Bewertung

Review: #1.05 Ein charmanter Junge

"Flirtalarm"! Joan erlebt ihren ersten Kuss, aber auch ihre erste große Enttäuschung in Sachen Liebe. - In dieser Folge tauchen zwei neue Charaktere auf. Zum einen Clay Fischer, Joans Schul-Romanze, zum anderen Rebecca, die Chefredakteuren der Zeitschrift, bei der Kevin seinen ersten richtigen Job nach seinem Unfall ergattern kann.

Dass Joan von einem anderen Jungen umschwärmt wird, ist für Adam starker Tobak und sorgt für spannende Momente. Es passt auch zu Adam, dass er sich eher zurückzieht und schroffe Kommentare gibt, als lauthals gegen seinen Widersacher zu sticheln. Clay ist der coole und allseits beliebte Strahlemann, also das genaue Gegenteil von Adam. Was Joan jedoch an Clay anziehend findet, wird in der Folge nicht so recht offengelegt. Einen kleinen Anhaltspunkt liefert insofern aber ein Gespräch zwischen Joan und Gott, als diese sich beschwert, dass sie keine Zeit für den Flohmarkt habe. Da interessiere sich einmal ein netter, normaler Junge für sie und Gott mache das alles mit seinem neuem Auftrag kaputt.

Nach alledem scheint Joan wohl in erster Linie von Clays Aufmerksamkeit geschmeichelt zu sein. Joan weiß aber offenbar selbst nicht so genau, was ihr an Clay gefällt, und insoweit sind die dürftigen Informationen, Joans Gefühlslage betreffend, auch in gewisser Weise verständlich.

Joan schwebt für kurze Zeit auf Wolken, um dann aber rasant auf den Boden der Tatsachen zurückzufallen. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Ein Blick hinter die Fassade eines Mensches bringt dessen wahres Gesicht zum Vorschein. Im Fall von Clay ist es so, dass er bei Joans Trödelmarkt die Polizeimarke von Will mitgehen lässt und sie dann in der Schule verscherbeln will. So süß der erste Kuss zwischen beiden auch war, um so bitterer ist die Enttäuschung, die hierauf folgt. Schön ist allerdings, dass Joan bei aller Schwärmerei für ihre neue Bekanntschaft genau weiß, was gut und recht ist. Diese "Grundanständigkeit", die in dieser und auch in allen bisherigen Folgen immer wieder zum Ausdruck gebracht wird, macht den Charakter der Joan einfach sympathisch und liebenswert. Dabei zeichnet sie aus, dass sie kein Vorzeige-Streber-Mädchen wie z.B. eine Joey Potter ist, sondern ein ganz normaler Teenager, der sich irrt und Fehler macht, schlussendlich aber meistens doch aufgrund eines gefestigten Wertesystems die richtigen Entscheidungen trifft.

Joans erste Liebelei ist auch Anknüpfungspunkt für einen Einblick in die derzeitige Beziehung zwischen Mutter und Tochter, vor allem aber für die Lüftung von Helens düsteren Geheimnis. Helen wurde in ihrer College-Zeit Opfer einer Vergewaltigung und hat ihren Kindern bis heute nichts davon erzählt. Bei den Vorbereitungen des Flohmarkts findet Joan zwei von ihrer Mutter gemalte Bilder aus dieser Zeit. Mit den Bildern kommen auch Helens Dämonen der Vergangenheit ans Licht. Herzerweichend ist die Szene, in der Will seine Frau unter Tränen bittet, Joan von der Vergewaltigung zu erzählen. Er selbst meint dabei, er wisse auch nicht, warum er das von ihr wolle, er glaube aber Joan müsse es erfahren, um sie zu verstehen. Man möchte Will beipflichten. Wirklich verständlich ist es auf Anhieb nicht, dass ihm so sehr daran gelegen sein soll, dass Helen ihr Geheimnis ihren Kindern gegenüber offenbart. Bedenkt man aber, dass Will in seinem aktuellem Fall ebenfalls eine Vergewaltigung aufklären muss und das Opfer, eine junge Frau, wohl im ähnlichen Alter wie Helen damals und nicht viel älter als Joan jetzt ist, erscheint Wills Drängen auf Offenheit doch nachvollziehbar. Insofern haben die Autoren hier noch einmal die Kurve gekriegt.

Eine positive Wendung nimmt auch Kevins Leben. Der neue Job in der Zeitungsredaktion ist für ihn die Chance auf einen Neuanfang. Es löst regelrechte Erleichterung aus, dass er, nachdem er in der letzten Folge so sehr mit seinem Schicksal gehadert hatte, nun seine neue Aufgabe mit voller Tatendrang angeht. Achtungszeichen und Ausdruck neu gewonnen Selbstbewusstseins ist die Szene, in der er den Kollegen, der noch am Vortag über ihn gelästert hatte, direkt konfrontiert und in die Schranken weist. Rebecca nimmt hier eine entscheidende Rolle ein. Mit ihrer sehr ehrlichen und direkten Art holt sie Kevin aus seinem lethargischen Selbstmitleid und macht ihm bewusst, dass er - Behinderung hin oder her- endlich anfangen muss, sein Leben in die Hand zu nehmen. Auch wenn ich mit der Schauspielerin, die die Rolle der Rebecca verkörpert, nicht so ganz zufrieden bin, so sorgt deren Charakter doch unbestritten für neue Impulse, was der Serie wirklich gut tut.

Einer der Höhepunkte in dieser Folge sind für mich jedoch, die Luke und Joan-Szenen. Er, der Besserwisser und Superstreber, und Joan das komplette Gegenteil. Ich freue mich schon auf weitere bissige Dialoge zwischen beiden. Dann natürlich der Physikunterricht bei Mrs. Lischak. Wie cool ist das denn! Und nicht zu vergessen, Helen und Will blamieren Joan vor ihrem vermeintlichen "Freund" Clay, als dieser sie bei ihrem Flohmarkt besucht. Sehr, sehr peinlich für Joan und so, so lustig für mich.

Besonders herausragend, wie ich finde, ist in dieser Folge die schauspielerische Leistung von Joe Mantegna alias Will Girardi. Ihm kaufe ich die Geschichte von Helens Vergewaltigung wirklich ab. Aufgrund seiner überzeugenden Darstellung blickt man auch gerne darüber hinweg, dass die Handlung insofern schwächelt, als dass es Helen gelungen sein soll trotz ihres traumatischen Erlebnisses eine solch sorglose, ja beinahe unbekümmerte Einstellung zu sich und ihrem Leben zu entwickeln.

Ebenfalls bemerkenswert ist der Schluss dieser Folge. Szenisch brillant umgesetzt, tritt Helen ihren "schweren Gang" zu Joan an und nähert sich so Stufe um Stufe der Wahrheit und Ehrlichkeit sich und ihren Kindern gegenüber.

Fazit

Eine in jeder Hinsicht gelungene Folge. Einmal mehr beweist diese Folge, dass gute Unterhaltung sinnig und komisch zugleich sein kann.

Anne L. - myFanbase

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