich ist. Leider fand ich dieses moralische Dilemma bei Connor nicht unbedingt überzeugend dargestellt. Zum einen wirkte er nicht wirklich wie ein Freund von Will besorgt und zum anderen wurde mit dem letztlichen Tod von Corcoran nicht klar, ob Connor wirklich um ihn getrauert hat oder die Tatsache, dass er als sehr selbstüberzeugter Arzt einen Patienten verloren hat. Diese kleine Nebengeschichte finde ich der Gesamtschau überflüssig.

Ich habe mich auch mit Daniels Patientenfall etwas schwergetan, weil ich dort nicht entscheiden konnte, was richtig oder falsch ist. Amber wird mit einem Hirntumor eingeliefert, dessen Entfernung ein hohes Risiko für sie bedeuten würde, weswegen man ihn medikamentös zu verkleinern versucht. Jedoch haben diese Medikamente psychische Nebenwirkungen bei ihr, so dass sie ihren Mann John nicht mehr erkennen kann. Das dargestellte Dilemma besteht nun darin, dass Amber in einem klaren Moment den Gedanken nicht ertragen kann, dass sie ihren Mann nicht bewusst lieben kann und sich deswegen lieber der Gefahr der OP aussetzen will, während John dies gar nicht akzeptieren will, da er seine Frau lieber mit psychischen Veränderungen als gar nicht an seiner Seite hat. Ich hatte das Gefühl, dass wir ZuschauerInnen uns einer Seite zugehörig fühlen sollten, aber ich konnte mich da wirklich schwer entscheiden, da es eine Angelegenheit ist, die so außergewöhnlich ist, dass man wahrscheinlich selbst nicht wüsste, wie man denken würde, wenn man selbst in diesen Schuhen steckt. Da ich auch jetzt noch der Frage nachgehe, wie ich darüber denke, wurde mit der Handlung also sicherlich etwas in mir bewirkt, aber zumindest medizinisch fand ich diesen Fall nicht spannend.

Das emotionale Herzstück der Folge war dann für mich definitiv der gemeinsame Fall von Dr. Ethan Choi und April Sexton. Angesichts der Tatsache, dass Ethan von Vicky Glass zur Hochzeit begleitet werden sollte, wächst in der Belegschaft die Sorge um April und ihre Reaktion darauf. Bei ihr merkt man aber immer wieder, dass sie sehr empathisch ist und dennoch auch einen starken Willen hat und immer aufsteht, wenn sie am Boden liegt. Sie hat zwar definitiv noch nicht mit ihm abgeschlossen, aber sie ist definitiv auch selbstbewusst genug, um nach vorne zu blicken und mit Ethan vor allem auf beruflicher Ebene professionell zusammenzuarbeiten. Das klappt bei der schwierigen Geburt des Babys eines jungen Elternpaares auch richtig gut. Ich habe erst gedacht, dass die beiden über diesen Fall emotional wieder näher aneinander gebracht werden sollen, aber eigentlich war eher das Gegenteil der Fall.

Bei dem Baby wird eine schwere Krankheit diagnostiziert, die ihm nur noch höchstens einen Tag Leben schenken wird. Die überforderten Eltern lassen ihr Kind zum Sterben zurück und April, die ihr Baby selbst verloren hat, wird das Herz gebrochen. Sie kann den Gedanken nicht ertragen, dass dieses Kind mutterseelenalleine sterben wird und nimmt sich dessen an. Bei Ethan fand ich in dieser Hinsicht schade, dass er, auch als April verneint hat, dass er bleiben muss, nicht einfach geblieben ist. Er weiß um ihre private Geschichte und muss daher gewusst haben, wie hart der Moment für April werden würde und dennoch ist er gegangen, um mit Vicky zur Hochzeit zu gehen. Ich denke, dieser Schritt zeigt doch deutlich, dass sich Ethan emotional mehr von ihr entfernt hat, als sie von ihm, was mir für die beiden einen Dämpfer verpasst. Hätte man sie weiterhin als Paar im Auge gehabt, hätte Ethan meiner Meinung nach bleiben sollen. Aber unabhängig davon war der Moment, als April das Baby in ihren Armen wiegt und beim Sterben begleitet herzzerreißend und in seiner Tragik der Höhepunkt dieser Folge. Vielleicht will man damit nun auch wieder bei April einen Kinderwunsch anregen, denn in dieser Folge beweist sie, dass sie eine grandiose Mutter wäre.

Fazit

"Chicago Med" bietet zum Herbstfinale eine Hochzeitsfolge, die im Endeffekt gar keine war und lässt mich dabei arg zwiegespalten zurück, was ich davon halten soll. Aktuell überwiegt wohl die Erleichterung, dass es zu keiner Hochzeit kam, da die Atmosphäre der Folge überhaupt nicht stimmig war. Von den Nebenhandlungen der Folge hat mich vor allem Aprils Geschichte mitten ins Herz getroffen, während die anderen Geschichten da qualitativ nicht mithalten konnten.

Lena Donth – myFanbase

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