Bewertung

Review: #2.04 Die Wahrheit über Ray

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Nachdem sich die vorige Folge um die Freundschaft von Marnie und Hannah drehte, stehen dieses Mal Shoshanna und Jessa und ihre Beziehungen im Vordergrund.

"I don't know what the next year of my life is going to be at all, I don't know what the next week of my life is going to be like, I don't even know what I want... sometimes I just wish someone would tell me like: This is how you spend your days and this is how the rest of your life should look."

Hannah kocht ein Dinner, um zu beweisen, dass sie auch ohne Elijah, den wir nur zu Beginn der Episode kurz sehen, gut zurechtkommt. Da sie aus Höflichkeit Marnie einlädt (Warum eigentlich? Hat sie das Gefühl sich dadurch besonders reif zu verhalten?) und diese der Einladung auch folgt, wird der Abend schnell unangenehm, denn Charlie und Audrey sind ebenfalls anwesend. Audrey fährt die Krallen aus und konfrontiert Marnie damit, dass sie wenige Wochen zuvor bei Charlie geschlafen hatte.

Dieser hat Marnie immer noch nicht überwunden. Er läuft ihr aufs Dach nach und gibt ihr durch seine positiven Aussagen über ihn und den Kuss die Bestätigung, die sie braucht. Zum Glück ist Marnie rational genug, um den Kuss direkt abzubrechen. In der Storyline um ihre Desorientierung besteht Kontinuität. Sämtliche Lebenspläne sind dahin und die Verzweiflung darüber merkt man ihr auch weiter an. Wie fast alle ihrer Freunde sucht sie nach Richtlinien, an denen sie ihr Leben orientieren kann. Es ist angenehm, dass nicht, wie oftmals in anderen Serien, in so einer Situation plötzlich die unverhoffte Rettung kommt, sondern dass die Produzenten von "Girls" hier realitätsnah bleiben.

Schön ist auch zu sehen, dass Hannah, als Charlie sich über sie aufregt, Marnie immer noch verteidigt. Sie hat in ihren Augen zwar das Recht, sich über sie aufzuregen - wenn es hart auf hart kommt, steht sie dennoch (halbwegs) zu ihr.

"I'm embarrassed when we walk down the street because you're so fucking average."

In dieser Folge ziehen gleich zwei Paare die rosarote Brille ab. Spektakulärer geht das bei Jessa und Thomas-John zu. Jessa lernt endlich seine Eltern kennen, ist aber im Vergleich zu den vorangegangenen Episoden wieder absolut sie selbst, knallhart und herablassend. So scheut sie nicht davor zurück, der offensichtlich gläubigen Mutter ihre Unreligiösität an den Kopf zu knallen. Schlimmer sind aber andere Enthüllungen: Auf dem College war sie nur sieben Monate und eine Therapie musste sie auch machen, nicht wegen Alkohol, den sie nach eigenen Angaben schon seit sie ein Kind ist konsumiert, sondern wegen Heroin. Während Thomas-Johns Vater fasziniert ist von Jessa, ist das Fremdschämen seines Sohns nahezu physisch greifbar, der sich um Schadensbegrenzung bemüht. Jessa verhält sich zwar unmöglich bei dem Abendessen, ist aber wenigstens endlich wieder sie selbst.

Plötzlich geht es auch ganz schnell. Die Ehe ist kaputt. Zuhause knallen sich beide ihre gegenseitigen Einschätzungen an den Kopf. Thomas-John sagt über Jessa, sie sei eine Hure, die nur sein Geld wolle und dass sie fucking bored von ihrem Leben sei, während sie entgegnet, er sei eine lächerliche Person, die keiner leiden könne. Ganz Unrecht haben beide nicht mit ihren Aussagen übereinander. Der Streit gipfelt darin, dass Thomas-John ihr Geld anbietet, damit sie verschwindet und Jessa anfängt, für ihn wertvolle Erinnerungsstücke zu zerstören.

Der Knall ist da und er kam fast schneller, als erwartet. Sowohl die Szenen im Restaurant als auch in der Wohnung sind wirklich fabelhaft umgesetzt. The bitch is back!

"What makes me worth dating, you know, what makes me worth fucking anything?" – "That I'm falling in love with you."

Auch Ray und Shoshanna überwinden in dieser Folge die erste Verliebtheitsphase. Generell ist Shoshannas Unschuld wirklich entwaffnend, ihre Verstörtheit wegen des butt-plugs ist herrlich anzusehen. Ernster wird es, als sich plötzlich herausstellt, dass Ray, ohne etwas zu sagen, bei ihr eingezogen ist. Nach dem Dinner sitzen beide recht sprachlos auf einer Bank in der Metrostation. Die Melancholie gepaart mit einer gewissen urbanen Romantik werden durch dieses Setting perfekt transportiert. Shoshanna hält die Fakten fest: Ray, der zwölf Jahre älter ist als sie, hat keine Wohnung, keinerlei Interessen oder Leidenschaften. Auch bei den beiden wird die rosarote Brille mit einem Ruck abgezogen und der Blick in die Realität ist nicht schön. Ray selbst scheint diesen Moment schon länger befürchtet zu haben. Sein Selbstbild ("I'm a huge fucking loser.") könnte schlechter nicht sein. In gewisser Weise scheinen wir hier in die Zukunft Marnies zu schauen, wenn sie ihr Leben nicht auf die Reihe bekommt.

Aber Shoshanna wäre nicht Shoshanna, wenn sie den traurigen Moment nicht retten würde. Als sie sagt, dass sie dabei ist, sich in Ray zu verlieben, klingt sie zwar nicht wirklich glücklich, aber dadurch entsteht unerwartete Hoffnung für das Paar. Insgesamt ist diese einfühlsame Szene wunderbar geschrieben, gespielt und umgesetzt und eine der Momente, die "Girls" zu einer besonderen Serie machen.

Fazit

Wieder eine wirklich sehenswerte Folge, voller Emotionen und einem Mix aus Traurigkeit und Hoffnung. Jessa wird in der Schlussszene ihre Eindimensionalität genommen als sie zeigt, dass sie doch nicht so unnahbar ist, wie sie immer tut, denn der Streit und das Ende der Ehe berühren sie doch. Marnie strauchelt weiterhin durchs Leben, Hannah hat mit Jessa, so wie es aussieht, die nächste Mitbewohnerin, und Ray und Shoshanna haben das Potential, sich zum heimlichen Traumpaar der Serie zu mausern. Eine durch und durch runde, gelungene Episode.

Isabella Caldart - myFanbase

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