Bewertung

Review: #3.12 Flugentfernung

Foto: Lena Dunham, Jemima Kirke, Zosia Mamet & Allison Williams, Girls - Copyright: 2014 Home Box Office, Inc. All rights reserved.
Lena Dunham, Jemima Kirke, Zosia Mamet & Allison Williams, Girls
© 2014 Home Box Office, Inc. All rights reserved.

Das war nun also das Finale der bereits dritten Staffel der weiterhin hoch kontrovers diskutierten HBO-Serie "Girls" von und mit Lena Dunham, die sich - wie so oft - für die Regie und das Drehbuch verantwortlich zeigte. Die dritte Staffel war selbst für "Girls"-Verhältnisse eine recht heikle Angelegenheit, wurden die Charaktere doch insgesamt immer unsympathischer, selbstbezogener und anstrengender. Besonders die nie wirklich gänzlich sympathische und sich ständig in ihre eigene Egozentrik flüchtende Hannah hat eine Entwicklung hinter sich, die sie teilweise fast schon zum Antagonisten der Serie werden ließ. Dazu führte die weiterhin sehr starke Fokussierung auf ihren Charakter dazu, dass der weitere Cast noch weniger Zeit zum Glänzen hatte. Besonders Shoshanna und traurigerweise auch die wunderbare Jessa blieben Randfiguren, die nie wirklich in das Gesamtgeschehen integriert werden konnten. So war die dritte Staffel von "Girls" mal wieder eher eine riesengroße Lena-Dunham-Show. Die großen Sympathieträger waren dann schlussendlich paradoxerweise aber die Männer. Besonders Ray ist als Charakter enorm gewachsen, aber auch Adam hat seinen Status als gar nicht mehr so heimlicher Star der Serie weiter gefestigt. Trotz einiger kontroverser Aspekte und der Unausgeglichenheit in der Charakterzeichnung war die dritte Staffel "Girls" aber erneut ein aufregendes Stück Fernsehen, an dem man sich wunderbar reiben konnte, das einen aufregte, aber doch auf eine ganz eigene Art und Weise fesselte.

"I got into Iowa."

Im Finale der zweiten Staffel war Hannah endgültig an ihrem persönlichen Tiefpunkt angekommen und konnte schließlich nur von Adam aus ihrem persönlichen Elend befreit werden. Die Beziehung zu Adam nahm dann auch einen prominenten Platz in der dritten Staffel ein und steht nun im Finale der dritten Staffel einer ungewissen Zukunft gegenüber. Hannahs berufliche Reise in der dritten Staffel führte sie in die Redaktionsräume der GQ, wo sie aber nicht ihr persönliches Glück finden und ihren beruflichen Ehrgeiz befriedigen konnte. Nach vielen persönlichen Niederlagen und Rückschlagen, die oftmals auch von ihr selbst verursacht wurden, steht Hannah am Ende der dritten Staffel aber vor einer sie erfüllenden beruflichen Zukunft, hat sie doch eine Zusage für den renommierten Iowa-Autorenworkshop erhalten. Die letzte Einstellung der Folge zeigt dann auch eine glückliche, stolze und vollkommen zufrieden wirkende Hannah, die einer strahlenden beruflichen Zukunft entgegenzublicken scheint.

Diese Szene deutet dann auch eine Entwicklung an, die eine Hannah zeigt, die ihr persönliches Glück nicht an einer Beziehung festmacht, hatte sie doch kurz vor dieser Szene einen heftigen Streit mit Adam, der ihr vorgeworfen hat seine Premierenvorstellung am Broadway torpediert zu haben, indem sie ihm von ihren Zukunftsplänen erzählt hat. Die Beziehung zwischen Adam und Hannah wird kompliziert bleiben, und es ist schwer vorstellbar, dass beide eine gemeinsame Zukunft haben - zu unterschiedlich sind die Pläne der beiden und zu unterschiedlich sind beide als Personen. Hannah konzentriert sich in dieser letzten Szene also mal wieder vor allem auf sich selbst und ihren ganz persönlichen Triumph, und das ist ihr auch kaum zu verdenken. So wie Hannah sich an einem zentralen Wendepunkt in ihrem Leben befindet, steht auch die Serie selbst an einem Wendepunkt. Wenn Hannah tatsächlich nach Iowa geht, muss sich die Serie zwangsläufig mit ihr zusammen verändern und sich ein Stück weit von New York City entfernen, was schwer vorstellbar ist. Eine Hannah, die in New York bleibt, ist aber genauso undenkbar. Die vierte Staffel wird also gravierende Änderungen einläuten und die Serie dadurch hoffentlich auch ein weiteres Stück voranbringen.

"I just wanna give you a little opening-night present."

