Big Sky - Review Staffel 2

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"Big Sky" ist im Herbst 2020 in einer sehr unsicheren Zeit für Fernsehproduktionen an den Start gegangen, da wir uns in der Hochzeit der Corona-Pandemie befanden und es letztlich einer der wenigen Neustarts war, der so früh schon auf Sendung gehen konnte. Im darauffolgenden Winter wurde bei einer Pressetour verraten, dass bei einer normalen Staffellänge von ungefähr 22 Episoden immer drei Fälle dargestellt werden sollen. Die erste Staffel war verkürzt und hat somit zwei Fälle abgebildet, was mir gut gefallen hat, denn durch den Wechsel eines Großteils des Casts und neuen Ideen kam neuer Schwung rein. Zudem haben gut strukturierte Krimis oft nur maximal acht Episoden, weil irgendwann die Luft raus ist und es schließlich auch glaubwürdig bleiben soll. Dementsprechend fand ich den angekündigten Plan für "Big Sky" sehr sinnig und bin deswegen doch irritiert, dass sich die Produktion nicht an den eigenen Plan gehalten hat. Staffel 2 mit 18 Episoden ist nämlich ein großer Fall, zwar mit Nebenbaustellen und einigen Abzweigungen, und doch ein roter Faden. Konnte das qualitativ aufgehen?

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Foto: Brian Geraghty, Big Sky - Copyright: Disney+ Star; ABC/Kharen Hill
Brian Geraghty, Big Sky
© Disney+ Star; ABC/Kharen Hill

Im Vorhinein war schon klar, dass Ronald Pergman (Brian Geraghty) mitsamt Scarlet (Anja Savic) uns weiterhin erhalten bleiben. Das hat für mich gepasst, denn ausgehend vom ersten Fall war dies eine konstante Parallele zur sonstigen Haupthandlung, die auch ihre Daseinsberechtigung hatte, weil es eben auch so persönlich war. Für Jenny (Katheryn Winnick) und Cassie (Kylie Bunbury) ist es nicht nur irgendein Fall, sondern Ronald ist jemand, der sie viel gekostet hat. Dennoch war die Handlung lange abgekapselt vom restlichen Geschehen. Mit der Rückkehr von John Carroll Lynch als Zwillingsbruder Wolfgang Legarski ist erstmal auf dem Papier eine Überraschung gelungen, doch gleichzeitig haben sich seine und die Maßnahmen seiner Frau Agatha (Romy Rosemont) zu lange hingezogen. Hier hat man deutlich gemerkt, dass die Weiterentwicklungen erst auf Sparflamme gehalten wurden, um dann mit dem Ausbruch von Ronald zur Midseason etwas Spannendes in der Hinterhand zu haben. Sein Mord an Joseph (Jeff Joseph) war wirklich erschreckend, hat aber natürlich Bunbury auch etwas Babypause verschafft, nachdem sie im echten Leben Mutter geworden ist. Nach der Rückkehr ihrer Figur Cassie hat das Geschehen dann richtig Fahrt aufgenommen und alles in allem ist es zwar zu einem blutigen, aber runden Ende gekommen. Die Situation mit Scarlet hat sich noch etwas länger hinausgezögert, aber hier wurde ihre Mutterliebe für Phoebe (Zoë Noelle Baker) ins Zentrum gestellt. Das Mädchen hat so viel Schreckliches erlebt, es mit ihrer kindlichen Naivität vielleicht irgendwie wegstecken können, aber letztlich war es nur richtig, sie in ein neues Leben gehen zu lassen. Damit ist aber dieser Handlungsbogen wirklich endgültig abgeschlossen und das ist nach zwei Staffeln mehr als richtig. Gerade Ronald war eine sehr faszinierende Figur, aber in Krimiserien sollte man auch gute Antagonisten nie überstrapazieren.

