Review: #3.23 Tableau vivant
"Modern Family" hat es schon immer gerne anderen Serien überlassen, das Rad neu zu erfinden und sich vielmehr darauf konzentriert, dem Genre der klassischen und früher so beliebten Familiensitcom neues Leben einzuflößen. So schreckt man auch in #3.23 Tableau Vivant nicht davor zurück, sich eines Kunstgriffs zu bedienen, der in sehr ähnlicher Form bereits bei den "Gilmore Girls" (#4.07 Still gestanden!) und auch in "Arrested Development" erfolgreich eingesetzt wurde: der Nachstellung eines berühmten Gemäldes durch die Hauptfiguren selbst. Was auf dem Papier vielleicht einen billigen Abklatsch vermuten lässt, entpuppt sich letztlich aber als überaus feingeschliffene Folge, die vielmehr das grundlegende Konzept hinter #1.24 Familienfoto und andere Schwierigkeiten wieder aufgreift und dabei eine überraschend steile Lernkurve beweist.
"Confrontation – I hate it. I avoid it at all cost. Terrible at it."
Dabei ist #3.23 Tableau Vivant besagtem Finale der ersten Staffel eigentlich nur deswegen so überlegen, weil die Konflikte hier nicht künstlich geschürt werden, sondern sich vielmehr ganz organisch entwickeln und daher auch sehr authentisch wirken. Phil wurde schließlich schon zu Beginn der Serie als äußerst harmoniebedürftiger und entsprechend konfliktscheuer Mensch eingeführt, der keiner Fliege etwas zu leide zu tun kann. So ist seine völlige Unfähigkeit, Mitchell zu feuern, und der Eiertanz, den er bei seinen vergeblichen Versuchen aufführt, nicht nur unheimlich amüsant, weil er vor lauter emotionalem Stress aus dem Blinzeln gar nicht mehr herauskommt, sondern auch charakterlich gut motiviert und somit mehr als nachvollziehbar. Mitchell wiederum legte zumindest in Bezug auf seinen Beruf schon immer ein derart ausgeprägtes Selbstbewusstsein an den Tag, dass es kaum verwundert, dass ihm gar nicht in den Sinn kommt, worauf der um den heißen Brei herumredende Phil eigentlich hinaus will. Daher kann man es den Autoren auch gar nicht übel nehmen, dass sie hier auf eines der simpelsten Sitcom-Instrumente zur Humor-Generierung – das klassische Missverständnis – zurückgreifen, weil es hier eben nicht nur als Mittel zum Zweck dient, sondern vielmehr Ausdruck von Phils intrinsischer Kommunikationsschwäche ist.
"No, I don't need help raising my child."
Der Zwist zwischen Cam und Claire könnte eigentlich auch nicht mehr aus dem Leben gegriffen sein, denn welche Eltern treibt es nicht zur Weißglut, wenn Freunde oder Verwandte versuchen, sich in die Erziehung ihrer Kinder einzumischen? Davon abgesehen schien ja auch schon in früheren Folgen durch, dass das für Cameron ein Thema ist, auf das er äußerst sensibel und abwehrend reagiert. Claires Standpunkt ist aber ebenfalls verständlich, denn gerade ein scheinbar so verwöhntes Nesthäkchen der Familie, wie Lily es ist, muss irgendwann einfach lernen, was sich nicht gehört. Und ohne das Wörtchen "nein" scheint das ein ziemlich hoffnungsloses Unterfangen. Dass die teuflische Claire nicht locker lässt und ihrem Schwager mit allen Mitteln klarzumachen versucht, dass sie Recht hat – eine enervierende Eigenschaft, die Phil vor ihrer Hochzeit sogar mal dazu brachte, mit ihr Schluss zu machen, ohne dass sie es merkte – wirkt zunächst etwas übertrieben, weil es einem selbst als Zuschauer bei der Vorstellung, dass Cams Hand vom Müllhäcksler zerstückelt werden könnte, wirklich eiskalt den Rücken herunterläuft. Als sich aber herausstellt, dass Claire ihn bloß quälen wollte und der eigentliche Schalter ganz woanders angebracht ist, macht ihre seelenruhige Reaktion und herrlich fiese Wortwahl ("I would probably just say 'no' and shred her confidence and mangle her self-esteem.") vor dem drohenden Unglück nicht nur gleich viel mehr Sinn, sondern passt auch total zu ihrer oft recht hämischen Art.