Die Rahmenhandlung des Staffelfinales drehte sich um Adams Broadway-Premiere. Dabei stand aber vor allem Hannahs berufliche Zukunft im Fokus des Geschehens, doch auch alle anderen Charaktere hatten ihre kleinen Momente. So gesteht Marnie Shoshanna gegenüber ihre Affäre mit Ray, und das auf eine vollkommen empathiebefreite und gefühllose Weise, wie es wohl nur einer Marnie gelingen kann. Marnie ist wahrscheinlich die Figur, die den steilsten Absturz hingelegt hat und ihren eigenen Ambitionen am weitesten hinterherhinkt. Ihre Beziehung zu Ray gehörte aber trotzdem zu den Highlights der Staffel, und es ist schade, dass aus den beiden wohl nicht mehr werden wird, hätte Ray ihr auf längerfristige Sicht doch wirklich gut tun können - ist es doch gerade Ray, der sein Leben fast am besten aufgeräumt und geordnet hat und wirklich ein Gefühl dafür hat, wohin es für ihn im Leben geht. Marnie hingegen agiert weiterhin recht ziellos, auch wenn sie jetzt mit ihrer Musik ein sie erstmals erfüllendes Projekt gefunden hat. Trotzdem gerät sie gerade durch die Kooperation mit dem Musiker und Schauspieler Desi erneut in eine romantisch vertrackte Situation, die sie auf längere Sicht noch weiter zurückwerfen könnte. Aber auch Marnie bleibt ein spannender, wenn auch größtenteils sehr unsympathischer Charakter, auf deren weitere Entwicklung in der vierten Staffel man gespannt sein darf.

"I hate you."

Shoshanna war auch in der dritten Staffel die Figur, mit der das Autorenteam um Lena Dunham am wenigsten anfangen konnte und die weiter an den Rand gedrängt wurde. Im Finale ist sie nun an ihrem persönlichen Tiefpunkt angelangt, bekommt sie doch zunächst mitgeteilt, dass sie ihr Studium nicht erfolgreich abgeschlossen hat, um dann anschließend auch noch von Marnie gesagt zu bekommen, dass diese in eine Affäre mit ihrem Ex-Freund Ray verstrickt war. Als sie dann versucht, zumindest ihr Beziehungsleben wieder auf die Reihe zu bekommen und Ray davon zu überzeugen, zu ihr zurückzukommen, und dieser dies entschieden ablehnt, bleibt Shoshanna nicht mehr viel. Ray hat sein Leben auf die Reihe bekommen, wie sie es einst von ihm verlangt hat - ihr hingegen ist ihr eigenes vollends entglitten. So richtig mitfühlen kann man mit dieser Entwicklung aber leider nicht, zu fremd ist einem Shoshanna weiterhin. Es wird Zeit, dass sich dies endlich ändert und auch diese Figur mehr Tiefe und vor allem mehr Screentime zugestanden bekommt.

"Just do it. For me."

Jessa hatte als Einzige in dieser Folge in keinster Weise was mit der großen Rahmenhandlung der Broadway-Premiere zu tun und hatte ihre ganz eigene Storyline. Jessa ist eine der schillerndsten Charaktere der Serie, konnte in der dritten Staffel aber viel zu selten glänzen, was sich auch in der letzten Folge der dritten Staffel nicht ändert. Hatte die zweite Staffel mit der Jessa-zentrierten Folge #2.07 Video Games noch eine der besten Folgen überhaupt, konnte darauf in der dritten Staffel nicht aufgebaut werden, und so ist Jessa im Finale eine Randerscheinung in einer Storyline, die mit der Sterbehilfe-Thematik viel Dramatisches in sich trägt, dies aber kaum ausnutzt und deshalb einfach nur im Sande verläuft.

Fazit

Die dritte Staffel von "Girls" kann nach den extrem starken ersten beiden Staffeln eindeutig als schwächste und am wenigsten homogene bezeichnet werden. Die Charaktere wurden fast alle immer unsympathischer und anstrengender, und auch die ganz großen erzählerischen Highlights blieben aus. Trotzdem faszinierte die Serie durch die Darsteller, Dialogstärke und Inszenierungsweise weiterhin und langweilte deshalb auch in den seltensten Fällen. Dies trifft alles auch auf das Finale zu, welches große Veränderungen ankündigt, als Staffelabschluss dann aber doch die ganz große innere Sprengkraft vermissen ließ.

Moritz Stock - myFanbase

Die Serie "Girls" ansehen:


Vorherige Review:
#3.11 Durchbruch
Alle ReviewsNächste Review:
#4.02 Kontakt

Diskussion zu dieser Episode

Du kannst hier mit anderen Fans von "Girls" über die Folge #3.12 Flugentfernung diskutieren.