Ansonsten gibt es eben einen neuen Kriminalfall, der in den ersten Episoden der Staffel recht verschachtelt losgeht. Wir haben eine junge Frau namens Tonya (Jamie-Lynn Sigler), die sich Cassie wendet, weil ihr Freund vermisst wird. Dazu haben wir eine Gruppe von Jugendliche mit Max (Madelyn Kientz), Bridger (Jeremy Ray Taylor), Harper (Troy Leigh-Anne Johnson) und Madison (Lola Skye Reid), die eben den Mord an dem vermissten Mann beobachten und dann durch widrige Umstände an Drogen und Geld kommen, die geschmuggelt wurden. Das wiederum ruft den indischstämmigen Clan der Bhullars auf den Plan, die eigentlich ihren Sitz in Kanada haben, aber unbedingt an das verloren gegangene Geld sowie die Drogen herankommen wollen. Dann haben wir noch den Barbesitzer Dietrich (David Meunier), der mit den Bhullars eigentlich einen Deal hat, aber doch auch eigene Pläne entwickelt. Dazu haben wir noch einen korrupten Cop (Michael Malarkey) und einen alten Bekannten von Jenny, Travis Stone (Logan Marshall-Green), der undercover für Dietrich arbeitet. Alleine die Aufzählung zeigt schon, dass zu Beginn sehr viel Chaos herrschte. Das will ich aber erstmal nicht kritisieren, denn auch in Buchform weiß ich es zu schätzen, wenn bei Krimis oder Thrillern zunächst alles sehr breit erzählt wird und zusammenhanglos wirkt, bis dann ein Rädchen ins andere greift und sich schließlich alles gut erklären lässt. Dementsprechend war der Beginn für mich vielversprechend. Durch die vielen Handlungsebenen ist in den ersten Episoden auch immer wahnsinnig viel passiert, was ein gutes Erzähltempo mit sich brachte. Jedoch wird es von Episode zu Episode zäher und das liegt ganz einfach daran, dass sich der Fall zu lange gezogen hat. Es kamen zwar immer neue Ebenen hinzu, wie die Bhullars, die in immer größerer Mannschaftsstärke in Montana auftauchten und die dann eine vielschichtige Familiendynamik ergründeten oder auch später die Geschichte der Fords, die durch den Drogentod des Sohnes eine dramatische Wendung nimmt. Es ist also keinesfalls so, dass es langweilig wurde, aber es hat eben auch nicht mehr die clevere Erzählweise der ersten Staffel. Denn so ist "Big Sky" eine typische Broadcast-Serie, die alles auf eine lange Staffel zieht und ich hatte mich gerade daran erfreut, dass es zunächst genauso NICHT war.

Durch das Hinauszögern vieler Teilhandlungen ist es zum einen zu logischen Ungereimtheiten gekommen und zum anderen zu ziemlichen Absurditäten. Wie Travis beispielsweise als Cop agieren durfte, ohne dass jemand eingeschritten ist, seltsam. Auch die Bhullars, vor allem Jag (Vinny Chhibber) und sein Bodyguard Dhruv (Yuvraj Dhesi) haben eine Blutspur durch die Stadt gezogen, ich sage nur Besitzer des Dojos, wo Bridger trainiert hat, die völlig unbeachtet und ungestraft vonstatten gehen durfte. Während rund um die Drogen immer alles professionell verborgen werden konnte, waren die sonstigen Taten wahrlich nicht unter der Hand clever geplant und dennoch schien es niemanden zu interessieren. Die vielen Toten, die sich über die Staffel angesammelt haben, die sind sicherlich auch schon verlangt gewesen, weil es Staffel 1 grandios gelungen war, immer wieder für neue Schreckensmomente zu sorgen und die waren eben dann oft mit Toten verbunden. Dennoch können solche überraschenden und erschreckenden Momente auch ohne Mord gestaltet werden. Deswegen hatte ich insgesamt den Eindruck, dass die ABC-Produktion ein wenig die Bodenhaftung verloren hat. Da ich leider nicht weiß, wie Staffel 3 konzipiert wird, ist es nur eine kleine Hoffnung, aber ich würde mir wieder klarer abgetrennte Kriminalfälle wünschen, denn dann ist das Ende klarer vor Augen, denn ich kann mir kaum vorstellen, dass 18 Episoden auf einen Schlag mit allen Details im Voraus geplant wurden. Dementsprechend sollte man besser auf kurze Sicht planen und wieder auf qualitative Unterhaltung setzen, denn das Potenzial ist da.

