Review Staffel 2

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Als klar wurde, dass "Under the Dome" mit dem Roman von Stephen King außer dem Titel, der Prämisse und den Namen einiger Figuren absolut nichts zu tun haben wird, hat dies sicherlich einige Zuschauer vor den Kopf gestoßen. Wenn eine Literaturvorlage verfilmt wird, erwartet man meistens zwar keine detailgetreue Umsetzung des Stoffes, aber man freut sich doch darauf, einige Dinge filmisch dargestellt zu bekommen. Dass man sich nun mit jeder Episode immer mehr vom Buch entfernt, ist per se nicht weiter tragisch. Dennoch hätte ich gewisse Handlungsstränge gerne auch in der Serie wiederentdeckt.

"Under the Dome" bot in der ersten Staffel spannende Geschichten und durchaus interessante Charaktere, auch wenn sicherlich nicht alles gepasst hatte und das ein oder andere Logikloch dann doch größer war, als man hätte tolerieren können. Und doch wussten die ersten dreizehn Episoden zu unterhalten.

"No, I'm the one with the guts to do what needs to be done! Someone has to make the hard choices!"

Foto: Rachelle Lefevre, Under the Dome - Copyright: Paramount Pictures
Rachelle Lefevre, Under the Dome
© Paramount Pictures

Staffel 2 knüpft nahtlos an die erste Staffel an und macht dabei die gleichen Fehler, wie im letzten Jahr. Man konzentriert sich in den ersten Episoden mehr auf die "Katastrophe der Woche" und lässt diese dann in weniger als einer Stunde abhandeln. Das ist nicht nur auf Dauer langweilig, sondern auch ein wenig ärgerlich, weil den Charakteren so keine Möglichkeit gegeben wird, zu wachsen. Manche Geschichten, wie die des "Monarchen" wird komplett unter den Teppich gekehrt, während urplötzlich mehrere Charaktere auftauchen, die allesamt bislang unter der Kuppel lebten, jedoch nie in Erscheinung traten. Rebecca Pine ist so ein Charakter und sie ist meiner Meinung nach das größte Manko der zweiten Staffel. Sie wird als überintelligente Wissenschaftlerin gezeichnet, die auf jede Frage eine plausible Antwort hat und auf jedes Phänomen eine angemessene Reaktion kennt. Die Idee, sie als Gegenspieler zu einem geläuterten und an einen höheren Sinn der Kuppel glaubenden Big Jim zu etablieren, gelingt dabei nur bedingt, einfach weil sie in vielen Szenen als besserwisserische Lehrerin auftritt, mit der man überhaupt nicht warm werden kann.

Wesentlich interessanter ist da die Einführung von Sam Verdreaux, seinerseits Bruder von Pauline Rennie und damit auch Schwager von Big Jim. Wenn man man davon absieht, dass es auch ganz schön eigenartig ist, dass er sich in seiner Waldhütte zurückzieht und erst Wochen nach dem Auftauchen der Kuppel Kontakt zu den Bewohnern von Chester's Mill sucht, bietet Sam wenigstens etwas Spannung. Dies wird vor allem durch die Ambivalenz des Charakters erreicht. Wirkt er zu Beginn noch wie der nette Helfer von Nebenan, so wird vor allem nach dem überraschenden Tod von Angie klar, dass er etwas im Schilde führt. Die Geschichte, die hier ins Rollen gebracht wird, bietet endlich einmal einen Ausweg aus dem tristen Katastrophenvoyeurismus.