"Why don't you, Jay and Maxine live together eating sandwiches forever?"
Die beste Einzelstoryline dieser Folge wird zur Abwechslung aber wieder einmal den Delgado-Pritchetts zuteil. Denn insbesondere Gloria läuft hier wirklich zu absoluter Höchstform auf und schießt einen Vogel ("I don't understand. They named you after a sandwich?") nach dem anderen ab ("It's like a fish and a turkey beat themselves to death with a pepper."). Als Zuschauer kann Jay einem da schon sehr leid tun, ein fettes Grinsen kann man sich aber dennoch nicht verkneifen, als er seine Frau wegen ihres mangelnden Taktgefühls schließlich konfrontiert und ihr auch mal bitterehrlich seine Meinung sagt. Denn man weiß einfach schon aus Erfahrung, dass sowas für Jay eigentlich nur böse enden kann, was einen selbst wiederum in der Regel köstlich zu amüsieren weiß. Die großen Lacher folgen dann auch auf dem Fuße, weil Sofía Vergara hier im Flüsterton einen humoristischen Homerun hinlegt, der sich wirklich gewaschen hat. Der Streit zwischen den beiden sorgt aber nicht nur für großartigen Witz, sondern hat auch wirklich Hand und Fuß, weil wie schon in den anderen Storylines auch hier beide Standpunkte – Jays verletzte Gefühle und Glorias Unmut darüber, dass er seine Sorgen lieber mit einer ihr wildfremden Kellnerin teilt – nachvollziehbar und äußerst realistisch sind. Ein Umstand, der nicht unbedingt selbstverständlich ist, wenn man bedenkt, wie unverhältnismäßig oft einem die Serie in letzter Zeit Konflikte aufgetischt hat, die in ihrer Wurzel eigentlich ziemlich albern waren.
"Hold your poses!"
Ihren großen Höhepunkt erreicht die Episode dann, als sich die gesamte Familie Alex zuliebe versammelt, um für ihr Kunstprojekt ein berühmtes Thanksgiving-Gemälde nachzustellen, und letztlich jeder Einzelne beim Versuch, seinen über den Tag angestauten Missmut hinter einem malerischen Lächeln zu verstecken, kläglich scheitert. So brodeln sowohl die drei sorgfältig ausgearbeiteten Hauptkonflikte der Folge als auch die kleine, aber feine Meinungsverschiedenheit zwischen Feuerlöscher Luke und Moralapostel Manny in dieser schlicht grandios choreographierten Szene wieder an die Oberfläche und eskalieren in Windeseile auf eine derart herrliche, schneeballeffektartige Weise, dass man mit dem Lachen über die Seitenhiebe, die hier Schlag auf Schlag ausgeteilt werden, kaum hinterherkommt. Nachdem man sich gegenseitig in die Pfanne gehauen und kleine Geheimnisse ausgeplaudert hat, kommt man letztlich aber doch noch zur Vernunft, weil einem von einem unparteiischen Mitglied der Familie der Spiegel vorgehalten wird. So endet die Folge am Schluss wie viele andere auch mit einer harmonischen Zusammenkunft der ganzen Familie, die aber keinesfalls kitschig oder gezwungen daherkommt, sondern vielmehr äußerst verdient wirkt, weil der Weg dorthin so überaus elegant beschritten wurde.
So mausert sich #3.23 Tableau Vivant letztendlich also vor allem durch die erfrischend natürliche Art und Weise, wie die einzelnen Handlungsstränge zusammenfließen und durchgängig für tolle Gags sorgen, zu einem klaren Highlight der dritten Staffel, das die Messlatte für das Finale unheimlich hoch setzt. Wenn man darin die episodenübergreifenden Storylines um Haleys Zukunftspläne und das Adoptionsvorhaben von Mitchell und Cameron zu einem ebenso würdigen Abschluss bringen kann wie die Konflikte in dieser Folge, hat man zumindest auf den letzten Metern der Zielgeraden doch wieder alles richtig gemacht.
Paulina Banaszek - myFanbase
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Informationen zur Episode
Englischer Titel: Tableau VivantErstausstrahlung (US): 16.05.2012
Erstausstrahlung (DE): 06.02.2014
Regie: Gail Mancuso
Drehbuch: Elaine Ko & Jeffrey Richman & Bill Wrubel
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