Foto: Katheryn Winnick, Big Sky - Copyright: Disney+ Star; ABC/Kharen Hill
Katheryn Winnick, Big Sky
© Disney+ Star; ABC/Kharen Hill

Kommen wir abschließend zu den Charakteren. In Staffel 1 habe wir natürlich einiges über Cassie und Jenny erfahren und haben auch ihre wachsende Beziehung, nachdem sie denselben Mann liebten, beiwohnen dürfen und dennoch war es mir insgesamt noch zu wenig. Staffel 2 hat sich da definitiv mehr Mühe gegeben. Jenny ist jetzt offiziell zur Polizei zurückgekehrt, aber letztlich ist sie unterwegs wie im Wilden West. Sheriff Tubb (Patrick Gallagher) weiß selbst am besten, dass er sie in keiner Weise im Griff hat, aber so unvernünftig und absurd ihre Handlungen manchmal wirken, es passt einfach zur Art von Winnick, die sie auch schon in "Vikings" verkörpert hat. Hier merkt man deutlich, dass alle kapiert haben, dass man dieses wilde Potenzial der Darstellerin nicht ungenutzt lassen darf. Mit Travis bekommt sie auch eine Liebesgeschichte, die ich sehr heiß gestaltet fand, bis dann irgendwann die Luft auch wieder raus war, aber eben weil sich Travis in seine Rachepläne reingesteigert hat. Dennoch waren sie sich als Figuren sehr ähnlich, weil sie beide undercover gearbeitet haben und sich daher bestens verstehen können. Auch wenn ich glaube, dass es vor allem körperlich war, so haben sie sich auch seelisch Ablenkung verschaffen können, die große Liebe war es aber definitiv nicht. Spannend für die kommende Staffel wird sicherlich sein, ob Jenny und Neuzugang Beau Arlen (Jensen Ackles) etwas miteinander anfangen werden. Die finale Episode hatte sowohl aussagekräftige Szenen mit ihm und Jenny als auch mit Cassie. Das war sicherlich nicht umsonst, aber ich denke schon, dass Beau eher zu Jenny passt, aber wir werden sehen. Vielleicht wird auch gar nichts in diese Richtung verfolgt, aber ich kann es mir eigentlich nicht vorstellen.

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Foto: Kylie Bunbury & Omar Metwally, Big Sky - Copyright: 2020-2021 2Oth Century Studios; 2021 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.
Kylie Bunbury & Omar Metwally, Big Sky
© 2020-2021 2Oth Century Studios; 2021 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.

Beau zwischen den beiden Frauen wäre zum einen auch sehr klischeehaft und zum anderen würde es die Freundschaft zwischen Jenny und Cassie belasten, die in dieser zweiten Staffel wirklich weit gekommen ist. Die beiden gehen wirklich durch dick und dünn und es gab genug Situationen, wo sie füreinander da sein mussten. Das wurde immer wieder liebevoll ausgespielt, weswegen festzuhalten bleibt, dass bislang die beste Beziehung der Serie definitiv das Frauenduo ist. Cassies Geschichte in dieser Staffel ist dennoch mit einigen Einschränkungen zu sehen, denn Bunbury hat die erste Staffelhälfte schwanger gedreht und man hat deutlich gemerkt, dass sie aus den spannendsten Handlungen rausgehalten wurde. Dann ist sie in ihrer Trauerarbeit kurz vorm Bildschirm verschwunden und dann wurde erst wieder richtig losgelegt. Cassie wirkt damit diese Staffel aber sehr brav. Sie ist sicherlich vernünftiger als Jenny und dennoch weiß sie auch, wo es lang geht und ich denke, dass das in Staffel 3 auch wieder mehr ausgespielt wird. Mit dem Verlust des Vaters, mit ihrer nun wirklich beginnenden Liebesgeschichte zu Mark Lindor (Omar Metwally) und eben der Auflösung rund um Ronald und Scarlet hatte sie dennoch gut zu tun. Gerade die Liebesgeschichte gefällt mir auch gut, weil sie Bedacht erzählt ist und das kann man speziell Cassie nach ihren Erfahrungen nicht verdenken. Damit verbunden hat sich auch Mark als Figur wirklich sehr gemacht. Er hat zwar eine sehr ruhige Art an sich, aber auch einen guten trockenen Humor, gepaart mit viel Feingefühl. Zudem beweist er immer wieder einen guten Spürsinn, weswegen er als Stimme der Vernunft die beiden Damen sehr gut unterstützt.