Leider dauert es fast bis zur Mitte der Staffel, bis man sich wieder etwas mehr mit der Mythologie der Kuppel auseinandersetzt. Natürlich gibt es hier und da mal eine Szene, in der über die Kuppel und ihre Herkunft diskutiert wird, jedoch wird dies meistens zu Gunsten der zwischenmenschlichen Probleme der Charaktere fallen gelassen. Dabei ist gerade der Charakter der Melanie Cross alleine schon interessanter als alle Bewohner von Chester's Mill zusammen. Die stets so verzweifelt und verletzlich wirkende junge Frau ist lange Zeit mysteriös und gerade im Zusammenspiel mit Junior wirkt es, als wüsste sie mehr, als sie den anderen gegenüber zugibt. Sie scheint mit der Kuppel, oder wenigstens dem Ei, verbunden zu sein und durchlebt schlimme Qualen, als Big Jim sich entschließt, dem Militär die angebliche Energiequelle zu überlassen. So etwas weiß zu überzeugen, gerade weil man als Zuschauer weiterhin im Dunkeln tappt.

"Weird coincidence, don't you think? The way back to Chester's Mill being on your family's property." "If you still believe in coincidence, you're not paying attention."

Foto: Mike Vogel, Under the Dome - Copyright: Paramount Pictures
Mike Vogel, Under the Dome
© Paramount Pictures

Sobald man sich mehr auf die Kuppel an sich konzentriert, geht es mit der Qualität sprunghaft nach oben. Die Szenen in Zenith beispielsweise, sowie die Einführung von Barbies Vater Don, versprechen unglaublich spannende Momente. Ebenso ist das plötzliche Auftauchen der vermeintlich toten Pauline Rennie gut inszeniert. Zwar kann auch sie keine neuen Erkenntnisse über die Kuppel bieten, jedoch wird klar, dass es sich nicht um ein zufälliges Ereignis über Chester's Mill handeln kann. Es muss mehr dahinter stecken, als vor mehr als dreißig Jahren der Meteor in das Waldstück abgestürzt ist und die vier damaligen Jugendlichen Sam, Pauline, Lyle und Melanie zu den vier Beschützern des Eis deklariert hat.

Welchem Zweck die Kuppel letzten Endes jedoch dient, das erfahren wir in der zweiten Staffel immer noch nicht. Es könnte ein Experiment sein oder etwas Außerirdisches. Es kann aber auch einfach eine Laune der Natur sein. Dass man noch so rein gar keinen Anhaltspunkt bezüglich des Ursprungs hat, finde ich jetzt gar nicht weiter schlimm, solange man die Charaktere Stück für Stück mehr über die Sphäre herausfinden lässt. Das lässt man jedoch nicht zu. Ein wenig erinnert das ganze ja dann doch an "Lost" und wie das ausgegangen ist, das dürfte so mancher Fan bis heute noch nicht verarbeitet haben.

Eines der größten Mankos, die es bei "Under the Dome" zu beklagen gibt, ist sicherlich die darstellerische Fähigkeit der Jungschauspieler. Während Alexander Koch glücklicherweise etwas mehr zu tun bekommt, als einfach nur andauernd "Angie" zu rufen, haben Joe und Norrie ein wenig an Brisanz verloren. Das kleine Beziehungsdrama, das sich zwischen den beiden aufgrund von Melanie anbahnt, ist leider furchtbar schlecht inszeniert, was daran liegt, dass die beiden Darsteller es einfach nicht schaffen, beim Zuschauer Emotionen zu wecken. Auch Joes Rachefeldzug nach der Ermordung von Angie wirkt aufgesetzt, genau wie Norries Wutausbrüche am Ende der Staffel, als sie eine Wand anbrüllt. In beiden Fällen wirkt es eher unfreiwillig komisch, aber bei weitem nicht so dramatisch, wie es sich die Autoren vielleicht ausgemalt hätten.

In allerhand Dramatik wird auch Julia involviert, die nicht nur binnen drei oder vier Wochen eine Schusswunde erleidet, sondern auch noch von einer Eisenstange durchbohrt wird. Dennoch scheint die Dame unglaubliche Heilungskräfte zu besitzen, denn sie ist meist eine Episode später wieder auf den Beinen und kann laufen, rennen, hüpfen, ohne auch nur einmal vor Schmerz mit der Wimper zu zucken. Entweder steckt sie die Verletzungen weg oder sie hat tatsächlich von der Kuppel übermenschliche Fähigkeiten à la Wolverine geschenkt bekommen. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass die Autoren einfach vergessen, dass man nicht einfach herumstolzieren kann, als wäre nichts gewesen, wenn man eine Stange im Bein stecken hatte.

"Dome, I'll make you a deal. If you bring her back right now, I won't murder every single of your special little friends. I won't slit Julia's throat, shoot Barbie in the heart, or burn those kids alive. Okay? You got three seconds. Okay then."

Foto: Dean Norris, Under the Dome - Copyright: Paramount Pictures
Dean Norris, Under the Dome
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Das alles klingt jetzt so, als könne man an der zweiten Staffel von "Under the Dome" keinen Spaß haben. Dem ist jedoch bei Weitem nicht so. Trotz der vielen Ungereimtheiten macht es weiterhin Spaß, dabei zuzusehen, wie die Bewohner der Kleinstadt sich bekriegen, allen voran Big Jim, der vor allem gegen Ende der Staffel hin richtig fiese Züge entwickelt. Seine Verwandlung vom besserwisserischen Möchtegernbürgermeister über den geläuterten und an eine übernatürliche Kraft glaubenden Zweifler bis hin zum eiskalten Mörder, ist wirklich gelungen. Er war von Anfang an eine sehr ambivalente Figur und wurde durch den Mord an Coggins oder Dodee zu einer hassenswerten Figur, der man jedoch liebend gerne dabei zuschaut, wie er Menschen nach seinen Belangen manipuliert und aus dem Weg räumt.

Vor allem in der letzten Episode der Staffel, als bei ihm durch den Tod seiner geliebten Frau Pauline die Sicherungen durchbrennen und er durch den Wald schlurft, als sei er Jack Torrence persönlich, da kommt ein wenig Stephen-King-Gefühl auf, das man leider über den Rest der Staffel doch arg vermisst hat.

Es wäre schade, würde die Serie an dieser Stelle von CBS eingestampft. Noch immer macht der Sender keine Angaben zu einer eventuellen dritten Staffel, angesichts der jedoch immer noch durchaus passablen Quoten und des lukrativen Deals mit Amazon dürfte es jedoch eigentlich nur eine Formsache sein, auch ein drittes Jahr unter die Kuppel zu gehen. Verdient hätte es die Serie allemal, denn trotz ihrer Schwächen, ihrer logischen Defizite und auch der ein oder anderen nicht nachvollziehbaren Entscheidung, will ich wissen, was sich hinter der Kuppel verbirgt. Ich will wissen, ob Big Jim Julia noch erreicht und sie liquidiert. Ich will wissen, wohin Melanie einen Großteil der Bewohner bringen will, wenn sie sagt sie gehen alle nach Hause. Ich will wissen, warum Don Barbara das Ei anfassen konnte, ohne einen Schlag zu bekommen und ich will wissen, warum er damals Melanie und Barbie zusammen gebracht hat. Ich will Antworten auf meine vielen Fragen, die die zweite Staffel aufgeworfen hat.

Wenn die Autoren es schaffen, die Zuschauer am Ende so zu packen, dass sie wissen wollen, wie es weiter geht, können sie soviel nicht verkehrt gemacht haben. Dass "Under the Dome" kein Qualitätsfernsehen a la "Breaking Bad" und "Mad Men" ist, das dürfte jedem alleine schon beim Titel klar werden. Doch muss nicht jede Serie den Anspruch haben, Geschichten auf höchsten Niveau zu präsentieren. Es reicht manchmal auch schon, wenn man sich gut unterhalten fühlt. Und das fühlte ich mich – trotz aller Kritikpunkte – bei "Under the Dome" auf jeden Fall.

Melanie Wolff - myFanbase

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