Foto: Jesse James Keitel, Big Sky - Copyright: 2020-2021 2Oth Century Studios; 2021 American Broadcasting Companies, Inc. All rights reserved.
Jesse James Keitel, Big Sky
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Während Denise (Dedee Pfeiffer) leider weiterhin eine Randfigur bleibt, die nur über ihre gemeinsame Alkoholvergangenheit mit Richard Ford (Dallas Roberts) kurz eine private Ebene bekommt, fand ich es bei Jerrie (Jesse James Keitel) toll, dass ihre Vergangenheit aufgearbeitet wurde. Die Idee ist sicherlich auch gekommen, weil Keitel für das "Queer as Folk"-Reboot vor der Kamera stand und so länger zu Jerries Familie geschafft werden konnte, aber dennoch durften wir an den entscheidenden Punkten beiwohnen und es war sensibel gestaltet, was ich an all der Hektik der Serie stellenweise als sehr wohltuend und erwachsen empfunden habe. Eine Entdeckung für den Cast ist definitiv auch J. Anthony Pena als Deputy Poppernak, der mit seiner naiven und positiven Art eigentlich gegenteilig zu den meisten Figuren ist, aber genau dadurch auffällt und gute Laune verbreitet. Großartig, dass er für Staffel 3 bereits in den Hauptcast befördert wurde. Zuletzt haben wir dann noch die Antagonisten der Staffel, bei denen ich natürlich vor allem Ren (Janina Gavankar) hervorheben möchte, denn zunächst wurde sie wirklich als sehr eiskalt eingeführt, da sie sich zwar in der Öffentlichkeit wunderbar an alles anpassen konnte und damit aalglatt freundlich wirkte, aber hintenrum wohl kaum zögern würde. Da sie uns aber die ganze Staffel erhalten geblieben ist, ist auch gut hinter die Fassade geblickt worden. Mit Donno (Ryan O'Nan) hat sie einen Sidekick, der auch schnell ikonischen Charakter bekommt und nach und nach kommen ihre Familienmitglieder hinzu und es zeigt sich, wie sehr sie als Frau zu kämpfen hat und sich deswegen keine Schwäche erlauben darf. Deswegen entwickeln sich tatsächlich auch Sympathien, zumal sie als Gegenspielerin von Jenny und Cassie auf hohem Niveau agiert. Ich könnte mir vorstellen, dass sie ein wenig Ronald 2.0 der Serie werden konnte. Möglicherweise treibt sie also noch in Staffel 3 ihr Unwesen. Das fände ich definitiv gut.

Fazit

"Big Sky" bricht mit der eigenen Ankündigung, über eine lange Staffel hinweg drei Fälle zu präsentieren, und stellt sich damit selbst ein Bein. Auch wenn der eine Hauptfall viele Schichten hatte und auch immer wieder neue Abzweigungen eingeschlagen wurden, es war insgesamt zu langgezogen und hat den typischen Charakter der ersten Staffel weggenommen. Dennoch wird eine geballte Ladung an Action geboten, die auch die 18 Episoden kurzweilig macht. Neben einigen Ungereimtheiten und auch Absurdität wird dafür bessere Charakterarbeit geleistet und Jenny und Cassie tragen die Serie weiterhin hervorragend. Aber welchen Weg wählt nun Staffel 3 und wie werde ich das bewerten? Ich bin gespannt!

Die Serie "Big Sky" ansehen:

Lena Donth - myFanbase

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